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Nr. 515 47. Jahrgang

5. Beilage des Vorwärts 2

Langston Hughes: Glühende Afche

Schwester Johnsons Geschichte

( In einer Sommernacht erzählt auf der Beranda vor Tante Hagers Haus in einer Stadt in Kansas  .)

Diese Uebersetzung ist ein Auszug aus dem Roman des be­fannten amerikanischen   Negerdichters Langston Hughes   ,, Nicht ohne Gelächter", der vor kurzem im Verlage Knopf, New Yort, erschien. Langston Hughes   ist der Verfasser von zwei Gedichtbänden, von denen Auszüge in deutscher Uebertragung in der Sammlung ,, Afrika   fingt", Berlag Speidel, Wien  , erschienen sind.

Die alte Negerin nahm einen tiefen Zug aus ihrer Mais­folbenpfeife und ein heller Feuerkreis glühte fnisternd aus dem Pfeifenkopf.

Müde des Spiels kamen die Kinder auf die Veranda.

Die festen Linien des Tages verwischte die Nacht, und die Raucherin begann zu erzählen.

Ihre Umgebung hatte ihre Geschichten mehr als ein Dugend­mal gehört.

,, Ich will euch von Crowville erzählen... ihr kennt die Ge­schichte von

,, Nein, ich femme fie noch nicht!" versicherte der Junge, der sich wie alle Kinder nie an derselben Geschichte satt hören fonnte.

,, Nein, von Cromcille hast du uns noch nicht alles erzählt!"

log die ältere Harriet.

Also schön..."

Mit tausend Einzelheiten erzählte sie aus ihrer Kindheit, wie fie als freigelassene Sklavin nach dem Bürgerkrieg bei einem Farmer in Dienst ging. Als sie mehrere Jahre immer noch bei denselben Farmer arbeitete, heiratete sie Tom Johnson, einen braven Landarbeiter. Jahr für Jahr kam ein Kind, und zu den eigenen fünf Babys behütete sie die drei Kleinen ihrer weißen Herrin. Sie nährte die kleinen Weißen mit ihrer schwarzen Bruſt. Manche Nacht überließ sie die eigenen Kleinen sich selbst und eilte hinüber, ihre weißen Sorgenfinder zu pflegen, wenn sie frank lagen. Die weißen Kinder riefen sie ,, Mami!". Als die Jungens Männer wurden und sich verheirateten, ging fie immer noch zu ihnen und arbeitete für ihre Familien.

