Geine Tätigkeit fonnte für schavindelhaft gehalten werden.
Der Prophet" Weißenberg hat wieder eine böse Schlappe erlitten. Sein Gegner, der Redakteur Preuß, ist von der Anklage der Beleidigung, wie bereits gemeldet, freigesprochen worden, da der angetretene Wahrheitsbeweis als geführt vom Gericht angesehen wurde.
Das Gericht, hieß es in der Urteilsbegründung, sei zu der Ueberzeugung gelangt, daß Weißenbergs Tätigkeit als gemeingefährlich anzusprechen sei. Er ordnet die Behandlung der Patienten ohne jegliche Untersuchung an. Das tat er selbst im Gerichtssaal. Was den Ausdruck schwindelhaft betrifft, der gleichfalls von dem Angeklagten gebraucht worden war, so sei dieser Ausdruck sinngemäß als bewußte Irreführung zu verstehen. Dieser Vorwurf hat sich nicht voll erweisen lassen. Das Gericht hat den Eindruck, daß Weißenberg , ein ungebildeter und unintelligenter Mensch, selbst von feiner heiligen Sendung und von den angeblich ihm innewohnenden Gaben überzeugt ist. Dem Angeklagten stand§ 193( Wahrung berechtigter Interessen) zur Seite, da er nicht annehmen konnte, daß Weißenberg bei Ausübung seiner Heiltätigkeit im guten Glauben So die Urteilsbegründung. Es ist schließlich für die Deffentlich feit ohne Bedeutung, ob der unintelligente" und ungebildete" Weißenberg im guten Glauben handelt oder nicht. Wichtig für sie ist die Feststellung seiner Gemeingefährlichkeit. Man sollte dem Manne jetzt endlich das Handwerk legen.
gehandelt habe.
Der Regierungsrat vom Reichspatentamt, Dr. Lübben, wurde vom Schöffengericht Charlottenburg nach zweitägiger Berhandlung wegen Berstoßes gegen das Sprengstoffgefeh und Waffenschuhgeseh zu 3 Monaten Gefängnis verurteilt. Die bei ihm aufgefundenen Waffen und Munition ( 1 98er Gewehr, 6 pistolen, 3 Revolver, 1600 Stüd Munition, 1 Stielhandgranate, 4 Eierhandgranaten usw. usw.) werden eingezogen.
Die Berurteilung des Marineflubvorsitzenden Dr. Lübben war vorauszusehen. Auch der letzte Verhandlungstag brachte teine Entlaftung für ihn. Der auf seine Veranlassung aus Breslau geladene Zeuge, das frühere Mitglied der Schwarzen Reichswehr, von Schirr meister, bedeutete für die Verteidigung eine Enttäuschung. Dieser Herr konnte nur bestätigen, daß er mit Wissen Dr. Lübbens einen Teil, der bei der Einwohnerwehr eingesammelten Waffen und Munition, damit diese nicht in der Wohnung herumlägen, in eine Kiste verpackt habe. Einen Auftrag, dieses Waffengerät an die Behörden abzuliefern, habe er von Dr. Lübben nicht erhalten. Das aber hatte Dr. Lübben behauptet. Die Sachverständigen, Brofeffor Brüning und ein Vertreter des Chemischtechnischen Reichs inftituts, erklärten die Verwendungsfähigkeit der Eierhandgranaten. Unter folchen Umständen war der Antrag des Staatsanwaltschaftsrats Dr. Stehnich, den Angeklagten zu verurteilen, weiter nicht verwunderlich. In der Urteilsbegründung legte Landgerichtsdirettor Dr. Ramde ausführlich noch einmal den ganzen Sachverhalt dar. Das Gericht jei der Ansicht, daß der Angeklagte sowohl von der
Munition, die sich auf der Veranda seiner Wohnung als auch von der Waffentiste auf dem Boden Bescheid gewußt habe. Das Gericht jei jedoch nicht der Ansicht, daß er mit den Mitgliedern des Sportthubs militärische Uebungen vorgenommen habe. habe.s
Weihnachtssonderzüge Ostpreußen - Verlin.
