Volkspartei- dingeldumdey!
,Oaß in Deutschland sich der Sozialismus auch im nationalen Gewände zeigt, ist die schwere Gefahr, der wir begegnen müssen.- vingewey im zentralvorstand der»»l'-pwei. Otto Braun in Dresden . Nazis werfen Tränengas- und Stinkbomben.
Tagung des partelausfchuffes. Gtellunguahme zu organisatorischen Fragen. Der Parteiausschuß trat am Dienstag zusammen, um zu organisatorischen Fragen Stellung zu nehmen. Der Parteivorfitzende Genosse Wels eröffnete die Tagung mit einem warmherzigen Nachruf auf A d o l p h H o f f m a n n. zu dessen Gedenken die Anwesenden sich von den Sitzen erhoben. Der Parteiausschuß beschäftigte sich dann nach einem ausführlichen Referat des Genossen Wels in längerer Debatte mit der jungsozialist.ischen Bewegung. Allgemein wurde darüber Klage geführt, daß die zungsozialistische Be- wegung in Bahnen geleitet wtrd. die der Partei nicht förder-. lich sind. Setne Ansicht faßte der Partetausschuh in folgendem Gutachten für den Parteivorstand zusammen: „Der Parteiausschuß billigt den Beschluß der Berliner Be- zirksleitung auf Auflösung der Berliner Ortsgruppe der Jung. sozialistischen Vereinigung. Da die jungsozialistische Bewegung in ihrer heutigen Form den Anforderungen einer gesteigerten Werbearbeit unter der jungen Parteigenossenschast nicht entspricht, wird der Parteivorstand ersucht, ein« Reorganisation dieser Bewegung vorzubereiten, die die Möglichkeit schafft, die Werbung?- und Schulungearbest der jungen Parteigenossen aus breiterer Grundlage durchzuführen und eine engere Verbindung zwischen dieser Arbeit und der allgemeinen Tätigkeit der Partei herzustellen. Dadurch soll der berechtigte Aktioitätsdrang der Jugend In einer der Gesamtbewcgung nützlichen Weise ausgewertet und die innere Geschlossenheit und Schlagkraft der' Partei gesteigert werden." Die Stellung der Partei zum Reichsbanner wurde ebenfalls eingehend besprochen und entsprechend der Stellung des Parteivorstandes einstimmig gebilligt. Sodann erstatteten die Genossen Hermann Müller » Franken, Dr. Hertz und A u f h ä u s e r eingehend Bericht über die Parlamentär isch-politische Situation.
Mahnung an die Hochschulen. Giimmes Appels an d e Professoren. In der schon erwähnten Konferenz der Hochschulrektoren beim preußischen Minister für Volksbildung, Kunst und Wissenschaft be- tonte Minister Grimme in seiner Ansprache, er habe volles Ver- ständnis dafür, daß Jugend auch einmal über die Stränge schlage. Es wäre auch noch kein genügender Anlaß für eine derartige Aus- spräche, wenn nichts weiter vorläge als ein Hmübenvirken allgemein politischer und wirtschaftlicher. Beunruhigung in die Hochschulen hinein: derartig« Zusammenhänge seien selbstverständlich vorhanden und auch früher vorhanden gewesen. Man könnte volles Der- ständnis für die seelisch« Lage der Studierenden und ihre Vorbedingungen haben, wie der Ministerpräsident ihm noch kürzlich Ausdruck gegeben habe. Ausschreitungen, wie sie im Ansang dieses Semesters mehrfach vorgekommen feien, könnten aber keinesfalls geduldet und chr« Wiederholung müßte unbedingt verhindert werden. Der Minister fuhr fort: „Wenn Gruppen von Studenten Hochschullehrer um ihrer politischen und weltanschaulichen Gesinnung willen iiz der wüstesten Weise beschimpfen, wenn Männer, die ein ganzes lange» Gelehrtenleben mit ungebeugtem Mut der Idee geopfert haben, um ihrer Gesinnung willen befchimpst werden und der Gs. sahr ausgesetzt