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Nr. 535 47. Jahrgang

3. Beilage des Vorwärts

Georg Britting  : Hochwasser

Es war überraschend Lauwetter eingefallen. Das grüne Wasser| sogar einen Ruß gegeben. Aber, bei Gott, dabei habe er ihr doch der Donau   färbte sich odergelb, braun, stieg, stieg und stieg. Sträucher nichts abgebiffen. Das sei doch kein Verbrechen. Jeder habe einmal trieben stromabwärts, zwischen den Wurzelarmen saßen frierend eine schmache Stunde. Das dürfe Jakob nicht so gewaltig frumm versprengte Hasen. Die Flut trat aus den Ufern und warf Schlamm nehmen. Er solle ihn doch um Gottes willen jezt ins Boot nehmen in die Keller. Durch die Straßen der kleinen Stadt plätscherten und in die Stadt rudern. Boote.

Ein Stück vor den Toren lagen nebeneinander zwei niedrige Häuser am Strom. Jakob erwachte um die Morgendämmerung. In seinem Zimmer zur ebenen Erde spiegelte Wasser. Er wedte seine Frau und befahl ihr, zu den Eltern in die Stadt zu gehen. Er wolle noch einige wichtige Papiere, Schmud und dergleichen retten, einen Teil der Möbel auf den Dachboden schaffen und ihr dann folgen. Auch Heinrich, den Nachbarn wolle er verständigen. Die Frau ging, und als sie im Nebel verschwunden war, watete er zum Boot, das hinterm Haus hing am Pfosten, der nur mehr mit rundem Kopf aus der gelben Flut spähte. Er setzte sich auf die Ruderbant, zündete sich eine Pfeife an und beobachtete gleichmütig das stetige Anschwellen des Flusses. In Heinrichs Haus regte sich nichts. Weit und breit war nur Nebel und Wasserfläche. Wie Inseln dunkelten die beiden Häuser. Als der Fluß bis zu den Fenstern des ersten Stocks gestiegen war, trieb Jakob das Boot mit langsamen Ruderschlägen gegen Heinrichs Haus und polterte dort an die Läden. Heinrich, aufgescheucht, sah aus dem Fenster, sah Wasser, Wasser, gelb, strudelnd, und Jakobs rettendes Boot. Er erschrat nicht allzusehr. Uferbewohner müssen immer darauf gefaßt sein, daß das Element mit nassen Zungen sie anfällt. Schließlich war er gegen Schaden versichert und die Stadt im Boot leicht zu erreichen. Er zog sich rasch an, fluchte einiges über den gewalt­tätigen Strom und erschien wieder am Fenster, Jakob zurufend, er möge das Boot zu ihm heranbringen, daß er einsteigen könne. Aber der machte keine Miene, es zu tun. Er befestigte den Kahn an einem in der Nähe stehenden Baum, der mit dürren Aesten zum Himmel griff. Dann begann er bei verschränkten Armen auf Heinrich ein­zureden, er solle gestehen, daß er ihn mit Elfe, feiner Frau, be trogen habe. Bergeblich beteuerte Heinrich, daß an dieser Beschuldi­gung fein wahres Wort sei daß Jakob leerem Gerede Glauben schenke, daß seine Frau, ein Muster auler Tugenden, ihn mit feiner

Silbe und feinem Blid jemals verraten habe.

Jakob lächelte nur. Das Wasser stieg. Schon sprangs durch die Fenster des ersten Stocks, daß Heinrich eine Stiege höher sich begeben mußte. Jakob schlang die Bootsfette um den Wipfel des Baumes, der freischend sich bog. Heinrich redete lang und ein­dringlich zu Jakob. Er möge doch kein Narr sein. Er könne für die Treue seiner Frau die Hand ins Feuer legen. Nie habe er auch nur einen unrechten Griff nach ihr getan. Er sprach fort, bis Jatob mit schrecklicher Stimme ihm zurief, er möge doch jetzt, im Angesicht des Todes, die Wahrheit sagen. Heinrich könne ihm nicht mehr entgegen­kommen. Er werde warten, bis er wie eine graue Raze erfaufe. Der Nebel hing dicht. Die nahe Stadt war nicht mehr zu sehen. Der gelbe Strom wälzte sich brummend und flatschte mit breiten Händen an das Haus. Wenn das Wasser in der gleichen Schnelle weiter ftleg, mußte es bald das Dach erreichen. Heinrich beschmor Jakob, vernünftig zu sein. Es jei ja wahr, er habe Elfe mit freundlichen Augen angesehen. Er habe ihr einmal, verstohlen,

