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Wie Andrée gefunden wurde

Der Originalbericht

Am 11. Juli 1897 tappte Andrée die Saltetaue feines Freiballons. Adler" und verfowand mit seinen Gefährten Strindberg und Fraenkel. über dem ewigen Eis des Polarmeers. 33 Jahre blieb die Belt in ungewissen, wann und wo der weiße Tod die drei Luftschiffer erreicht hatte. Eneben erscheint nun im Berlag F. A. Brockhaus, Leipzig  , der autorisierte Originalbericht über die Andréesche Expedition unter dem Titel G. A. Andrée: Dem Bol entgegen".( Mit 110 Bildern und 5 Karten. Leinen 13 M.) Dieses Buch lichtet das Dunkel über dem tragischen Geschick der drei Forscher. Enthält es doch das gesamte Material, das der schwedischen Regierungskommission vorgelegen hat: vor allem die ergreifenden Tagebücher der Verstorbenen, die Berichte der Auffindungsexpeditionen und die von Andrée selbst aufgenommenen Bilder, die trop 33jährigen Lagerns im Paceis nach langen Mühen entwickelt werden konnten. Straff, nüchtern und bescheiden erzählen Andrée und seine Kameraden den unglücklichen Berlauf der Expedition. Die herb- männlichen, ja fargen Worte find mehr als persönliches Ber­mächtnis. Nachstehend, mit Genehmigung des Berlages, ein Probe­abschnitt aus dem Buche.

Auf Bitö harrte meiner ein, ungeahntes Erlebnis. Bor dem, was ich dort sah, beuge ich mich in Demut.

Bielleicht war ich wirklich unwürdig. Aber welcher Mensch, den Schicksal oder Zufall zu einer öden Insel führen, ist nicht un­würdig, dort die letzten Ueberreste großer Toten zu finden und sie in die Heimat zu geleiten? Mag uns Bissenschaft oder literarischer Borwiz dazu treiben, das heilige Schweigen der Wüstenei zu stören, mögen wir im Dienst einer wissenschaftlichen Anstalt oder der Presse

unseren Fund in Sicherheit bringen feiner von uns war im Grunde würdig, Hand an diese geweihte Stätte zu legen. Auf der steinigen Tundra mit den sandigen Rändern versiegter Schmelz­masserbecken überragte ein fleiner Felsrücken die Umgebung um 5 oder 6 Meter. Auf dem höchsten Punkt der Kuppe erhob sich ein Steinhaufen. Darin steckte eine Stange, die durch Bardunen ge­halten war.

Der kleine Felsrücken liegt in westöstlicher Richtung, 200 Meter von der Wassertante und vielleicht ein Kilometer vom Gletscherrand entfernt. Ein Kilometer weiter südlich stürzt der Eisbruch des Gletschers schroff in die See.

Wir famen von Norden und blieben vor einem Eisschorf stehen, der die etwa 30 Schritt lange Strecke zwischen uns und dem Fels­absaz bedeckte. In der Nordsüdrichtung mochte der Schorf 10 Schritt breit sein. Es war verwittertes Eis mit Schmelzflecken, ein Harsch, der im Begriff war, abzutauen. Die äußersten Ränder waren mürbe mie alter gepreẞter Schnee. Durch das Eis schimmerten verschiedene Gegenstände und Knochenrefte.

An dem Ende des Eisschorfs, das dem Land zugefehrt mar, standen zwei eingestürzte Treibholzstapel. Der eine war gegen einen frei stehenden Block gelehnt, der andere gegen den Hang des Fels. rückens selbst. Am entgegengesetzten Ende des Schorfs war eine breite Mulde. Darin lagen vom Wasser abgeschliffenes Geröll und Sand.

Gerade dort stand ein Schlitten, Kleider und Trümmer waren

umhergestreut, genau so wie sie liegen bleiben, wenn das Eis ab­getaut ist und das Schmelzwasser sich verlaufen hat. Diese Dinge gétaut ist und das Schmelzwasser sich verlaufen hat. Diese Dinge hier in der Wüstenei, diese toten Gegenstände, die doch einst lebten oder dem Leben dienten, sie rückten uns den Gegensatz von Leben und Tod in jähe Helle. Menschen mit warmem Blut in den Adern, die das Leben liebten, find hier über die Schwelle des Todes ge­schritten. Hier haben sie gelebt, sind hier untergegangen.

