Ein neuer Fall Frenzel.
Aber er endete mit einem Freispruch.
Seit drei Tagen verhandelt die Potsdamer große Straftammer unter Borsik von Landgerichtsrat Kauffmann gegen den 39jährigen Landwirt Mar H. aus Glindow , der vom Potsdamer Schöffengericht wegen Blutschande unter Gewaltandrohung zu 1 Jahr 6 Monaten Zuchthaus und 3 Jahren Ehrverlust ver
urteilt wurde.
Der Angeklagte legte gegen das Urteil Berufung ein. Von seinen beiden Töchtern, die im Alter von 13 und 18 Jahren stehen, wurde er auf das schwerste belastet. Er selbst hat bald nach seiner Verhaftung im März im Potsdamer Gerichtsgefängnis ein Ge= ständnis abgelegt, dieses aber widerrufen. Die Ehefrau des Angeklagten, die von ihren Töchtern das Geständnis entgegengenommen haben will, ist inzwischen geistestrant geworden. In der Hauptverhandlung brach eine der Töchter dreimal zusammen. Der Angeklagte beteuerte immer wieder seine Unschuld und erklärte, daß nur Klatsch und Rachegefühl seiner Frau es soweit gebracht haben. Der Staatsanwalt beantragte Verwerfung der Berufung, der Sachverständige Dr. Blauth, der auch im Frenzelprozeß aufgetreten war, bezeichnet die beiden Töchter als durchaus glaubwürdig. Nach dreistündiger Beratung sprach die Straffammer, in der eine sozialdemokratische Stadtverordnete saß, den Angetlagten auf Staatsfoften frei.
In der Begründung führte der Borsitzende, der in hervorragender Weise diesen Prozeß leitete, aus, daß der Angeklagte zwar unter schwerstem Verdacht das Gefängnis verlassen wird, es hätte am jeidenen Faden gehangen, daß er verurteilt worden wäre, aber das Gericht könne nicht die Berantwortung übernehmen, den Angeklagten nur auf die Aussagen feiner Töchter hin ins Zuchthaus zu schiden. Der Vorsitzende trug dem Staatsanwalt auf, dafür Sorge zu tragen, daß die sechs Kinder des Angeklagten in Glindom mit Schonung zu benachrichtigen seien, daß der Bater wieder nach Hause komme. In päterlichen Borten ermahnte der Vorsißende den Angeklagten, seinen Töchtern, die ihn schwer belastet haben, nichts nachzutragen oder ihnen nicht gar etwas Böses zu tun. Der Angeklagte bat darum, heute nacht noch im Gefängnis bleiben zu dürfen, was ihm auch gestattet wurde. Rechtsanwalt Dr. Levy Potsdam brachte den Angetlagten, der nach dem Freispruch in Tränen ausbrach, in das Gefängnis. Die Verhandlung fand unter Ausschluß der Deffentlichkeit statt, aber der Bresse war die Anwesenheit im Gerichtssaal geftattet.
Das verständige Urteil steht ebenso wie die Einstellung des Borsitzenden Kauffmann der Presse gegenüber im erfreulichen Gegensaz zu Verdikt und Verhalten der Hellwig- Kammer.
Zwei Millionen Schadenersatz. Der Schauspieler Dieterle wegen Kontrattbruchs verurteilt. Die Künstlertammer des Arbeitsgerichtes Berlin hatte sich am Sonnabend mit einer klage zu beschäftigen, die die Silva- Filmgesellschaft gegen den bekannten Filmschauspieler und Regisseur Wilhelm Dieferle angeffrengt hat.
Die Firma verlangt die gerichtliche Feststellung, daß Dieterle nertragsbrüchig geworden und für sämtliche Kosten haft pflichtig ist. Zwischen der Gesellschaft und dem Schauspieler war Anfang Mai ein Vertrag zustande gekommen, nach dem Dieterle für vier Filme auf ein Jahr verpflichtet wurde. Das Honorar betrug fast 200 000 Mart. Frau Dieterle, die die Berhand lungen zum größten Teil geführt hatte, versuchte nun, die Gesell: schaft zu bewegen, den Vertrag geheimzuhalten, da sonst die zahl reichen Gläubiger des Künstlers die Gage pfänden würden. Dieterle hatte damals etwa 100 000 Mark Schulden, die sich zum größten Teil aus Forderungen von Geschäftsinhabern und Kleingewerbetreibenden zusammensetzten. Dieteríe befam dann von der Filmgesellschaft Urlaub, da er in Amerika zwei Filme drehen wollte, die ihm eine teilweise Abdeckung seiner Schulden ermöglichen sollten. Während Dieterle in Hollywood arbeitete, wurde in Berlin das Gerücht laut, daß er nicht mehr nach Deutschland zurückkehren werde. Von dem Generalbevollmächtigten Dieterles wurde das Gerücht aber energisch dementiert. Mitte Oktober erwies sich, daß Dieterle nicht an eine Rückkehr nach Deutschland dachte. In einem Telegramm bat er die Gesellschaft, von dem Vertrage zurücktreten zu dürfen, da ihm das Leben in Deutschland wegen feiner vielen Gläubiger unmöglich sein werde. Die Gesellschaft ging auf die Lösung des Vertrages nicht ein.