Jakob verharrte in seinem schyredlichen Lächeln. Heinrich fing wieder an zu sprechen. Einmal, aber, bei allen Heiligen, nur ein­mal habe er ihn mit Else betrogen. Die Weiber, die seien nun schon lüftern nach fremdem Männerfleisch. Weiber seien wie Kinder, die von allem haben müßten. Er, Heinrich, der immer Jafobs Freund gewesen war, hätte freilich verständiger fein sollen.

Jakob hatte die Beichte mit Ruhe entgegengenommen. Er spielte mit den Rudern. Er schaufelte im Boot. Heinrich fuhr fort: Er fönne es ja gestehen. Es sei öfter als einmal gewesen. Na ja, die Bersuchung. Er sei auch nur aus Fleisch. Aber so oft, wie Jakob sich das dente, so oft sei's wahrhaftig nicht gewesen. Er solle ihm boch verzeihen und ihn jeßt ins Boot laffen.

Jakob jagte ihm ins Gesicht, daß er sterben müsse. Er solle jede Hoffnung aufgeben. In einer Stunde sei das Wasser so weit. Er bliebe, um zu sehen, wie Heinrich vergurgle und verrecke.

Der in seinem eigenen Haus Gefangene verlegte sich aufs Bitten, auf Betteln, aufs Jammern. Aber Jakob beachtete ihn gar nicht mehr, sah zu, wie die Wellen sich gegen die Bootsspize warfen, als ob allein das noch seine Aufmerksamkeit fesseln könne, hörte gar nicht mehr auf den ehebrecherischen Mann, der nun laut weinte, dann schrie, dann fluchte und heulte.

Auf einmal, der Gefangene hatte aufgehört zu schimpfen und die beiden stummen Männer hatten sich minutenlang ins Auge ge= sehen, unbeweglich, und Heinrich hatte wohl im Blick seines Richters die unerschütterlichkeit des Urteilsspruches gelesen, auf einmal trat Heinrich vom Fenster zurücd, ins Haus zurüd, verschwand. Un­ruhig beobachtete Jakob den Rückzug des Berurteilten.

Es verging wohl eine Viertelstunde. Jakob mar es, als ob das schweigende Haus unter dem Ansturm des Wassers erbebe. Da er­schien Heinrich wieder am Fenster. Er trug die Uniform des In­fanterieregiments, in dem er gedient, in dem er den Krieg mitge­macht hatte. Er trug die helle, blaue, bayerische Friedensinfanterie­uniform, trug den Helm mit der blizenden Spitze auf dem Kopf, auf seiner Brust schaufelten Orden, das bayerische Militärverdienst treuz und das Eiserne Kreuz  , schaufelten, flirrten leise, hingen dann stumm. Den Säbel, er war Vizefeldwebel gewesen, hatte er um­geschnallt. Ohne ein Wort zu sprechen, lehnte er am Fensterfreuz. Er schenkte Jakob feinen Blid, er tat, als sei dieser nicht vorhanden, gar nicht vorhanden, und seine Miene drückte aus, er wolle den Tod als Soldat und brav und ohne Furcht und Zittern erwarten. Jakob fah ihn bestürzt an. Der friegerische Mann am Fenster rührte sich nicht. Gewaltig floß die Donau  . Da löste Jakob, und er wußte nicht, ob er meinen sollte, ob er lachen sollte, ob er Be­wunderung fühlen sollte für seinen Gegner, da löfte Jakob die Kette vom Baum und trieb das Boot zum Fenster. Der blaue Soldat falutierte, stieg ein, fejte fich auf die Bant am Bootsende, mie ein Ehrengast, wie ein vornehmer Herr und General, und Jafob ruderte ihn eilig und still über die gelbschäumende Wasserfläche zur Stadt.

