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Montag

17. November 1930

Don

Technik

Nr. 540 47. Jahrgang

Technik in der Landwirtschaft

In Deutschland

Ueber Die Anwendung der Elektrizität in der Sandwirtschaft unter besonderer Berüdsichti gung von Reuerungen"( proch Oberingenieur Kirstein dem Märkischen Elektrizitätsmerk im Elektrotechnischen Berein. Die Zeit ist ja vorüber, in welcher der Landwirt der Einführung des Elektromotors sich deshalb widersetzte, weil dann sein tierischer Motor und Haferverbraucher ungenutzt im Stalle stände, im Gegenteil erkennt der Landwirt mehr und mehr den Nuzen, den er von der Anwendung der Elettrizität hat. Das trifft gerade auch für den kleinen Landwirt, den Bauer, zu. Zum Teil erhält er für seine Produkte heute weniger als vor dem Krieg, infolgedessen fann er sich fein Hilfspersonal halten und er selbst wie auch seine Frau sind überlastet. Erhebungen in Süd­ deutschland   ergaben für den Bauer wie für seine Frau eine tägliche schwere Arbeitsleistung von 13 Stunden, und als Gegenwert erhält der Bauer für seine Arbeitsstunde nur 10 Pf. Hier drängt sich die Elektrizität von selbst als Helfer auf, wie im Film Der Arbeitstag der Bandfrau" sehr deutlich zum Ausdrud tam. Man sah, eine wie große Rolle die Elektrizität auch in dem ländlichen Haushalt bereits spielen kann und sicherlich immer mehr spielen wird.

In einer Reihe von Lichtbildern wurden weiter die neuesten maschinellen Einrichtungen auf sehr verschiedenen Anwendungs gebieten gezeigt, von denen wir einige hervorheben. Zunächst die Geflügelzucht, wo die Legetätigkeit der Hennen durch sach gemäße Beleuchtung der Ställe beträchtlich erhöht wird. Ferner fönnen in elektrisch geheizten Brutmaschinen bis zu 20 000 Eier zu gleich ausgebrütet werden, wobei sich die Stromfosten nur auf 1 Pf. pro Ei stellen, in kleineren Defen auf 3 bis 4 Pf. Auch die aus. gebrüteten Tiere erhalten auf elettrischem Wege eine gleichmäßige Wärme, so daß sie sich nicht zusammendrängen wie bei der Glude, wobei zuweilen einige Tierchen erdrückt werden. Der Stromver brauch pro Tier und Tag stellt sich hier auf ½ Pf., also bei einer Aufzucht von 30 Tagen auf mur 15 Bf. pro Tier. Es ist ganz zweifel­los, daß bei Zunahme der elektrischen Geflügelzucht ein erheblicher Teil der jetzt noch aus dem Ausland benötigten Eier in Deutschland  selbst erzeugt werden wird.

Ein weiteres michtiges Gebiet ist die elektrische Boden= beheizung, die sich bei uns ebenso durchsetzen wird wie es im Ausland geschehen ist. Ueber einer Schlackenschicht werden die Heiz­förper entweder in einer Sandschicht eingebettet oder in Tonröhren verlegt, die den Vorteil der leichteren Auswechselbarteit haben. Der Ertrag an Gemüse aller Art ist bei folchen elektrisch geheizten Beeten beträchtlich höher als bei Dungbeeten.

Die Bermendung der Elektrizität bei der Bodenbearbei tung, das Pflügen mit Elektromotoren ist während des Krieges etwas zurückgegangen, weil wegen des hohen Kupferpreises die Maschinenfäße zum Teil verkauft wurden und bei dem gegenwärtigen Kapitalmangel die Neuanschaffung schwierig ist. Nach dem fapital fräftigeren Ausland, auch nach Rußland  , werden elektrische Pflüge ausgeführt. Von dem Einmaschinensystem ist man hier zurückge­tommen und ausschließlich zum Zweimaschinensystem übergegangen. Die Stromtoften find hier je nach der Art des Bodens und der Pflugtiefe verschieben.

3m Gartenbau erweist sich der Kleinmotor, die Gartenfräfe, als sehr müßlich, so daß er sich bestimmt in einem gewissen Maße burchlezen wird.

Bon großem Nuzen ist bei der Schweinefütterung der elet. trische Kartoffelbämpfer, der mit selbsttätiger Ein- und Ausschaltung versehen wird. Die Kartoffeln werben in ihm in einer Weise aufgeschlossen, welche die Freßluft der Tiere erhöht, wodurch cin günftigeres Ergebnis erzielt wird.

