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Beilage

Freitag, 7. November 1930

Der Abend

Spalausgabe des Vorwäre

Persönlich- unpersönliche Musik

Ein Problem des mikrophons

Schafft der Rundfunt grundfäßlich neue, nämlich neuartige Beziehungen zwischen der Persönlichkeit des Musikers und seinem Publitum? Zunächst ist klar: er verändert die gewohnten Be­ziehungen, er lockert sie, um nicht zu sagen, daß er sie aufhebt. Der Rundfunk hebt die gewohnten Beziehungen aufrichtiger, er läßt fie nicht von neuem zustande kommen. Und das bedeutet positiv die Herstellung neuer Grundlagen im Verhältnis der Musik zum Hörer, bedeutet und bedingt eine neue Art des Musikhörens. Alle traditionellen Begriffe und Begriffsverbindungen der Mufifgemeinschaft werden illusorisch. Eine Opernvorstellung, ein Konzert, das find raumgebundene, gesellschaftliche Ereignisse; es ist finnlos, deren Form in der Ungesellschaftlichkeit, Unräumlichkeit des Rundfunks ansiedeln zu wollen. Weiter: zwischen jedem Stüd Mujit, das je geschrieben worden ist, und den Mitteln seiner Berwirklichung, dem Raum, in dem es erklingt, und der Hörerzahl, die er faßt( und die ihn, so Gott mill, füllt), bestehen in jedem Fall be­gründete Beziehungen, die sich nicht ungestraft ignorieren faffen. Zum großen Orchester einer Sinfonie gehört das große Publifum eines großen Saales; zur Kammermusit

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gestaltung durch die produktiven Gewalten einer neuen Zeit. Es ist| lichkeiten im Hervortreten des Persönlichkeitsmomentes und seiner um die Musik bedenklich einsam geworden am Ende ihrer ,, romanti- Bedeutung. Eine Bach Fuge oder eine Chopin Nocturne , schen" Epoche, die zugleich ihre bürgerliche Blütezeit gewesen ist. Das ist nicht nur ein Unterschied von Bach und Chopin , sondern ein Die Rückkehr der Musik ins Bolt ist nicht weniger als äußerster Gegensatz von Gebundenheit und Ungebundenheit des ihre Eroberung durch die Mächte des heutigen Lebens durch die persönlichen Fühlens, von ,, objektivem" und ,, subjektivem Ausdruck, Mächte der modernen Technik ein Gebot der gegenwärtigen ein Gegensah vergleichsweise wie Epik und Lyrik, oder Bericht und Gesamtfituation. Gedicht. Der Art Gegensatz greift bestimmend in die Sphäre In diesem Prozeß ist die prominente Rolle des Rundfunks des reproduzierenden Musikers ein: des Interpreten. Die Fuge flar vorgezeichnet: als technisches Mittel zum sozialen Kunstzwed; will von ihm vor allem fachlich- flar gestaltet, die Nocturne cher als unvergleichlich wirksames Instrument der Musikverbreitung und vor- fich- hin- gespielt, gleichsam, als entstünde sie unter seinen Händen, die Namen Phänomen der Technisierung; als ihr Produkt, doch das nicht aus den Tasten geträumt werden. Bach oder Chopin die Musik der Technik untertan, sondern diese der Musik dienstbar als Beispiele, als Typen. verstanden mie steht zu ihnen der macht. Produkt und Etappe der Technisierung nicht eigent Rundfunt? Oder anders gefragt, wie steht der ideale Chopin­lich, um es genau zu sagen, der Mechanisierung. Anders spieler vor dem Rundfunkhörer? Geradeheraus gesagt, er steht, viel­als beim Schallplattenapparat wird beim Rundfunk es sei denn, mehr hängt ein bißchen verloren in der Luft, nämlich wie im luft­daß er Schallplatten überträgt der Ton nicht auf mechanischem leeren Raum. Der atmosphärische Kontakt von Individuum zu Wege erzeugt, und zu seiner Uebermittlung bedarf es feiner Maschine. Individuum stellt sich nicht her, die unmittelbare und suggestive Der Rundfunk verändert und vervielfältigt den Ort der Musit, das Bersönlichkeitswirtung bleibt aus, zu der Chopin seinen Interpreten im Effett follte allemal Intimität ist alles; er verlängert die Reichweite des legitimiert, und jene ungreifbare, aber tostbare Substanz, die man der Bedingungen gehören, unter denen musiziert wird. Aber Monster- Schalls oder, anders ausgedrückt, findet, indem er ihn ver= Fluidum" nennt, verflüchtigt sich ungenügt ein bedauerlicher und chor oder Lautengeflimper, 3artheit eines Schumanniiedes oder kürzt, den Weg zum Ohr des fernsten Hörers. Es ist veritable wahrhaft unwirtschaftlicher Vorgang; um nicht auch noch von dem Nibelungen- Roloffalität: eins ist dem Rundfunk so gemäß wie das Mufit, die der Rundfunkhörer vernimmt nicht nur: zu vernehmen technischen Mißstand zu reden, daß alle intime Nuancierung des andere, oder alles, wenn man will, gleich ungemäß. Tausend Sänger vermeint; er weiß und fühlt sich als Zeugen tatsächlichen Musif- Tones, nicht nur der Reiz der Nuance, von der Rundfunkapparatur oder vier Streichinstrumente, zu der unübersehbaren Vielheit von geschehens, und dies Gefühl von Dabeisein, sei es wenigstens verschlungen wird. Einzelhörern treten sie als Quantität in teine Art von Relation, die Dabeisein mit dem Ohr, ist freilich das letzte, was ihm von Klangmasse an sich erlangt nicht den ihr sonst zukommenden repräs den gewohnten Beziehungen zum ausübenden Musiker, und was sentativen Charakter. Und zugegeben auch, daß alle Stufungen der für diesen von der ehemaligen Berbundenheit mit seinem Bublifum Tonstärke, alle dynamischen Klangverhältnisse im Mikrophon, ge- geblieben ist. missermaßen wie in einem afuftischen Mikrokosmos, wahrheitsgetreu Komponist, Interpret, Rundfunk. gespiegelt werden können: das physische Erlebnis etwa eines ge= waltigen Chor- oder Orchester- Fortissimo vermögen weder Laut sprecher noch Kopfhörer zu vermitteln, und ein veritables Pianiffimo wird allzu leicht als Laune des Apparats, als Minderung also oder Störung mißverstanden; der finnliche Reiz aller feineren In­strumental- koloristik bleibt einstweilen noch immer mehr Andeutung als Erfüllung.

