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Rr. 587-47. Jabrgana 2. Beilage des Vorwärts

Reparationen und Währung.

Reichsbankpräsident Dr. Luther spricht im Reichsverband der Industrie.

Eine Hauptausschußsizung des Reichsverbandes der Deutschen Industrie beschäftigte sich am Donnerstag mit dem Regierungsprogramm. Geheimrat Duisberg gab die Auf­fassung des Reichsverbandes dahin wieder, daß man sich trot stärkster Bedenken hinter das Programm stelle. Der anwesende Reichstanzler selbst gab seiner Meinung dahin Ausdruck, daß es durchaus falsch sei, wenn man die ungünstige Entwicklung in Deutschland   durchweg auf die Reparationszahlungen zurückführe. Reichsbankpräsident Dr. Luther führte aus, daß, wenn noch jemand an der Festigkeit der deutschen   Währung ge­

zweifelt hat, dann müßte ihn die gegenwärtige Krise, in der die Wirtschaft Not leidet und Politisches in Gärung ist, die Reichsmart aber fest steht, eines Besseren belehrt haben. Die sieben Jahre alte Reichsmark hat die sieben wahrlich nicht fetten Jahre durch gehalten und sie wird noch viele Male sieben Jahre durchhalten. Wenn in der gegenwärtigen Not immer wieder Gedanken auf­tauchen, die unter Mißachtung jeder geschichtlichen Erfahrung ne u- artiges Geld schaffen wollen, so wird dabei übersehen, daß die Zeche derartiger Experimente vom   deutschen Volt be= zahlt werden müßte.

Gelänge die ungeheure Kräfte zusammenfassung zu wirklich einer Regierungsgewalt im Reiche, gelänge die

Reichsreform, so würde durch die Einsetzung dieser verstärkten Kraft des Reiches   Deutschlands Lage sehr erleichtert werden.

Die Reparationen seien auf die Dauer nur erfüllbar, wenn   Deutschland genügende Märkte habe, an die es ausführen tönne. Ebenso werde der Young- Plan nur dann durchführbar sein, wenn   Deutschland langfristiges Auslandskapital zu billigen Gägen erhalte. Erst wenn der   Albbruck der furz fristigen Auslandsverschuldung weiche, könnten sich die wirtschaft lichen Kräfte entfalten. Auch die Kapitalhortung müsse überwunden werden. Es erscheine unvorstellbar ,, daß die Tatsache der internationalen Goldaufwertung nicht Rück­wirkungen auf die Höhe der Reparationen haben sollte. Ebenso müßte die Aufrechterhaltung der sozialen Lebensbedingungen des   deutschen Volkes unter dem Young- Plan beachtet werden. Was aus den Erörterungen über das sogenannte Moratorium oder die Revision auch werden möge,   Deutschland werde seine privaten Schuldverpflichtungen ord nungsmäßig und bei Fälligkeit erfüllen müssen. Man sollte darauf rechnen fönnen, daß infolge wachsender Einsicht in die welt­wirtschaftlichen Gefahren der jetzigen Reparationsregelung das, was nicht bestehen bleiben könne, geändert werde.

Nach Dr. Luther erklärte der Kanzler Dr. Brüning vor den Industriellen die Grundzüge seines Programmes und ihe Be­deutung nach außen und innen.

Europäischer Kapitalexport.

Die europäisch- amerikanische Kapitalbilanz war 1929 für   USA. paffiv!

Ein fachkundiger Amerikaner, Ralph A. Young, von der Finanz- und Investierungsabteilung im   amerikanischen Wirtschafts­amt( Department of   Commerce), veröffentlichte fürzlich in dem amtlichen Wirtschaftsorgan, den, Commerce Reports", eine europäisch- amerikanische Zahlungsbilanz, deren Resultate wert sind, in   Europa sehr beachtet zu werden. Sie bringen nämlich die große leberraschung, daß Amerikas Kapital­exportbilang gegenüber   Europa passiv ist.

Es sei zunächst darauf verwiesen, daß nicht nur die Amerikaner an   Europa Kapital geliehen haben, sondern umgefehrt auch die Europäer an   Amerika. Der Betrag wird auf nicht weniger als 3,35 milliarden Dollar( über 15 Milliarden Mark) geschätzt. Es besteht allerdings ein wesentlicher Unterschieb: während es die Amerikaner verstanden haben, durch ihre Kapitalausfuhr michtige wirtschaftliche Schwerpuntie unter ihre Kontrolle zu bringen, haben umgekehrt mur in einigen wenigen Fällen die Europäer stärkeren Einfluß auf   amerikanische Wirtschaftszweige genommen ( z. B. Kunstfeide) und haben im übrigen   amerikanische Eisenbahn­und Industriewerte zu Spefulationszweden erworben, somie auch furzfristige Anlagen gemacht, die keinerlei Einflußmöglichkeiten zur Folge haben.