Bon erheblicher Wichtigkeit ist ferner das Konservieren von Futtermitteln, bas auf elettrischem Wege gelingt. Ganz abgesehen davon, daß die Einfuhr von Futtermitteln geringer merden fann, wird der ganze Betrieb eines Landwirts, der Futterreserven hat, auf eine sicherere Grundlage gestellt, er ist nicht genötigt, aus Mangel an Futter seine Bichhaltung zu verringern. Dieser Vorteil läßt sich in Geld gar nicht abschätzen.

Die elektrischen Meltapparate find in erfreulicher Zunahme begriffen; nor sieben Jahren war in Deutschland   noch feine einzige Melfmaschine in Gebrauch, im vorigen Jahre bereits 9000; es ist zu hoffen, daß sie bald, wie in Dänemart, auf jedem Bauernhof zu finden sein wird.

Zum Schluß führte der Vortragende in einem Film moderne elektrisch betriebene Regen, bzw. Bewässerungsanlagen vor, die sich auf einigen Gütern sehr gut bewährt haben. Die Elektrizität fcheint berufen, das prophetische Wort von Mar Enth erfüllen zu helfen: Auch der deutsche Landwirt wird dazu kommen, feine Felder fünstlich zu beregnen.

In Amerika

Bt.

Das hervorstechenbfte Merkmal der Landwirtschaft in Amerika  ist die nahezu vollendete Mechanisierung der Landbestellung, der Saat und der Ernte. Zwei Gründe sind hierbei bestimmend: Ein mal erfordern die ganz anders gearteten Bodenverhältnisse und das Klima die Maschinenarbeit, zum anderen ist die amerikanische  Landwirtschaft durch den Mangel an menschlichen Arbeitskräften gezwungen, fich zu mechanisieren. Beide Gründe sind bei uns nicht in gleichem Maße gegeben. Trotzdem haben wir von Jahr zu Jahr unter einem ausgesprochenen Arbeitermangel zu leiden, der Beranlassung geben wird, Landmaschinen und mechanische Geräte in immer weiterem Umfange zu verwenden.

Die tamatischen Berhältnisse in Amerita, vornehmlich in dem westlichen Stanaba, fennzeichnen sich dadurch, daß ein ausge­sprochenes Kontinentalflima herrscht. Es sind hier also ftrenge Winter mit viel Schnee und heiße Sommer mit langen, bis Ende Just reichenden Regenperioden, mit trockenen Erntemonaten, bie von August bis Anfang Oftober reichen, zu verzeichnen. Der Uebergang vom Sommer zum Winter ist sehr plöglich, und die schnell auftretenden gewaltigen Schneeftürme machen dann jede Arbeit im Freien unmöglich. Die verhältnismäßig furze Zeit währende günstige Witterung für das Einbringen der Ernte, das Dreschen und die Vorbereitungsarbeiten für das tommende Früh.

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jahr forbert gebieterisch die Unterstüßung der Maschine. Die Pflug­arbeit im Frühjahr, die erst im Mai einseßt, ist von der bei uns gewohnten grundverschieben. Die furzen Wochen, die hierfür zur Berfügung stehen, werden zu maschinellen Gewaltarbeiten ausge mukt. Man verwendet ausschließlich 1 bis 2 Fuß tief gehende zwei oder dreischarige Kulturpflüge, die meist mit adhyt Pferden je| Pflug bespannt werden. Größere Wirtschaften pflügen mit Trat toren, die gleich zwei Pflüge und Eggen schleppen und den Acer  in einem Bug faatfertig machen. Unmittelbar dahinter folgt die Drillmaschine mit tierischem Zug oder Maschinenzug. Das Saat gut wird tiefer als bei uns in die Erde gebracht, weil bis in den Juni hinein Nachtfröfte auftreten. Eine Düngung findet nicht statt. Bei wechselnder Frucht werden die Felder ununterbrochen bestellt. Bei Weizenwirtschaft legt man zwischen zwei Fruchtjahren ein Brachjahr ein. Mit dem Einbringen der Saat ist die Haupt­arbeit bis Ende Juli getan.

