Einzelbild herunterladen
 
  

Schiedssprüche muß die Entfachung großer und er- bitterter Wirtschaftskämpfe sein. Der Berliner Metallarbeiterstreik muß in diesem Zusammenhang als Symptom und als Warnungssignal gewertet werden. Aber wo ist der Ausweg durch Lohn- s c n k u n g? Es wird von der Regierung nur behauptet, es müßten soundsoviel Millionen eingespart werden. Aber die Regierung behauptet keineswegs, daß mit diesen Einsparungen auch eine Wiederbelebung der Wirtschaft verbunden sein würde. Das Wohnungsbauprogramm, die Notstandsarbeiten, sollen ja' nicht erweitert, sondern eingeschränkt werden. Fiskalische Maßnahmen, wenn sie auch noch so radikal sind, ersetzen noch kein Wirtschaftsprogramm. Die Unternehmer lehnen zwar die von den Gewerkschaften vorgeschlagene Arbeitszeitverkürzung auf 40 Stunden die Woche ab. Die Gewerkschaften sind sich durchaus darüber klar, daß diese Arbeitszeitverkürzung heute nicht durchzusetzen ist mit einem vollen Lohnausgleich. Die Arbeiter würden dieses Notopfer aber gern auf sich nehmen, weil sie damit einen Ausweg aus der Krise sehen. Die Unternehmer lehnen aber nicht nur diese Forderung ab, sie gehen sogar so weit, von den Arbeitern eine Verkürzung der Löhne und gleichzeitig eine Verlängerung der Arbeitszeit zu verlangen. Wenn es noch eines Beweises bedurft hätte, daß es sich bei den Unternehmern bei ihren Vorschlägen keineswegs um eise Eindämmung der Arbeitslosigkeit handelt, dann ist es diese unglaubliche Forderung, die von der Vereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände aufgestellt worden ist. Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß es gewissen Unter- nehmerkreisen, die heute in den Unternehmeroerbänden ton- angebend sind, gar nicht so unangenehm wäre, wenn die katastrophale Arbeitslosigkeit in eine politische Katastrophe umschlagen würde. Jedenfalls scheint man sich in der Reichsregierung und an den amtlichen Schlichtungsstellen nicht darüber Rechenschaft abzulegen, wie diese Schiedssprüche, die die völlig un- zureichenden Löhne der Arbeiter von Staats wegen noch mehr beschneiden, auf die große Masse der Arbeiterschaft wirken müssen. Eines muß jedenfalls mit aller Deutlichkeit aus- gesprochen werden: dieses Eingreifen des Staates wirkt nicht mäßigend. Diese Schiedsspüche wirken nicht schlichtend. Ihre Folge müssen unweigerlich schwere und ausgedehnte Wirt- fchaftskänrpfe sein. Die Arbeiterschaft erinnert sich noch zu gut der Preis- senkungsaktion des Kabinetts Luther . Auch damals sind unter dem Hinweis auf die kommende Preissenkung Lohn- senkungen vorgenommen worden. Die Preissenkung aber ist ausgeblieben. Wir halten eine Verkoppelung von Preisen und Löhnen. besonders bei der Lohnfestsetzung, überhaupt für abwegig. Wenn aber die Reichsregierung, wenn die amtlichen Schlich- tungsstellen diese Verkoppelung vornehmen, dann muß sie auch bis zum Endeffekt durchgehalten werden. Dann müssen in den Schiedssprüchen, wenn sie schon eine durch nichts gerechtfertigte Lohnsenkung vorsehen, entsprechende Klauseln eingefügt werden, die die Durchführung der Lohnsenkung a b- h ä n g i g machen von der Senkung der Lebenshaltungskosten. Wie aber heute die Preis- und Lohnsenkungsaktion der Regierung durchgeführt wird, kommt sie praktisch nur darauf hinaus, daß nach dem Unternehmerdruck auf die Löhne der Lohndruck der staatlichen Schlichtungsstellen kommt, ohne Rücksicht darauf, ob die Kleinhandelspreise nun wirklich auch gesenkt werden. Die Gewerkschaften sind nicht gewillt, eine derartige Politik ohne Abwehr hinzunehmen. Und daß sie durchaus in der Lage sind, auch große Kämpfe zu führen, das hat u. a. der Metallarbeiterstreik gezeigt.