Während die Vertreter des beklagten Schauspielers erklärten, daß der angebliche Vertrag nur ein bedingter Vorvertrag war, tam das Gericht auf Grund der Beweisaufnahme zu der Ueberzeugung, daß die Vereinbarung rechtswirksam sei. Dieterle wurde deshalb zur Zahlung jedes aus dem Kontrattbruch entstandenen und noch entstehenden Schadens verurteilt, der von der Gesellschaft auf mindestens zwei Millionen Mark beziffert
wurde.
Bauspiele und Spielbauten im Pestalozzi- Haus.
Das ist eine buntfarbige, vielgestaltige und einfallsreiche Welt, die sich uns hier offenbart und mir Großen gedenken dabei mit ein wenig heimlichem Neid der eigenen steifleinenen, arg schematisierten Bauspiele, die ihren höchsten Ausdruck im artigen, laut Borzeichnung auszuführenden Aneinanderreihen der falten, harten Ankerbausteine fand. Wie lebendig unterhaltsam und vor allem wie fördernd im praktischen wie im ideellen Sinne wird heute das findliche Bauspiel betrieben. Das ist fein braves Nachäffen einer toten Vorlage, das ist Denken und Kombinieren, Anregen der Phantasie und Schärfen der gesamten Sinnesmerfzeuge. Was sich da so in der kleinen Empfindungs- und Gedankenwelt zu Bildern formt, das wird, so gut oder so schlecht es eben geht, dargestellt.
Mit ganz großen, mit kleinereh oder mit Liliputklözchen und Hölzchen, mit alten Streichholzschachteln und Zigarrenkisten, mit Abfällen aus der Tischlerwerkstatt, aus Papierschnipseln, aus Konserbenbüchsen und dergleichen praktischen und billigen Dingen mehr. Da ist also nicht Matador, mer die schönsten und teuersten Bausteine befigt, fondern wer Grips und Phantasie und Freude zur findlichen
Der belgische Giftnebel.
64
Man steht vor einem Rätsel.
Todesopfer. Man
-
Seit Tagen liegt ganz Belgien unter einer dichten Rebeldecke. Man ist hier schon einiges gewöhnt, aber was sich diesmal vom englischen Kanal her über die flandrische Ebene nach Brabant und weiter bis zu den östlichen Provinzen Frankreichs vorschob, das läßt sich östlichen Provinzen Frankreichs vorschob, das läßt sich nur in Superlativen beschreiben. Bu ch stäblich durchschneiden kann man diese dicken undurchfichtigen milchigen Massen. Daneben allerhand Gerüchte von mysteriösen Vorgängen im Maas tal, wo schreckliche Vergiftungen von Menschenmassen vorgekommen sein sollen. Man munkelt von Kriegsgiftlagern und weiter von Unfällen in den Zinkhütten, die um Lüttich zerstreut liegen.
ist es noch viel schlimmer, denn auch die Maas trägt das ihrige zur Verneblung bei. Man erfährt jetzt Einzelheiten, die mehr auf untaren Vermutungen beruhen als auf erattem Wissen. Der Fleden Engés, 40 Kilometer von Lüttich entfernt, soll der Mittelpunkt des bedrohten Gebietes sein. 12 Tote soll man dort bereits gezählt haben. Aber auch Flemalle, Malhieue, Yvoz- Ramet, Othée, Dugrée, Hermalle, Zur Huy werden genannt. Soviel steht fest, die traurigen Ereignisse haben sich längs des romantischen Maastales abgespielt, Die Lichter des Wagens bohren sich langsam und vorsichtig in die Wand von Nebel, die um keinen Zoll meicht. Rechts Felder, links die Maas . Man muß unentwegt Signale geben, wie auf einem Kanal. Nach einer Stunde find wir in Engés. Ueberall wird der Fall leiden schaftlich besprochen. Zunächst einmal erfährt man mit Sicherheit, daß bisher nur Menschen betroffen wurden, die seit langem unter einer Herzaffektion oder unter der Erkrankung von Atmungsorganen zu leiden hatten. Zwölf Drtsansässige wurden im Laufe eines einzigen Nachmittags dahingerafft. Ein anwesender Arzt zuckt die Achseln. A ft h ma, sagt er, nichts Anormales bei den einzelnen Fällen.