Die Heuernte beginnt mit der letzten Juliwoche und ist in überraschend furzer Zeit durch die nahezu vollständige Maschinen­arbeit erledigt. Das Heu wird nicht nur mit der Maschine ge­schnitten, gehartt und gewendet, sondern auch aufgeladen. Hierzu dienen besonders konstruierte, fahrbare Elevatoren, die das Heu auf den Wagen befördern. Es ist für unsere Berhältnisse faum glaublich, daß ein Mann mit dem Besizer der Wirtschaft allein eine Farm von 640 Adern Größe bearbeitet hat, von denen rund 300 Ader unter dem Pfluge waren. Auch die Saatbestellung hat der Bauer mit einer Hilfskraft allein durchgeführt. Die 300 Ader waren in 3% Wochen eingefät. Dabei wurde mit dem Trattor gepflügt und geeggt und mit den Pferden gedrillt. Von Mitte August bis Mitte September ist die Ernte im Gange. Man redmet von der Saat bis zum Schnitt im Süden Ranabas etwa 90 Tage, bis der Weizen völlig gereift ist; bei uns fann man mit rund den doppelten Reisetagen rechnen. Die kurze Zeit des Erntens läßt sich nur unter ausschließlicher Verwendung des Bindemähers einhalten. Es gibt drüben feinen Bauern, der nicht seine Bindemaschine hat. Die Maschine leistet in etwa drei Wochen rund 300 Acer   Schnitt. Hinter der Maschine werden die gebundenen Garben fofort in Hoden gestellt und nach

Beendigung des Schnittes auf dem Felde gebroschen. Die Dresch­maschine wird meist in Genossenschaften angeschafft. Die Garben statt man direkt vom Wagen in die Einfuhröffnung der Dresch maschine   ab. Stroh, Raff und Streu werden ausgeblasen., Stroh­schober sind drüben nicht üblich nach der Ernte werden die großen unverwendbaren Strohhaufen verbrannt. Das gebroschene Ge­treide wird von der Dreschmaschine unmittelbar in hohe dichte Kastenwagen geleitet und gelangt von hier in die Speicher oder nach der Bahn. Das Entleeren der Wagen geschieht mittels großer Saugrohre, wozu je Wagen nur wenige Minuten nötig sind. Ange­fichts des großen Leutemangels erhalten die amerikanischen   Land­arbeiter Löhne, die nach unseren Begriffen geradezu phantastisch sind. Einige Löhne werden hier interessieren: Ein Bollarbeiter oder Boltnecht farmhelp wird er drüben genannt bekommt 210 bis 250 m., bei freier im Monat etwa 50 bis 60 Dollar Station und Kleidung. In der Ernte steigern sich die Löhne außer ordentlich, 4 bis 5 Dollar 16 bis 20 m. für den Tag gilt als normal. In besonders reichen Gegenden werden sogar 7 bis 8 Dollar 29 bis 33 Mart für den Tag bezahlt. Diese hohen Entschädigungen erklären sich auch damit, daß ein sehr starfer Wechsel unter den Landarbeitern stattfindet. Die Beute lassen sich nur durch hohe Löhne und durch das Vorhandensein von Ma­schinen und maschinellen Einrichtungen zum Bleiben bewegen.

Zum Schluß noch einiges über die amerikanische   Biehwirtschaft. Auch hier hat man sich in großzügiger Weise mechanisiert. Gehr viel beschäftigt sich der amerikanische   Landwirt mit seinem Bleh dabei nicht. Kühe, Pferde, Schafe und Schweine sind das ganze Jahr im Freien in großen eingezäunten Koppeln, aus denen die Rühe abends zum maschinellen Melfen zusammengetrieben werden. Auch im härtesten Winter bleibt das Vieh draußen; faum daß es bei besonders schlechten Witterungsverhältnissen die wenigen Schutz­hütten auffucht. Durch diese naturbedingte Lebensweise der Tiere hat man durchweg einen prächtigen, gefunden Viehstand, in dem faum Krankheiten vorkommen. Bei einem Viertel der Arbeit, die der deutsche Bauer leisten muß, verdient der tüchtige amerikanische  Farmer in fünf Jahren mehr, als der deutsche Landwirt in seinem ganzen Leben verdienen kann.

100 Jahre Salpeter

In diesem Jahre feierten die wissenschaftlichen Korporationen der Stulturstaaten in einer Zusammenkunft in Baris bas hun bertjährige Jubiläum der Ausfuhr und der Ber­wendung des Chilefal peters. Wenngleich dieser gegen­wärtig neben den Luftstickstoff- Produkten nur die zweite Rolle spielt, so war er es doch, der in der Landwirtschaft und in der chemischen Industrie eine neue Epoche eingeleitet hat.