Stegerwald zur Wirifchastskrise. Ein ausgedehntes Programm. In einer Vertrauensmänner-Versammlung der Berliner Zentrums- parter sprach gestern Reichsarbeitsminister Dr. Stegerwald über die Arbeitslofenfrag«. Seine Ausführungen gipfelten in folgenden Programmpunkten: Jnordnurrgbringung der Finanzen der öffentlichen Hand ln Reich, Ländern und Gemeinden: Vernünftige wirtschaftliche Regelung der Reparaiionsfrag«: Rentabolgeftattung der Landwirtschast: Senkung der Gestehungskosten in der deutschen Wirtschaft: Arbeitsbeschaffung, eventuell vorübergehende Arbeitsstreckung und Fürsorge für die Menschen, die arbeiten wollen und nicht arbeiten können. Dos Programm ist wohl nicht ohne Absicht so weit ausgedehnt, daß es sich schließlich wie Zukunftsmusik anhört, besonders was die Regelung der Reparationssrage betrifft. Was der Reichsarbeits- minister unter derSenkung der Gestehungskosten" oersteht, hat er zwar nicht gesagt, aber feine Lohnpolitik ist um so deutlicher. Und die ist leider keine Zukunftsmusik.

Ltebertritt zur Gozialdemokraiie. Professor Vergflräßer verläßt Sie Äemokrasische Partei. Frankfurt a. Hl.. 7. November.(Eigenbericht.) Professor Bergsträßer ist aus der Demokratischen Partei ausgetreten und der Sozialdemokratischen Partei bei. getreten. Professor Bergsträßer gehört« dem Reichstag von 1924 bis 1928 an und arbeitete im Untersuchungsausschuß über die Ursachen des Zusammenbruchs und im Femeausschuß.

Krach in der Knedensgesettschast. Professor Quidde ausgetreten. Wie wir erfahren, ist der Präsident der Deutschen Friedens- gesellschast, Professor Quidde , aus der Deutschen Friedensgesellschaft ausgetreten. Der Austritt hängt damit zusammen, daß er von dem jetzigen Geschäftsführer Küster- Hagen der bewußten Unwahrheit bezichigt wurde. Obwohl Profesjar Quidde den Nachweis führen konnte, daß dieser Anwurf nicht stimmte, hat ihn Küster nicht zurückgenommen. Quidde war Mitbegründer der Deutschen Friedensgesellschaft.

Oer Iustizskandal von Naumburg . Rechtsverweigerung für Republikaner.

halle, 7. November.(Eigenbericht.) Vor dein Schöffengericht Delitzsch wurde der kommu- nistische Gcmeindevertreter Bär wegen Beleidigung des Landrats zu 40 Mark Geldstrafe verurteilt. Der Korn. munist hatte in öffentlicher Gemeindeoertretersitzung, als über die Beschaffung von Bauland oerhandelt wurde, die Behauptung aus- gestellt, der Landrat würde die Baulustigen bei der Beschaffung von Bauland ebenso betrügen, wie er sie bei einer Vermögens- rechtlichen Auseinandersetzung betrogen habe. Als der Gemeinde- Vorsteher gegen diese Beschimpfung Einspruch erhob, erklärte der Eemeindeoertreter, er werde beweisen, daß der Landrat der größte Betrüger sei. In der Verhandlung wurde sestgestellt, daß der Land- rat überhaupt keinen Bertrag mit Nachlatzpflegern abgeschlossen habe und trotzdem diese lächerlich niedrig« Geldstrafe, die nur

verstanden werden kaim, wenn inan erfährt, daß Delitzsch zum Gerichtsbezirk Naumburg gehört! Der Iustizskandal von Naumburg hat die sozialdemo- kratische Fraktion des Preußischen Landtags veranlaßt, eine Große Anfrage einzubringen, die umfangreiches Material über die parteiische Handhabung der Justiz im Gerichtsbezirk Naumburg vorlegt. Es ist", so sagt die Interpellation,eine Ungleich- heit vor Gericht entstanden, die himmelschreiend ist und die Gefahr in sich birgt, daß im Gerichtsbezirk Raum- bürg das gesetzlose Treiben der Nationalsozialisten um die Unterhöhlung der Republik sich unter dem-Schutze der Ge- richte immer weiter ausbreitet." Die Regierung wird gefragt, ob ihr diese Zustände be- kannt seien und was sie zu deren Beseitigung zu tun gedenk«.

Vaugvin lieferte dm Schchbund Waffen und hott sie jeht unter Wortbruch zurück.- Eine Sitzung in derArbeiterzeitung".