Entpersönlichung.

Hier deden fich, materiell- technisch bedingt, die natürlichen Gegebenheiten, das heißt Begrenzthetten der Rundfunkmusit mit Tendenzen, die in der heutigen Luft und auf der Straße der heutigen Mufit liegen: in dem Streben nach absolutem" Musizieren. Und noch auf anderem Wege tommt, automatisch, der Rundfunk heutigen Ideen entgegen, die mit jenem Streben nahe zusammenhängen: als Mittel zur Entindividualisierung der Musik, zur Entpersönlichung des Musizierens zunächſt. Die Berjönlichkeitswirkung des ausübenden Musikers, das persönliche Intereffe für ihn, ja, auch das Urteil über seine Leistung beruht mehr, als vielleicht mancher zugeben will, auf der räumlichen Ver­bundenheit beider Teile, auf dem Sehen und Gefehen werden. Die chronische Unsichtbarkeit, zu der ein für allemal der Rundfunkmusiker verurteilt ist, und dazu das tatsächliche Nichtwissen des Künstlers um sein Publikum, das seinerseits darauf beschränkt

bleibt, das fertige Klangereignis hinzunehmen, paffiv, unverpflichtet, unkontrolliert gewissermaßen, ohne höhere Berantwortlichkeit des unmittelbar teilnehmenden Konzertbesuchers: all dies zusammen ist jener Objettivierung" günstig, die heute, als Folge der. Abkehr von der Romantik und ihrem Subjektivismus, zum Bild der musikalischen Gesamtfituation gehört.

Der Kampf gegen die Persönlichkeit, gegen das Schlagwort " Persönlichkeit", ist auf der ganzen Linie entbrannt. Der Komponist hat es leicht, von seinem Platz diesen Kampf zu unterſtüzen; es genügt, daß er keine Persönlichkeit zeigt. In der Tat, wenn wir in typisch modernen Kompositionen dieses Jahrzehnts marfantere Züge entdecken, scheinen sie weniger einem. individuellen Profil als dem Rollettivgesicht der Generation anzugehören; so tut fich, wie von selbst, ein erster Schritt auf dem Weg zur Entsubjekti­vierung der Musik.