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,, Damals lebten wir Nigger in einer Stadt, die die Weißen Crowville nannten. Wir hatten unsere Häuschen und Befizungen, Baumwollfelder und Pflanzungen. Das war vor den Unruhen. Uns ging es zu gut! sagten die Weißen. Wir störten uns nicht an ihren Reden, bauten unsere Häuser, umzäunten unsere Gärten, strichen Fenster und Türen an und Crowville sah freundlicher aus als die haßerfüllten Gesichter der Weißen. Sie höhnten und spotteten: Spitzbuben von Nigger! Leben in angestrichenen Häusern und kleiden sich, als ob sie wer weiß wer wären!" Wir hielten uns überall zurück, schafften mehr und mehr und kamen vorwärts. Jahr für Jahr wurde die Baumwollernte besser, und wir konnten uns Maschinen und Betten kaufen. Ja, einer von den unserigen brachte es sogar soweit, daß er einen Handel mit Auto­mobilen anfangen konnte. Das war John Lowdins. Dafür rempelte ihn eines Nachts ein Weißer an und machte ihm Vorhaltungen, wie er als Nigger dazu komme, einfach ein Autogeschäft aufzu­machen. Als John Lowdins nur zu erwidern wagte: Lassen Sie mich bitte zufrieden!" schlug ihn der Weiße mit der Faust auf den Mund. Was sollte John machen? Er war nur ein Neger, aber der andere war ein Weißer! Sechs-, siebenmal schlug der Weiße den Neger links und rechts in das Gesicht, daß ihm das Blut aus Nase und Mund kam. In seiner Verzweiflung riß John den Revolver aus der Tasche, und als der Weiße ihn niederstieß, um ihn zu erwürgen, feuerte er zweimal in die Luft und eine dritte Kugel streifte ungefährlich die Schulter des Rohlings. Als Lowdins sah, daß der Weiße blutete, sprang er Hals über Kopf in sein Auto und jagte davon. Er erreichte noch in der Nacht den Fluß­dampfer nach Vicksburg  , der ihn stromabwärts in Sicherheit brachte. Und dann mit Sturmlichtern und Gewehrschüssen, mit einem wahnsinnigen Gebrüll alarmierten die Weißen die schlafende Stadt, rissen uns aus unseren Betten, nachdem sie Türen und Fenster eingeschlagen hatten und suchten John Lowdins. Sie fanden ihn nicht, und ihre furchtbare Rache wälzte sich über uns. ,, Wir werden den Niggern in Crowville einen Denkzettel, an den sie ewig denken werden, geben! Wir werden ihnen die Häuser anstreichen, daß die rote Farbe zum Himmel flammt!" Mit ihren Hunden kamen sie brüllend herein in jedes Haus: In die Hölle mit euch! Heraus aus den Betten! Heraus aus den Häusern! Auf die Straße mit euch!" Sie trieben uns in die Felder bei stockfinsterer Nacht! Aber sie wagten nicht, unser Leben anzutasten. Frauen und Männer rissen ihre Kinder an sich und rannten halbnackt den schnellsten Weg in die rettende Dunkelheit. Sie zerrissen sich die nackten Füße in den Drahtzäunen, brachen Arme und Füße in Gräben und Löchern. Die alte Pheenen, die seit sechs Jahren gelähmt im Bett lag und sich nicht rühren konnte, mußte von ihren Kindern hinausgeschleppt werden. Entsetzliche Schreie gellten von allen Enden aus den nächtlichen Feidern. Unser Nachbar Brian sprang aus dem Bett, griff nach dem ersten besten Kleidungsstüd und kam in der Schürze seiner Frau an­gerannt. Unsere Männer fluchten und wollten mit Gewalt zurück in die Häuser. Jammernd und schreiend lagen die Frauen vor ihnen auf den Knien, und die Kinder wimmerten ihre Väter an. Wehrlos mußten wir zusehen, wie fünfhundert Weiße aus Stroh­bündeln und Holzscheiten Fackeln machten, sie anzündeten und damit grölend durch die Straßen rannten, um ein Haus nach dem anderen in Brand zu stecken. Die Stallungen und Scheunen zuerst und dann die Wohnhäuser. Aus einem Stall flog ein Schwarm brennender Hühner. Kornmieten explodierten mie Feuerwerks­förper. Der Qualm unserer Habe stach uns auf den Feldern in die Augen. Wir sahen, wie die Flammen aus Türen und Fenstern hinauf in das Dachwert sprangen, wie die Treppen und Stiegen zusammenstürzten. Wir hörten das Gebrüll und Gestamps unserer angefetteten Tiere in den Ställen. Eine Kuh tam mit einem brennenden Bündel Stroh auf dem Rücken aus den Flammen gerannt und brach auf der Straße mit gräßlichem Gebrüll zu­fammen. Die Feuersbrunst loderte über die Wälder weithin über das ganze Land.

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Am Tage darauf, als sich der Rauch über die Trümmer wälzte, lagen mir nacht in den reisen Baumwollfeldern und Crowville mar nicht mehr. Nichts, nicht eine Schwelle, teine Hundehütte mar übrig geblieben. Glühende Asche, das war das Werk der Weißen und ist thre Gesinnung zu uns bis auf diesen Tag!" Dann kamen Be as mit Bettchen and Revolvern: Wir haben große Lust,

als Extrazugabe einen jeden von euch durchzuprügeln! So wohl­habend waret ihr schon lange nicht mehr! Haha!... Nun bemalt eure Häuser noch einmal, wenn ihr Lust dazu habt! Haha! Wir werden euch beibringen, uns einfach mit euren Autós herzu­

fommen!

Das war der letzte Tag in Crowville.

Es war herzzerreißend zu sehen, wie sich einer nach dem anderen aufmachte, nur ein Hemd am Leibe, barfuß. Als Mutter Bailey sich auf den Weg machte, sagte sie: Hier hat mich Gott achtzig Jahre arbeiten lassen, nun muß er mich noch einmal achtzig Jahre in St. Louis   weiter arbeiten lassen! Sie ging, ohne jedes Gepäck, barfuß, mit leeren Händen, und im Nachthemd.

Tom und ich nahmen die Kinder und wanderten nach Kairo  . Tom fand bald Arbeit in einer Kolonne Gleisarbeiter, und so famen wir hierher.

