Zwei Antworten.
Dito Braun an Hugenberg.- Schied an die Hugenberger.
Der preußische Ministerpräsident Otto Braun beschäftigte fich diefer Tage in einer öffentlichen Versammlung in Bielefeld u. a. auch mit dem Antimargisten= gefchret des Herrn Hugenberg. Der deutschnationale Parteiführer fühlte sich getroffen und sandte dem preußischen Ministerpräsidenten auf dessen Aeußerungen tele graphisch eine Beschwerde. Darauf hat Braun am Sonnabend folgende treffende Erwiderung erteilt:
Ich habe mich in der Versammlung in Bielefeld gegen die unehriche Demagogie gewendet, die mit dem Schlagwort ,, Margispus" getrieben wird, und in diesem Zusammenhang auch folgende Ausführungen, die Sie nach dem Bericht des Lotal- Anzeigers" fürzlich in einer Berjammlung in Bielefeld gemacht haben, erwähnt:
,, Seht unsere Arbeitslosen. Rönnten wir mit diesen müßiggehenden und vom Reiche unterhaltenen Armeen von Armen nicht eine ganze neue Welt aufbauen? Ist es nicht nur der Bahnsinn unseres margistischen Systems, daß sie wider Willen feiern?"
Darauf habe ich geantwortet:„ Ich habe vor der Intelligenz des Herrn Hugenberg als Politifer wie als Parteiführer teinen übermäßigen Respekt, aber für so dumm.halte ich ihn doch nicht, daß er glauben fann, die heulige wirtschaftliche Depression, die einen Teil der ganzen Weltkrise darstellt, sei auf das marxistische System zurüdzuführen. Er muß wissen, daß unsere ganze deutsche Wirtschaft im wesentlichen auf dem privatwirtschaftlichen System beruht, das, wie die furchtbare Krije beweist, nicht nur in Deutsch land , sondern auch in England und Amerika und in anderen Industrieländern vollends versagt hat." Von einem 50fachen Millionär habe ich nicht gesprochen. Diese Art, die Privatverhällaise des Politikers zum Gegenstand politischer Erörterungen zu machen, überlasse ich neidlos den Ihrem Einfluß unterstehenden Journalisten, die fürzlich erst wieder, anläßlich eines Einbruches in das dem Staat gehörende Jagdschloß Hubertusstock, von meinem Jagdschloß und meinem Tafelfilber, das nur in ihrer lügenhaften Phantasie existiert, fabulierten.
Auf ihre weiteren, fich in allgemeinen agitatorischen Redewendungen erschöpfenden Ausführungen einzugehen, versage ich mir, da ich mir davon weder für Sie noch für mich, noch für die breite Deffentlichkeit einen Gewinn verspreche und ich zudem meine fnapp bemessene Zeit für fruchtbarere Tätigkeit brauche. Ich darf wohl erwarten, daß Sie den Wortlaut des vor= stehenden Briefes, wie Sie es mit dem Wortlaut Ihres Telegramms getan haben, in den Ihnen unterstehenden 3eitungen veröffentlichen werden."
Es ist zu vermuten, daß Hugenberg sich diese Antwort nicht hinter den Spiegel steden wird. Das von seinen Zeitungen erfundene Tafelfilber des preußischen Ministerpräsi denten wirkt inzwischen wie gewollt: in allen Naziversamm lungen wird über die Schätze im Zauberschloß Hubertusstod das Blaue vom Himmel herunterfabuliert!
Schieds Absage.
=
In Dresden hatte die Hugenberg Frattion von ber jachtischen Landesregierung verlangt, fie folle den soziat Demokratischen Gesandten in Berlin Dr. Gradnauer und ondere Sozialdemokraten abberufen.