Arbeit zeigt. Da gibt es moderne Wohnbaukolonien und daneben Märchenschlösser, Burgen und Wasserlandschaften zu sehen, Autos und Wochenmarkt, Verkehrsturm und Pfahlbauten; es find dies Einzel- und Gemeinschaftsbauten der Fröbelschen Kindergärten- und Hortfinder nach freier Phantasie, nach Aufgabenstellung( z. B. fulturkundliche Nachahmungen und technisches Bauen), auch rein formales, ganz gegenstandsloses Bauen. Sehr hübsch und sehenswert sind auch die Arbeiten der Seminarschülerinnen, die in wirklich starkem Ausdrud ihre Begabung für moderne Spielbauten erwiesen. In diesen Togen sind alle kleinen Baumeister zum Besuch der Spielzimmer herzlichst eingeladen. Die Ausstellung ist bis zum 7. Dezember einschließlich von 4 bis 8 Uhr im Fröbelhaus, Karl- SchraderStraße 7/8, geöffnet.
Griff durch die Fensterscheibe. Bersuchter Raub auf dem Poffamt Andreasstraße..
Ein dreiffer Diebstahl wurde gestern abend von einem Unbekannten auf dem Po stamt 51 in der Andreasstraße 32 verübt, Bom Hof aus stieß ein Mann die Fensterscheiben ein, die zu dem Poftamt führen und griff auf den Tisch, an dem ein Postbeamter saß und die Geldeingänge zählte. Durch den überraschenden Griff wurden die Geldscheine durcheinandergeworfen und es steht noch nicht feft, ob es dem Dieb gelang, einige Scheine an sich zu raffen. Er verletzte sich an den Scheiben leicht und flüchtete nach dem Nachbarhof, der nach der Koppenstraße zu führt. Das Nachbargrundstück ist durch eine Mauer, die einen Stacheldraht trägt, vom Grundstück Andreasstraße 32 gefrennt. Der Täter hatte vorher den Stacheldraht zerschnitten und benutzte eine Teppichsfange, um sich über die Mauer bei der Flucht schnell hinüber zu schwingen. Er ist dann in der Koppenstraße seinen Berfolgern entkommen.
Weihnachtsmann im Flughafen.
Damit es alle wissen: der Weihnachtsmann ist gestern nachmittag im Berliner Flughafen eingetroffen! Es war ein ausgewachsener Weihnachtsmann mit einem langen Bart, einem Sad voller Geschente und einer Rute. Zuerst war er furchtbar wütend, weil alles nicht flappte. Hunderte von Kindern wurden nämlich von ihren Eltern über die Barriere gehoben und stürzten auf das dreimotorige Verkehrsflugzeug los, nicht daran denkend, daß doch erst die Leute vom Tonfilm und Onkel Alfred von der Funkstunde den Weihnachtsmann interviewen wollten. Daraus wurde also vorerst nichts. Der Weihnachtsmann regte sich furchtbar auf, auch Nikolaus, der einen Affen hatte, riß zornig an seinem Bart herum, Alfred Braun bekam eine rote Nase und räumte das Feld, nur die Kinder merkten nichts von den Alengsten und Nöten der Erwachsenen; fie jubelten und schrien und ließen sich ihr Recht, ganz dicht an den Weihnachtsmann heranzugehen, durchaus nicht streitig machen. Dann brummte der Dreimotorige nochmal los, flog schnell zum Himmel, schüttelte die Wolken durcheinander und kam just in dem Augenblick wieder zur Erde, als ganz programmäßig die Schneeflocken fielen und im Lautsprecher Weihnachtslieder ertönten. Wieder findlicher Jubel, es gab Geschenke, der Weihnachtsmann wurde von kleinen Fäusten gepufft und verschwand schließlich fluchtartig, ohne uns die Frage zur beantworten, zu wieviel Berliner Kindern er in diesem Jahre überhaupt nicht fomme.
*
Ein Wort an die Verwaltung des Flughafens! Daß die Kassenbesegung unzulänglich mar, daß man in der Kälte eine halbe Stunde lang mit den Kindern stehen mußte, che man eine Eintrittskarte erhielt, ist ein durch nichts zu entschuldigender Skandal!