Schöpfer des amerikanischen   Heeres

Steubens zweihundertster Geburtstag

und für ihre Sache fochten, hätte kein Vorgesetzter anzurühren gewagt. Steuben erkannte und bekannte, daß sie ihn bei dem Versuch, nach preußischem Muster zuzupacken, steini zen würden, aber indem er die Freien als Freie behandelte und durch echte Humanität ihre Herzen gewann, brachte er, zum Generalinipektor der Armee ernannt, in die regellosen und unbekümmerten Milizen die Disziplin hinein, deren jede Truppe bedarf.

Bor zweihundert Jahren, am 15. November 1730, tam Steuben| willigen, aufrechte, freie Männer, die ihre eigene Scholle verteidigten als preußisches Offizierskind in Magdeburg   zur Welt, und es verstand sich fast von selbst, daß auch Friedrich Wilhelm  preußischer Offizier wurde. Im Siebenjährigen Kriege focht er mit Auszeichnung und brachte es zum Stabstapitän und Flügeladjutanten Friedrichs II. Da jedoch mit dem launischen König schlecht Kirschen essen war, verließ Stuben nach Friedensschluß enttäuscht und verstimmt eine Armee, der er sechzehn Jahre angehört hatte. In der Enge süddeutscher Höfe drückte er sich mit Mißbehagen herum, dachte bald in Sardinien  , bald in Desterreich Kriegsdienste zu nehmen und griff nach einiger Ueberlegung zu, als ihm 1777 der französische  Kriegsminister St. Germain vorschlug, nach 2 merita zu gehen, um dort den vom Mutterland abgeallenen Rebellen, mit denen Frankreich   ein Bündnis vorbereitete, militärische Zucht und Ordnung beizubringen.

Daß Steuben Soldat war und in der neuen Welt Soldatisches leisten konnte, bestimmte seinen Entschluß. Aber da er. im klaffischen Altertum zu Hause, philosophischen Anwandlungen zugänglich, als Freimaurer mit den Humanitätsidealen der Zeit vertraut, zu den wirklich gebildeten Ausnahmen im preußischen Offiziertorps zählte, wie sie auch effing zuzeiten gern seines Umganges würdigte, mußte er für die Stimmung der fortgeschrittensten Geister in Deutsch­ land   empfänglich sein, die mit Jubel die Erhebung der amerikanischen  Kolonien fast als ihre eigene Sache begrüßten; selbst die zahme Berliner   Monatsschrift" feierte dithyrambisch den ,, edlen Kampf für Freiheit und Vaterland" und schwang sich zu ungewohnt revolutionären und republikanischen Tönen auf:

Und du, Europa  , hebe das Saupt empor! Einst glänzt auch dir der Tag, da die Rette bricht, Du, Edle, frei wirft; peine   ben

Schacht und ein glücklicher Boltsstaat grünet.

In der Tat wurde auch der friderizianische Offizier Steuben, als er, entschlossen, sich die amerikanische   Bürgertrone zu verdienen, drüben landete, von dem morgenfrischen Hauch einer jungen Demo­tratie angeweht. Welch ein schönes, welch ein glückliches Land!" schrieb er einem Freunde daheim, ohne Könige ohne hohes priester, ohne aussaugende Generalpächter und ohne müßige Barone. Hier ist jedermann glücklich, Armut ist ein unbekanntes Uebel", und wiederum: Wir befinden uns in einer Republit, wo, Gott sei Dant, die Würden nicht erblich find wie die Barone in Deutschland  ."