Glühende Asche mar ihr Wert! Glühende Asche blieb ihr Werk gegen uns in diesem freien Amerika   bis auf den heutigen Tag! Die alte Negerin klopfte ihre Pfeife gegen das Gebält und

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schüttete die kalte Asche hinaus auf den Hof. Alle saßen still... jährige Harriet das Schweigen. Er hat über Nacht seine Mühle ,, Ihr kennt doch den alten Wright?" unterbrach die zwanzig­

mit farbigen Mädchen so geölt, daß er jetzt ein großes Hotel, einen Wolkenkrazer, hochschmettern fann. Um die Baugenehmigung zu erhalten, machte er in Wohltätigkeit. Er vermachte dem Waisen hause für die Farbigen als fromme Stiftung 2000 Dollar. Damit ändert der Spender nichts an der entsetzlichen Kinderarbeit, die zur Tradition eines farbigen Waisenhauses gehört. Habe ich nicht selbst als vierjähriges Kind dort dreizehn Stunden in sengender Sonne bei der Tomatenernte arbeiten müssen?".

Das Mädchen schauderte voll Abscheu vor der Erinnerung an ihre Kindheit. Sie war einmal als fünfjähriges Kind durch eine offene Tür in den benachbarten Garten geschlichen, als ein Haufen weißer Kinder über sie herfiel. Die Kinder griffen in ihre furzen Locken und rissen sie an den Haaren im Kreise herum und schrien und tanzten: ,, Blackie! Blackie!" Schwarze! Schwarze!"

Sonntag, 2. November 1930

Als sie vor Schmerzen aufschrie und fliehen wollte, warfen die Kinder sie nieder und traten die hilflos Daliegende mit Füßen.

Das war die Erziehung der Weißen in Schule und Haus, in Hof und Garten. Von der Zeit an würgte es dem Kinde in der Kehle, wenn es vor einem Weißen stand. Die Ohnmacht nährte eine beständige Furcht, die sich zu unerbittlichem Haß steigern mußte.

Die alte Negerin hatte das Kind adoptiert und schickte es mit den Ersparnissen ihres bitteren Lebens auf die höhere Schule. Harriet war die begabteste Schülerin in der Klasse, so daß vicle der weißen Mädchen Harriets Freundschaft suchten. Aber das Kind wußte sehr gut, daß das Auf Wiedersehen!", das die Freundinnen beim Schluß des Unterrichtes sagten, nichts anderes bedeutete als: Wir dürfen uns auf der Straße mit feiner Farbigen sehen lassen!" Das freundschaftliche Geplauder der ersten Schuljahre wurde von Jahr zu Jahr mehr in das Gegenteil gekehrt. Als die Mitschülerinnen spürten, daß sie von den Augen der Jungens auf den Tennisplätzen und aus den Fenstern der Klubhäuser und Billardsäle aufmerksamer verfolgt wurden, war alle Freundschaft aus. Es war unsauber, mit Harriet überhaupt zu sprechen.

Den letzten und schmerzlichsten Hieb versetzte ihr einer der letzten Schultage. Es war bei einer Schülervorstellung im Balast­Theater in der Main- Street. Für die höheren Schulen wurde ein Lehrfilm aus der Welt der Tiefsee gezeigt. Sie saß bei der Sondervorstellung mit ihren Klassenschülerinnen zusammen und be­staunte die Wunder der Tiefsee, als plötzlich eine Plazanweiserin heftig ihre Schulter berührte:

,, Die hintersten drei Reihen sind für die Farbigen!" Ich aber ich bin doch mit meiner Klasse! Uns ist diese Reihe hier angewiesen..." stammelte Harriet.

,, Die Hausordnung bestimmt es! Bitte teine Widerrede! Sie haben sich zu fügen!"

Harriet stand auf und stolperte im Dunkeln über die Stufen dem grellen Tageslicht entgegen.

Sie zitterte an allen Gliedern.

Ihr Klassenlehrer saß dabei, ohne mit einer Silbe zu protestieren, ohne für seine beste Schülerin ein Wort aufzubringen. Keine ihrer Mitschülerinnen verteidigte sie.

,, Glühende Asche ist ihr Werk! Glühende Asche ist unser Weg!" Sie preßte ihre Hände vor ihre Augen, als wäre ihr Leben finsterer als die Nacht, die mit hellen Sternen über die Veranda zog. ( Berechtigte Uebersetzung von C. B. Hiesgen.)