sind, tätlich angegriffen zu werden, wenn di« Antritts- Vorlesung eine» Professors um deswillen gestört wird, weil unter seinem Rektorat einem hochverdienten, von mir persönlich wie von wetten Kreisen politisch Andersdenkender verehrten Staatsmann der Ehrendoktor verliehen ist: wenn versucht wird, mit Gewalt Kund- gedungen der Staatstreu«, der Treue zur Re» publik, zu verhindern, wenn durch Zusammenrottungen und Bedrohungen aus Beschluß eines Senats Einfluß zu nehmen oersucht wird, dann muß bei allem Verständnis für die Seclenlag« der jungen Menschen die Hochschul« und die Regierung m�t Festigkeit eingreifen." Die akademisch« Freiheit setz«— so schloß der Mnister— eine ander« Idee voraus, ohne die sie nicht wäre:„Die Idee der Toleranz." Er rief dann die Rektoren zur Mitarbeit auf, um die Freiheit der Hochschulen und der wissenschaftlichen Atbeit zu wahren. Es müsse verhindert werden, daß die Achtung, die die Hochschulen in der Oeffentlichkeit genießen und ohne die keine öffentliche Institution und kein Privileg bestehen könne, verloren gehe. Polizei und Hochschulrecht» Der preußische Innenminister hat an di« Ober- und Regierungs- Präsidenten sowie den Polizeipräsidenten in Berlin nachstehenden Runderlaß gerichtet: „In den Universitäten verschiedener Städte ist es in den letzten Tagen zu«rheblichenAusschreitungen der Studie- renden gekommen. Die akademisch« Freiheit ist durch Terror und Gewalt zerstört worden. Bis zu den Türen des Senats hin haben sich ebenso wie vor den Universitäten beschämende Szenen abgespielt, die«in Tingreisen der Polizei zur Wiederherstellung der gestörten öffentlichen Ruhe und Ordnung erforderlich machten. gegenüber den im Anschluß hieran nicht nur von feiten der Studentenschaft in der Oeffentlichkeit geäußerten Zweifeln über die Rechtmäßigkeit des Vorgehens der Polizei auf dem„Boden der akade. wischen Freiheit" stelle ich-» bei voller Anerkennung der akademischen Obrigkeit in allen rein akademischen Fällen und Geschäften— mit Nachdruck fest, daß, wie überall, die Polizei zur Sicherung und Wiederherstellung'der öffentlichen Ruhe und Ordnung auch in den Gebäuden und Anlagen der Univer- sttättn oder Hechschulen berechtigt und verpflichtet ist. Die Befugnisse der allgemeinen Polizei gegenüber den Univer- sttäten, ihren Organen und ihren Besuchern sind weder in sachlicher noch örtlicher Beziehung irgendwie beschränkt. Die Polizei hat toher nicht nur aus Anfordern der Unioersilätsbehörden mit möglichster Beschleunigung mit den der gegebenen Lage eut- sprechenden Kräften einzugreifen, sie ist vielmehr darüber hinaus im Rahmen' ihrer allgemeinen Pflichten gehalten, vorbeugend all« Vorkehrungen zu treffen, um gegebenenfalls auch ohne Anforderung die Aufrschterhaltung der öffentlichen Ruh« und Ordnung in den Unioersttäten zu gewährleisten." vülowb Ednruruugetl. Auf Antrag des früheren Res«. runasrats-im Reichsamt des Innern. Rudolf Martin, war dem Ullstsin-Berlag in einer einstweiligen Verfügung untersagt worden. den zweiten Band der Memotren Bülows ohne Entfer- nuno der Martin betreffenden beleidigenden Stellen wester zu ver- äußern Der von dem Ulsstein-Verlag gegen die Verfügung er- bobene Einspruch ist nunmehr abgewiesen und das Brr- bot auf Antrag Martins auf zahlreiche von ihm benannte Sorti- memsbuchhandlunoen auegedehnt worden. Die Verletzung des ««bot» soll durch eine vom Berliner Landgericht I noch sestzu. ytaade Strafe geahndet werden».
