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Unmögliches Gerichtsverfahren

Der Gittlichkeitsprozeß von Potsdam  .

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Seit Wochen plätschert in Botsdam die Verhandlung gegen den Amtsvorsteher und Schornsteinfegermeister Frenzel dahin. Der Mann ist angeflagt und in erster Instanz deswegen auch ver urteilt- an zweien feiner Töchter Blutschande verübt zu haben. Deshalb hat thn das erste Gericht ins 3uchthaus schicken mollen. Man hat ihn aber gegen Raution auf freien Fuß gesetzt, da mit er seine Verteidigung ungehemmt vorbereiten könne.

An fich ist dieser Prozeß nicht von größerer Bedeutung, als faufend andere, die sich täglich vor deutschen   Gerichten abrollen. Aber er hat in der Berufungsinstanz eine besondere Note erhalten durch den Beschluß des Gerichts, die Deffentlichfett einschließlich der Preise für die ganze Dauer der Berhand­lung auszuschließen. Alle Versuche der Berteidigung, diesen Be­fchluß zur Aufhebung zu bringen, find gescheitert. Eine Zeitlang hatte der Vorsitzende Hell mig gar den abenteuerlichen Blan ge= faßt ,,, offiziöse" Berichte von sich aus unter Mitwirkung von Staats­anwalt und Verteidiger herauszugeben. Der einmütige Wider­spruch der Preffe und ein zarter Wink von oben haben ihn von dem Pan noch rechtzeitig Abstand nehmen lassen.

Jetzt aber hat sich ein Zustand herausgebildet, der noch un­möglicher und noch unerträglicher ist, als der frühere. Angesichts der Personenfreise, die aus der Umgegend von Potsdam  in den Prozeß verwickelt sind, angesichts des Aufsehens, das die erste Berhandlung erregte, ist die Deffentlichkeit an dem Gang dieser neuen Erörterung starf interessiert. Da aber die Pressevertreter ausgeschlossen sind, fann eine ernste und absolut zuver= lässige Berichterstattung nicht erfolgen. Trotzdem erscheinen täglich Berichte über Phasen dieses Prozesses. Lofalforrespondenzen versorgen die Zeitungen mit laufenden Berichten, die abgedruckt werden müssen, weil der eigene Nachrichtendienst unterbunden ist. Keine Zeitung aber, auch der Vorwärts" nicht, kann für die Richtigkeit und 3uverlässigkeit dieser Bericht erstattung haften. Sie wird gespeist aus unkontrollierbaren Quellen, aus Erzählungen einzelner Prozeßteilnehmer, und dann von wendigen Journalisten in Form von lesbaren ,, Berichten" durch die Lokalforrespondenzen in die Zeitungen geliefert.

Die Deffentlichkeit hat ein Interesse daran, daß niemand nschuldig verurteilt wird. Sie will deshalb die Berhand­lungen des Gerichts selbst kontrollieren können. Das geschieht sonst durch eine fachliche Gerichtsberichterstattung, die dem Leser die Möglichkeit gibt, die Tatsachen selbst nachzuprüfen. Die Methode der Hellwig- kammer von Potsdam   aber hat dazu geführt, daß die Deffentlichkeit einseitig und möglicherweise falsch unterrichtet wird, da sie unter solchen Umständen ein hartes Urteil gegen den Angeklagten überhaupt nicht hegreifen würde. Diese Methode Hellwig ist eine Ratastrophe fiir die Rechtspflege und für das Vertrauen zur Rechtspflege. Sie leiftet unfontrollierbarsten Gerüchten Borschub und hindert nicht, daß später auch ungerechte Urteile gegen Richter gefällt merden, die an dem Urteil in Potsdam   teilnahmen. Deshalb follte man von Potsdam   lernen, wie es im Interesse der Rechtspflege nicht gemacht merden darf!

Sozialdemokratie und Reichsbanner. Der Berliner   Zwischenfall.

Zu den bedauerlichen Borgängen, die fich am Freitagabend bei het internationalan Sunbgebung am Raiserdamm abgespielt haben. erhält das Berliner Tageblatt" einen Bericht, in dem behauptet mird, im Oktober hätte eine tnappe Mehrheit der Berliner   fozial­demokratischen Barteifunktionäre entgegen dem Borsigen= den Künstler den Beschluß gefaßt, am Reichsbanner fest zuhalten und einen neuen Ordnerdienst nicht anzuerkennen. Rünstler und seine Gruppe hätten aber trotzdem einen besonderen Saalschuh als Konturrenzorganisation gegen das Reichsbanner z11 bilden nersucht. Dementsprechend häfte Künstler auch den Aufmarsch eines fogenannten Jungproletarischen Ordnerdienstes" gebilligt.- Dazu wird uns aus dem Berliner   Bezirksvorstand mitgeteilt:

Dem Totenheer des Weltkrieges. C

1914-1918

Nie wieder!

