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BERLIN  Montag 8. Dezember 1930

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Der Abend

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47. Jahrgang

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Blutopfer für Stalin

Fünf Todesurteite im Moskauer   Ramfin- Prozeß verhängt

Mostau, 8. Dezember.

Im Brozeß gegen die Industriepartei find fünf von den acht Angeklagten zum Tode verurteilt worden, dar unter Ramsin und Laritschew. Obgleich Krylenko keine

3m Kampfe gegen die Faschisten

Ausnahme gemacht hatte und alle dem höchsten Straf Sozialdemokratische Maffenfundgebungen gegen Stahlhelm und Hitler- Garden

mah berfallen sollten, hat das Gericht in brei Fällen davon abgesehen, darunter Sitnin. Das Urteil ist ,, rechtskräftig". Die zwei Verteidiger( mehr hatten fich nicht gefunden) haben Kalenin um Nachsicht der Todes. strafe gebeten. Die Entscheidung Kalenins steht noch aus.

Die Urteilsbegründung.

Kottbus, 8. Dezember.( Eigenbericht.)

Die Arbeiterschaft von Rottbus und Umgebung hatte am gestrigen Tage zu einer Rundgebung aufgerufen, die von 8000 Ber­jonen besucht mar. Der 3med der Rundgebung war, zu demon­strieren gegen die Stahlhelm faschisten, die ebenfalls zum geftrigen Tage zu einer großen Beranstaltung nach Rotibus aus Die Urteilsbegründung fagt, daß das politische Ber  - dem Gau Brandenburg ihre Anhänger zusammengerufen hatten. brechen der Berschwörergruppe ein mandfrei festgestellt fei Herr Geldte mar selbst erschienen Dem Ruf des Stahlhelms und daß die Angeklagten das Bertrauen der Sowjetregierung mißwaren aber nur 1700 2eute gefolgt. braucht hätten; ihre Aussagen hätten dem Gericht erlaubt, alle Einzel. Die Arbeiterschaft und das Reichsbanner von heilen der Verschwörung zu flären und festzustellen, daß gewiffe Rottbus marschierte auf dem großen Schillerplatz auf und zu der der Errichtung einer neuen Diftatur in Rußland intereffiert pieltaufenbtopfigen Menge sprach der Borfizende der gewesen seien. Bet der Berlesung der fünf Todesurteile brach der fozialdemokratischen Reichstagsfrattion Angeflagte Laritichem zusammen.

ausländische Kreise an dem Sturz der Somjehumon und an

Die Zuhörer stimmten die Internationale an und spendeten dem Gericht Beifall.

*

Das ihnen vorausbestimmte Todesurteil hat Ramfin und feine Kollegen getroffen. Sie werden dem Gözen Fünfjahresplan geschlachtet.

Die städtische Bevölkerung in Rußland   steht hungernd Schlange vor den Lebensmittelläden. Die Sowjetdiktatur fürchtet, daß der Hunger Ausbrüche der Massenverzweiflung hervorrufen tönnte. Sie hat die Massenmut auf die Schädlinge abgelenti.

Ramsin und seine Kollegen müssen bluten, damit die Ber­nichtungsinstintte der gebrüdten und fämpfenden Maffen nicht Stalin und feine Kollegen bluten lassen.

Die Masseninstinkte sind abgelentt und zugleich hochgepeitscht worden. Das Tötet sie! raft durch Rußland  . Erschießen, erschießen, erschießen! Die Regie des Blutwahns hat ihre Wellen bis nach Deutschland   geschlagen. Der blutige Wahn soll die Köpfe gefangen nehmen, damit feine politische Ueberlegung hineingeht.

Die barbarische Staatsraison Stalins, die immer größere Aehnlichkeit mit der Staatsraison eines Zartarenthans erhält, er­fordert ein barbarisches Opfer.

Das ist der Sinn dieses Urteils.

-

Man hätte Ramsin   sofort durch die GPU. erschießen lassen fönnen. Das ist mehrfach so geschehen. Aber Stalin   lag nicht so sehr am Tode Ramfins, als an der Mache um seinen Tod. Ihm genügte nicht die einfache offizielle Mitteilung, daß Ramfin als Schädling erschossen worden sei er brauchte das Theater des Prozesses. Nicht das Blut, sondern den Blutrausch! Daher die Maste des Gerichtsverfahrens, jener Apparat mit Hilfe von Rundfunt und Tonfilm, mit Maffenfund gebungen und Preßgeheul nach Leichen. Der technische Apparat, der Diener höchster Rultur fein tönnte, als Mittel zur Erzeugung eines Erzesses barbarischen Maffenwahns!

Ein Diftator hat blutigen Terror befohlen, um sein System zu retten und seine Schuld zu verdunkeln.

Ramischwili ermordet! Gewaltsamer Tod in der Fremde.

Ant geftrigen Sonntagnachmittag hat ein Georgier auf der Straße in Paris   den ehemaligen Innenminister der demokratischen Republik Georgien  , Noe Ramischtvili, ermordet. Namischwili stand im Mittelpunkt der georgischen Emigration und ist ein alter Sozialdemokrat. Der gewaltsame Tod von Mörderhand ereilte ihn im 47. Lebensjahr. Nicht zu verwechseln ist der Ermordete mit dem gleichnamigen, aber viel älteren J. Namisch mili, der einer der ersten Sozialisten in der altrussischen Duma war und dessen flammende Reden älteren Genossen auch auderer Zänder noch in Erinnerung sub.