Ebenso wie von Berlin nach Ostpreußen werden auch von Ost preußen nach Berlin am 22. und 23. Dezember billige Weihnachtsfonderzüge verkehren. Wie die Reichsbahndirektion Königsberg mitteilt, find an den genannten Tagen zwei Sonderzüge mit 33% Proz. Fahrpreisermäßigung vorgesehen, die ab Insterburg 19.13 Uhr über Königsberg , Braunschweig , Elbing und Marienburg nach Berlin fahren werden, wo sie am anderen Morgen um 8.22 Uhr eintreffen. Zu diesen Zügen werden neben Fahrkarten nach Berlin auch Karten nach Schneidemühl , Kreuz, Landsberg und Küstrin ausgegeben.
W. Seemann
18]
O.Wöhrle
Internehmer..
Er nötigte Ludwig ins Privatkontor und ließ es sich nicht nehmen, ihm einen, Rognat zu spendieren. Der junge Meister trant, verzog aber feine Miene und ließ sich auch zu feinem längeren Gespräch verleiten. Sobald er sein Geld hatte, fuhr er mit dem Vater nach Hause.
Unterwegs fehrten sie in eine Destille ein, um die erste Lieferung und den vielen Aerger, der damit verbunden ge= wesen war, hinunterzuspülen.
Der Schuhmachermeister wäre gern sigen geblieben." Doch Ludwig drängte zum Aufbruch. Ihm schmeckte das Bier nicht. Es hingen zu viele schlaflose Nächte daran.
Nun war Weihnachten da.
,, Das Fest der Liebe", wie die Stiefmutter sagte. Ludwig mußte höhnisch lachen, als er das hörte. Sein Mißmut war grenzenlos.
Ohne Zweck und Ziel lief er umher und ärgerte sich über die freudigen Gesichter der Menschen, die von Laden zu Laden eilten, um für ihre Angehörigen Geschenke zu kaufen. Er fluchte. Seine Taschen waren leer.
Er hatte gedacht, aria eine Weihnachtsüberraschung bereiten zu können, hatte sich danach gesehnt, ihre lieben, lachenden Augen beim Empfang des Geschenks zu sehen, hatte wochenlang geschuftet, um dies Ziel seines Herzens zu erreichen, und nun war doch wieder nichts daraus geworden.
Nicht einmal ein paar lumpige Mart hatte er übrig. Bon dem Himmelsbachschen Geld hatte er seine Schulden beim Holzhändler und beim Drechsler bezahlt, feinen Bater und Maria die Darlehen zurückgegeben, ein paar unbedingt notwendige Anschaffungen für die Werkstatt gemacht und nun war es bei ihm wie ausgefegt.
Er war nicht einmal imstande, der Stiefmutter das Kostgeld zu geben und mußte auf Pump essen. Das würgte ihn ganz besonders.
Das Echo unserer Preiskritik- Tempelhof der teuerste Bezirk.
Unsere Feststellungen vom vergangenen Sonntag Was toftet..?,| Eier oder der Zucker herkommen?" Zum Schluß noch eine Mitin denen wir den Preiswirrwarr in Berlin einer gründlichen Kritik teilung. Eine Leserin schreibt:„ Der Sechser scheint in unseren unterzogen, hat ein vielfaches und zustimmendes Echo gefunden. Tagen ein etwas verachtetes Ding geworden zu sein. Früher gab mißstände im Berliner Lebensmittelhandel hinweisen. Es find uns eine Reihe 3 uschriften zugegangen, die auf weitere es überall für einen Sechser Suppengrün, aber heute wird man ausgelacht, wenn man für einen Sechser Suppengrün verlangt, immer muß man gleich für einen Groschen kaufen, ob man für einen Groschen braucht oder nicht. Mit Sechsern scheinen die Händler gar nicht mehr gern zu rechnen.
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So wird uns von einem Tempelhofer Leser unseres Blattes geschrieben:„ Tempelhof dürfte der teuerste Bezirk Berlins sein. Bei das Stüd, Schweinekotelett 1,70 bis 2 M. je Pfund, ganz zu schweigen uns tosten Fettbücklinge 50 Pf. pro Halbpfund, Eier 17 bis 22 Bf. von den Fisch-, Geflügel- und Gemüsepreisen. Die starke Bautätig keit und die Verkehrsverbesserungen haben aus dem stillen Tempelhof eine Wohngroßstadt gemacht mit Preisen von den hohen Neubaumieten ganz zu schweigen, die höher liegen als die sogenannten vornehmen Gegenden von Schöneberg und Charlottenburg , teurer auch als Lichterfelde und Halensee . Der Raubzug der Tempelhofer Einzelhändler gegen die Bewohner ist so start geworden, daß man bei einem Einkauf von 5 M. außer dem Fahrgeld noch gut 1 M. ,, verdienen" kann, wenn man ins Stadtinnere fährt und dort ein fauft. Muß zum Beispiel der gleiche Schellfisch, der in den Warenhäufern der Stadt einige Groschen loftet, in Tempelhof 85 bis 98 Pf. pro Pfund kosten?..."