Mir

Schober besucht Miklas  .

Der Landbund gegen Starhemberg- Baugoin.

Wien  , 22. November.( Eigenbericht.) Bundespräsident Mitlas hat heute die Vertreter der Christ. fichsozialen empfangen, die ihm Bericht erstatteten über die Ber­handlungen ihres Fraktionsführers Dr. Burefch mit den Ber­tretern der anderen Fraktionen.

Im Oftober wurde auf Borschlag des Bezirksvorstandes von etter Bersammlung der Kreis- und Abteilungsleiter mit rund 500 Auf Einladung des Bundespräsidenten   erschien auch der gewesene gegen 5 Stimmen beschlossen, daß ein Ausbau des Drdnerdienftes Bundeskanzler Dr. Schober bei ihm. Dagegen hat Mitlas die nur im Einverständnis mit den Kreis- und Abteilungsleitungen vor stärkste Fraktion, nämlich die der Sozialdemokraten, bis jezt nicht genommen merden dürfe und daß die Sozialdemokratische zu einer Besprechung eingeladen! Allerdings sind es noch keine Barter Berlins   das Reichsbanner unterstüge. richtigen Besprechungen zur Regierungsbildung, denn die Regierung Dieser flare, gegen jede Sonderbündelei fich richtende Beschluß ist noch nicht zurückgetreten. murde nom Genoijen Rünstler aufs nadbrüdlichste interft üht. Somit ist es auch falsch, daß nur die Gesamtpartei Das ,, Ertrablatt", Organ des Landbundes, schreibt heute abend, am Reichsbanner festhält, die Berliner   Bartei aber eine Konkurrenz die Vertreter des Kursus Starhemberg- Baugoin mögen endlich zu organisation zu bilden versucht. Die Berliner   Partei nimmt in dieser Angelegenheit feine andere Stellung ein als die Gesamtpartei. Genosse Künstler hat auch nicht den Aufmarsch des sogenannten Jungproletarischen Ordnerdienstes" gebilligt, sondern diesem im Gegenteil untersagt, irgendwelche Ordnerdienste auszuüben."

Deutscher   Parteifrieg. Straßenlampf in Hindenburg.  - Gin Zoter, ein Berlehter. Hindenburg  , 22. November.

In Hindenburg tam es geftern abend furz vor Mitternacht zu einem Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten, aus dem sich ein regelrechter Straßen­tampf entmidelte. Ein Mann wurbe getötet, die Personalien stehen noch nicht fest. Ein zweiter, ein Nationalsozialist, erhielt einen Schenkelschuß.

Drei Schwerverlette in Württemberg  .

Stuttgart  , 22. November.( Eigenbericht.) Auf der Straße zwischen Fellbach   und Waiblingen   tam es zu einem schmeren blutigen Zusammenstoß zwischen Natto­nalsozialisten und Kommunisten. Zwei Nazileute und ein Kommunist purben schmer verlegt. Insgesamt murden 32 an dem Zwischenfall beteiligte Personen in Waiblingen   nerhaftet.

Die politischen Empfänge des Reichstanzlers haben ihren Anjang genommen. Nachdem Brüning am Freitag den Abgeordneten Ber fitius pom Sentrum empfangen hatte, hatte er am Sonnabend eine eingehende Besprechung mit dem stellvertretenden Borfizenden der Bollspartei, Dingelden.

Dr. Koch, der frühere Borsigende der weiland Demokratischen Bartei; ist zum ersten Berfißenden des Beamtenwirtschafts bundes gewählt worden.

Die Bevölkerung der USA  . einschließlich aller Rebenländer, jedoch mit Ausnahme der Philippinen, beträgt nach dem Schlußergebnis her Bolfsgdmg 122773046 Berfonen

Kenntnis nehmen, daß der Schober Blöd mit ihnen nicht zusammenarbeitet mud daß er sich nicht selbst ins Gesicht spuden, sondern daß er gegen jede Regierung

Der Rußland  - Alarm.

Kreml  - Umgebung abgesperrt.- Telephonftörung nur Wetterfolge.

Wir erfahren, daß mindestens noch vor zwei Tagen die zum Kreml   führenden Moskauer   Straßen abgesperrt waren. Dieser äußerst ungewöhnliche Zustand begünstigt natürlich das Entstehen aufregender Gerüchte, wie das bereits dementierte von der Ermordung Stalins.