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Ein zweiter vollzieht sich im Bereich der instrumentalen Re­produktion. Wir fennen hier zwei Queller des Subjektiven: Auf fassung und Stimmung des Interpreten: jene Ergebnis seiner persönlichen Auseinandersetzung mit dem Wert, figierter Bei­trag also eines schon abgefchloffenen Prozesses diese Anteil des Augenblicks, der physischen und psychischen Verfassung, der musikanti­fchen Intuition.( Nikischs Leistung entschied sich am Bult, Mahlers, bei der ersten inneren Berührung mit der Partitur.) Aber die konstruktive Musik der Modernen will nicht gedeutet, nicht aus dem Gefühl gestaltet, sie will nur präzis egetutiert werden. ,, Es war eine richtige Nähmaschine", soll Strawinsky nach werden. Es war eine richtige Nähmaschine", soll Strawinsky nach einer Aufführung seines Concertino gesagt haben, und es ist das höchste Lob, das er zu vergeben hatte. Eine persönlich- paradore Formulierung, gewiß, feine verbindliche Aeußerung heutigen Zeit­geistes. Aber dieser antiindividualistische Geist der Nähmaschine", Geist und Ungeist der maschinellen Unerbittlichkeit, zu dem mit Strawinsky , doch ohne seine innere Freiheit und Ueber­legenheit, seine Nachahmer und Nachbeter sich bekennen, hat auch schon die Begriffswelt der reproduzierenden Musif durchdrungen; er bekämpft nicht nur Auswüchse des Interpreten Subjektivismus, Bucherungen der Birtuosenlaune und illegitime Eigenwilligkeiten der Auffassung; er stellt schließlich das Recht der Interpretenperiön lichkeit das Recht des Interpreten auf Persönlichkeit schlechthin­in Frage.

Kollektivität und Technik. Zeitgeist oder Mode, die Abkehr vom Individualismus einer entartenden Romantit schien fürs erste, als Grundrichtung der Neuen Musir", nur einer künstlerisch- ästhetischen Bewegung. jozu­fagen einer internen Bewegung unter Musikern, zu entspringen. Aber die Triebfräfte der Bewegung find allgemeiner Art; dem über­lieferten Persönlichkeitsbegriff des neunzehnten Jahrhunderts, ohne den und dessen Titel noch Busoni nicht hätte egiftieren fönnen, stellt die Gegenwart ihre Begriffe entgegen: Rollettivität und Technit. Das ist ein Kampf nicht nur mit Schlagworten, sondern mit den stärksten Argumenten des Zeitalters; unvernünftig und ver merflich nur, solange er mit dem Ziel der Unterdrückung und Ver­nid tung des Gegners geführt wird: Kollektivkunst, Technisierung der Mufit, beides würde abfurd ohne die schöpferische Künstlerpersönlich teit im Hintergrund. Aber der Kampf hat seinen geschichtlichen Sinn natürlicher, notwendiger Brages ber Umforming, her New

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Unterscheiden und trennen wir noch einmal die Gebiete des schaffenden und des nachschaffenden Musikers. Aus jedem Stüd Mufit, das wert ist, wiedergegeben zu werden, spricht irgendwie die Persönlichkeit seines Urhebers: des Komponisten. Aber| es gibt, alle Fragen beiseite, die den Grad und Rang einer Per­fönlichkeit betreffen es gibt von Grund aus gegensätzliche Mög­

Der Rundfunk hält es nicht mit denen, die träumend vor sich hin musizieren, und vor dem Mikrophon ist alle Musik fehl am Ort, bei der die Stimmung und Auffassung des Interpreten den Aus­schlag gibt. Das ist, negativ und summarisch ausgedrückt, eine Fest­stellung von grundsätzlicher Wichtigkeit. Wie auf Allgemein verständlichkeit tommt es auf 21lgemeingültigkeit an. Das Allzupersönliche vermag sich nicht zu behaupten. Nur die Persönlichkeit, die stellvertretend ausspricht, was alle fühlen, und so, wie alle es zu fühlen vermögen, besteht vor den Mächten Kollektivität und Technik und geht mit ihnen die Synthese der großen Gegenwartstunjt ein. Klaus Pringsheim .

Siedlungsbauten in Wien

Ein Stück proletarischer Kulturarbeit

Angesichts der Wahlen, die am Sonntag in Defterreich stattfinden, fci an dieser Stelle eine Uebersicht über die Baupolitik des roten Wien gegeben.

