Am Dienstagabend wurde eine Wahlversammlung der polnischen Nationaldemokraten( Rechtsopposition) von der Polizei gleich zu Beginn aufgelöst. Die Versammlungsteilnehmer zogen darauf durch die Hauptstraßen. Auf dem Theaterplah und dem Friedrichsplat ging die Polizei mit gefälltem Bajonett gegen die Menge vor. Mehrere Personen wurden zum Teil schwer verletzt. Während der Demonstration wurden zwei nationaldemokratische Redakteure wegen Aufreizung zu Gewalttätigkeiten verhaftet, Mittwoch früh ein drifter Schriftleiter diefes Organs.
Graebe vor Gericht.
Gegen den gewesenen deutschbürgerlichen Abgeordneten, ehemaligen preußischen Oberstleutnant Graebe verhandelt jetzt das Bromberger Gericht. Die Anklage stammt von 1923 und wirft Graebe Landesverrat durch die Tätigkeit des längst aufgelösten Deutschtumsbundes und dadurch vor, daß er Posener Deutsche a b- gehalten habe, für Deutschland zu optieren!! Damit foll er die Stärkung der deutschen Minderheit angestrebt haben, da die Verfassung volle Gleichberechtigung verspricht...
Auf dem Danziger Bahnhof in Dirschau wurden zwei Deutsche, die Arbeiter Johann Mauriz und Ostar Reitowski aus Dirschau, die sich mit Wahlmaterial und Stimmzetteln nach Neustadt begeben wollten, verhaftet. Man durchsuchte ihre Patete und beschlagnahmte das Wahlmaterial und die deutschen Stimmzettel. Dieses Material hatte die Zensur anstandslos passiert!
In der Nacht zum Sonntag wurde in Warschau der Maurer Piotr Lenarczyk. der Zentrolinten- Wahlplafate anklebte, von unbekannten Männern angefallen, die ihm die Plakate entrissen und ihn bedrohten. Als er die Flucht ergriff, sandten ihm die Unbefannten einige Revolverschüsse nach, von denen einer Lenarczyk in die Hüfte traf, so daß er bewußtlos zusammenbrach. Nach den Angaben des Ueberfallenen ist der Täter ein gewisser Piotrowski, Lucka 12 wohnhaft, der natürlich spurlos verschwunden ist.
Kauf deutsche Zeitungen- und du wirft verprügelt. Kattowitz, 12. November.
Die angefürdigten Maßnahmen der Aufständischen gegenüber der deutschen Bresse werden seit Beginn der Mobilisation des Aufständischenverbandes in brutaler Weise durchgeführt. In Gruppen 30gen die Aufständigen in Kattowitz von Lokal zu Lotal, zer= rissen die bort ausliegenden deutschen Zeitungen und Zeitschriften, beläftigten die Gäste, die deutsche Zeitungen lasjen, verprügelten die Berläuferinnen der deutschen Zeitungen und überfielen die Beitungsboten an den Straßenbahnhaltestellen und in den Zeitungsfiosten. Nur heimlich durften deutsche Zeitungen zum Verkauf angeboten werden.
In Pschom murden einem Austräger des Oberschlesischen Kurier" nicht mir die Zeitungen entriffen und das Fahrrad zer trümmert, sondern er selbst wurde bis zur Bewußtlosigkeit geschlagen. In Laurahütte wurde ein Ehepaar, das eine deutsche Zeitung getauft hatte, jämmerlich verprügelt und selbst das Kind, das mit den Eltern deutsch sprach, mit Fußtritten bearbeitet. Als Straßenpaffanten zur Hilfe tommen wollten, wurden sie von den Strolchen ebenfalls angegriffen. In Königshütte wurde die große Schau fensterscheibe der Geschäftsstelle des Oberschlesischen Wan derer eingeschlagen. In Lipine wurden erneut deutsche Zeitungsausträger überfallen und verprügelt.