Die Amerikaner hatten 1929 aus ihren Europainvestie. rungen eine 3insen- und Dividendeneinnahme von 258 Millionen Dollar, während die Europäer aus ihren amerika­nischen Werten etwa 198 Millionen Dollar Einnahme erzielten. Der  amerikanische Zinsen- und Dividendenüberschuß betrug somit 60 mil lionen Dollar( rund% Milliarde Mark). Hierzu kamen aber noch den 207 Millionen Dollar Zinseinnahmen der Amerikaner aus Kriegsschulden, ferner beiderseits Zinsgewinne aus furzfristigen Aus­leihungen. Insgesamterhielten jedenfalls die Amer i faner an 3insen und Dividenden 1929 rund 250 Millionen Dollar( über 1 Milliarde Mark) mehr! als sie zu zahlen hatten.

Anders aber steht es aber mit der Kapitaleinfuhr- und-aus­fuhrbilanz. Der   amerikanische Kapitalerport nach   Europa betrug 1928 etwa 825 und 1929 etwa 450 Millionen Dollar. Berücksichtigt man aber den gleichzeitigen, oben erwähnten Kapitalabfluß aus  Europa nach   Amerika, so verringert sich die   amerikanische Netto ausfuhr auf 475 Millionen Dollar 1928 und 100 Mil­lionen Dollar 1929. Ein weiterer wichtiger Vorgang ist aber noch zu berücksichtigen: die Anleihen werden ja nicht nur verzinst, sondern

Jahr für Jahr getilgt. Infolgedessen fließen laufend erhebliche Be­träge, die   Amerika an   Europa geliehen hat, wieder nach   Amerika zurück. Hierdurch verändern sich die obengenannten Zahlen erheblich:  Amerika führte 1928 nach   Europa nach Abzug der Rückzahlungen nur 338 Millionen Dollar aus, während sich für 1929 jogar ein amerikanischer Kapitaleinfuhrüberschuß von etwa 22 Mil­lionen Dollar ergibt.

Freitag, 28. November 1930

Alle Reforde in dieser Hinsicht schlägt aber die Berliner Kindl- Brauerei, die ihren Affionären neben einer 24 pro­3entigen Dividende noch Sondergeschenke in Affien macht, welche die Gesamtausbeute der Herren Aktionäre auf 44 Pro 3. erhöhen. Diese phantastischen Profile geben die richtige Umrahmung für das Jammergeschrei der Brauereien.

Strompreisfenfung im Preußentrust. Ein gutes Beispiel, das aber den Bedürftigen doch feine Strompreiserfparnis bringt.

Die Preußische Elektrizitäts A.-B.( Preag) fündigt eine Senfung der Strompreise im Durchschnitt von 5 bis 10 Pro3. an. Dazu teilt die Breag mit: Um bei der gegenwärtigen ungünstigen Wirtschaftslage eine finanzielle Erleichterung für die Stromabnehmer zu schaffen, wird die Preußenelektra bei den ihr nahestehenden Verteilungsgesellschaften ihres Versorgungsgebietes für einen neuen Tarif eintreten, der so aufgebaut ist, daß er den mittleren Strom­preis der versorgten Gebiete weiterhin herabsetzt. Bei Anwendung des geplanten Haushaltstarifes, der zum Beispiel für Koch- und Heizstrom einen Preis von 10 Pf. je Kilowattstunde vorfieht, wird sich für die Abnehmer im Mittel eine Sentung des Strompreises um 5 bis 10 Proz. und unter Umständen darüber hinaus ergeben.

Anschließend soll eine entsprechende Neuregelung der Strom­tarife für landwirtschaftliche Betriebe, das Kleingewerbe und sonstige mittelständische Erwerbsgruppen, insbesondere auch die Einführung eines Sondertarifes für elektrisches Kochen und Heizen erfolgen. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, daß alle Lieferungs­verträge der Preag an industrielle GroßDerbraucher und Kommunen eine Rohlentlausel enthalten, die bei einer Sentung der Kohlenpreise automatisch eine Strompreissenfung herbeiführt.