Die vielbesprochene Störung des Fernsprechper fehrs mit Rußland   verliert start an Sensation, wenn man hört, daß auch mit Kowno  , Riga   und Reval zu sprechen nicht möglich war. Das Fernfprechamt führt diese Störungen auf atmosphärische Borgänge zurück. Funt, Telegramin- und Briefdienst funktiomeren. Das Auswärtige Amt hat Sonnabend früh ein Telegramm aus Mostau erhalten, das am Freitagabend% 10 Uhr in Moskau   auf gegeben ist. Der Inhalt des Telegramms läßt nicht auf besondere Borkommnisse in Sowjetrußland schließen. Manches seltsame Bortommnis der letzten Tage hat ohne

Armer Columbus."

Premiere in der Städtischen Oper.

Eine Opernbichtung von empörender Minderwertigkeit, dazu Mufit des jungen Erwin Dressel  . Bielleicht eine Talentprobe, aber Aeußerung einer noch völlig unreifen, unentwidelten Berfön­lichkeit. Als Ganzes ein Wert von peinlicher Unzulänglichkeit, das den Aufwand dieser Berliner   Aufführung feinesfalls rechtfertigt. Zum Schluß Applaus und Pfiffe,

K.P

des Kursus Starhemberg- Baugoin in der ersten Sigung des Nationalrates den Mißtrauensantrag einbringen werde.

Entgegen den Mitteilungen der amtlichen Staatstorrefpondenz über den bisherigen Gang der Verhandlungen stellt heute der Schober B1od fest, daß von eigentlichen sachlichen Voraus fetzungen für eine Zusammenarbeit noch nicht die Rede gewesen sei. So fei besonders ein Arbeitsprogram m, das doch die selbst­perständliche Vorbedingung für die Bildung einer parlamentarischen Boraussetzung für eine sachliche Zusammenarbeit hätten die Ber­Mehrheit darstellt, überhaupt nicht erörtert worden. Als Voraussetzung für eine fachliche Zusammenarbeit hätten die Ber­

treter des Schober- Blocks den

Rüdfritt der gegenwärtigen Regierung verlangt. Demnach schlossen die Verhandlungen gestern ergebnislbs ab und die weitere Behandlung der Angelegenheit ist an den Bundes präsidenten übergegangen. Die Arbeiter 3eitung" schreibt: Bir Sozialdemokraten können diesem Treiben mit Ruhe zuschauen.

Zweifel zur Gerüchtbildung beigetragen. So erscheint z. B. das Blatt der Roten Armee Krasnaja Smejda" seit dem 16. November nicht mehr unter verantwortlicher Redaktion von Gamarnit ( Leiter des politischen Aufklärungsdienstes der Armee), Eide. mann( Direktor der Kriegsafademie) und Degfjarem( Gehilfe Gomarnits), sondern unter Leitung eines gemissen 2ande, der sich bisher in keiner Weise hervorgetan hat. Da dieser Redaktions­wurde, so ist begreiflich, daß die Abfägung so prominenter Berfön­wechsel ohne jede Angabe von Gründen vorgenommen lichkeiten auf militärpolitischem Gebiet zur Gerüchtbildung führen

mußte.

Nazibluttat im Westen.

Schüffe in einen Tanzfaal. Drei Schwerverletzte.

Kurz vor Mitternacht wurde von einer nationalsozialistischen

Bande auf die Festfäle Eden- Palast in der Kaiser­Friedrich- Straße in Charlottenburg  , in denen der Arbeiter- Wanderer- und Geselligkeitsverein Jalte" einen Unter­haltungsabend abhielt, ein gemeiner, offenbar vorbereiteter Feuer­überfall verübt. Drei Mitglieder des Bereins wurden von den Hakenkreuzleru niedergeschossen. Die Berletzten murben mit Bauch- und Rüdenschiffen ins Westendfrankenhaus ein­geliefert.

Wie noch festgestellt werden founte, hatten die Hatenfrenzler in ihrem Berkehrslofal in der Hebbelstraße eine Zusammenkunft, von wo fie gegen 12 Uhr in Sfärfe von 25 Mann nach dem Eden­Palaft" zogen, in die Fefträume eindrangen und randalierten. Als einige Mitglieder des Vereins Falke" die Ruheftörer hinausweisen wollten, zogen die Hakenkreuzler ihre Waffen hervor und feuerten in den Saal hinein. Bisher fonnten drei der Revolverhelden feft­

genommen werden.