Selbst die Polizei beteiligt sich an der Ausrottung der deutschen Presse. Nicht genug, daß täglich die deutschen Zeitungen wegen belangloser Artifel der Beschlagnahme verfallen, werden die 3eis tungsausträger von der Polizei angehalten und darüber vernommen, weshalb sie deutsche Zeitungen austragen. Den Leuten werden Bersprechungen gemacht für den Fall, daß sie ihre Tätigkeit einstellen. Auf diese Weise wird den deutschen Bartaien die legte Möglichkeit der Wahlpropaganda durch die Preffe genommen. Deutsche Wahlversammlungen finden schon lange nicht mehr statt.
Italiens Armee: 630 000 Mann. Die Miliz einbezogen.
Genf, 12. November.( Eigenbericht.) In der vorbereitenden Abrüstungskommission macht die Bertretung Italiens gelegentlich eine Geste, die den Eindruck erwecken soll, das Faschistenreich wolle Abrüstung; man erklärt sich zum Beispiel für deutsche Anträge, wenn Frankreich dagegen ist. Die Wahrheit aber zeigen folgende Tatsachen:
Am 1. November hat der italienische Ministerrat die Gefeßze über die Neuformierung der Faschist en miliz verkündet, die mit einem Schlage die Kampffraft der italienischen Landarmee weit mehr als verdoppeln. Die Gesetze haben den Sinn, die Parteitruppe von 363 465 Mann aufs engste mit der regulären Armee von 230 000 Mann zu verbinden. Daher werden die Bataillone der Miliz nicht mehr als selbständige Truppenförper geführt, sondern der Armee als Kerntruppen des Faschismus bei gegeben. Die hohen Chargen der Miliz rangieren in Befehls gewalt, Gehalt und Pension genau mit dem Generalstab der Armee; auch die übrigen 1200 Milizoffiziere werden aus dem auf fämtliche Staatshaushalte verteilten Militärbudget besoldet. Bum Unterschied von der regulären Truppe, die auf der allgemeinen Wehrpflicht aufgebaut ist, handelt es sich bei der Miliz um ein ,, freiwilliges" Heer. Schon mit acht Jahren werden die jungen Schwarzhemden in die„ Balilla" eingegliedert, der sie bis zum 14. Jahr angehören. Von da bis zum 18. Jahre kommen fie in die Bortrupps, bis 21 Jahre bilden sie die jungen Kampfverbände,
aus denen
jedes Jahr etwa 90 000 zur Miliz übergehen. Die Verpflichtungszeit für die Miliz beträgt 10 Jahre, während deren die Milizsoldaten jezt regelmäßig an der mili tärischen Ausbildung und allen Gefechtsübungen teilnehmen. Be jondere Miliz manöver gibt es außerdem.
Der Kampfwert der Miliz wird von der italienischen Bresse ganz besonders unterstrichen. Das neue Gesetz". sagt die Broflamation des Großen Faschistenrates, ist nicht nur ein Fort schritt für die Verbände der Schwarzhemden. Es stellt eine viel größere Garantie für die Zukunft der faschistischen Revolution und für die Macht des Baterlandes dar." Mussolinis Popolo d'Italia" betont: Freiwillige Soldaten, von juristisch und geseglid offiziellen Offizieren befehligt, die im Krieg dekoriert find, stellen eine furchtbare Berstärkung der aktiven Truppe dar. Praktisch fann man also ruhig sagen, daß
felt 1. November neben der rgulären Armee von 230 000 Mann eine bewaffnete Macht von 400 000 Mann ständig in Italien mobilisiert
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Schwerer Entschluß.
London, 12. November.( Eigenbericht.) Wir sind in der Geburtsstunde eines neuen Zeitalters", sprad) der Führer der englischen Arbeiterbewegung, als er am Mittwoch mittag den Vorsitz der britisch- indischen Konferenz übernahm. Würdig und einfach war die Eröffnung dieser Versammlung, in der fich das fünftige Schicksal des größten Reichs der Erde und von 350 Mil
lionen Inder vorbereiten werden.
betonenb, alle bereit, diese Konferenz zum Besten des indischen und des englischen Volkes reifen zu lassen,
nicht durch ein Diftat, sondern durch gemeinsame Arbeit.
