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Dingelden hält eine Scholzrede

Angst vor links und Gehnsucht nach rechts.

Der neue Führer der Volkspartei, Herr Dingeldey, ver juchte gestern in Magdeburg   zu der vernünftigen Abstimmung seiner Fraktion im Reichstag einen Ausgleich zu schaffen, indem er eine unvernünftige Rede hielt. Er verlangte Einspannung auch der nationalsozialistischen Kräfte in den positiven Aufbauprozeß, polemi­jierte gegen Wirth, Braun und Severing, weil sie die Nazis zu schlecht behandelten und forderte eine Stärkung der Gewalt des Reichspräsidenten und Schaffung eines Oberhauses. Er ging dann cuf die Außenpolitik über und verlangte, daß die deutsche   Regierung bei den bevorstehenden Verhandlungen in Genf   die Frage der öst lichen Grenzrevision in den Bordergrund rücke.

Herr Dingelden scheint nicht bemerkt zu haben, daß der Reichs­präsident heute mehr Macht befizt, als sie jemals der Deutsche  Staiser besessen hat. Genügt ihm das immer noch nicht? Auch die Entwicklung des Reichsrats zu einer ersten Kammer scheint ihm entgangen zu sein. Will er noch eine dritte, und wie soll sie aus­sehen?

leber die Frage Minderheitenschutz- Grenzrevision hätte sich Herr Dingelden aber auf alle Fälle vor seiner Rede bei Herrn Curtius informieren sollen. Er hätte dann erfahren, daß es

kein besseres Mittel gibt, die Stellung der Deutschen   in Polen   zu schädigen, als das laute Rufen nach einer Grenzrevision. Denn je größer die Sorge der Polen   wird, ihnen könnte ein Teil ihres Gebiets entrissen werden, desto mehr werden sich die Gegenfäße ver­schärfen und werden die Deutschen   in Polen   als die Schwächeren darunter zu leiden haben. Wollte vollends die deutsche   Regierung in Genf   ihre berechtigten Beschwerden über die Verlegung bestehen­der Berträge mit der Forderung nach einer Bertragsänderung ver fappeln, so würde sie damit eine aussichtsvolle Sache zu einer aus­sichts Ios en verwandeln.

Herr Dingelden wünscht im Reich eine Entwidlung wie in Thüringen   und in Braunschweig  . Aber eine parlamentarische Rechtsmehrheit ist ohne das Zentrum nicht zu haben. Ein Sturz der Regierung Brüning würde eine Entwicklung zur Folge haben, auf die Herr Dingelden mit seiner kleinen Partei wahrscheinlich den allergeringsten Einfluß haben würde. Darum hält man sich von der allergrößten Dummheit noch zurüd. Aber wie lange noch?

Bisher 70 Tote bei Lüttich  

Untersuchung über die Todesgafe nicht abgeschloffen

Brüssel  , 8. Dezember.

1978 828

Die Logenverfammlung fand hinter verschlossenen Türen und bei Die rätjelhaften Todesfälle bei Lüttich   haben sich in der Nacht verfchloffenen Feastern statt. Als der Borsitzende sich zu einer Rede zum Sonntag vermehrt. In Jemeppe find noch drei per- erheben wollte, brach er plötzlich zufammen. Aehnlich erging es den fonen gestorben, so daß die Gesamtzahl der Tofen bis jetzt meisten übrigen Mitgliederu. Bon den 32 Anwesenden er­70 beträgt. Noch über 100 personen liegen mit fchweren Atem- litten 28 Schwindelanfälle. Es gelang jedoch, alle beschwerden und Herzbeklemmungen in den Krankenhäusern, so daß wieder zum Bewußtsein zu bringen. Angesichts der geheimnisvollen man befürchtet, daß sich die Zahl der Opfer noch erhöhen wird. Die Giffnebelkatastrophe in Belgien   erregt der Vorfall, der glücklicher. Königin besuchte am Sonntag die von dem Unglück betroffenen Orte. weise feine Todesopfer gefordert hat, in London   großes Aufsehen. Die Untersuchungen über die Zusammense gung des Eine Erklärung dürfte vielleicht darin zu suchen sein, daß zur Er­todbringenden Rebels sind noch nicht abgeschlossen. Die wärinung des Berjammlungsraumes Gasöfen aufgestellt waren, die Abflüsse der Hüttenöfen werden auf Salpeter- oder Clorgafe unter- möglicherweise schadhaft waren. sucht. Die Bevölkerung ist fest davon überzeugt, daß es sich um Giftnebel gehandelt hat. Die Blätter erinnern daran, daß die Gegend von Lüttich   bereits in den Jahren 1902 und 1911 von felchen rätselhaften Nebeln heimgesucht wurde, die ebenfalls Todes­opfer forderten. Damals habe der Rebel mikroftopisá fleine Staub förnchen von verschiebenartiger Zusammenjehung enthalten, die die Atmungsorgane verstopften und in verschiedenen Fällen Lähmungs­erscheinungen und den Tod herbeigeführt häften.

