Morgenausgabe
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47.Jahrgang
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und.Stadtbeilage"
Vorwärts
Berliner Volksblatt
Mittwoch
19. November 1930
Groß- Berlin 10 Pf Auswärts 15 Pf.
Die etnipaltige Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflame eile 5,- Reichsmart. Kleine Anzeigen' das etigedruckte Wort 25 Pfennig( zulässig zmei fettgedruckte Borte), jedes weitere Wort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben zählen für zwei Worte. Arbeitsmarkt Belle 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigen annahme imhaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.
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Vorsichtsmaßnahmen in Moskau .
Der„ Sozialistische Bote", das Berliner Zen. tralorgan der Russischen Sozialdemokratie erhält aus sicherer Moskauer Quelle folgende Nachrichten: Im Zusammenhang mit der Verhaftung des Vorsihenden des innerrussischen Rates der Volkskommissare, syrzow, sind noch weitere führende Kommunisten verhaftet worden, darunter Andrejew, Mitglied des Obersten Kriegsrates und General Blücher, der Oberbefehlshaber der Sowjetarmee im Fernen Citen, der noch vor kurzem als Besieger der Chinesen an der Ostbahn geradezu als Nationalheld gefeiert wurde.
Diese Verhaftungen sowie die überraschenden Amtsversetzungen und Enthebungen von höchften Würdenträgern werden mit der Aufdeckung einer weitverzweigten Geheimorganisa. tion begründet. Im Zentrum foll Ssyrzow gestanden haben, den Stalin noch vor wenigen Monaten als ganz zuverlässig be= trachtete und eben darum dem ,, unsicheren" Rytow in der Regierung beiordnete.
In der Privalwohnung von Sfyrzow wie auch in der Dienstwohnung des Boit- tommissars für Post und Telegraphie Unipow soll die Zentrale der Verschwörung getagt haben, die sehr geschickt.., getarnt" war und an der u. a. hochgestellte milttärs, wie der türzlich verhaftete General Rjutin sowie eine Reihe faufa fisher Kommunisten( 20minadse und feine Gruppe) beteiligt waren. Selbst der intimste perfönliche Freund Stalins, Sergo Ordsbonitiose, gewesener Vorsitzender der Arbeiter- und Bauerninspektion, soll in Beziehung zu der Sache gestanden haben.
Die Konspiration ist von Ryfom verrafen worden, dem im lekten Augenblid Zweifel über die Zweckmäßigkeit oder den Erfolg der Aktion gekommen sind.
Erholung" verschickt worden.( Er hat bereits sein Rücktrittsschreiben als Vorsitzender des Rates der Volkskommissare der Sowjetunion , also als Reidskanzler, dem Zentralfomitee der Kommunistischen Partei zugeschickt. Red. d. V.).
Eine Bestätigung finden die Gerüchte über den militärischen Charakter der geplanten Aftion darin, daß
das Kommunistische Zentralfomitee, das seit Jahren in dem früheren Gebäude der Genossenschaftszentrale auf dem Alten Plah untergebracht war, jetzt sehr eilig in den Kreml übergefiedelt ist.
Die Häuser um den Roten Plaz sind von den darin untergebrachten Behörden, Kanzleien und Privatpersonen geräumt und den Truppen der D. G. P. 11. belegt worden.
Ein Getreidefommiffar ermordet.
mit
Mostau, 18 November. Potapoff, der Leiter des Etabes" der Getreidebereitstellungen im Bezirk Dreschfino im unteren Wolgagebiet, ist ermordet worden Bisher konnten die Täter nicht ermittelt werden. Die Sojmet presse sagt, daß es sich um einen politischen Mord und zwar um eine Gewalttat der Kulafen handelt, welche die Getreidekampagne schädigen wollten.
Wegen Entgleisung zum Tode verurteilt!
Mostau, 18. November.
Wegen der am 17. Oftober erfolgten Entgleisung eines Waren zuges bei der Station Chopra, wodurch hoher Materialschaden an gerichtet wurde, hat das Sowjetgericht zwei der angeklagten Eisenbahner, den Revisor Tschernoglasom und den Bürobeamten Schapo walow, zum Tode verurteilt, vier andere zu 1% bis 8 Jahren Gefängnis. Die Urteilsbegründung führt aus, daß den Beamten nicht nur unerhörte Mißwirtschaft und Vernachlässigung der Dienst pflichten, sondern auch" Ma chenschaften des Klassen= feindes" zur Last fielen, der es verstanden hätte, sich in die Bes
Rytow ist nicht verhaftet, sondern nach Suchum im Kautasus zur amtenschaft einzuschleichen.
Kampf um den Preisabbau.
Gemeiniame Maßnah nen von Partei, Gewerkschaften und
Kon umvereinen.
Sie ftahlen wie die Raben.