Dresden , 2. Dezember. (Eigenbericht.) Der preußische Ministcrprästdcnt Braun sprach am Dienstag- abend in zwei überfüllten Versammlungen in Dresden . Der größte Versammlungsraum im Zirkus und der mächtige Saal des Aus- stellungspalastes waren überfüllt. Rund 10000 Menschen waren dem Rufe der Sozialdemokratie und des Reichsbanners gefolgt. Wie vor«inigen Wochen in der Löbe-Versammlung hatten auch diesmal die Rationalsozialisten, und zwar in verstärktem Maß«, Tränen- gas- und Stinkbomben in den Zirkus gelegt, di«, als st« z«r- tretet, wurden, den ganzen Raum verpesteten. Wenn dadurch natürlich auch Unruhe entstand und der Aufenthalt im Zirkus qual- voll wurde, so erreichten doch die Gegner ihren Zweck nicht. Die Versammelten blieben zur Stell« uich hörten di« Aus- führungen des Genossen Braun in Ruhe und mst starkem Interesse an. Braun entwickelte, obwohl er sichtlich unter Beschwerden litt. ein klares BW der heutigen politischen Lage. Er zeigt« die Ursachen dee Anschwellens der nationalsozialistischen Bewegung auf. die in den Verhältnissen der Kriegs- und Rachkriegszest und in der heute aufs höchste gestiegenen wirtschaftlichen Rot liegen. Breit« Volks- massen machen zwar den Staat für diese Rot verantwortlich, ver- gessen aber, daß sie selbst der Staat seien Er brandmarkte die demagogischen Lügen der Nationalsozialisten hielt scharf« Ab- rechnung mst Hugenberg und setzte dem Sturm auf Preußen und dem Rufe nach einer Diktatur den angespannten Willen der Sozialdemokratie und des Reichsbanners entgegen, den republikanischen Staat auch in diesem schweren Notwinter gegen Hakenkreuz, Stahlhelm und Sowjetstern bis auf« äußerste zu ver» teidigen
Das verstärkte Verantwortlichkestsgesühl in den breiten Massen der arbestenden Bevölkerung, das sich jetzt allerwärts zeige, werde die Sumpsblume des Nationalismus zerbrechen lassen. Dazu werde Preußen, das in langen Jahren ruhiger Entwicklung aus einem Hort der Reaktion ein Hort der Republik geworden sei, das seinige tun. Den großen Worten und dem leeren Programm der Gegner, der westverbreitcten Derzweiflungsstimmung würde d« m o- tratische Vernunft und st arte Disziplin entgegengesetzt werden. Beide Versammlungen zeichneten sich aus durch die in Dresden noch nie gesehene Größe des Aufmarsches. Die Massen ruhiger, geschulter und entschlossener Menschen haben gezeigt, daß die Dresdener Sozialdemokratie, heute mehr denn je. fest geschlossen. polstisch gereist und opferwillig, berest ist. mst allen Mitteln die deutsche Republik zu schützen. Krawall in Oarmstadi. Störung der Landtaasverhandlvngen. Darmstadt . L. Dezember.(Eigenbericht.) Anläßlich des Wiederzusammenirttis des Hessi» fche n Landtags am Dienstag hosten die Kommunisten und Nationalsozialisten eine mehrhundertköpsige Menge zum Zwecke einer Demonstration vor das Landtagsgebäude delegiert. Auch die Tribünen des Landtags waren durch radikal« Elemenle überfüllt. Trotz wiederholter Verwarnungen des Präsidenten störten diese die Verhandlungen des Landtags durch Zwischenruf« und Händeklatschen. Di« Störungen wurden schließlich so stark, daß di« Tribünen auf Anordnung des Präsidenten durch die Polizei geräumt wurden.