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Nur 10 Broz. der gesamten Bautätigkeit der Stadt Wien be= treffen die Herstellung von Siedlungshäusern. Zur Zeit gibt es zehn Siedlungsbaustellen, die sich in den äußeren Be­zirken Wiens befinden. Für jede dieser Baustellen wird ein Arbeitsplan aufgestellt, der die jährlich zu leistende Arbeit bestimmt. Im ganzen wurden in Wien in den Jahren 1921 bis 1928

4678 Siedlungshäuser mit 593 dazugehörigen Wohnungen und 40 Geschäftslokalen errichtet: In den Jahren von 1928 bis heute wurde entsprechend weitergebaut.

Das System der Wiener Bautätigkeit ist dem unseren gerade entgegengesetzt: zuerst wurden Kleinst wohnungen her gestellt; erst jetzt geht man daran, größere Wohnungen herzustellen. Bei den Siedlungshäusern unterscheidet man mehrere Wohn­typen: Wohnungen mit 35 bis 64 Quadratmeter Inhalt. Diese Siedlungshäuser werden ganz oder nur teilweise unterkellert. Im Keller befindet sich eine Kombination von Waschkessel und Bade­ofen. Die Anschaffung einer Badewanne muß aus Geldmangel dem Bewohner überlassen werden. Im Erdgeschoß ist ein fleiner Borraum, ein Zimmer, die Küche, das BC.; im ersten Geschoß ein 3immer und das, was wir ein halbes Zimmer nennen. den größeren Wohntypen ist ein weiteres Zimmer im Bodengeschoß ausgebaut, das genau so groß, hell und hoch ist, wie die anderen Räume. Alle Häufer haben elektrisches Licht, fließendes Wasser und Gas und sind der städtischen Kanalisation angeschlossen. Von den Gaswerken, die auch städtisch sind, wird ein Gasherd mit zwei Brennern gegen einen geringen Mietsbetrag gestellt. Außerdem steht in jeder Wohnung ein Ofen, der von den Gaswerken gegeben wird, um Verwendungsmöglichkeiten für den bei der Gasherstellung als Nebenprodukt entstehenden Gaskoks zu finden.

Bei

Die Mauern sind Ziegelhochmauern, die vom statischen Gesichtspunkt vollkommen ausreichen und eine große Material ersparnis bedeuten. Weitere Materialeinsparungen entstehen durch das Aneinanderreihen von Siedlungshäusern, die dadurch gemeinsame Mauern haben können.

Zu jedem einzelnen Siedlungshaus gehört ein etwa 30 bis 200 Quadratmeter großer Garten. Die Gärten waren bei ben in den früheren Jahren entstandenen Siedlungen größer. Es stellte sich aber heraus, daß es für den heimkehrenden Arbeiter und An gestellten eine leberíaftung bedeutete, noch die Gartenarbeit am Abend zu leisten. Außerdem beträgt der Grundbesiz der Gemeinde Wien nur knappe 25 Broz. des gesamten Grund und Bodens, der fich überdies' in den äußeren Bezirken Wiens befindet und den Grund und Boden einbegreift, der aus städtebaulichen Gründen für einen Wald- und Wiesengürtel um Wien bestimmt ist.

In jeder Siedlung befinden sich einige Mehrfamilien­häuser, in denen auch die notwendigsten Geschäfte, u. a. Ber taufsstellen des Konsumvereins sind. Auch zu diesen Wohnungen Die Siedlungen sind stets so gelegen, daß man gehören Gärten. mit der Straßenbahn oder mit der elektrischen Stadtbahn in die ohne den Garten

innere Stadt fommen fann.

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Die Durschnittsmiete beträgt etwa 25 Schilling( 15 Mark), das find ungefähr 12,5 Broz. des Einkommens eines Arbeiters, der Arbeit hat; ein Vergleich mit unseren Wohnungsmieten, die oft über 25 Pro3. des Einkommens betragen, zeigt die Notwendigkeit tommunaler Bautätigkeit.