L. G. Buenos Aires , im Oktober. Die Staatsschuld Argentiniens ist unter der zweiten Präsidentschaft Irigoyens vom 12. Ottober 1928 bis 6. Seps oder mehr als 6 Milliarden Mark angewachsen. Am tember 1930 pon 2500 Millionen auf 4200 Millionen Pesos Tage des Zusammenbruchs betrug das Verwaltungsdefizit 700 Millionen Pesos. Die Staatsfaffen waren leer, der größte Teil der Gehälter noch nicht bezahlt und der Nationalbank war die Regierung Irigoyen noch 150 Millionen Pesos fchuldig. Um die dringendsten Ausgaben bewältigen zu tönnen. war die provisorische Regierung ge= amungen, bei den 21 Banken in der Bundeshauptstadt furzfristige Anleihen im Gesamtbetrage von 90,5 Millionen Besos unter sanftem Druck aufzunehmen.
Das ist das vorläufige Fazit der Diktatur eines ,, glorreichen" Mannes, der nach außen hin auf sein Präsidentengehalt zugunsten der Wohltätigkeitsgesellschaft verzichtet, den das Volk buchstäblich auf Händen getragen hatte, und der fich nun mit seinen Gehilfen vor Gericht zu verantworten hat.
Die durch den Staatsstreich vom 6. September zur Macht gelangte Regierung des Generals Uriburu ist eben unermüdlich mit der Reinigung des Augiasstalles beschäftigt, den die Regierung Irigoyens hinterlassen hat. Ihre Aufgabe ist um so schwieriger, als nicht nur die Bundesregierung selbst das Nationalrermögen schwer geschädigt hat, sondern an der Spitze der wichtigsten Verwaltungszweige geradezu notorische Verbrecher standen. Da ist es kein Wunder, daß in den zwei Jahren der zweiten Präsidentschaft Irigoyens so phantastische Summen verschleudert wurden. Irigoyen selbst hat in nur sieben Monaten seinem Banttonto 888 527 Befos zugeführt. Der ins Ausland geflüchtete Außenminister Dyhanarte hatte in den 23 Monaten seiner Amtszeit, soweit bis jetzt bekannt ist. Grundstücke und Liegenfchaften im Werte von sieben Millionen. Pesos erworben. Bei einem Monatsgehalt von dreitausend Pesos eine gewiß respektable Leiftung, denn das bedeutet, daß er der Nation monatlich 300 000 oder täglich 10 000 Pesos gestohlen hat!
Aehnlich geräubert wurde im Kriegsministerium unter dem General Dellepiane, wo unter unzähligen Vorwänden dem Nationalvermögen Millionen und aber Millionen Besos entzogen wurden. Ein Beispiel für viele: Delleplane ließ einen Teilnehmer am Kriege gegen Paraquay pension'eren und aab der Pension rüd wirkende Kraft
Freitag, 21. November, 19% Uhr bis 1868! Gefeßlich aber läuft die Pension von dem Tage, Au ohalle Kaiserdamm
Am 17. November traten die Borſtände des Allgemeinen Massenkundgebung
Deutschen Gewerkschaftsbündes, des AfA- Bundes, der Sozialdemokratischen Partei und des Zentralverbandes deutscher Konsumvereine im Bundeshaus des ADGB . zu einer Befprechung zusammen, um die Möglichkeiten eines durchgreifenden Abbaues der Preise für die Gegen stände des täglichen Bedarfs zu erörtern.
Es sprechen Führer der Internationale!
die Beamten lediglich als Ausgleichsobjeft für politische Schwierigteiten verwendet, protestiert. Wenn die amtliche Kundmachung es so darstellt, als ob es sich um die Deckung eines Die Vertreter der Konsumgenossenschaften Mehraufwands handle, zu dessen ,, Tragung" die Länder einen Aus. schilderten an reichem Zahlenmaterial die von ihnen selbst seit pleich" erhalten müßten. so muß demgegenüber festgestellt werden, dem letzten Jahr durchgeführten Preisermäßigungen und daß die geplante Gehaltstürzung bei den Landes- und Gemeindes wiesen auf die steuerlichen Hemmungen hin, durch lionen Reichsmart ausmacht, von der nach dem Borschlag der Reichs beamten eine Ausgabeneriparnis von mindestens 270 Mil die ihre gesamte Tätigkeit und damit auch die Fortführung regierung die Länder 170 Millionen erhalten sollen, während das der Preisabbauattion zur Zeit erschwert wird. Sie fenn- Reich 100 Millionen für sich beansprucht. Es handelt sich also bei zeichneten an einer Reihe von Beispielen die unzulängder Borverlegung des Termins lediglich um die Absicht einer Er lichkeit der Ergebnisse der bisherigen, von der Ne- höhung der auf Resten der Beamtenschaft erzielten mehr einnahmen der Länder, feineswegs um einen Ausgleich für gierung eingeleiteten Aktion. Die Konsumgenossenschaften mehr ausgaben. würden aber trotz dieser starten Widerstände überall, wo sich die Möglichkeit biete, weitere Preissenkungen vor
nehmen.
Die Vertreter der Spizenorganisationen tamen überein, durch planmäßiges Busammenwirken der Gewerkschaften, der Sozialdemokratie und der Konsumgenossen schaften einen verschärften Kampf um den Abbau der Preise zu führen.