Kein Gamaschentnopf von der verbreiteten Art des preußischen Generals non Galdern. der sich die Stirn darüber zergrübelte, ob die Infanterie 75 oder 76 Schritte in der Minute machen sollte, stedte Steuben doch noch in den Ueberlieferungen der frideri zianischen Armee. Aber in einem Lande, wo die sozialen Grundlagen der Heeresverfassung ganz anders waren, ließ sich damit nichts an­Die geworbenen und gepreßten Soldknechte unter fangen. Friedrichs Fahnen wurden durch Prügel und abermals durch Brügel zu willenlosen Automaten gedrillt. Die amerikanischen Frei

Meinte Steuben einmal, er habe die Prinzipien der Kriegs­tunst unter Friedrich dem Großen studiert und Washington   angewandt, so unterlag er allerdings einer Selbst täuschung. Den amerikanischen   Farmern war die friderizianishe Taktit so wenig einzubläuen wie die friderizianische Disziplin. Wegen ihrer Neigung zur Desertion nur in geschlossener Formation verwendbar, erschienen die Söldner des Preußentönigs auf dem Schlachtfeld als festgefügte Kolonne, die, vom Offizier mit der Fuchtel zusammengehalten, nach Befehl Salven feuerte. Die amerikanischen  Milizen aber hatten in den Indianerscharmützeln das Gefecht in zerstreuter Ordnung mit Deckungnehmen und Schützenfeuer gelernt, wobei alles auf die Selbständigkeit des einzelnen anfam; fo fochten sie mit Erfolg auch gegen die englischen Soldbataillone. Wie nun Steuben statt der papageienbunten Un formen Europas  für die Soldaten Washingtons linnene Jagdhemden und Ueber. röde und runde, aufgefrempte Hüte vorschlug, so entwickelte er auch mit genialem Erfassen des Wesentlichen die naturgegebene Tattif der Freiwilligen weiter: er schuf eine der Alten Welt unbekannte Waffen gattung, die leichte Infanterie, die für den Schüßenkampf geeignet und geübt mar und sich auch dem maldreichen Gelände gut anpaßte. Diese leichte Infanterie, den britischen Söldnern zehnfach überlegen, bildete den Kern der amerikanischen   Arm.ee und zugleich den Vorläufer der französischen   Revolutions heere von 1793, von denen Steuben in diesem Jahre dem preußischen Militärschriftsteller von Bülow fagte, fie führten den felben Krieg wie die amerikanischen   Farmer und würden ebenso unüberwindlich sein. In welchem Maße seine Prophezeiung in Erfüllung ging, erlebte Steuben nur noch halb, denn die Revo­lutionstriege waren noch unentschieden, als er am 28. November 1794 in seinem bescheidenen Blockhaus in der Grafschaft Oneida starb. Menschlich und militärisch war der Schöpfer des ameri tanischen Heeres" eine Gestalt, die sich unter feinesgleichen wohl sehen lassen fann. Aber da es den amerikanischen   Zeitgenossen faum zum Bewußtsein fam, daß es sich bei dem gern Französisch redenden und schreibenden General um einen Deutschen   handelte, erscheint es übertrieben, ihn heute im Zeichen der Steuben Gesellschaft und der Steuben Feiern zu einem Sinn­bilde deutsch  - amerikanischer Annäherung zu machen. Steuben in allen Ehren, aber ein besserer Mittler aus den vergangenen Gene­rationen wäre Karl Schurz  , der erst in Deutschland  , dann in Amerika   der Demokratie mit aller Hingabe diente und seinem neuen Vaterlande vielfältig nützte, ohne die alte Heimat zu vergessen. Hermann Wendel  

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Freitag, 14. November 1930

Der Abschluß einer Blutrache

Auch in Ländern, in denen die moderne Rechtsprechung ein­geführt ist, erhält sich doch noch immer die alte Ueberlieferung der Blutrache, die dort einst lebendig war, und es ist die Aufgabe der Behörden, diese Form der wilden Vergeltung, die nun einmal dem Menschen noch im Blute steckt, in eine möglichst harmlose Zeremonie umzuwandeln. Wie dies im heutigen Palästina geschieht, dafür führt ein dort amtierender Bezirksbeamter, Major E. Keith- Roach, cin interessantes Beispiel an:

Bor sieben Jahren erschlugen drei Männer drei andere in einem Familienstreit, und nachdem sie wegen dieses Verbrechens eine lange Gefängnisstrafe abgesessen hatten, wurden sie fürzlich entlassen. Sie wünschten nun, nach ihrem Dorf zurückzukehren, aber da die Blut­rache noch nicht beigelegt war, so wäre das für sie sehr gefährlich gewesen, menn nicht vorher der Streit endgültig beigelegt ist. Sie wandten sich daher an den Bezirksbeamten, der zunächst Schieds­richter ernannte, die die Bedingungen des Friedensschlusses festsetzen sollen. Fünf betagte Männer aus den benachbarten Dörfern, die wegen ihres aufrechten Charakters und ihrer Kenntnis der Bräuche allgemeine Achtung genießen, werden auserwählt. An einem fest­gesetzten Tage versammeln sich diese Alten auf dem Marktplatz des Dorfes unter dem einzigen Baum, der sich hier erhebt, und ver­handeln über die Form, durch die die Blutrache am besten begraben werden kann. Es ist eine schwierige Aufgabe, bei der zahlreiche Tassen Kaffee getrunken werden und bei der man Allah   und den Propheten zu Zeugen dafür anruft, daß in diesem Falle jedes Blut­vergießen auszuschalten sei. Auch die Zahlung ron Geld wird nach die längeren Erörterungen abgelehnt und festgestellt, daß nur ,, Wajahah", d. h. die Ehre der beleidigten Familie, wieder hergestellt werden müsse. Schließlich kommt man zu dem Beschluß, daß die Mörder sich unterwerfen und ihre Familien ein, Liebesfeft" aus­rüsten müssen. Des weiteren wird festgesetzt, daß das Fest bestehen soll aus zehn Ziegen und einem halben Sack Reis, zwei großen Kannen mit Sesamöl, 50 Kisten mit Zigaretten, drei Pfund Salz, etwas Pfeffer und soviel Feuerwert, als ein Esel tragen kann. Die Nachricht von diesem Beschluß wird dem Bezirksbeamten mitgeteilt, und er wird zu dem Fest eingeladen. Am Festtage ist das ganze Dorf bereits früh auf den Beinen. Angesehene Leute aus den benachbarten Dörfern sind geladen, und um 8 Uhr morgens von Bornehmen; er führt die drei aus dem Gefängnis Entlassenen bis an das Dorf. Dort werden sie von ihrer Familie in Empfang genommen, bleiben aber außerhalb. Der Beamte begrüßt nun die Schiedsrichter und die Familienmitglieder der Erschlagenen und teilt ihnen mit, daß drei Männer draußen warten. Die Antwort lautet: Laßt sie hereinkommen." Der Beamte, bringt sie nun in den Hof, der das Haus des Dorfhäuptlings umschließt. Die drei stehen Demütig und schüchtern in einer Ede. Die Turbantücher auf ihren Köpfen, die mit einem Strid aus Ziegenhaar umschlungen sind, wer den abgenommen, zusammengefaltet und als eine Art Schlinge um den Hals gelegt. Wenn dann die Schiedsrichter, die Vornehmen und die Dorfbewohner sich in dem Hof versammelt haben, entfernen die Männer langsam die Schlingen und legen sie zu ihren Füßen nieder. Der älteste Schiedsrichter hält mun an die Angehörigen der Erschlagenen eine Ansprache: Hier sind die drei, die eure drei Und mit bezeich Söhne erschlagen haben; fie unterwerfen sich." nender Gebärde fährt er fort: Tötet sie, wenn es euch gefällt. Eine lange Pause entsteht. Dann fährt er fort: Erwägt aber, daß der Bezirksbeamte und die Vornehmen der Umgebung hier­hergekommen sind, um für sie um Gnade zu bitten. Handelt nach arabischem Brauch; entscheidet!" Eine lange Stille folgt; man hört das heisere Hüfteln einer alten Frau, das helle Schreien eines Kindes, die langgezogenen Töne der Pfeifen der Hirten, die in der Umgebung ihre Herden weiden, das Gurren einer Taube. Alles und sehr würdig treten nun die Brüder der Erschlagenen vor; fie wartet gespannt auf den nächsten Akt des Dramas. Sehr langsam beugen fich, sie nehmen die Turbanstreifen vom Boden auf, und nachdem sie sie zu Kopfbedeckungen gefaltet haben, setzen sie sie den fie mit einem schallenden Kuß auf jede Bange und sagen: Dihr mit gesenktem Kopf dastehenden Männern auf. Dann grüßen sie Männer, Friede sei mit euch, denn ihr seid wahrlich mehr wert als unsere Toten. Hat doch Allah   selbst gesagt, daß die Lebenden besser find als die Toten." Allgemeiner Jubel bricht darauf los; die schrillen Rufe der Frauen mischen sich mit dem dunklen Gemurmel der Männer; von allen Seiten werden die Weisen beglückwünscht, die diese Blutrache zu einem so glücklichen Ende geführt haben. Dann beginnt das Liebesfeft. Die Ziegen werden mit besonderer Feierlich teit geschlachtet, die anderen Speisen werden zubereitet, alles vereint fich zu dem Festmahl, das bis spät in die Nacht dauert.