Die Müllabfuhr ist nach dem sogenannten Colonia- Syften geregelt, das vor einigen Jahren von der Gemeinde Wien eingeführt wurde. Früher fuhren große Müllwagen durch die Straßen Wiens, deren Fahrer die Hausfrauen durch das Läuten einer Glode auf forderten, ihre Mülleimer zur Leerung zu bringen. Das Colonia System, das die Hausfrau von der Unregelmäßigkeit der Müllfahrer

befreite, und das einen großen hygienischen Fortschritt bedeutet, ähnelt der Berliner Müllabfuhr, nur das die hermetisch geschloffenen Müllübel nicht überall fofort geleert, sondern teilweise ausgewechselt perden. Eine Müllnerbrennungsanlage foll übrigens geplant fein. In den ersten Jahren wurden die Siedlungen größtenteils durch von der Stadt fubventionierte Baugenossenschaften errichtet. An diesen Finanzierungen beteiligte sich auch der Bund der Länder; jedoch nur für kurze Zeit. Bald stellte es sich als rationeller heraus, das Siedlungswesen zu zentralisieren, und seit 1928 merden die Siedlungs- und Baustoffanstatt Gesiba" hergestellt, die eine von der Stadt gegründete Treuhandgesellschaft ist, im Auf­trage der Stadt baut und die Häuser der Gemeinde schlüsselfertig übergibt.,

meisten Giedlungsbauten von der Gemeinwirtschaftlichen

Die Gefiba baut außerdem auf städtischem Boden zu ſehr Diese Treuhand­

günstigen Bedingungen verkäufliche Häuser. gesellschaft vergibt die Bauarbeiten und die Baumaterialien durch Ausschreibungen an Privatunternehmer, soweit sie nicht eigene Fabriken hat, zum Beispiel für Türen und Fenster. Für die Pläne der Häuser werden auch Privatarchitekten zum Wett= bewerb herangezogen, um durch möglichst regen Wettbewerb, das beste an Arbeit zu leisten, wobei niemals zu vergessen ist, daß Desterreich ein armes Land und vom Ausland abhängig ist und auch in Zeiten besserer Konjunktur schwer zu fämpfen hat.

Bestmögliche Arbeit bei größter Sparsamfeit läßt in dieser Stadt, die schon durch Jahrhunderte gegen Wohnungsnot zu tämpfen hat, in der bis zum Umsturz 1918 niemals die proletarische Wohnungsnot berücksichtigt wurde, Siedlungen entstehen, die mit den hauptsächlichsten Errungenschaften moderner Technik ausgestattet find und den Ansprüchen proletarischer Kultur gemäß sind.

Die Inneneinrichtungen sind auch in Wien noch fehr im argen; jedoch auch darum ist man bemüht. Es ist dem öfter­reichischen Verband für Wohnungsreform, dessen Generalsekretär der Genosse Dr. Ludwig Neumann ist, eine Beratungsstelle für Innen­architettur angeliedert worden, die jedem behilflich ist.

Im Frühjahr 1931 foll vom Werkbund eine Giedlung, die man demnächst zu bauen beginnen wird, für drei Monate vollständig ein­gerichtet werden, um durch das praktische Beispiel zu wirken.

Auch in Wien bleibt noch vieles zu tun übrig, das weiß man auch dort. Aber mit großem Fleiß, ernster Sachlichkeit wird gearbeitet und proletarische Kulturarbeit geleistet.

Und wir, die mir jeßt erst beginnen, Kleinstmohnungen zu bauen, die Proletarier bezahlen fönnen, erkennen den großen Wert der Kommunalisierung und kommunaler Aufbauarbeit.

Die Verteilung des Rundfunks

Lola Mayer- Grusemann.

Die Verteilung des Rundfunks auf dem Lande und in der Stadt ist grundverschieden. In den Gemeinden mit 2500 Einwohnern tommen durchschnittlich 7,4 Rundfunkteilnehmer auf 100 Einwohner; in den Gemeinden unter 2500 Einwohnern beträgt die Rundfunk­teilnehmerzahl nur 2,2 auf 100 Einwohner. Auf dem flachen Lande ficht es noch ungünstiger aus; in diesen reinen Agrargebieten rechnet man 0,3 bis 2,0 Teilnehmer auf je 100 Einwohner. Am günstigsten steht in der Statistik die Stadt Wülfrath im Regierungs­bezirk Düsseldorf da; dort entfallen auf 100 Einwohner 26,3 Rund­funfteilnehmer, auf Familien umgerechnet ergibt sich eine etwa 100prozentige Anteilnahme der Bevölkerung an dieser Kultur­errungenschaft. Unter den Großstädten wird an erster Stelle Solingen mit 53 Rundfunkhörern( einschließlich der Familien. angehörigen) auf 100 Einwohnern genannt. Es folgen dann Hamburg , Flensburg und Düsseldorf mit je 50 Hörern, Altona mit 48 und Berlin mit 44 Hörern auf 100 Einwohnern.