Ste

Die Maßnahmen des Preußenelektrotrufts sind gut. zielen aber in erster Linie auf eine Steigerung des Strom­verbrauchs hin, die auch im Massenhaushalt auf die Dauer die besten Wirkungen haben muß. Leider lautet aber jetzt das Problem nicht, wie können wir mehr Strom billiger haben, sondern wie fönnen wir die jeßige Strompreisrechnung herab­jezen. Wir treten ja selbst für Staffeltarife für Koch- und Heiz­strom ein. Auch der Preußenelektrotrust, der bekanntlich das mittlere Westdeutschland zwischen der Nordsee und dem   Main versorgt, wird also für die Strompreissentung an der jet brennenden Lampe sich bei seinen Untergesellschaften noch einsehen müssen. Rechnen mit dem Pfennig- Ein Preußenerlaß

Wir fassen zusammen: Während die Vereinigten Staaten ihre Wie der Amtliche Preußische Pressedienst mitteilt, hat der Rolle als Finanzierer europäischer Unternehmungen weiter spielten preußische Handelsminister die Regierungs und große Anleihesummen aufgelegt wurden, floß erstens in Form präsidenten und den Polizeipräsidenten von von Aktienkäufen usw., in Form von Anleihetilgung usw. 1929 mehr   Berlin ersucht, die von der Reichs- und Staatsregierung an­Rapital aus   Europa nach Amerita als umgefehrt, gestrebte Senfung des überhöhten Preisniveaus für ihren Bezirk zweitens empfingen die Amerikaner- netto- rund 250 Millionen zur Durchführung zu bringen. Diese Stellen sind bekanntlich be­Dollar mehr 3insen aus   Europa als die Europäer aus Amerifa. reits mit der Bekämpfung unwirtschaftlicher Preisbindungen von Die übrigen Posten der europäisch- amerikanischen Zahlungsbilanz örtlicher Auswirkung betraut und mit weitgehenden Befugnissen find uneinheitlich: Der Warenhandel war für   Amerika stark versehen. Es wird sich vornehmlich darum handeln, dafür Sorge attiv(   Europa hatte 1929 für amerikanische Waren 1062 Millionen zu tragen, daß jede in einer Wirtschaftsstufe vorgenommene Bfets Dollar mehr zu zahlen als   Amerika für europäische Waren), während fenkung durch alle Wirtschaftsstufen bis zum Konsumenten andererseits Amerifa durch die Europareisen zahlreicher Amerikaner, ausreichend zur Auswirkung gelangt, und daß diese Wirkung nicht durch Frachtausgaben usw. stärkere Zahlungseinbußen hatten. an einer Stelle des Berarbeitungs- und Verteilungsprozesses unbe. Insgesamt erhöht sich jedoch durch diese Posten die Aktivität der rechtigt ihr Ende findet. Insbesondere darf diese Wirkung nicht da­amerikanisch- europäischen Zahlungsbilanz zugunsten der Vereinigten durch hintangehalten werden, daß infolge der völlig unberechtigten Staaten auf nicht weniger als 688 Millionen Dollar( etwa 2,9 Mil- Abneigung gegen eine Pfennigrechnung eine Abrundung des Preises liarden Mart), so daß die gesamte   amerikanische Zahlungs- nach oben zu einer durch fünf teilbaren 3iffer erfolgt. bilanz start attiv bleibt.

Die Frage, ob die Bereinigten Staaten ihre Funktion als tapital­exportierendes Land entsprechend ihrer fortlaufenden Bereicherung wesentlich ausfüllen, ist aber auf Grund dieser von zuständigen  amerikanischen Finanzfachleuten errechneten Zahlen wenigstens für 1929 mit nein zu beantworten gewesen.

Rundfunkdebatten.

Arbeitslohn, Rationalisierung und Arbeitslosigkeit." Im Rahmen des 3ytlus Das Arbeitslosenproblem" disku­tierten gestern im Rundfunk Genosse Otto Schweizer, Mit­glied des Reichswirtschaftsrates, und Dr. Helmut Poensgen feit."   Schweizer führte u. a. aus, daß die Senkung der In­landspreise die erste Borbedingung für eine Ueberwindung der   deutschen Wirtschaftskrise sei. Dieses ist möglich, da die Ausfuhr Bei Millionen   Erwerbslosen gibt es noch genug Menschen im allgemeinen bedeutend gestiegen ist. Immer wieder treffe man in   Deutschland, welche die Wirtschaftskrise nur vom Hörenfagen her auf die Ueberschäzung des Lohnes im Kalkül der In­fennen. Daß die Brauereiattionäre hierzu das Haupt- dustrie. Die Arbeitslosigkeit war schon gestiegen, als die Wirtschafts­fontingent stellen, überrascht bei den Bomben dividenden, die krise noch nicht vorhanden war. Die Rationalisierung trug auch in diesem Jahre die Brauereien durchweg zahlen, keineswegs. I also daran teilweise die Schuld. Allerdings war die Rationalisierung

44 Proz. für Kindl Aftionäre. über das Thema Arbeitslohn, Rationalisierung und Arbeitslofig­

24 Proz. Dividende und Sondergeschenke in Aftien.

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