Diese Konferenz wird der Anfang fein einer auf der indischen Freiheit und Selbstverwaltung aufgebauten Union der beiden Staaten, oder das Ende der Zusammenarbeit, mas zu gleicher Zeit Indien auf den Weg Chinas treiben müßte. Niemand weiß dies reffer als die Arbeiterregierung. Die Vorschläge des SimonBerichtes, obgleich sie zur Debatte stehen, sind bereits ad acta gelegt. An ihrer Stelle wird die englische Regierung durch die in den nächsten Tagen zu erwartende Denkschrift des indischen Vizefönigs eigene Ansichten darlegen lassen. Diese neuen Vorschläge reichen nahezu an den Dominion status heran.
Im Oberhaus versammelten sich die 83 Delegierten, 68 Inder, meistens in bunten Kostümen, darunter zwei Frauen und zwei Ber- beffer als die Arbeiterregierung. trauensleute der Gewerkschaften. Fast vollzählig sind die Maharadschas und Nabobs erschienen, von Kaschmir, von Tifamir, Alvar, Patiala, Heiderabad und wie die fagenhaften Namen alle heißen. Sie sind die Repräsentanten der indischen Staaten. Aga Khan ist da, der seine ungeheuren Reichtümer in Europa verzehrt. Mohammed Ali, der Oberste der indischen Moslems, Sapru und Jayafar, die Führer der indischen Liberalen, Jinnar, Saftri,
Männer, von denen jeder einzelne den Charakter bäuerlichen Herkommens trägt, Köpfe, aus denen die Weisheit, die Kultur und die Ueberlieferung von Jahrhunderten strahlen, Gesichter, die die Maschinen noch nicht egalisieren und schablonifieren fonnten, Köpfe, als seien fie aus einem bunten schönen Märchenbuch geschnitten.
Den Indern, Hindus und Moslems gegenüber figen 15 Dele gierte Englands, an der Spize Macdonald, Henderson, Wedgewood, Benn und Thomas, drei Konservative und drei Liberale. Nur ein einziges äußeres Zeichen der Vergangenheit und der Verbundenheit der Inder und Engländer: die englische Sprache. Ob Moslem
oder Hindu, welcher Stamm, welches Land, welches Volk: durch verschiedene Heimatsprachen getrennt, verständigen sie sich auch untereinander auf englisch.
Das Gesumme bricht jäh ab. Der König und Kaiser von Indien erscheint und verliest die Begrüßungsrede. Unter stürmischem Beifall wird darauf Macdonald zum Vorsigenden gewählt. mit tiefem Ernst und hohem Verantwortungsbewußtsein verweist er auf die historische Stunde, die die Geburtsstunde eines neuen Indien sein müsse, das am Tor seiner fonftitutionellen Entwicklung angelangt fei. Es folgen die Reden der Führer der indischen Delegationsführer, alle die Berbundenheit Indiens mit England
ist. Die praktische Verdoppelung des italienischen Heeres durch die neuen Geseze ist eine neue Provotation aller Friedensfreunde. Sie tommt gerade noch recht, um der vorbereitenden Abrüstungsfommission zu beweisen, daß an ein Ausschalten bewaffneter Berbände aus dem Programm der Abrüstungskonferenz nicht gedacht werden kann, wofür sich gerade Italfen so eifrig einsetzt.
Fünf Schilling für das Arbeiterkind. Die Elternunterstützung wegen der Schulpflichtverlängerung
London, 12. November.( Eigenbericht.)
Die kostendedungsvorlage für die Berlängerung der Schulpflicht und die dadurch notwendig werdende Unterstüßung der Eltern wurde am Dienstag nach hihiger Debatte gegen 12 Uhr nachts mit 271 gegen 242 Stimmen angenommen. Liberale und Konservative befämpften den für das erste Jahr geforderten Aufwand von rund 6% millionen Pfund( 130 millionen Mart). Marion, der Führer der Unabhängigen Arbeiterpartei widerlegte schlagend die Gegner der Vorlage. Beschämt saßen die Bürger. lichen auf ihren Bänken. Aus den Reihen der Arbeiterabgeordneten rief man ihnen zu: hier jammern sie, daß England an diesen Millionen zugrunde gehen werde, und dann gehen sie in den Speisesaal und geben im Handumdrehen fünf Schilling aus denselben Betrag,
Der Kroll: Bertrag.