Im Jahre 1830 wurde zum ersten Male Chilesalpeter aus geführt und in der Landwirtschaft verwendet. 850 Tonnen waren es damals. Seitdem standen jahrzehntelang die Verwendung von in direktem engsten Zusammenhang. Der Export erhöhte fich an­Chilesalpeter und die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktion

Die Papierhaut

Amerika   gibt jährlich große Summen zur Erhöhung der Erdwärme durch Auflegen Don Papier   aus. Angeblich sollen dadurch sehr große Ertragssteigerungen erzielt werden. So soll der Malsertrag um 691 Praz., der Ertrag von Baumroolle um 91 Proz. gesteigert worden sein. Der Berliner   Ingenieur Artur Streich hat nun einen Apparat konstruiert, mit dessen Hilfe eine Papierhaut über die Erde gespritzt wird. Das Ver­fahren von Streich ist viel billiger als das der Papierbelegung. Der Wind weht die gespritzte Papierhaut nicht moeg und der Regen löst sie nicht auf.

dauernd und betrug 1880 beretts 225 000 Tommen. Inzwischen hatten sich die Kenntnisse über die Nährstoffe des Bodens weiter entwickelt und waren Allgemeingut gemorden; die Ueberzeugung, daß zur Erzielung größerer Ernten eine intensive Düngung des Bobens mit Stickstoff erforderlich ist, brach sich immer mehr Bahn, die Nachfrage nach Chilesalpeter wudjs außerordentlich. Im Jahre 1890 fonnten über 1 Million Tonnen in den Welthandel gebracht merden, 1910/11 waren es 2,5 Millionen. Nunmehr begann die fünftliche Stickstoffgewinnung dem chilenischen Salpeter Konkurrenz zu machen, die Ausfuhr aus Chile   blieb ungefähr auf der Höhe von 2,5 Millionen Tonnen; nach der Statistit von 1928/29 erreichte fie jedoch 2960 000 Tonnen.

Der Rohsalpeter, in Chile Caliche" genannt, findet fich in weit ausgedehnten Lagern auf den Weftabhängen der Küsten­tordilleren. Er enthält 15% bis 16 Proz Stidstoff in einer von den Pflanzen direkt aufnehmbaren Form. Außerdem enthält er mehrere Begleitsalze, deren Bedeutung man in neuerer Zeit immer mehr erkennt. In erster Linie ist es das lebenswichtige Jod, das von den Pflanzen aufgenommen wird. Durch das reiche Jod­vorkommen wird der größte Teil des Weltbedarfs an Jod als Rebenerzeugnis der Chilesalpeterindustrie gedeckt

Wie fo viele Stoffe, deren wir uns mit einer gewiffen Selbst­verständlichkeit bedienen, hat auch der Chilesalpeter einen fompli zierten Werdegang durchzumachen, ehe er dem Landwirt zur Ber fügung stehen kann. In der Natur ist er start verunreinigt, tritt auch nur selten zutage. Meist befindet er sich unter einer harten Deckschicht von 1 bis 3 Meter Mächtigkeit, die erst aufgerissen werden mnuß. Alsdann ist es erforderlich, in umfangreichen Fabritations anlagen die unlöslichen Stoffe( Kieselgur, Sand, Ton) von den wafferlöslichen zu trennen und aus leßteren das salpetersaure Natron, das eigentliche Düngemittel, auszuscheiden.

Die gewaltige Entwicklung der Chilesalpeterindustrie im Laufe der Jahre ist nicht zuletzt mit das Berdienst deutscher technischer Arbeit. Der Anteil Deutschlands   an dem Weltkonsum von Chile­falpeter ist allerdings nur gering, da wir vollwertige fünstliche Stickstoff Düngemittel felbft erzeugen. Für die letzten Jahre ist er aus folgenden Zahlen zu ersehen:

Düngejahr 1926/27.

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1927/28.. 1928/29.

Weltverbrauch Berbrauch i. Deutscht. 1 781 050 t 16 410 t 2 558 290 t 48 360 t 2 737 100 t 99 010 t

Letztere Zahl entspricht einer Menge von etwa 15 000 Tonnen reinem Stickstoff. Die in Deutschland   erzeugte Menge ist etwa 25mal so groß.

Zum Schluß soll des Entdeckers des Chilesalpeters, des ,, Küsten­goldes", gebadyt sein. Es ist der Deutschböhme Dr. Thadäus Haente aus Prag  , derzeit Assistent am dortigen naturwissenschaft­lichen Institut. Seine sehr bedeutenden wissenschaftlichen Arbeiten auf perfchiedenen Gebieten der Pflanzenfunde verschafften ihm die Möglichkeit einer von Desterreich und Spanien   unterstützten wissen­Schaftlichen Südamerikareise, die er 1789 antrat und 1794 in Chile  beenbete, wo er fich dauernd niederließ. Dort fand er den Caliche, in melchem bas Natriumnitrat enthalten ift. Es gelang ihm, daraus wichtige Salpeterverbindungen herzustellen. Im Jahre 1808 be­fchrieb er feine für die Kultur der Menschheit hochwichtige Ent dedung und die weiteren Arbeiten in einem wissenschaftlichen Jour mal. 1810 bis 1812 richtete er die ersten Salpetersiedereien ein. Ing. S. M.