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Wirtschaftskrise und Finanznöte

Bilferdings Referat auf der Tagung der Landgemeinden.

Im weiteren Berlauf seiner Rebe nor ben Delegierten bes Landgemeindetages mies Hilferding sodann auf das ftarfe Anwachsen der Arbeitslosigkeit als ein besonders bedrohliches Symptom der Krise hin. Die Drosselung der Produktion vermindere das Nationaleinkommen, das auf 65 bis 75 milliarden zu schäzen ift, um 10 bis 12 Milliarden. Da die öffentlichen Körperschaften mit etwa einem Drittel am Volksvermögen beteiligt ſeien, würden die öffentlichen Finanzen durch die jetzige Krise eine Einbuße von 3 bis Milliarden erleiden.

Die Abhängigkeit des öffentlichen Etats von der Wirtschafts­frise gehe aus folgenden Zahlen deutlich hervor: 1913 feien nur rund 16 Proz. des Bolkseinfommmens vom öffentlichen Finanzbedarf beansprucht worden, 1928 aber 33,1 Proz. Jm Jahre 1929 feien jogar 53,3 Pro3., also mehr als die Hälfte aller Ausgaben der deutschen   Volkswirtschaft, von der öffentlichen Hand im weiteren Sinne einschließlich Reichsbahn und öffentlicher Betriebe- fontrolliert worden gegenüber nur 30 Pro 3. in der Borkriegszeit. In der jezigen Depression haben Steuererhöhungen nicht mehr die Wirkung von Einnahmesteigerungen, sondern führen zur Kapital­und Steuerflucht  . Das zeigt sich sogar in dem reichen England.

Der Ausfall bei den Reichsfinanzen infolge der Krise betrage 1930 etwa 900 Millionen. Die Reichsbahn wird einen Einnahme­verlust von 700 Millionen aufweisen. Bei den Ausgaben ist diese Krisenwirkung vielleicht noch stärker. Der Sozialetat ist be­jonders fonjunkturempfindlich. 1927 betrugen die Ausgaben für die Arbeitslosenversicherung mur 205, dagegen 1929 schon 600 Millionen. Sie werden in diesem Jahr trotz aller Sparmaßen 1 Milliarde betragen. Die Belastung der Gemeinden durch die Krisenfür= forge spielte noch 1928 feine entscheidende Rolle. Jetzt ist diese Belastung zu einem überaus ernsten Problem geworden. Die jetzige Zeit ist eine Schidfalsfrage für die deutschen   Ge meinden, nicht nur in finanzieller Hinsicht, sondern auch mit Rücksicht auf die Erhaltung der Selbstverwaltung über­haupt. Die Gemeinden und auch die Gemeindebeamten sollten selbst mit den notwendigen Ersparnisvorschlägen vorangehen, um zu ver­hindern, daß aus der gegenwärtigen Notlage heraus 3 mangs­maßnahmen getroffen werden, die die Selbstverwaltung ge fährden.

Einer Schädigung des öffentlichen Kredits durch un­besonnene und demagogische Reden müsse systematisch entgegen­getreten werden. Das Sanierungsprogramm der Regierung fann dazu verhelfen, den öffentlichen Kredit wieder herzustellen. Diesen öffentlichen Kredit braucht Deutschland   nach dem Verlust des Welt frieges besonders dringend. Die jetzige Wirtschaftskrise ist schwerer als frühere, aber als Krife der kapitalistischen  Wirtschaft ist auch fie eine Konjunkturerscheinung, die über­munden werden kann, wie auch frühere Krisen gemeistert wurden. Deutschland   ist und bleibt einer der stärksten Faktoren in der Welt. Das muß uns die Gewißheit geben, daß wir auch über all die drückenden Schwierigteiten jetzt hinwegtommen.( Lebhafter Beifall.) Als lezier Redner brachte der Präsident des Berbandes der Breußischen Landgemeinden, Dr. Gerete, die finanziellen Forde rungen der Landgemeinden vor. Eine Senfung der Realsteuer­zufchläge fet nur bei höheren Steuerüberweisungen oder Erschließung neuer Steuerquellen möglich. Die durch die Notverordnungen neu erschlossenen Steuerquellen der Getränke, Bier- und Kopfsteuer brächten den Gemeinden diesen Ausgleich nicht. Das vorgesehene Zuschlagsrecht zur Einfomensteuer jei abzulehnen, da es gerade für die leistungsschwachen Kommunen Derhängnisvolle Folgen haben tönne. Der Redner forderte zum Schluß einen gerechten Finanz- und Lastenausgleich. Die Landgemeinden müßten von der Regierung fordern, daß ihre an sich schon geringe Selbstverwaltung nicht weiter eingeengi würde.