Wien , 7. November. (Eigenbericht.) Am Donnerstagabend hatte der Nationalrat Julius Deutsch in einer Red« im Semmering den wahren Verhall bezüglich der Waffen des Republikanischen Schutzbundes, die in Tirol, entdeckt" und beschlagnahmt wurden, enthüllt: es waren dies Waffen, die Ende 1925 und Zlnfang 1926 von der damaligen Bundes- regierung mit Zustimmung des jetzigen Bundeskanzlers Baugoin dem Republikanischen Schuhbund zur Verfügung gestellt worden waren für den Fall, daß die Abwehr eines drohenden italienffch-faschistischen Bandenangriffes auf Tirol notwendig werden würde. Herr Vau- g o i n, dem diese Feststellung, die die ganze Erbärmllchkeit und Unehrlichkeit seiner einseitigen Waffenrazzia aufdeckt, höchst pein- l i ch war, hat nun einen schüchternen Versuch gewagt, den Tatdestand zu dementieren. Prompt hat daraufhin Genosse Deutsch seine Ankündigungen mahrgemacht und die Dokumente oeröffentticht, die den Bundeskanzler Lügen strafen. Es handelt sich zunächst um einen Brief von Deutsch an Vaugoin vom 14. Dezember 1925, in dem mitgetellt wird, daß die Tiroler Ortsgruppe des Repu- blikanischen Schutzbundes von der Innsbrucker Heeres- l« i llr n g(Oberst Kirsch) mn ihre Mitwirkung ersucht worden sei. Die Tiroler Gruppe habe jedoch erklärt, daß nur die Zen- t r a l e des Republikanische» Schutzbundes kompetent für solche Verhandlungen sei. Deutsch ersucht Vaugoin, einen V e r. treter des Heeresministeriums zwecks Verhandlungen mit ihm namhaft zu machen. Am 21. Dezember findet nun die Besprechung iu der Zentrale des Republikanischen Schuh- bundes. d. h. im Gebäude derWiener Arbeilerzeihing" stall. Es nehmen daran teil von sozialdemokratischer Seite Deutsch , General a. D. Theodor Körner und der Znusbrucker Dierller, auf Regierungsseile als offizielle Abgeordnete Baugoia. General Witlas und Oberst Elcß. Deutsch veröffentlicht nun längere Auszüge aus dem Pro» t o k o l l dieser Sitzung. Aus diesem Dokument ergibt sich ein- wandfrei die Zusage des Heeresministeriums, Aus- rüstungsgegenstände und Waffen zuerst für 1000 Schutz- bündler zur Verfügung zu stellen. Des weiteren wurde die Frage der Heranziehung von Verstärkung aus Salzburg . Vorarlberg und Innerösterreich besprochen. Auch Fragen des Oberkommandos, des Rechtsverhältnisses und sogar der Versorgung etwaiger Hinterbliebener des Schutzbundes durch den Staat wurden besprochen.

Ain 5. Januar 1926 findet in Innsbruck eine wellere Besprechung zwischen Deutsch und dem Tiroler Landeshauptmann Stumpf in dieser Angelegenheit statt, der eine weitere solgen sollte. Baugoin war dabei der Vermittler zwischen Deutsch uNd Stumpf. Am 14. Januar 1926 teilt Vaugoin im Brief an Deutsch , den die Arbeiterzeitung in Faksimile veröffentlicht, mit, daß Landeshauptmann Stumpf gern bereit sei, mit ihmin der bewußten Angelegenheit zu sprechen". Am 18. und am 23. Februar 1926 endlich berät der Heeresausschuß des Parlaments über die Mitwirkung der Selbstschutzverbände, also auch des Republika- nifchen Schutzbundes, an der Verteidigung Tirols. Heute hat nun Vaugoin dem Sozialdemokatischen Parteloorstand mitgeteilt, daß er morgen sozialdemokratische Waffenbestände, die im südöstlichen Wiener Bezirk Simmering aufbewahrt werden, nach einer staatlichen Fabrik überführen lassen werde. Es hanbell sich um jene A r se na l w a s f e n, die die Wiener Arbellerschaft den Zugriffen der Entente Ende 1918 entzogen hatte. Im Frühjahr 1927 hatte Vaugoin diese Waffen aus dem Arsenal zunächst wegführen lassen, er mußte aber«inAbkommen mit der sozialdemokratischen Parteileitung treffen, wonach diese Waffen unter Doppelsperre auf- bewahrt werden würden. Den einen Schlüssel sollte die Sozial- demokratische Partei, den anderen das Hecresministerium besitzen. Nach dem Vertrag sollte in Zukunft eine weitere Ueberführung nur im beiderseitigen Einverständnis erfolgen. Deimoch oerleugnet Vaugoin jetzt seine Unterschriften, indem er die Ueberführung für Sonnabend vormittag selbstherrlich anordnet und verkündet. Dieser Wortbruch geschieht zu dem offenkundlgen Zweck, die Arbeiterschaft einseitig zu entwaffnen, während die Heinnvehr nach wie vor unbehelligt rüstet./ Vaugoin versucht zu leugnen. Wien , 7. November. Amtlich wird bekanntgegeben: Die in einer gestrigen Ler- sammlung in Simmering von Dr. Deutsch aufgestellten Behauptun­gen über ein« Bewaffnung des Schutzbundes in Tirol durch das Bundesheer und über eine Kooperation des Schutzbundes mit dem Bundesheer sind unrichtig. Dem Republikanischen Schutzbund wurden vom Bundeskanzler Vaugoin als Heeresminister nie und nirgends Waffen übergeben und ein« Zusammenarbeit von Bundesheer und Schutzbund war vom Bundeskanzler in Wirk- lichkeit nie geplant. Ueber die Einzelheiten dieser Ange- legenheit wird heut« noch eine aktenmäßige Darstellung erfolgen.

lange vor dem 14. September schrieb:Hitler frißt Hugen- berg." Der alte konservative Parlamentarier bestätigt damit aber auch, daß die Rechte von heute mit ihremunreifen Auftreten" nicht regierungsfähig ist.