Auf dies Verlangen hat der geschäftsführende Minister präsident Schied jetzt gleichfalls eine gepfefferte Antwort erteilt, in der er fchrieb:
Die Länder feien dazu berufen, im Reichsrat bei Gejeggebung
und Berwaltung des Reiches sa chlich mitzuarbeiten. Der Reichsrat e heißt es in dem Brief weiter würde sich selbst auf geben, wenn die Länder den Boden der Sachlichkeit verlassen und ihre positive Marbeit davon abhängig machen, ob ihnen die po litische Zusammensetzung der Reichsregierung oder die parlamentarifche Mitarbeit genehm ist, die der Reichsregierung im Reichstag zuteil wird. Die fächsische Regierung glaubt fich auch zur gegen wärtigen Reichsregierung rein fachlich einstellen zu müssen. Sie hat fir um fo meniger für berechtigt gehalten, die Vorschläge der Reichsregierung grundsäglich abzulehnen, als ihr feine zur Zeit ausführbaren Borschläge dafür bekannt geworden sind, wie der drängenden Finanz- und Wirtschaftsnot begegnet werden soll. Die Aufgabe des sächsischen Gesandten in Berlin ist nicht, für oder wider eine politische Weltanschauung einzutreten, sondern nach den Weijungen der Regierung die sächsischen Interessen zur Geltung zu bringen. Dem Ministerpräsidenten ist kein Fall bekannt geworden, in dem der Gesandte feiner Pflicht nicht in voller Loyalität nachgelommen wäre. Wollte ihn die Regierung feiner Parteizurehörigfcit megen von seinem 2mte entfernen, so wäre das ein Ein
bruch in die Freiheit der politischen Gesinnung, die der Beamtenschaft
liefern würde einer Beamtenregierung am allerwenigsten anstehen.
Diese Haltung nimmt die Regierung auch gegenüber allen anderen Beamten ein.
Abschließend erklärt Ministerpräsident Schied in seinem Brief, daß die gegenwärtigen Minister jederzeit bereit wären, die Regierung in andere Hände zu legen. Um des Londes willen wird die Hugenberg- Fraktion zugleich um jene Sachlichkeit ersucht, deren sich die Regierung zu be fleißigen bemüht sei
Groener über Abrüstung.
Das Mißverhältnis der Rüftungen.
Der Reichswehrminifter Groener hat sich von WTB. über das Abrüftungsproblem ausfragen laffen und hat dabei u. a. dem Sinne nach ausgeführt:
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LENIN
Ruhe, Frau, ich trainiere auf die heutige Stadtverordnetensitzung
Die italienische antifaschistische Bewegung im Auslande.
In Deutschland hat sich die Gesellschaft der Freunde| zösischer Sprache für die Presse, die von dem alten bewährten Führer der Freiheit Italiens " gebildet, der auch eine Anzahl deut der italienischen sozialdemokratischen Partei, Filippo Lurati, scher Sozialdemokraten angehören. Sie übersendet uns folgende| redigiert wird.. Mitteilung mit der Bitte um Veröffentlichung:
Es ist bekannt, daß das faschistische Regiment in Italien , durch die Anwendung des grausamsten reaktionären Lerrors der modernen Beit, eine große Baht 3taliener, die fich dem fajchismus nicht anpallen fonnten, gezwungen hat, ins Ausland zu flüchten, um den Kampf weiter zu führen und sich den Schikanen und Repreffalien Mussolinis zu entziehen.
Diejenigen Flüchtlinge, die im politischen Leben standen, haben mit großer Mühe die Organisationen, die in Italien aufgelöft waren, wieber hergestellt. Auf diese Weise sind in Paris die Italieni sche sozialistische Partei"( PSI.) mit Mitgliedern in allen Länder der Welt( Sektion der Arbeiter und Sozialistischen Inter nationale) und die Stalienische republikanische Par= te i" wieder ins Leben gerufen worden.
Der Italienische Gewerkschaftsbund"( Mitglied des Internationalen Gewerkschaftsbundes ) hat auch seine Leitung ins Ausland gebracht.
Außerdem haben viele italienische Emigranten eine neue demofratische Organisation( Italienischer Bund für Menschenrechte) ins Leben gerufen, die in furzer Zeit eine große Ausdehnung erfahren hat.