Ein Fußtritt für die Bolkspartei. Troh tieffter Erniedrigung vor dem Hafenkreuz. Dresden  , 21. November.( Eigenbericht.)

An Stelle von Oberbürgermeister Blüher tritt der volks parteiliche Parteisekretär Died mann in den Landtag ein. Dieck­mann ist der Bertreter des extremen Rechtsturses in der Volks­partei, er hat die Volkspartei in die schmere Niederlage bei ben Landtagswahlen im Juni geführt und selbst dabei sein Mandat perloren. Er mill jetzt durch strammsten Bürgerblodfurs Gnade vor den Augen der Nationalsozialisten finden. Indeffen fiest man im nationalsozialistischen Freiheitstamp": Krachende Bolks partei! Selbst die schönsten Kompromisse und der beste Leim werden dieses Gebilde nicht mehr vor dem endgültigen und reichlich ver­dienten Zerfall retten können! Die nächste Wahl wird das Todesurteil sein!"

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Soziales Mietrecht.

Eine sozialdemokratische Forderung.

Die Reichsregierung beabsichtigt die Aufhebung des Wohnungsmangelgefezes und des Mieterschutzes zum 1. Januar 1934. Schon vor zwei Jahren hat die Sozialdemo tratie einen Gesezentwurf über ein soziales Miet- und 3ohnrecht verlangt. Die sozialdemokratische Reichstagsfrattion hat jest dem Reichstag diesen Antrag wieder zugehen lassen. In ihm mird die baldige Borlegung eines Gefeßentwurfs über das Miet- und Wohnungsrecht verlangt. Er enthält ferner die Grund fäße, die durch diesen Gesezentmurf vermirflicht merden sollen. Vor affen Dingen sollen die Gemeindebehörden verpflichtet werden, für die Beschaffung ausreichenden Wohnraumes zu forgen. Die Mieten sollen eine angemessene Höhe nicht überschreiten. Die Vertragsbeendigung soll sich nach den Grundfäßen des bis­herigen Mieterschutzes richten. Auch die Mieter gemerblicher Räume follen geschützt werden. Bei Bertmohnungen soll im Falle der Aufhebung des Bertragsverhältniffes der Unternehmer eine an gemeffene Erjagmahnung stellen. Die Rechte der Mieternertretung follen nach den Grundsägen des Reichsmietengeleges festgelegt merben. Auch bezüglich der Wohnungsaufsicht und Wohnungspflege werden eingehende Borschläge gemacht.

Der Badische Landtag trat au feinem zweiten Sigungsabschnitt zufammen. Bum Bräsidenten wurde der Zentrumsabgeordnete Duffner, zum Bizepräsidenten der sozialdemokratische Abg. Maier und zum zweiten Bizepräsidenten der volksparteiliche Uba. Dr. Balded gewählt. Der Landtag   befahloß eine Kürzung der Diäten der Abgeordneten um 20 Pro3. Staatspräsident für 1930/31 murbe Innenminister Wittemann( Bentrum): fein Stellvertreter ift

Reminifter Dr. Remmele,

Hörigkeit.  otore

LIBE

RALISMUS

Deutsche Volks Partel

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BLUHER

,, Prügeln darfst du mich, Güßer, aber liebe mich!"