Hitler fraß Hugenberg ! Westarp bestätigt es. Graf Westarp, einst unumschränkter Führer einer großen Partei, jetzt gleichberechtigter Unglücksgenosse einer Fünfmännergruppe, kritisiert das Werk seines Nachfolgers Hugenberg . In denVolkskonservativen Stimmen". einem dürftigen Wochenblättchen, schreibt er einen Artikel, in dem er darlegt, daß die Deutschnationale Partei durch Hugenbergs Führung nicht nur von 4,5 Millionen Wählern 2,5 Millionen verloren hat, sondern auch in völlige Ab- hängigkeit von der Hakenkreuzpartei geraten ist. Gegen Hugenberg , der in seinen Reden die 148 Stimmen der Deutschnationalen und der Nationalsozialisten als eine Einheit betrachtet, führt er aus: Ich oerrate kein Geheimnis, sondern kann mich auf zahlreiche öffentliche Aeußerungen beziehen, wenn ich feststelle, daß bis zur Auflösung auch in denjenigen Kreisen der Partei, ihres Vorstandes, ihrer Parteivertretung, ihrer Fraktionen, mit denen ich in Gegen- satz geriet, die weitaus herrschende Meinung die war, daß e i n zu enges Zusammengehen mit den Nationalsozia- listen höchst gefährlich und zu vermeiden sei. Jetzt wird von deuffchnationaler Selle der Wahlerfolg der National- sozialisten vielfach ganz lyje ein eigener Erfolg behandelt, und die Deutschnationalen bekennen sich zu einer engen Gemeinschaft poli- tischcr Zusammenarbeit, während die Nationalsozialisten sehr geneigt sind, die deutschnational« Annäherung sehr von oben herab zu behandeln. Die Führung ln dem Kern der 148, um welchen sich hie neue Mehrheit gruppleren soll, liegt bei Hitler, nicht bei Hugenberg ... Die Kampseswesse der Nattonolsozialisten, der sich diejenige der Deutschnationalen mehr und mehr angepaßt hat, ihr teils rein agitatorisches, teils u n- reifes Auftreten im Reichstage haben die Hoffnung, daß das Zentrum unter den jetzigen Verhältnissen für reckstz optieren könne, wie alle taffächlichen Vorgänge der letzten Zeit beweisen, wesentlich oermindert. Graf Westarp bestätigt damit, daß derVorwärts" die Entwicklung auf der Rechten richtig beurteilte, als er schon

Ein Lteberfatl auf Zörgiebel. Die Folge kommunistischer Hetze.. Genosse Zörgiebel wurde gestern vor der 3. Strafkammer des Landgerichts III als Zeuge in einem Berusungsprozeß eines tom- munistischen Stadtrats vernommen. Als er den Gerichtssaal wieder verlassen wollte, sprang ein Kommunist namens Heitrich auf ihn zu und schlug ihn ins Gesicht. Der Täter wurde sofort festgenommen und vorgeführt. Aus die Frage nach den Motiven erklärte Heitrich:Den schieß« ich noch über den Haufen." Der Täter wurde zu d r e i T a g e n 5) a f t wegen Ungebühr vor Gericht verurteill und sofort abgeführt. Er hat außerdem ein Strafverfahren zu erwarten. Der Ueberfall ist eine Folge der unausgesetzten Hetze der KPD. gegen den Genossen Zörgiebel.

Hausknechte Hugenbergs! Kommunisten verschaffen einer Arbeiterstadt einen deutsch - nationalen Bürgermeister. Eisleden. 7. November.(Eigenbericht.) In dem im Mansfeßwr Seekreis gelegenen Städtchen S ch r a p» l a u fand dieser Tag« die Neuwahl de« Bürgermeisters statt. Sozialdemokraten und Kommunisten haben in der Stadtverordneten» Versammlung die Mehrhell. Vor Beginn des Wahlaktes verließen die Kommunisten die Sitzung, wodurch die Bürgerlichen die Mehr- heit«rhiellen und einen ausgesprochenen Deutsch» nationalen zum Bürgermeister wählten.

Zufolge der australischen Flruwzkrise ist der Finanzminister da austrolffchen Arbellerregierung Lyons zurückgetreten.