Wie starbent sie? Das möchte ich wissen, davon möchte ich sprechen, möchte die weißtalte Dede des Gletschers, die graue Stumpf­heit der Tundra schildern und das farbige Bild des trozigen, zäben Kampies ums Leben herzaubern, den drei Menfchen hier führten

Buerst aber gilt es, mit der Gewissenhaftigkeit des Forschers ans Wert zu gehen. Hier war mir eine Verantwortung auf­gebürdet, unendlich viel schwerer als die des Tagschreibers, mit der ich ausgezogen war.

Wir machten eine Aufnahme vom Fundplay. Dann untersuchten wir alles im einzelnen, aber nichts wurde berührt oder gar von der Stelle gerückt.

Beit von dem Felsen entfernt, auf dem die Warte stand, ent­deckte ich auf dem Eisschorf ein menschliches Rückgrat mit Becken und einem Schenfelfnochen, gleich daneben ein Schulterblatt. Etmas unterhalb lag ein ganzes Bein, Ober- und Unterschenkel mit dem Fuß daran. Dann fanden wir einen Oberarmfnochen, um den noch die Feyzen eines gestreiften Hemdes hingen. Wir waren schon einige Stunden am Blayz, da sah ich neben einem eingefrorenen Stück Treibholz einen Schädel aus dem Eis schimmern.

Zuerst sammelten wir alle lose auf dem Boden liegenden Gegen stände auf. Ich legte ein Berzeichnis dieser Dinge an, und es schien mir, als lasse sich ein bestimmter Anlageplan erkennen. An dem Ende des Eisschorses, der nach der See zu lag, schien mir eine Art Stapelplatz gewesen zu sein. Dort stand der Schlitten. An der Nordseite des Felsens, ungefähr dort, wo wir das Rückgrat und Becken gefunden hatten, mußte wohl die Wohnstätte gewesen sein. Jetzt erst machten wir uns daran, die Gegenstände loszuhacken und vorsichtig das Eis ringsum abzupicken. Ich fing an zu be: greifen, daß die furzgefaßten Berichte der Untersuchungskommission und die Vermutungen, die von der Presse verbreitet wurden, ganz falsche Vorstellungen davon erweckt hatten, was eigentlich bisher ent­deckt war oder noch entdeckt werden könnte. Als wir aber am crften Tag die einzelnen Teile eines fast vollständigen menschlichen Steietts gefunden hatten, war ich doch davon überzeugt, wir würden teine weiteren menschlichen Ueberreste mehr finden. Am nächsten Lage

Mir

aber geschah etwas, wodurch ich wieder nachdenklich wurde. stießen mit dem Brecheisen durch das Eis aufs Gestein. Dort unten lag ein Gegenstand, den wir für die vom Schmelzwasser zerstörten Reste eines Renntierfelles hielten. Da machte mich der Klang, mit dem das Brecheisen aufstieß, stuzig. Ich unterbrach die Arbeit, legte mich flach auf den Boden und räumte mit den Händen Eis­niatsch und Schmelzwasser beiseite.

Ein neuer Fund war gemacht. Der ganze zweite Tag unseres Aufenthalts auf Bito ging darüber hin, ihn bloßzulegen. Es war der Oberkörper und Schädel eines Menschen. Er lag auf der linken Seite, der linke Arm gekrümmt, als habe die Hand unterm Haupt gelegen.

Der Tote lag unmittelbar auf dem Erdboden, war aber ganz mit Eis bedeckt. Mir schien es, als habe er unberührt tief unter dem Eis gelegen, seit der Tod über ihn fam. Der Kopf lag feft gefroren in einer schalenartigen Bertiefung des Felsens. Es war sehr schmer, Oberförper und Kopf loszueisen, ohne etwas zu be­schädigen. Ich mußte den Dolch in den engen Zwischenraum zwischen Schädel und Fels stemmen und so den Schädel ablösen. Es gelang uns, den Fund so zu bergen, daß der Kopf am Rumpf blieb. So legten wir die Leiche in einen Storb, trugen sie zum Boot und über führten sie an Bord der Isbjörn"

Wir ließen einen Sarg machen. Als wir die Leiche hinein betteten, lehnten wir den Kopf gegen das Kopfbrett des Sarges. Trotzdem brad) der Schädel nach einiger Zeit ab.