Vater Marx an feinen Sohn

Unter dem Titel Geliebter Sohn" bringt der Ernst- Rowohlt- Ber­lag Berlin eine von Baul Elbogen besorgte Sammlung Briefe von Eltern an ihre berühmten Rinder heraus. Säufig sind es einfache, unbekannte, einfältige Menschen, die Ratschläge zu geben versuchen aber sie wachsen zu biblischer Größe. Wir erleben den Einfluß der Eltern auf das Werden des bedeutenden Sohnes, der Tochter, ihre gelungenen oder fehlgeschlagenen Versuche, sie zu wandeln, ihnen den Weg zu ebnen, ihnen geistig und materiell zur Seite zu stehen. Bon Pipin über Friedrich II.  , Goethe, Schiller, Mozart  , Schopenhauer   bis au Liliencron, Wedekind, Kainz, Dehmel, Rathenau   hören wir den Strom des Blutes rauschen. Als Probe geben wir einen Brief von Karl Marge Bater an seinen Sohn wieder.

Bad Ems  , den 12. August 1837. Lieber Karl!

Mein Schreiben, in einer großen Aufregung entstanden, mag Dich etwas hart getroffen haben, und ich bedaure es herzlich, wenn dies in der Tat der Fall war. Nicht, als hätte ich dabei ein Unrecht begangen, ich laße Dir selbst die Beurteilung über die Frage, ob ich gegründete Ursache hatte, aufbrausend zu sein. Du weißt es, Du muß es wissen, mit welcher Liebe ich Dich umfasse. Deine Briefe ( insofern ich nur nicht darin Spuren jener kränkelnden Empfindlich feit und phantastischer schwarzer Gedanken finde) sind ein wahres Bedürfnis, sie wären es mir und Deiner feelenvollen Mutter vor­züglich diesen Sommer gewesen...

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So sehr ich Dich über alles die Mutter ausgenommen liebe, so wenig bin ich blind, und noch weniger will ich es sein. Ich lasse Dir viele Gerechtigkeit widerfahren, aber ich fann mich nicht ganz des Gedankens entschlagen, daß Du nicht frei von Egoismus bift, etwas mehr, als zur Selbsterhaltung nötig. Ich kann nicht immer den Gedanken verscheuchen, daß ich in Deiner Lage mit größerer Schonung, mit aufopfernderer Liebe den Eltern entgegen gekommen sein würde. Habe ich außer dem Dasein nichts von den Meinigen erhalten doch ohne ungerecht zu sein, von meiner Mutter Liebe und wie habe ich gekämpft und gelitten, nur solange als möglich sie nicht zu fränken.

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Entschuldige Dich nicht mit Deinem Charakter. Klage die Natur nicht an. Sie hat Dich gewiß mütterlich behandelt. Sie hat Dir Stärke genug verliehen, das Wollen ist dem Menschen hingegeben.

Herbstmorgen

Es haben Nebelhauben aufgeftülpt So Wege, Wiese, Wald und Busch und Bäume. Das heiße Laub des Sommers ist vergilbt, Nun spinnt Natur Altweibersommerträume. Hoch liegt in tiefem Frieden die Chaussee, Brüllt eine frühe Hupe mit Ekstase, Prescht aus dem Waldsaum ein gestörtes Reh Und hoppelt aus dem Graben bang ein Hase.

Ein Hahn hebt jäh vom Dorfe her zu krähn Und mufiziert in gellender Fanfare. Bald wird sich auf dem Mist die Glucke blähn, Welst flügge Jungen: It's nicht gute Ware?" Ganz leise Melodien bläft der Wind, Als seufzten sie, durch Telegraphendrähte. Mir aber ist's, es wimmerte ein Rind, Zu Lebewesen wurden die Geräte.

Ein Pferdefarten schudelt träg vorbei, Der lahme Schimmel wiehert Guten Morgen. Der Autscher döst in stumpfem Einerlei. Was heißt das Leben? Schaffen, Schlafen, Sorgen! Uns fröftelt. Gib die Thermosflasche schnell! Und weiter dann vorbei an Meilensteinen!