erscheint der Beamte mit einem Polizeioffizier und einem Gefolge

Bedeutung der deutschen   Oelfunde

über­

Deutschland braucht jährlich rund 1,4 Millionen Tonnen Mineralöle. Davon brachte vor dem Krieg das Inland schon nur einen sehr geringen Teil auf, durch den Verlust des Elsaß wurde der Anteil noch fleiner. Seit der Ausschließung des hannoverschen Delfeldes bei Oberg, Delheim, Steinförde   und Wieße steigt die Produktion unaufhörlich, so daß heute die vorhandenen Raffinerien nicht mehr genügen, um die ausfließende Produktion zu verarbeiten. Im Jahre 1930 wird voraussichtlich die Produktion von 1913 damals also mit und heute ohne das elsässische Petrol schritten. Die Förderung von 1913 mar 121 000 Tonnen und sie sant bis auf 50 000 Tonnen, stieg schon 1929 wieder( ohne Elsaß  ) auf 102 000 Tonnen. Heute, im November 1930, steht die Förde­rungsmöglichkeit bereits so günstig, daß man für 1930 mit 150 000 Tonnen rechnet, für 1931 aber etwa 600,000 Tonnen voraussieht. 3um Vergleich: Bolen förderte 1929 625 000 Tonnen und Rumänien  4,8 Millionen Tonnen. Weiter wird von einer besonders ergiebigen Sonde, Elwerath 38 in Nienhagen  , angegeben, daß sie allein bei richtigem Ausbau eine Jahresproduktion von einer Million Tonnen geben könnte.

Da der deutsche   Bedarf für 1931 auf 1% Millionen Tonnen geschätzt werden kann, so ist klar, daß die hannoverschen Delfunde eine größere Bedeutung befizen, als man ihnen in der Regel zubilligt. Es erscheint nicht als ausgeschlossen, daß Polen   und Rumänien  , USA  . und Megito die deutsche   Kundschaft einbüßen, ja daß Deutschland   zum Exportland für Del wird. Erinnert man sich nun des Umstandes, daß diese Möglichkeit schon einmal nahe rückte nämlich damals, als JG.- Farben tünstliches Benzin in den Leuna­so wird man sich fragen: welche werfen herzustellen begann Wege wird jetzt das internationale Kapital einschlagen, um den aus dem Boden quellenden Segen abzuwehren? Wird Morgan imstande sein, der Erde von Hannover   das Maul zu stopfen, wie den Aktionären von JG.- Farben, die auf ihre schöne Kunst zugunsten des amerikanischen   Delimports perzichteten?

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