Am ersten Tag unseres Aufenthalts, dem 5. September, hatten wir den Schlitten, ein großes Bündel Ballonjeide oder Berfenning

mit Kleidern, zwei paar Schneereifen, einen Sertanten, einen Arznei­tasten, einen Segeltuchsack mit geologischen Proben in Kupferbüchsen und messingnen Filmbüchsen, zwei Patronenschachteln, eine Kiste Streichhölzer, Ruder und Splitter vom Segeltuchboot, Fraenfels Kalender und drei Protokollbücher, Strindbergs Logbuch und viele andere Gegenstände geborgen, Dinge, die wir erst an Bord genauer untersuchen konnten. Endlich waren schon am ersten Tage die Teile eines Steletis gefunden worden.

Am zweiten Tag fanden wir außer dem Oberförper und Schädel des Toten eine Blechdose mit Lebensmitteln, die unberührt waren, einige fleinere, noch fest verschlossene Blechbüchsen, das Wettertage­einige fleinere, noch fest verschlossene Blechbüchsen, das Bettertage­buch, Strindbergs Notizkalender, einige andere Urkunden von ge­ringerer Bedeutung und sonst noch verschiedene Gegenstände. Am Abend des zweiten Tages hatten wir den Grundriß der Wohnstätte bloßgelegt. Vielleicht war es keine Hütte, sondern ein Zelt, deffen Gerüst aus Treibholzstücken und dem Rippenknochen eines Wal­fisches bestand. Die Wohnhütte muß sich an den Nordhang des Felsens angelehnt haben. Die Bodenfläche war im Süden durch den Felsen, im Westen durch den Walfischknochen, an den beiden anderen Seiten durch Treibholzstücke begrenzt. Als wir am Sonn­abend, dem 6. September, abends den Lagerplay verließen und an Bord zurückkehrten, schien uns alles geborgen zu sein.

Der dritte Tag, Sonntag, der 7. September, begann mit schlechtem Wetter, jähe Windstöße fegten daher, von Zeit zu Zeit kamen Nebel­schwaden, Regen und Schnee lösten einander ab. Wir gingen an Land, um noch einige Messungen vorzunehmen. Wir hatten uns drei Stunden lang im Umkreis des Lagers aufgehalten, da hißte die Jsbjörn" das Warnungszeichen. Sie lag einige Kilometer vor der Küste im Treibeis. Der Nordwind drohte das Schiff im Treibe: s einzuschließen. Das war um so gefährli her, als unsere Maschine nicht in Ordnung war.

Ehe wir die Insel für immer verließen, ging ich noch einmal über den Lagerplatz und fand an dem Ende des Eissdorfs, der nach dem Meer zu lag, dort, wo der Stapelplatz gewesen sein mußte, ein paar vollkommen gebrauchsjähige Schneereifen, die offenbar erst seit heute aus dem Schnee ragten. Das war unser letzter Fund. Ich beeilte mich, an Bord zu kommen, und wir dampften heim.

Von den Kurzwellen zur Schokolade Fabrikaten umsieht, weil die Umstellung nur noch eine Frage von ein Wie sich die amerikanische   Autoindustrie langsam nach neuen oder zwei Jahren sein fann, so blickt auch die Radioindustrie mehr oder minder verlegen nach allen Seiten um sich: was fönnten wir demnächst machen?

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Diese Frage hat Philips   als erster Großunternehmer energisch angepact und radital gelöst. Bhilips in Eindhoven   hat bisher Glühlampen und Radioapparate gemacht jetzt wird van Houtens Schokoladefabrik angegliedert und unter dem Markentitel Philips  Ban Houten wird die Welt mit einer neuen Schokolade beschenkt. Das Neue daran ist gar nicht so ohne... es ist bestrahlte Schoko­labe. Gegen Nervenkrankheiten, Rachitis usw. Das ist wirtschaft lich, technisch und psychologisch ein beachtliches Zeichen der Zeit".