D

Der Wahlschwindel- Sejm  

Troh allem Terror 25 Sozialisten

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Warschau, 21. November.( Eigenbericht.) Die Polnische Sozialistische Partei   wird in dem neuen Wahi­schwindelsejm nur durch 25 Abgeordnete nach der vorigen Wahl waren es 51 vertreten sein; darunter sind von auch im Ausland bekannten Genossen der bisherige Sejmmarschall Daszynski  , Dr. Liebermann, der Gewerkschaftsführer Zulawsti, der Parteivorsitzende Barlizki( der entgegen erster Nachricht fein Warschauer Mandat wiedererlangt hat), Chefredakteur Niedzial to witi, Dr. Cioltoso, der im Winter hier für deutsch  polnische Verständigung gesprochen hat, Redakteur Dubois, der Führer der Jugendorganisation u. a. m. Der alte Vorfämpfer der Barter Dr. Hermam Diamand ist nicht gemählt, da er an sechster Stelle auf der Staatsliste stand, in einem Wahlkreis aber nicht aufgestellt war.

Bon den hier Genannten find Barlizki, Liebermann, Cioltofa und Dubois in Brest  - Litowst eingesperrt.

Es ist sehr zweifelhaft, daß die Pilsudski  - Mehrheit die Frei­laffung der in Haft sihenden Abgeordneten beschließen wird; burteilung beschließen wird. Der Sejm   hat verfassungsgemäß in man erwartet cher, daß sie die Auslieferung zur gerichtlichen den ersten Dezembertagen zusammenzutreten. Zum würdigen Marschall dieses Sejms soll Pilsudstis Bruder Jan gewählt werden. llebrigens ist Josef Pilsudski   überall Spizenkandidat gewesen, also pielfach ,, gemählt".

In Kratau, wo die Oppositionsliste tassiert war, haben gegen 62 000 Wähler trotzdem für sie gestimmt!

Indiens   Arbeiter fordern.

Pirmad

Große Rede Jofhis auf der Londoner Konferenz.

London  , 21. Rovember.( Eigenbericht.)

Das Ereignis der Donnerstagsigung der indischen Konferenz mar die Rede von Joshi, des Seniors der indischen Gewerkschafts bewegung. Für ihn und die indische Arbeiterbemegung ist der Dominion Status und die Gleichberechtigung Indiens   im Rahmen des britischen   Reiches eine Selbstver ständlichkeit. In welche gesetzliche Form die Freiheit Indiens  auf dieser Konferenz gefleidet wird, erklärte Joshi, ist für uns eine Frage zweiter Ordnung.

Im Vordergrund steht für uns, daß die

foziale Lage der Arbeiterschaft

die englische Regierung und das englische Parlament in in einem neuen selbständigen Indien   verbessert wird. Heute habe die englische Regierung und das englische Parlament in fluß auf die Industriellen, um die soziale Lage der Arbeiterschaft Indien   jeden Einfluß verloren und damit auch jeden Ein­heben zu können. Wir wissen, daß auch in einem selbständigen Indien  für die indischen Arbeiter der Himmel nicht auf die Erde fallen wird, aber wir werden beffere und leichtere Kampfbedingungen in einem selbständigen Indien   haben und die Industriellen, die sich bisher auf England heraus geredet haben, werden diese Ausrede nicht mehr besitzen.

Unser politischer Einfluß wird bei einer indischen Regierung wachsen und in der kommenden Verfassung müssen die funda mentalen Arbeitsrechte verantert sein. Ohne Gleich

Zwiespalt in der Labour Party  .

Scharfe Differenzen.

Condon, 21. November.

Sir Oswald Mosley  , der bekanntlich aus der Regierung ausgeschieden ist, weil er mit ihrer Arbeitslosenpolitif nicht über­einstimmt, unternahm gestern auf einer Zusammenkunft der Ar­beiterpartei einen scharfen Angriff auf die Regierung. Es handelte sich um den Antrag des beratenden Parteiausschusses, dem natio nalen Bollzugsausschuß mitzuteilen, daß der Abg. Bromn in einer Sigung des Unterhauses auf ein pertrauliches, nur für Barteimitglieder bestimmtes Schriftftüd Bezug genommen habe und daß er es ablehne, fidh megen dieses Berstoßes gegen die Parteidisziplin zu entschuldigen. Der Antrag des Ausschusses wurde angenommen, aber 35 Mitglieber stimmten bagegen. Später hielten die Rebellen" eine Sonderfizung

berechtigung der Arbeiter, ohne Arbeitsrechte in der Verfassung, mird auch ein Dominion Status für die indischen Arbeiter mertlos

bleiben.