Im März 1927 haben alle diese Organisationen zusammen in Baris einen Kongreß abgehalten, auf welchem beschlossen wurde, alle Differenzen, die unter ihnen bestanden, zu überwinden, um einen einzigen Block für den Kampf gegen den Faschismus und für die Demokratie, für den Frieden, für die Arbeiterrechte zu bilden.
So wurde die„ Concentrazione dell'azione antifascista" ( Bund der antifaschistischen Aktion) gegründet, die in vier Jahren eine rege propagandistische Tätigkeit entfaltet hat, und Tausende von Arbeitern organisiert, und der öffentlichen Meinung der verschiedenen Länder Aufklärung über die italienische Situation und die wahre Gestalt des Faschismus gebracht hat.
Der Bund hat ein demokratisches, republikanisches und sozialiſtiſches Programm. Er fämpft gegen den Faschismus und seine Mitschuldigen. Der Bund veröffentlicht eine bedeutende Zeitung in italienischer Sprache„ La Libertà"( Die Freiheit), die eine große Berbreitung erreicht hat. Bon derselben wird auch eine Ausgabe in fleinem Format, zwecks Einschmuggelung in Italien gedruckt. Die Zeitung ist von Claudio Treves , ehemaliger sozialdemokrati scher Abgeordneter und Leiter der Giustizia "( Gerechtigkeit) von Mailand und Mitglied des Komitees der SAJ., geleitet. Außerdem deröffentlicht der Bund noch unter dem Titel Italia" eine vierzehntägige Informationsforrespondenz in fran
In Europa stehen heute.500 000 Soldalen mehr als vor dem Kriege. Nur, Deutschland und seine Verbündeten haben abgerüstet. Das war eine unerhörte Zumutung, die nur erfüllt werden fonnte, weil dahinter die feierlichen Verpflichtungen zu einer allgemeinen Abfüftung standen. Wir haben alle Bedingungen ere füllt, aber andere Regierungen erfinden immer neue Borwände, um weiter zu rürften Menschenzahl und leistungsfähige Industrie gleichen das lebergewicht nicht aus, das Frankreich allein mit drei Luftbivifionen, 1800 Flugzeugen und 1172 schweren Geschützen be figt. Die Amerikaner brauchten zwölf Monate für die erste Granate, achtzehn für das erste idypere Geschüß. Bas müßt der beftausgebildete Golbat gegen 2000 Stampfwagen, wenn ihm nur Sant- erflärt wird, Frankreich tönne nicht abrüften, to bedeutet das den attrappen zur Berfügung stehen? Die Theorie von der Ueberlegenheit fleiner Berufsheere fann nicht an der Tatsache vorbei, daß auch das beste Berufsheer wertlos ist, wenn es sich nicht aus Reserven ergänzen fann. Solche Reserven stehen uns überhaupt nicht zur Berjugung.
Groener wandte sich dann scharf gegen die Behauptung von deutschen Geheimrüstungen und erklärte die Höhe des deutschen Militäretats mit der Rostspieligkeit des uns aufgezwunge
en Systems. Trotzdem, wendet Frankreich dreimal soviel auf wie Deutschland . Die französischen Behauptungen über Geheimrüstungen stützten sich auf die Propaganda von Denunzianten und Berleumdern, die die Verständigung gestört haben, und gegen die man sidy eben um der Verständigung willen wehren muß. Stahlhelm und Reichsbanner sind gar nicht in der Lage, militärische Refernen zu stellen. Dem deutschen 100 000- Mann- Heer stehen 740 000 Franzosen und Belgier und 450 000 Bolen und Tschechoslowafén gegenüber. Außerdem können die Nachbarn 8 Millionen ausgebildete Reserven einsetzen, die es in Deutschland überhaupt nicht gibt. Benn Bruch feierlicher Berpflichtungen. Beweise geistiger Abrüstung hat Deutschland gegeben, soweit man darunter den Millen zur Berständigung versteht. Bersteht man aber darunter", schloß der Minister, die Unterwerfung unter die Forderung einseitiger Wehrlnfigleit, den pazijiftischen Verzicht auf das Recht der Selbstverteidigung, dann allerdings fann ich nur sagen, daß diese der Forderung der würdelosen Selbstaufgabe von deutschen Nation niemals erfüllt werden wird. Das Bedürfnis nach
Die Zeitung wird an alle Zeitungen, Redakteure, Politiker ufm., die es wünschen; fostenlos zugestellt. Ebenso die„ Libertà". Alle diejenigen, die Näheres über die Organisation zu erfahren wünschen, fönnen ich unverbindlich an das Setrétariat,
wenden.