Die Entstehung der Ozeane

Im Rahmen der öffentlichen Vorträge des Instituts für Meeresfunde sprach Prof. Arel Born über Die Entstehung der Dzeane".

Zwei Probleme wurden behandelt: Die Frage nach der Her funft des Wassers der Meere und das Problem der heutigen Gestalt der Ozeane.

Hinsichtlich der Frage nach der Herkunft des Wassers wird zunächst festgestellt, daß dieser Zustand einer etwa siebzigprozentigen Wasserbedeckung der Erdoberfläche im Vergleich mit anderen fosmischen Körpern ein vorübergehendes Stadium darstellt. Das Waffer der Erdoberfläche bildet neben anderen Stoffen ein konden­fiertes Entgasungsprodukt des heißen sich abkühlenden Erdinnern. Dieser Vorgang der Vermehrung des Wasserbestandes vollzieht sich heute noch. Eine weitere, wenn auch gänzlich unkontrollierbare Bufuhr von Wasser erhält die Erdoberfläche durch kosmisches Wasser in Form von Eismeteoriten.

Verluste des Wasserbestandes sind zur Zeit nur vorüber­gehend zu buchen, so durch Bildung großer Eistappen in den Eis­zeiten und durch Wasserverbrauch bei der Verwitterung der Ge­steine; doch sind diese Vorgänge vorübergehenden Charakters, die verbrauchten Wassermengen werden wieder zurückgegeben. Aller­dings darf man wohl annehmen, daß in einer sehr fernen Zukunft nach völliger Erkaltung der Erde die dann nicht mehr umfehrbaren Berwitterungsvorgänge die gesamte Gas- und Wasserhülle der Erde resorbieren, daß ein Zustand eintritt, wie er heute bereits auf dem Mond vorliegt.

Im Mittelpunkt des zweiten Problems steht heute die Wegenersche hypothese der Kontinentalverschiebungen, die besagt, daß in geologischer Vergangenheit ein einziger großer Kontinent existiert habe, den man rekonstruieren tann, indem man Nordamerika   an Europa  , Südamerika   an Afrika   von Westen heranschiebt. Borderindien, Australien   und die Antarktis   grup­pieren sich um Ost- und Südafrika  . Dieser Zustand eines Einheits­tontinentes wurde mit Beginn der Tertiärzeit dadurch beendet, daß einzelne Schollen in verschiedenen Richtungen auseinander schwammen.

Für diese Hypothese sprechen viele Umstände, wie zum Beispiel die Parallelität der Kontinentalränder des Atlantischen Ozeans  , aber auch die Uebereinstimmung des geologischen Baus am Ost- und Westrand des Atlantik  . Auch finden durch die Annahme eines ein­zigen ehemaligen Riesenkontinentes piele tiergeographische Probleme eine plaufible Erklärung. Desgleichen bietet die Verschiebungs­hypothese für die so weit verbreiteten Anzeichen einer farbonische permischen Bereifung der Südhemisphäre eine Lösung.

Andererseits bestehen gegen die Verschiebungshypothese große Bedenken, die auf geologischem und geophysikalischem Gebiet liegen. Der geologische Bau spricht in vielen Fällen gegen die von Wegener angenommene Verschiebung und feine der bekannten Kräfte vermag

die sehr verschiedenartigen Berschiebungen zu erklären.

Der Kampf um die geniale Idee Wegeners ist noch nicht beendet. Wir wissen nicht, ist Aufspaltung des Riefenkontinentes und Auseinanderschwimmen der kontinentalen Schollen der Gang der Entwicklung gewesen, oder sind die großen. Ozeane permanente seit geologisch langen Zeiten bestehende Züge im Relief der. Erd­oberfläche.

Erich K. Schmidt: Der Gecko

Die Nacht beginnt, der Lärm der südlichen Stadt verebbt. Die Malerin Hollmann schreibt einen Brief an ihren Kunsthändler in München  , sie blidt dabei, verweilend, auf die ungerahmten Bilder und Skizzen an der getünchten Wand.