Ferner ist notwendig, daß jede fünftige indische Regierung auch die internationalen Arbeitstonventionen anerkennt und ratifiziert. Bis zur Stunde fönne die indische Partei nichts tun, um die internationalen Arbeiterrechte und Verpflich­tungen auch für den indischen Arbeiter zu sichern. Konferenz erwarten wir nicht nur die Selbständigkeit Indiens  , fondern auch die Gleichberechtigung der indischen Arbeiterklasse und

ihre Einreihung in die internationale Arbeitsfront, damit wir ali ihrer Vorteile teilhaftig werden, zugleich aber auch 3ur Lösung der internationalen Frage unseren eigenen Beitrag liefern tönnen.

Reading, der frühere indische Bizetönig, der bei dieser Konferenz Nach diesen glänzenden Ausführungen Joshis sprach Cord Reading, der frühere indische Bizekönig, der bei dieser Konferenz schweigen vernahm die Versammlung die Ansicht Readings, ciner der drei Bertreter der Liberalen Partei ist. Mit eisigem Indien   sei zu einem gleichberechtigten politischen Dominion noch nicht reif. Wenn diese Rede ein einziges bemeift, so die Schwierigkeit, mit der die englische Arbeiterregierung als Minder­heit gegen die englischen bürgerlichen Parteien zu fämpfen hat. Trot Reading übertrug jedoch die Konferenz dem 32föpfigen Ber fassungsausschuß die Ausarbeitung der Verfassung für ein künftiges indisches Dominion.

ab und beschlossen, das Parteimitglied Bailie Irmin bei seiner Kandidatur für eine bevorstehende Erfahwahl entgegen der Weifung des nationalen Vollzugsausschusses zu unterstützen.

Abwehr gegen Bülow. Der frühere Regierungsrat im Reichs­amt des Innern Rudolf Martin teilt mit, daß er gegen den Berlag Ulstein u. Co. eine einstmeilige Berfügung ermirft habe, durch die der Denkwürdigkeiten des Fürsten Bülow ,, ohne Unkenntlichmachung dem genannten Berlage der meitere Verkauf des zweiten Bandes, der Beleidigungen und Berleumdungen" gegen den Regierungs rat a. D. Martin untersagt wird.

sozialistenführer Dr. Goebbels megen Bergehens gegen das Republik  . Goebbels   fneift überall. In der Klage gegen den National schutzgesetz stani, Termin vor Dr. Goebbeis mar nicht erschienen. Das Gericht beschloß, falls der dem gehoer Gericht an. Beschuldigte auch bei einem neu anzuberaumenden Termin nicht erscheinen sollte, beim Reichstag einen Vorführungsbefehl zu beantragen.

Studententramall in Königsberg  . In Königsberg   tom es infolge provptatorischen Verhaltens rechtsgerichteter Studenten zu Su

Theater in der Behrenstraße.ammenſtößen zwischen Studenten und der Bolizei, mobet biefe

Große Woche in Baden- Baden  ."

,, Große Woche in Baden- Baden  " ist nur ein Meiner Theater­abend. Hans Müller bietet in seinem Zustspiel eine lang mierig aufgezäumte Bariation des alten Themas von der Zähmung der widerspenstigen Ehefrau. Der Beifall war herzlich zum Schluß

ein bißchen binm.

Dar.

vom Gummifnüppel Gebrauch machte. Auch mehrere Ber­haftungen wurden vorgenommen. Hafenkreuzverleumder verurteilt. Wegen Beleidigung des beffischen Innenministers Leuschner erhielt der Nationalsozialist Abt 3 mei ochen Gefängnis. Abt hatte in einer öffentlichen Bersammlung behauptet, das Ministerium des Innern habe bie Bolizeibeamten angemiesen, Susannenstöße in nationalsozialistischen

Bersammlungen a provozieren,