Skandal über Skandal. Tordieus Kabinett in Nöten. Pari». 2. Dezember.(Eigenbericht.) Ministerpräsident Tardieu hat am Dienstag seinen Mehr- hestsparteien, auf deren Treue er augenscheinlich ein unbegrenztes Vertrauen setzt, in einem Kommunique mitteilen lassen, daß er nicht daran denk«, zu demissionieren; denn dies hieß« nichts anderes als kapstulieren. Inzwischen ist— wie es heißt— die Untersuchungskonimission im Oustric-Skandal zu veruichtendeu Icslstelluogen gekommen. Der Vorsitzende der Kommission, der reaktionäre Abgeordnete Marin, scheint auch keineswegs gesonnen zu sein, im Interesse der Regierung irgendwelche Dertuschungsmanöver vor- t zunehmen. So hat die Kommission beschlossen, di« Akten über di« Zulassung des ersten Oustric-Wertes an der Pariser Börse, der Aktien der Lunsffeidewerke Snia Discos«, sofort zu veröffentkichev. Zu allem Unglück für Tardieu kommt hinzu, daß der Unterstaats- fekretär für den technischen Unterricht L i l l a z am Dienstag wegen einer sehr dunklen Wechselfälschungsasfär« vom Unter. suchungsrichter vorgeladen wurde. Außerdem will man in parla- mentarischen Kreisen wissen, daß der Unterstaatssekretär im Ko- lonialministerium Delmont«benfall» im Oustric-Krach kom- prymsttiert sei.__ Cifletmachfolgcr für Adolph Hofs mann im Preußischen Land- tag ist die Aerztin Genossin Dr. Käthe Franken hol.
Käthe-Oorsch-premiere. deutsches Künstler-Theater:„Zum Goldenen Anker". Liebesidyll in einer Marseiller Hafenkneip«. Der Jüngling hat die große Sehnsucht in die Fern«, und Fanny» Lieb« kann ihn nicht halten. Der Verfasser Marcel Pagnol bringt zuerst sehr hübsche Milieu- und Typenzeichnungen, läßt aber dann die Komödie rettungslos ins Rührselige abrutschen. Viele Tränen rollen ins Parkett. Denn die Fanny spielt die Dorsch. Endloser Beifall noch lange nach dem Fallen des eisernen Vorhangs für st«, Jakob Tiedtk« und den Regisseur Heinz Hilpert. v«r.
Wieder ein mazedonischer Mord. Auf offener Straße der Hauptstadt. f � Sofia, 2. Dezember. (Eigenbericht.) Dieser Tag« wurden zwei mazedonische Terroristen wegen der Ermordung eines gegnerischen Journalisten zwar verurteilt, der mit» angeklagte Terrorchef Iwan Michailoff aber freigesprochen, da ihm die Anstiftung'nicht nachzuweisen sei. Das wirkte als Er- munterting zu weiterem Terror, wie sich heute gezeigt hat: Der mazedonische Schriftsteller uud Führer Raum Tomal- gewski wurde in Sofia auf der Straße ermordet. Tomalgewski, der Nachfolger des vor zwei Iahren ermordeten Generals Pro-. togorow, halte gegen die Terrorlsteugruppe um Iwan INlchallosf seil ZNovakea eine heftige Fehde geführt. Zwischen den beiden Mördern, die mit Karabinern bewaffnet waren, und dem Leibwächter des Ermordeten sowie den herbeigeeilten Po- lizisten entstand eine regelrechte Straßenschlacht, in deren Verlauf der Leibwächter schwer und einer der Mörder leicht ver- wandet wurden. Nach längerem Widerstand konnten die Meistäter überwältigt werden. Sie waren von dem Terroristenfuhrer Michailofs zu der Mordtat gedungen worden. An der Leiche Tomalgewskis brachen dessen Freund» und eine große Men- schenmenge in empörte Rufe gegen die Regierung L i a p t s ch e w au», die die Mordtaten der Michailoffisten unge- straft lasse. Carol und Cuza . Nasche Folge des Pogrom iflenempfonaS. Der rumänische König hat den wüsten Ptgromhetzer Enz », semes Zeichens Hochschullehrer, empfangen— um sich von ihm beraten zu lassen. Zwei Tage darauf gtngs schon los. In Braila tagt ein Studentenkongreh, an dem hauptsächlich extrem-nationa- listische Hochschüler teilnehmen. Am Montag nachmittag„besuchten" etwa 60 Mann die Nachbarstadt Galatz , wo sie unter Gejohle in die Stadt einzogen. Hier warfen sie die Auslägen der jüdischen Ge° lchäft« ein und demolierten die Kassen räume der Moldauer Bank. Jüdische Passanten wurden blutig g c- schlagen. D>« Polizei nahm«v« passive Haltung ein.