Da tritt der Gecko in die Erscheinung: hinter dem bunten Vor­hang, der in der Ecke die farge Garderobe gegen den Staub schützt, tommt er ruckartig hervor und blickt in den Raum.

Obwohl die Hollmann zu den furchtlosesten Frauen dieser Erde gehört, ist ihr die Anwesenheit gerade dieses Gastes ein wenig un­angenehm. Sie liebt die Eidechsen, die sonnenfüchtigen, smaragd grünen  , mit den schwarzen Punkten, den klugen Augen, der weißen vibrierenden Kehle. Sie ist überzeugt, daß diese Tiere musikalisch find, es gelang ihr schon oft, sie mit zärtlichen Tönen zu bannen. Es glückte ihr auch, sie zu füttern: aufgespießte Früchte zerrten sie von furzen Stöcken herab, gierig, wachsam, ohne Scheu.

Aber ein Gecko! Auch er gehört zu den Echsen, doch er ist bleich wie ein Leichnam, unflug und ängstlich, ein Albino. Ein fahler, unheimlicher Jäger der Nacht.

Martha Hollmann sieht ihn reglos hängen, die fugligen Saug zehen gespreizt, mit scheuen, hervorquellenden Augen, schuppig der Schwanz und der flache Leib ein blutloses, plattgedrücktes Kro­tobil en miniature. Sie sucht ihn durch das offene Fenster zu treiben, doch er rennt über Bände und Decken, bis sie, ermüdet von fruchtloser Jagd, ihr Schreibzeug zusammenrafft und sich schlafen legt.

Aber sie bleibt mach, weil das Gefühl, er könne auf ihr Bett, vielleicht auf ihr Gesicht fallen, sie mit unangenehmen Schauern be­

drängt.

weiß, daß mun die alten Mitinhaber des Hauses aus den Rizen der Sie hört nach kurzer Zeit, ein Rascheln auf den Steinfliesen und Mauern heranmarschieren, die Schaben, die sich auf jedes Brot­frümchen stürzen. Als sie diese Wohnung bezogen hatte, geschah es einmal, daß sie des Nachts mit nachten Füßen das Bett verließ, um sich ein Glas Wasser zu holen. Es trachte unter ihren Sohlen, sie sprang zum Kontakt wie nach einem Tarantelstich, und nun zerstoben die schwarzen Gesellen nach allen Seiten. Kein Mittel vermochte sie aus dem alten Gemäuer zu vertreiben. Nach diesem Erlebnis ver­läßt die Hollmann ihr Lager nicht mehr, ohne direkt in die Pantoffel zu schlüpfen, und eine Taschenlampe liegt immer griffbereit. Ach ja, denkt sie mun, der Süden ist schön, die Sehnsucht aller Nordländer. Aber wer unter den flüchtigen Reisenden kennt ihn genauer, wenn der Weg sie von einem gepflegten Hotelzimmer ins andere führt; wenn sie, über den Autorand hinweg, die morschen Fassaden dieser gelben Häuser betrachten, ohne daß der Gedante sie auch nur von ferne befällt, jemals in ihnen zu wohnen?

Nun mischt sich ein fremder Ton in das gewohnte nächtliche Ge triebe auf den steinernen Fliesen, es raschelt nicht nur, es tniſtert und fnirscht, als würden dünne Knochen zermahlen. Sie horcht reg­los in die Dunkelheit hinein, ohne eine Erklärung für die neuen Geräusche zu finden, Stunde um Stunde vergeht, und obwohl, wie gesagt, Martha Hollmann zu den furchtlosesten Frauen der Erde gehört, vermag fie es nicht zu ändern, daß ihr einige Schauer über den Rücken rieseln.

Endlich läßt sie den Strahl der Taschenlampe aufzucken und sieht den Geco phlegmatisch auf der Erde fizen, während eine Schabe gerade in seinem gefräßigen Maule verschwindet. Blendet ihn das Licht, weil er gar nicht daran denft, zu verschwinden? Doch nun

bemerkt sie, daß er rund geworden ist, rund von einem stundenlangen ungestörten Mahl, er muß zwei Dugend Schaben verschlungen haben.