Eine andere zuschrift, und zwar aus Neukölln, wendet sich gegen die hohen Preise für die sogenannte„ weiße Badware". Dieſe Hausfrau schreibt uns:„ Wir begrüßen den Preisabbau für das Brot, doch möchten wir Hausfrauen darauf hinweisen, daß die Schrippen viel zu teuer find. Immer haben die Schrippen 4 Stüd 10 Bf. getoftet, bis sie im vorigen Jahr auf 12 Pf. für 4 Stück er höht wurde. Damals wiesen die Bäder auf die erhöhten Mehlpreise hin, aber diese sind, wie jeder weiß, inzwischen wieder gefallen, nur der hohe Preis für Schrippen ist der alte geblieben. Barum fostet auch eine Schnecke 5 Pf. und ein Sechserstück gleich 10 Pf.? Beim Brot sparen wir jetzt 4 Bf. bei einem Einkauf von 50 Pf., würden aber die Schrippenpreise auf ihren alten Stand herabgefeßt, dann könnten wir schon 10 Pf. bei einem Einkauf von 50 Pf. sparen. Das wäre ein Preisabbau, den auch unser Portemonnaie einmal merken würde..."
Ein dritter Brief behandelt eine sehr wichtige Sache, von der auch mir der Auffassung sind, daß sie einmal mit aller Deutlichkeit gekennzeichnet werden muß. Die mangelnde Solidarität der Hausfrauen untereinander, die so vieles verschuldet. So schreibt uns ein Leser: Ich wohne im Osten Berlins , einer reinen Arbeitergegend. Ich gehe zum Schlächter und frage: Was kostet ein halbes Pfund Suppenfleisch? 80 Pf. lautet die Antwort. Ich sage darauf, nein, das ist mir viel zu teuer. Und was geschieht nun? Die Frauen neben mir und der Schlächter tun ganz erstaunt und lächeln sich alle verständnisinnig an. Und das waren Frauen, die durchaus nicht auf Rosen gebettet find. Ebenso im Buttergeschäft. Die Frauen kommen in den Laden und verlangen: ein halbes Pfund Butter, von der besten! Selten fällt es einer Frau ein, erst einmal nach dem Preis zu fragen. Wenn dann jemand tommt, der erst nach dem Breis fragt und nicht einfach ,, beste Butter" verlangt, sondern wo möglich eine geringere Sorte, der wird auch hier scheel angesehen. Das Verderbliche unter den Hausfrauen ist nämlich der liebe Nach bar. Hauptsache ist, der weiß, mir fönnen uns beste Butter leisten Auf diese Art und Weise erzielt man natürlich feinen Preisabbau, die Hausfrauen sollten lieber geschlossen auftrumpfen, die Preise in dem und dem Laden sind ihnen zu hoch, das wird sich der Händler schon hinter die Ohren schreiben. Aber statt dessen werden den Männern abends die Ohren vollgeftöhnt, daß das Geld nicht reicht."
Soweit die Zuschriften. Wir unsererseits möchten noch einmal auf die Preistabelle zurückommen, die mir am vorigen Sonntag veröffentlichten. Wir hatten ursprünglich die Absicht, die Tabelle mit den notwendigen Korrekturen über die im Laufe der Woche erfolgten Preisrückgänge noch einmal zu veröffentlichen. Wir können uns die Mühe sparen. Die Tabelle hat noch heute Gültigkeit. Getochter und roher Schinken ist wohl pro Viertelpfund um 5 Pf. billiger geworden, aber Schinken stand nicht mit auf unserer Tabelle. Sonst sollen die Preise für Elektromotoren und Staubsauger um einige Prozente nachgelassen haben. Leider spielen Elektromotoren und Staubsauger in dem Budget einer Arbeiterfamilie keine Rolle.