103 rue du Faubourg Saint Denis, Paris 10.
Die Geschäftsstelle der Gesellschaft der Freunde der Freiheit Italiens " ist: Johannes Balar, Berlin S. 68, Lindenftraße 2, 1- hof, 1. Eingang rechts, 2 Treppen rechts. Sprechtunden vorläufig jeden Dienstag und Donnerstag, van
10-13 Uhr.
Die Türkei unter 3taliens Einfluß. Außenminifter Ruschdi Ben in Rom .
Rom , 29. November.( Eigenbericht.) Der zur Zeit hier meilende türkische Außenminister Rusch di Bey veranstaltete am Sonnabend einen Breffeempfang. Bei dieser Gelegenheit richtete der Korrespondent des S03 Bressedienst" in Rom an den türkischen Politiker die Frage, roas er von den Beröffentlichungen der ausländischen Bresse, ins besondere von den französischen Befürchtungen halte, daß sich um Italien ein neuer Blod von Staaten bide, dessen Politik gegen Frankreich gerichtet. sei.
Der Minister erteilte eine aus weichende Antwort. Er erklärte, daß die Türkei völlig unabhängig, sei und tun
fönne, was sie wolle. Man brauche nicht bestimmte Feinde oder bestimmte Freunde zu haben, nan tönne aber in, bestimmten Fällen gegen eine Gruppe handein, ohne in ihr gleich einen
neuen Feind zu sehen. Das sei neue Diplomatie. Auch auf andere Fragen wich Ruschdi Bey aus. Genquer äußerte er fich nur über die Behauptung eines Dreibundes zwischen Jialien, der Türkei und Griechenland . Er erklärte, daß man die Frage so nicht stellen tönne. Sie sei schon in ihrer Form gelöst, nämlich in Separatver
trägen zwischen je zwei der genannten Staaten. Unter der Aegide Italiens seien drei Freundschaftsverträge hintereinander abgeschloffen worden. Ob es sich um einen Einzelvertrag oder um drei Cinzelverträge handele, sei im Grunde genom.nen gleich.
In bezug auf Bulgarien erflärte der türkische Außenminister, nachdem er seine Reise nach Sofia bestätigt hatte, daß nach seiner Erfahrung ein wirklich ruhiger und befriedeter Balfan ohne ein starkes und unabhängiges Bulgarien nicht mehr pentbar sei.
nationaler Sicherheit ist berechtigt und in der Völlerbundsfazung Dem unerträglichen Mißverhältnis der veranfert, Rüstungen innerhalb Europas mus ein Ende gemacht werden."
Baleffi unter Vormundschaft. Bilfuditis Intimus als Aufficht.
Warschau , 29. Rovember. Oberst Stawet hat bereits gestern begonnen, jein Kabinett und Außenministerium zu größeren Beränderungen zusammenzustellen. Es gilt als wahrscheinlich, daß es im Innenfommen wird. Der fetzige Innenminister General fladkowiti dürfte zurücktreten und dem Außenminister 3alesti wird, wie man erwartet, der jezige Minister ohne Portefeuille Oberst. Be cf als Staatssekretär und Vertrauensmann des Marschalls Biffuditi beigegeben werden.