Die Nebel weichen. Oestlich wird es hell. Die Sonne fiegt. Sie fiegt und wird uns scheinen! Henning Duberstadt

Aber bei dem kleinsten Sturm sich dem Schmerz zu überlassen, bei jedem Leiden ein gerissenes Herz offen zu legen und das unserer Lieben mit zu zerreißen, soll das Poesie heißen? Gott   bewahre uns für die schönste aller Naturgaben, wenn das ihre nächste Wirkung ist. Nein, Schwachheit, Verzärtlung, Eigenliebe und Dünke! allein reduzieren so alles auf sich und lassen auch die teuersten Gebilde.in den Hintergrund treten! Die erste aller menschlichen Tugenden ist Kraft und der Wille, sich zu opfern, sein Ich hintanzusehen, wenn Pflicht, wenn Liebe es gebeut, und zwar nicht jene glänzenden, romantischen oder heldenmütigen Aufopferungen, das Werk eines schwärmerischen oder heroischen Augenblicks. Dazu ist selbst der größte Egoist fähig, denn gerade das Ich glänzt alsdann hoch.

Du selbst haft so schön das Leben Deiner vortrefflichen Mutter geschildert, so tief empfunden, wie ihr ganzes Leben ein fortgesetztes Opfer der Liebe und der Treue ist, und Du hast wahrlich nicht über­trieben. Aber wozu die schönen Borbilder, wenn sie nicht zur Nach­ahmung beleben? Kannst Du aber die Hand aufs Herz dies von Dir bis heran rühmen?

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Du wirst und mußt nun früh Familienvater werden.*) Aber weder Ehre noch Reichtum noch Ruf werden die Frau und die Kinder beglücken, Du allein kannst es, Dein besseres Ich Deine Liebe, Dein zartes Benehmen, das Hintansezen stürmischer Eigenheiten, heftiger Aufbraufungen, kränkelnder Empfindlichkeit etc etc etc. Ich spreche faum mehr für mich, ich rufe Deine Aufmerksamkeit auf das zu knüpfende Band.

Du sagst es selbst, das Glück hat Dich zu seinem Schoßfinde gebettet. Möge der Allgütige es, soviel die gebrechliche Menschlich­feit es gestattet, treu Deinen Fersen folgen lassen. Aber auch der Glücklichste sieht trübe Stunden; feinem Sterblichen lächelt ewige Sonne. Aber von ihm, dem Glücklichen, darf man mit vollem Rechte fordern, daß er dem Sturm männlichen Mut, Fassung, Resignation, Heiterfeit entgegensetze. Mit Fug darf man fordern, daß das ver­flossene Glück ein Panzer werde gegen momentane Leiden. Das Herz des Glücklichen ist voll und weit und kräftig, es darf sich nicht so leicht zerreißen lassen.

Lebe wohl, mein guter Karl, und behalte mich immer so lieb, wie Du es sagst, doch mache mich mit Deinen Schmeicheleien nicht rot. Es schadet nichts, daß Du eine so große Meinung von Deinem Bater haft. In meiner Lage habe ich auch etwas geleistet, genug um Dich zu haben, lange nicht genug, um mich zu befriedigen. Dein Bater

Marg.

Eine elektrische Abstimmungsmaschine Bei der Wiedereröffnung' des franzöfifchen Parlaments wird ein elektrischer Abstimmungsapparat zum erstenmal in Anwendung fommen, der vorläufig für 100 2bgeordnete eingerichtet ist. Jeder. dieser Abgeordneten wird unter seinem Tisch drei Knöpfe finden, die die Aufschrift Dafür", Dagegen" umd Enthaltung" zeigen. Diese Knöpfe find mit einer Art Totalisator hinter dem Tisch des Präsidenten verbunden. Wenn ein Abgeordneter den Knopf mit ,, Dafür" oder ,, Dagegen" herunterdrückt, dann fällt eine Metall­scheibe mit seinem Namen in die entsprechende Schale einer Waage, die einen Zeiger besitzt, der die Zahl der abgegebenen Stimmen automatisch feststellt. Bei einer Stimmenthaltung fallen zwei Scheiben mit dem Namen herunter, jede in eine Schale. Man kann so in diesem Falle buchstäblich von dem Gewicht" der Stimmen reden, denn die Schale der Waage, die weniger Marten enthält, geht nach Schluß der Abstimmung in die Höhe. Der Präsident tann also mit einem einzigen Blick auf die Waage das Ergebnis der Abstimmung feststellen. Außerdem werden dadurch Nachzählungen unnötig gemacht, die sonst entstehen, wenn ein Abgeordneter in der Aufregung mehr als einen Bettel in die Urne wirft. Bei dem elek­trischen Apparat fann jedesmal nur eine Stimme abgegeben werden. *)& M. war mit Jenny von Westphaten verlobt.