Aber es tönne ja sein, so wird gemunkelt, daß doch giftige Gase eine Rolle gespielt haben. Man will vielleicht nur verschleiern. Darüber ist letzte Klarheit zu gewinnen, wenn man die Apotheker vernimmt, was diese auf ärztliche Anordnung bisher verabfolgt haben. Es stellt sich heraus, daß nur herz belebende Medifamente verausgabt wurden, aber feine solchen, die auf Behandlung von Giftfrankheiten schließen lassen. Wir fragen weiter: Gibt es hier in der Nähe irgendwelche Hütten? Ja, erwidern die Bewohner, 3intschmelzen, aber die liegen seit langem still. Ein Jachmann versucht eine Erklärung. Es sei möglich, daß von früher irgendwelche Dämpfe der Hütten sich in fondensierter Form auf den Boden gelegt hätten, die infolge des starten Rebels wieder verdampft wären. Das wird von einem anderen als absurd zurückgewiesen.
Es ist nur sicher, daß binnen 48 Stunden in fünf kleinen Gemeinden bis heute morgen 64 Menschen gestorven sind. Sie starben am Nebel. Doch das Mysterium bleibt. Aerzte und Fachleute beraten. Bereinzelt wurde auch das Bieh dahingerafft. Bauern und Arbeiter sind eingeschüchtert und treiben alles Lebende in das schützende Haus. Man wartet ängstlich darauf, daß die schreckliche, stinkende, bläulich- weiße Masse, die unbewegt über dem Maastale lagert, abzieht.
Die Zahl der durch die Giftzase in der Umgebung von Brüssel ums Leben gekommenen Personen ist auf 64 gestiegen. Darüber hinaus find Hunderte ertranft. Ein Aerzteausschuß ist im Unglüidsgebiet eingetroffen, um die Ursache dieser ebenso schrecklichen wie einzigartigen Katastrophe zu untersuchen. In Kreisen der Bevölkerung ist man vielfach der Auffassung, daß die giftigen Ausströmungen auf Gasgranaten, die von verschiedenen Firment aufgekauft worden seien, herrühren. Die feit zwei Tagen andauernde Feuchtigkeit der Luft soll den Niederschlag der aus diesen Granaten entwichenen Gase begünstigt haben. Dieser, Lesart steht jedoch ein Dementi der Behörden gegenüber. Andererseits wird darauf hinge wiesen, daß sich in der letzten Zeit in Lütticher Fabriken mehrere Explosionen zugetragen hätten.
Sturmvogel- Rundgebung im Rundfunk. Der Deutschlandfender überträgt am heutigen Sonntagpormittag um 11.30 11hr aus dem Plenarjaal des Herrenhauses einen Ausschnitt aus der Kundgebung des Sturmvogel", Flugverband der Werktätigen E. B. Zum Thema Luftfahrt Sache des ganzen Boltes" sprechen Staatsminister Severing und Verbandsvorsitzender Walther Binder. STIAH
Gewerkschaftlicher Rundfunkvortrag. Morgen, Montag, 18,25 bis 18,50 Uhr, spricht der Geschäftsführer des Allgemeinen Ver
bandes der Deutschen Bankangestellten", Karl Emonts, durch den Berliner Rundfunk über das Thema:„ Gewerkschaftliche Kämpfe und staatliches Schlichtungswesen."
Ein. Neffe von Dreyfus fpricht in Berlin ! Im Rahmen eines Sonder abends, den die Deutsche Liga jür Menschenrechte GB am Montag, dent 8. Dezember im Plenariaal des Reichswirtschaftsrates, Bellevueftraße 15. abends 8,30 Uhr veranstaltet, wird Jaques Kabier, ein Neffe des Oberst Dreyfis. Generalsekretär der Internationalen Liga für Menschenrechte, Chefredakteur der..La Republique", pon Beruf Advokat, über das Thema: Die deutsch - französischen Beziehungen nach den Wahlen vom 14. September" fprechert. Borfiz: Helmuth von Gerlach. Gäste gegen Erstattung des Infostenbeitrages willkommen.
Vieles, was den Herrn erfreut, liegt
bei uns für Sie
bereit!
eder
Brunnenstraße 197 Frankfurter Allee 350 Kottbuser Damm 103 Wilmersdorfer Str. 165
•
Herrenartikel
jetzt ganz besonders preiswert, in geschmackvollen weihnachtlichen Zusammenstellungen Oberhemden, Untergarnituren, Nachthemden, Cachenez, Kragen, Krawatten, Handschuhe, Hüte, Stöcke, Schirme, Binder u. a.m.
Mod. Oberhemden m. Kragen u. Manschetten v. Mk.
500
an
auf Teilzahlung
1/6 Anzahlung, 8 Monatsraten. Mindestwochenrate 1.- Mark
Schöne weiße Zähne: Chlorodont Vorkriegspreise!
Tube 60 Pf. u. 1 Mk.