Die Bundesleitung des Deutschen Beamtenbundes hat gleichfalls fofort zu dem Beschluß der Reichsratsausschüsse Stellung genommen. Dem Reichsrat wurde folgender ein stimmiger Beschluß unverzüglich zugeleitet:
,, Die Leitung des Deutschen Beamtenbundes ist erstaunt und empört über den Beschluß der Reichsratsausschüsse, wonach die von der Reichsregierung für den 1. April nächsten Jahres geplante Gehaltstürzung bereits am 1. Februar eintreten soll. Die Beamtenschaft hat jederzeit Berständnis für fachlich begründete Not wendigkeiten bewiesen, sie lehnt jedoch entschieden ab, zum Objett eines politischen Geschäftes gemacht zu werden. Die Ausschüsse nicht zustimmt.
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an dem sie bewilligt murde. Das heißt, die Jahresvenfion von sechzig Jahren floß mit 3ins und Zinseszins in Taschen, die nicht die des Pensionierten waren. In der gleichen Weise wurde mit den Pensionen auch in den anderen Verwaltungszweigen gewirtschaftet. Dieses gute Beispiel des Kriegsministers wurde von dem Außenminister Oyhanarte, als er davon Kenntnis erhielt, sofort praktisch angewendet. Zumt Glück für die Steuerzahler hatte der Außerminister von der Braris Dellepianes erst furz vor dem Umffurz erfahren, sp daß er fie, wie bisher festgestellt wurde. nur in zwei Fällen anwenden konnte. Der erste Fall vom Juli 1930 betrifft die Ernennung eines Gesandten für Holland mit einem Monatsgehalt von 1000 Pesos Gold. D'e Ernennung wurde aber fünfzehn Monate zurüddatiert und das Gehalt mit fünfehn Zahlungsanmeisungen, die Irigonen untereines Ronfuls erster Klasse am 1. August 1930, die aber bis zeichnet hatte, abgehoben. Der zweite Fall ist die Ernennung 15. Oftober 1928, also drei Tage nach Beginn der zweiten Präsidentschaft Trigonens, zurückdatiert wurde. Sofort nad) der Ernennung ließ Orhanarte 19 000 Besos an Gehalt und 10 000 Besos Gold für außerordentliche, seinem Ministerium erwiesene Dienste auszahlen. In diesen zwei Fällen wurde die Nation um 76 000 Besos bestohlen.
Wegen dieser von der staatlichen Untersuchungskommission festgestellten schweren Korruptionsfälle hat nun die provisorische Regierung die Anklage gegen Erpräsident Irigoyen, Graußenminister Oyhanarte und Erkriegsminister Dellepiane erheben lassen, deren Verhaftung und Vermögensbeschlagnahme angeordnet wurde. Irigoyen ist als Staatsgefangener auf einem argentinischen Kriegsfchiff, Onhanarte ist ins Ausland geflüchtet, Deeviane in feinem Balafte gefangen. Die Anflage lautet auf Verlegung der Amtspflicht durch Fälschung offizieller Dokumente und Beruntreuung staatlicher Gelder, was mit Gefängnis bis zu
Proteft der Beamtenverbände. Bundesleitung erwartet von der Bolſfizung des Reichsrats, daß fie zehn Jahren bestraft wird.
Beamte Objekt eines politischen Geschäfts.
Wie durch die amtliche Bekanntmachung vom 18. November 1930 mitgeteilt wurde, soll die von der Reichsregierung geplante 1930 mitgeteilt wurde, soll die von der Reichsregierung geplante Gehaltstürzung der Beamten entgegen dem Wortlaut der Boriage Gehaltstürzung der Beamten entgegen dem Wortlaut der Boriage schon am 1. Februar 1931 in Kraft treten.
Der Bundesvorstand des Allgemeinen Deutschen Beamtenbundes hat in seiner gestrigen Sigung dozu eine Entschließung angenommen, in ber er gegen ein solches Berfahren, das ohne fachliche Begründung
Stehlen war übrigens fein Privilegium der Minister. Diebstahl, Bestechung, Günstlingswirtschaft Die Abberufung Lüdemanns als Oberpräsidenten fordern in herrschte in allen Verwaltungsämtern. Die nationale LotterieLüdemann hat am 9. november von seiner Privatwohnung neben 100 000 Besos geschickt, und ein Neffe Irigonens hatte diesem einem Antrag die Deutschnationalen im Breußischen Landtag. Grund: verwaltung hatte affein nach Mendoza zu Parteizwecken der schwarzrotgoldenen Reid silagge auch die rote Fahne der Sozialgeschrieben, er möne ihm den Betrag für 1000 Loje( 25 000 demokratie mehen lassen. Daß sowohl Herr Treviranus wie Schiele fch war weißrot zu flaggen pflegen, intereffiert die Deutschnationalen nicht, denn die beiden unterstehen ja nicht mehr der Fuchtel Hugenbergs.
bis 65 000 Besos) flüffig machen ,,, eine Sache, die jeden Tag gemacht wird". Der Verwalter dieser Lotterie, Manuel Alvarado, hatte bei seinem Amtsantritter war von dem Gou