Was soll für Gemüse bezahlt werden?
leber die Senkung der Obst- und Gemüsepreise wurde am Frei tag zwischen der Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen und den beteiligten Handelsverbänden verhandelt. Das wichtigfte Ergebnis ist, daß in Zukunft für Berlin täglich eine Kommission ermitteln soll, welche Kleinhandelspreise unter Zugrunde legung der Großhandelspreise angemessen sind. Die angemessenen Preise sollen dann durch Rundfunk bekanntgegeben werden. Die Rommission arbeitet unter Leitung der Reichsforschungsstelle für landwirtschaftliches Marktwesen und unter Mitwirkung der städtischen Markthallendirektion. Nach den für die Arbeit dieser Kommission festgelegten Grundsätzen wären bei Gemüse folgende 2 a den preise pro Pfund als angemessen anzusehen: Weißkohl 5-6 Pf. Wirsingkohl Rotkohl
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Mohrrüben, gewaschen Kohlrüben.
Rote Rüben
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5-7
5-7
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Die Reichsforschungsstelle wird ihre Preisbeobachtungen fort= setzen und beim Deutschen Städtetag dahin wirken, daß in anderen Großstädten ebenso verfahren wird. Und wie wäre es mit einer Bekanntgabe der angemessenen Ob st preife?
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30 Tote unter eingestürzten Häufern.
Tirana ( Albanien ), 22. November. In mehreren Dörfern der Präfektur Balona wurde
ein heftiger Erditos verspürt, durch den mehrere Häuser zum Einsturz gebracht und andere stark beschädigt wurden. Die Zahl der Todesopfer beträgt etwa 30. Zahlreiche Personen wurden verlekt; die Bevölkerung kampiert im Freien.
Fehlende Qualitätsgarantie im Lebensmittelhandel Gefängnis für Mißhandlung eines Lehrlings.
behandeln andere zuschriften. In einer heißt es: ,, Niemand wird die unerhört hohen Preise für Markenartikel, die in keinem Berhältnis zum Erzeugerpreis stehen, verteidigen, aber man weiß bei ihrem Kauf immerhin, was man hat. Doch wo foll man eigentlich bei den Lebensmitteln eine Qualitätsgarantie verlangen, wenn nicht einmal eine Qualität da ist? Die einzige Ausnahme macht hier die Margarine, bei der jedes Paket die Firmenbezeichnung trägt und damit die Herkunft bekannt ist. Aber wer weiß, wo die Butter, die
Die Frau, die seinen guten Willen sah, unterstützte ihn, wo sie konnte. Sie hatte sich sogar von ihrem fleinen Haus haltgeld etwas abgefnappert und beschenkte Ludwig am Weihnachtsabend mit einigen nüzlichen Dingen. Auch Maria tam am ersten Festtag mit vollgepackten Armen.
Doch Ludwig freute sich nicht über die Geschenke. Am liebsten hätte er sie zurückgewiesen. Es beleidigte ihn, kein Gegengeschenk machen zu können.
Das Mädchen war enttäuscht und wie aus allen Himmeln gefallen. Sie fonnte es gar nicht faffen, daß Ludwig in all den harten Wochen nichts vor sich gebracht haben sollte. Da sie in einem Unternehmen war, das sehr viel Geld abwarf, und einen Chef hatte, der das viele Geld mit vollen Händen aus geben fonnte, war sie der Meinung gewesen, jeder Betrieb habe goldenen Boden.
Ihre Enttäuschung wurde aber noch größer, als ihr Ludwig bei der Kaffeetafel sagte: Weißt du Maria, das mit der Meisterschaft ist Mumpig. Ganz auf den Hund bin ich damit gekommen. Wäre ich deinem Rate nicht gefolgt, hätte ich mich nicht selbständig gemacht, sondern ruhig als Gefelle in der Fabrik weitergearbeitet, dann wäre heute ein prachtvolles Weihnachtsgeschenk für dich dagewesen. So aber, als Meister, wie du ihn dir immer gewünscht hast, kann ich augenblicklich nichts austeilen als schlechte Laune. Zum Teufel mit der verdammten Meisterschaft! Sie hängt mir zum Hals heraus! Wochenlang geschuftet, und was ist das Resultat? Wenn ich alles überschlage, fommt für mich ein Stundenlohn von achtundzwanzig Pfennigen hetaus. Da mag ein anderer den Meister spielen!"