Die„ Boff. 3tg." veröffentlicht die Bereinbarungen, die zwischen der Boltsbühne und der preußischen Regierung abgeschlossen sein sollen, für den Fall, daß die Volksbühne auf ihre vertraglichen Anrechte auf die Kroll- Oper verzichtet.
Wie wir dazu erfahren, ist der Vertrag noch von feiner Seite perfett gemacht. Die Meldung der Boff. 8tg." ist also verfrüht und geeignet, den ruhigen Ablauf der Berhandlungen zu stören.
Die indischen Fürffen sind bereit, in große Machlabftriche ein... juwilligen, alle
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Die Beratungsdauer der Konferenz ist auf drei Monate be rechnet. Im Vordergrund der Diskussion muß die Selbst= verwaltung Indiens stehen und die Demotratifierung feiner Staaten. Die Befreiung der indischen Bauernmassen ist auf der Tagesordnung der Weltgeschichte. Mit England auf dem Weg der Evolution; gegen England Zerstörung und des blutigsten Kampfes. auf dem Weg der Gewalt, der Das ist die Frage, die neben dem britischen Reich auch die Welt erschüttern kann. Sie fann nicht mit englischen und nicht mit indischen nationalistischen fann nicht mit englischen und nicht mit indischen nationalistischen Phrasen, noch mit der reaktionären Maschinenstürmerei und Gesundbeterei Gandhis gelöst werden; aber mit der Besonnen= heit, der historischen Erfenntnis und der Erfahrung einer in der demokratischen und sozialistischen Schule groß ge= wordenen Arbeiterbewegung und ihrer Regierung.
London, 12. November.
Aus Anlaß der Eröffnung der englisch- indischen Konferenz ver anstalteten die Anhänger Gandhis in Indien einen Trauertag. Alle Geschäfte und Märkte der Findus in Karatschi waren geschlossen.
den die Arbeitereltern als Wochenhilfe bei der Durchführung der Schulpflichtverlängerung bekommen sollen.
London, 12. November.( Eigenbericht.) Lord Dickinson, früher William Dickinson, ein hervorragendes Mitglied der Liberalen Partei, ist zur Labour Party übergetreten. Er war lange Jahre liberaler Abgeordneter und hat sich vor allem als früherer Präsident der Londoner Stadtver= waltung große fommunalpolitische Berdienste erworben, die ihm den Lordtitel verschafft haben. Dickinson ist einer der Gründer der Kirchlichen Gesellschaft für internationale Berständigung. Sein Uebertritt zur Labour Party ist ein Zuwachs an Prestige und der Gewinn einer bekannten Persönlichkeit des öffentlichen Lebens.
abhängiger Demokraten wird ihre konftituierende Tagung am Sonn Tagung der unabhängigen Demokraten. Die Bereinigung un tag, dem 30. November, in Raffel abhalten.
Deutsche Filme in Prag werden in drei Kinos ab Freitag wieder laufen.
Die Beschiehung der„ Baden". Da die meisten Todesopjer Spanier waren, wird die spanische Botschaft in Berlin an der Berhandlung vor dem Hamburger Seeamt teilnehmen.
Die belgischen liberalen Parlamentarier haben ihren Erminiſtern das Vertrauen und sich für weitere Zusammenarbeit mit den Katho lifen ausgesprochen. Die Krise steht vor der Beilegung.
Der litauische Gouverneur des Memellandes forderte bei der Landtagseröffnung, daß endlich Wandel geschaffen werde, damit die Lehrer und Richter a uch litauisch beherrschen.
Babst tehrt zurüd. Am Republikfeiertag hat der von Millas eingesetzte Innenminister Star hemberg mit den anderen Heimmehrführern ben fattsam bekannten Heimwehrputschiften Pabst an der Brennergrenze feierlich empfangen!