Rebelerkrankungen auch in London  ?

London  ,&. Dezember.

Eine Bersammlung von Mitgliedern der Oddfellows. oge, die in einem Hotel in Shoeburynes stattfand, ist plötzlich von einer geheimnisvollen Krankheit befallen worden.

Der Rechtsblock sammelt fich. Bisher

Das Trio Hitler- Hugenberg- Geldte stellt sich wieder vor. Am Sonntag sprach Hitler   in Stuttgart  : ,, Unser Kampf gilt vor allem dem Pazifismus, dem Internationalismus und der Demokratie. Demokratie ist das System der Dumm­heit, Feigheit, Schwachheit und Halbheit."

Herr Seldte verfümbete in Rottbus, der Stahlhelm werde gemeinsam mit Hitler und Hugenberg   fämpfen. Der Altdeutsche Verband fordert sofortige Auf= rüstung und Austritt aus dem Bölkerbund.

Schacht für Hitler.

München  , 8. Dezember.  ( Eigenbericht.) Der frühere Reichsbankpräsident Dr. Schacht, der nach seiner Rückkehr aus Amerika   im Lande herumreist und sich sozusagen als Kandidat für die Reichspräsidentschaft empfiehlt, redete am Sonntag nor dem Wirtschaftsbeirat der Bayerischen   Boltspartei offen einer Hugenberg Hitler Regierung das Wort. Die Aeuße rungen bürgerlicher Politiker, daß gegen die Sozialdemokratie eine Regierung unmöglich ist", will Schacht nicht wahrhaben.

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Blutiger Sonntag.

Neue Opfer der Raudauparteien.

Bernau   14 Verletzte. Hafenkreuzler und Kommunisten, die von Berlin   nach Bernau   gekommen waren, schlugen sich am Sonn­abend und Sonntag.

Paris  , 8. Dezember.

Das Mitglied des Pasteur- Instituts, A. Tillat, gab einem Mitarbeiter des ,, Matin" Erklärungen über die mögliche Ursache des Massensterbens im Maastale ab. Es sei unwahrscheinlich, daß ein noch so dichter und falter Nebel durch Einatmen ein solches Massen.

sterben verursachen könne. Viel wahrscheinlicher sei es, daß es fich

um einen Nebel handele, der Giftstoffe enthalten habe. Die Gegenwart von Ammoniak in beträchtlichen Mengen be­günstige die Bildung digten Rebels außerordentlich. In diesem Zustand hätten die Nebelteilchen die Eigenschaft, nicht vollständig von der Schleimhaut absorbiert zu werden, wenn man sie einatme, indem sie sich unmittelbar in den Lungenteilchen festsetzen. Außer­gewöhnliche Umstände seien nötig gewesen, um eine derartige Wirkung zu erzielen.

Die Hölle von Brest- Litowsk  

Enthüllung sofort fonfisziert

Warschau  , 8. Dezember.  ( Eigenbericht.) Bisher haben die gefeßmidrig verhafteten und in der Festung Brest  - Litowst als Militärsträffinge ohne Charge behandelten Oppo­fitionsführer, die gegen Kaution freigelassen worden sind, ge­schmiegen. Nun aber hat der frühere Senator Andreas Strug, ein sehr bekannter und angesehener Schriftsteller, im Roboinif" das Wort ergriffen. Das Pfait ist, wie üblich, tonfisziert werden, jeboch sind mehrere tausend Eremplare trotzdem im Umlauf. Strug berichtet:

Alle Gefangenen wurden zwei Monate lang instematisch aus­gehungert. Man gab ihnen nur ausgesucht abstoßende kost, die ungenießbar war, und auch davon nur ganz wenig; Brot nicht einmal den dritten Teil einer Soldatenration.

Biele von den Gefangenen lauten vor Hunger das Siroh ihrer Matraßen. Erst die letzten vierzehn Tage erhielten jie normale Soldatentoſt.

Fast alle wurden gefoltert und geschlagen, die meisten mehrmals. Ein Teil wurde wiederholt gemartert. Biele wurden vollständig entfleidet, mit dem Geficht zur Wand 21. geffellt und warteten jo auf die tödlichen Schüsse. Schließlich fief ein Schuß, und eine Revolverfugel schlug in die Mauer neben ihrem Stopf...

Alle wurden beschimpft und ins Gesicht geschlagen. Sie lebten in einem Zustand der Erniedrigung und Beleidigung, der schlimmsten Entbehrung.

Strug macht Offiziere, die abwechselnd den Fronvogt machten, ferner den damaligen Justizninister Car   und seinen Nach­folger Michalomiti, der diefe Behandlung leitete, verantwort lich und verlangt ihre Bestrafung zur Wiederherstellung der Ehre des polnischen Staates.

Der Hauptbeschuldigte, der Gefängniskommandant Oberst toster- Biernacti, hat sich unter falschem Stamen zur Er holung ins Ausland begeben.