Rudolf Breitscheid  .

Er rief die Arbeiterschaft auf, zu zeigen, daß sie die Vertreter der Boltsrechte und der Boltsfreiheit sei. Sie wäre versammelt, um für diese Rechte, die sie befize, einzustehen und zu kämpfen. Nicht wir find es, fagte er weiter, die Gewalt predigen, wir wollen die Entwicklung der politischen Dinge auf ruhiger, friedlicher Basis, aber mir fagen uns auch am heutigen Tage:

Wenn uns die Gewalt aufgezwungen werden sollte, dann werden wir uns unserer Haut zu wehren wissen und es nicht ruhig mitanschen, wenn etwa eines Tages die Köpfe rollen sollen.

( Stürmische Zustimmung.) Unsere Barole ist, nicht Köpfe rollen laffen, sondern köpfe aufklären!( Begeisterter Beifall.) Was haben wir schon von dem Kopf eines Hitler, was haben wir schon von den Köpfen eines Hugenberg  , Seldte und wie sie alle heißen mögen!

Dann zeichnete der Redner die augenblickliche Lage, besprach die Haltung des Stahlhelms zu Italien  , und unter stürmischen Pfui­rufen der Menge riß er den Stahlhelmern die Maste vom Gesicht. Er faßte seine Ausführungen zusammen, indem er sagte: Jeßt gilt

Hagenberg

Su

Kriegs

film

Der Streiter

Kriegs

Kriegs­

Film

Stink

bomben

Weisse Mause

5

Goebbels

es meiter zu arbeiten und weiter zu fämpfen. Das ist unsere Pflicht, und wir im Reichstag stehen vor derselben Aufgabe.

Wir müssen versuchen zu verhindern, daß der Faschismus im Staate an die Macht gelangt.

Wir billigen nicht eine Politit, die den Grundsatz der Demokratie mit Füßen tritt. Wir mollen nicht einmal von unseren Kindern zur Verantwortung dafür gezogen werden, daß wir dem National fozialismus den Weg zur Macht geebnet haben. Das ist das Ziel und der Sinn unserer Politit.( Stürmischer Beifall.)

Arbeiterfundgebung in Stuttgart  . Nieder mit den Kapitalfnechten vom Hakenkreuz!

Stuttgart  , 8. Dezember.  ( Eigenbericht.)

Da die Nationalsozialisten für Sonntag in Stuttgart   eine 5itler parade zusammenberufen hatten, die von National­fpzialisten aus ganz Württemberg   beschickt werden sollte, hatte die Sozialdemokratische Partei   gemeinsam mit dem All­ gemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund  , dem Reichsbanner und der Sozialistischen Arbeiterjugend zu einer gewaltigen Demon­stration der Arbeiterschaft gegen den Faschismus auf­gerufen.

Die sozialdemokratische Massenkundgebung war von imposanter Größe. Unendlich lang war der Aufmarsch der Arbeiterorganisatio­nen. Auf dem Stuttgarter Marktplatz hielt der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Schuhmacher eine flammende Rede gegen die Unternehmerknechte um Hitler  , gegen die Feinde der Demokratie und des arbeitenden Volkes.

Gegenüber der Rundgebung der Arbeiterschaft verblaßte der Eindruck der Hitlerparade vollständig.

Es dämmert in Pommern  .

Gozialdemokratischer Erfolg bei den Kreistagswahlen. Röslin, 8. Dezember.( Eigenbericht.)

Am Sonntag fanden im Kreise Köslin  ( Hinterpomern) die Kreistagswahlen statt, bei denen neben den Deutschnatio nalen auch die Nationalsozialisten einen Rüdgang an Stimmen gegenüber der letzten Reichstagswahl zu ver­zeichnen hatten. Die Konumunisten verloren ebenfalls an Stimmen, während die Sozialdemokraten ihren Bestand behaupten konnten. Es erhielten Stimmen:

Sozialdemokraten. Deutschnationale

Nationalsozialisten

Bommersche Bauern.

Staatspartei

Kommunisten

Pommerscher Landbund

Reichstagswahl   14. Sept

3105

3778

3131 5094

4249

4681

511

300

434

239

326

465

134

Besonders empfindlich ist der Berlust für die Deutschnationalen,

die im alten Kreistag mit 11 Sigen die Mehrheit hatten, während

fie jetzt mit nur 6 Mandaten in den Kreistag einziehen.

Schiffstatastrophe in China  .

Man befürchtet 300 Zodesopfer.

London  , 8. Dezember.

Nach Meldungen aus Hantau hat sich auf dem Yangtsekiang schwere Dampferkatastrophe ereignet. Der Flußdampfer Stentsao" ist unter­Also sprach Hugenberg  : Ziehe aus, mein Sohn Goebbels  , gegangen. Man befürchtet, das 300 Personen den und schlage mit der Schärfe deiner Stintwaffen alle Kon- ob in den Wellen gefunden haben. Ueber die furrenz meiner p. p. patriotischen Ufa- Kriegsfilme!" Ursachen der Ratastrophe ist noch nichts bekannt.