Maria hörte schweigend zu und biß sich auf die Lippen, um ihn nicht durch eine Antwort noch weiter zu reizen.
Vater Eisermann glaubte, er höre nicht recht. Diesen Burschen sollte doch der Affe laufen. Hörbar stellte er die noch dreiviertelvolle Tasse auf den Untersaz, daß das Uebergelaufene auf die schöne weiße Tischdecke sprigte, und sagte: ,, hör auf, Ludwig! Das ist doch alles Unsinn, was du da redest! Die paar Wochen machen dir nichts aus. Du wirst noch viele Wochen und noch viele Vierteljahre zu arbeiten haben, bis du so meit bist, auf Ueberschuß rechnen zu können." Ludwig friegte einen roten Kopf und schwieg. Maria ging früher als gewöhnlich.
Das Fest der Liebe" hatte einen recht hörbaren Knads Im übrigen verschlief Ludwig die Feiertage und tat
gefriegt.
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Beil er seinen 15jährigen Lehrling, der unter seiner Fürsorge stand, förperlich mißhandelt und an der Gesundheit geschädigt hat, stand, der bisher unbestrafte 53jährige Tischlermeister Wilhelm Hennig aus Belzig vor dem Potsdamer Schöffengericht. Der Junge war mit dem Zuschneiden einer Sargleiste beschäftigt gewesen und rutschte dabei mit der Säge auf einen Nagel. Butentbrannt entriß der Meister dem Lehrling die Säge und schlug ihm mit derselben mehrere Male so schwer
feinen Schritt über den Hof und in die Werkstätte. Nicht einmal sehen wollte er sie, so verhaßt war ihm die Bude. Nach Weihnachten lief er einmal spazieren, um auf andere Gedanken zu kommen.
Die herbe, falte Winterluft tat seinen Lungen gut und trieb ihm wieder Farbe ins Gesicht. Die Welt fah hier doch anders aus als in der verräucherten Werkstatt. Jezt wußte er auch, wie er die Zukunft anzupacken hatte. An Himmelsbach würde er auf keinen Fall die restlichen Schreibtische liefern. Er konnte anstellen, was er wollte. Lieber würde er die Meisterei an den Nagel hängen und betteln gehen. Aber etwas anderes wollte er ausproben. Er nahm sich vor, gleich nach Neujahr mal bei Hundskötter vorzusprechen, Hundstötter, Galanteriewaren engros.
*
Gegen Schluß der ersten Januarwoche hatte er sich endlich soweit erholt, daß er nicht mehr so unsäglich müde war. Wieder zog er seine besten Kleider an und fuhr mit der Bahn nach dem Morizplay. Und wieder stieg er in dem Fabrikgebäude in der Prinzenstraße an Himmelsbachs Kontor vorbei bis in die oberste Etage und lief bei Hundsfötter ein. Es hatte sich nichts geändert seit seinem letzten Besuch.
Der gleiche abgewegte Schreibtisch stand da, die gleichen Ballen Backpapier lagen unordentlich in der Ede, und der Fußboden sah noch immer so schmußig aus, als sei er ſeit einem halben Jahre nicht gefegt.
Wieder stand der fleine, verwachsene Buchhalter da, verzog seine Schlihaugen zu freundlichem Grinsen und fragte: ,, Bas wünschen Sie, mein Herr!"
Und wieder wurde er, als er gehört hatte, um was es fich handle, grob wie das erstemal und versuchte den Trick mit dem Türaufreißen und dem kategorischen Offertenschild.
Doch Ludwig ließ sich diesmal nicht einschüchtern. ,, halten Sie mal für' ne Weile die Luft an, fleiner Mann! fagte er ,,, und machen Sie sich auf die Stiefel, holen Sie den Chef her! Ich habe ein Recht, ihn zu sprechen!"
Der chinesengesichtige Buchhalter schob eine Rolle Backpapier zur Seite, wischte mit seinem Aermelaufschlag notdürftig den Staub von einem wadligen Stuhl und stellte ihn vor Ludwig frachend auf den Fußboden.
,, Sehen Sie sich!" sagte er beleidigender Art, machte aber teine Miene, den Chef zu holen, sondern beschäftigte sich mit feinem Federhalter, dessen Schreibfeder er umständlich mit einer Hafenpfote reinigte. ( Fortsetzung folgt.)