Die Hollmann spürt ein leichtes Gruseln, aber sie lächelt beherzt und nimmt sich vor, den Gecko als Kammerjäger anzustellen.. Sie braucht mun taum zu befürchten, daß er Kletterpartien an die Decke. unternehmen und ihr auf den Kopf fallen wird. Dazu ist er zu schwer geworden.

Sie knipst die Lampe aus und schläft beruhigt ein. Aber jetzt beginnt ein Traum sie zu bedrängen, sie sieht tausend vollgefressene Geckos mit ihren fahlen runden Leibern gegen ihr Bett kriechen, fie lettern schwerfällig an den Pfosten empor, wandern über die leichte Decke, so daß sie ihre saugenden Zehen auf sich fühlt, sie drängen in Kolonnen nach ihrem Halse, und nun schnappt ein hartes Maul nach ihrem Kinn.

Die Malerin erwacht, sie reißt entsetzt die Augen auf, aber schon scheint die aufgehende Sonne durch die quergestellten Stäbe der Berfiennen. Sie steht vorsichtig auf, doch nirgends ist ein lebendiges Wesen zu erblicken. Und wo blieb der Kammerjäger, der forsche Schabenvertilger?

Sie ist im Zweifel, ob sie ihn, nach diesem bedrückenden Traume, in der Tat noch fest engagieren soll, aber als sie ihn nach furzem Suchen, fett an der Mauer flebend, hinter ihrem bunten Vorhang entdeckt, beschließt fie, ihn lieber mit aller Energie zu verjagen.

Der Gecko ist, als er die menschliche Gefahr bemerkt, lebendiger als man vermutet, er rennt mit rudartigen Bewegungen geschickt von einer Ede in die andere. Er entweicht ohne Mühe dem Palmenbesen, den die Malerin, in wachsendem Ungestüm, gegen ihn zückt. Sie ist die ihren persönlichen Sympathien fernstehen, sie möchte dem Gecko Tierfreundin genug, um auch rücksichtsvoll gegen Lebewesen zu ſein, nicht wehe tun, denn auch seine Gestalt ist vom Schöpfer der Welten bestimmt, und so hat er es leicht, dem bedrohlichen Besen immer von neuem zu entweichen.

mählich stärker angeglüht, in eine folide But, fie holt einen halb­Schließlich gerät die Malerin, pon steigendem Tagesgestirn all­gefüllten Eimer, um den Gecko energisch in das Wasser hineinzufegen. fällt zu Boden, wo er sich wie ein lebendiger Burm entseglich Sie stößt heftiger zu, als sie es wollte, fein Schwanz bricht ab und windet, während der um ein Drittel verkürzte Gedo fich weiterhin der Verfolgung entzieht.

Und nun befällt die Malerin zwar nicht die Furcht, doch ein ge­wisser Widerwille, ja ein Etel gegen die ganze Erscheinung, die ihr die Ruhe raubte, sie drückt den Besen fest gegen den gedunsenen Körper, so daß er zu Boden fällt.

Im nächsten Augenblid wird er mit einem Karton aufgehoben, im Eimer ertränkt und in den Ausguß geschüttet...

Martha Hollmann atmet tief und seufzt erlöst. Sie legt sich noch einmal ins Bett und verfällt sofort in einen traumlosen Schlaf nicht ohne den festen Entschluß, nie wieder auch nur in Gedanken Ruhe der Nacht allein mit ben raschelnden Schaben zu teilen. einen Gedo als Kammerjäger anzustellen; sondern, wie bisher, die

Berantwortlich für Bolitik: Bictor Schiff; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; Gerartfchaftsbewegung: 3. Steiner; Feuilleton  : Dr. John Schitowski; Cotales und Sonstiges: Krik Raritädt: Anzeiden: Th. Glode: fämtlich in Berlin  . Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S.. Berlin   Drud: Borwärts- Buchbruceret und Berlagsanstalt Baul Singer u. Co., Berlin   GB. 68, Lindenstraße& Sieran 2 Beilages.