Wieder Nazi- Klamauf

Abendskandal auf dem Nollendorfplat

Die Nationalsozialisten halten sich den gestrigen Sonntagabend| Sportpalast zu beobachten hat, seit sieben Tagen ohne für ganz besonders laute und langanhaltende Demonftrationen gegen den Film ,, Jm Westen nichts Neues" ausgesucht. Schon von 7 Uhr ab war der Nollendorfplah belagert von einer randa­Bonn 7 Berlegte. Kommunisten beschoffen einen Auflierenden Menge junger Burfchen nationalsozialistischer Couleur. marsch der Nationalsozialisten. Die Veriezten haben sämtlich Kopfschüsse.

Hameln   43 Berlezte. Hakenkreuzbuben überfielen eine Reichsbannerversammlung, die fich zur Wehr fette.

Meineidsprozeß gegen Präsidialrat.

Sigungssaal des Landtags als Gerichtshof.

Detmold  , 8. Dezember. Unter großem Andrang des Bublifums begann heute vormittag der Meineidsprozeß gegen den Präfibiafrat eife. Es handelt sich um den dramatischen Zwischenfall in dem großen Landesstrafanstaltsprozeß vom Februar dieses Jahres, in dem Heise vom Oberstaatsanwalt einer falschen Zeugenaussage über­führt wurde.

Ueberfall auf eine Greifin. Achtzigjährige unter Drohungen beraubt.

Das Opfer eines Raubüberfalles wurde in der Nacht zum Sonntag die 80 Jahre alte Witwe Hentielte Schmidt, die im 3. Stod des Quergebäudes in der Boltastraße 19 wohnt.

Bei der alten Frau erschien am Sonnabendnachmittag ein junger Mann, der, wie er angab, im Auftrage des Hauswirtes einen Mietrestbetrag in Föhe von 20 Mart taffieren wollte. Er erhielt das Geld auch und entfernte fich. Gegen 8 Uhr legte fich Frau Schmidt zu Bett, nachdem sie die Wohnungstür abgeschlossen hatte. Etwa zwei Stunden später erwachte sie davon, daß ihr ein Licht­schein ins Gesicht fiet. An ihrem Bette stand ein Mann, der die Frau aufforderte, sich ganz ruhig zu verhalten. In der Hand hatte er eine Schere, mit der er, wie er anfündigte, die alte Frau erstechen würde, wenn sie Lärm schlage. Er durchmühlte dann alle Be­hältnisse, fand 70 Mart und steckte sie ein. Der erschrockenen Greisin drückte er die Betten auf das Gesicht, verschmand aus dem Zimmer und schloß die Stubentür von außen ab, so daß Frau Schmidt nicht gleich Hilfe herbeirufen tonnte. Wie sie angibt, war der Räuber derselbe junge Mann, der schon am Nachmittag vorgesprochen hatte.

Geheimrat Dr. Felig Porsch ist in der Nacht zum Montag ge­ftorben. Borsch war fast 50 Jahre Parlamentarier und annähernd 20 Jahre Vorfzender der preußischen Bandtagsfraten des Beitruins.

jede Bause im Dienst steht. Eine tnappe Nachtruhe, ein bißchen Essen und Trinken auf der Wache und schon müssen die Beamten wieder in den Dienst. Dabei müssen sie gegen jedermann zuvorkommend sein, ruhig und objektiv ihren Dienst verschen und dürfen nicht nervös merden.

Etwa zehn Festgenommene wurden dem Polizeipräfi dium zugeführt, mo die weitere Untersuchung stattfindet. Der Film wird morgen den Mitgliedern der Oberprüf Die durch nichts zu rechtfertigenden nationalsozialistischen Kraft elle vorgeführt, die am Donnerstagvormittag über die Berbots. malle nehmen die Polizeibeamten über Gebühr in Anspruch. So| anträge entscheiden sollen. wurde uns versichert, daß die Bereitschaft, die auch die vielen nationalsozialistischen und kommunistischen Bersammlungen un

Nichts Neues...

Ein paar Beute mit Prothesen Sind zmar selbst dabei gewesen, Doch was sie im Krieg erlebt, Ist den anderen längst entschwebt. ,, Läuse, Hunger, Kugeln, Nässe, Giftgas..." Haut ihm in die Fresse! Wer so spricht, war nicht dabei. Nieder die Verräterei!

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Wer daheim blieb, flug und wendig, Der allein ist sachverständig. Kundige Reminiszenz

Bringt nur Frid aus Pirmasens  .

Hitler Jungens, die die Windel Naß gemacht als Wickelkindel, Die bei Kriegsausbruch drei Jahr, Wissen, wie es wirklich war.

Goebbels   weiß es, der am Stuhle Festgeschnallt sich in der Schule, Daß er von der Klassen" front Niemais hat ins Feld gefonnt. Ja, nichts Neues ist im Westen,

Wenn sie uns die Luft verpesten. Dieser ganze Dschingdara, Deucht mich, mar schon einmal da. Fabritant, Etappentrieger, Unfer Heer der Stammtischfieger Hat schon einmal so getobt Und den schönen Krieg gelobt. Wie sie jetzt mit Heldenmythen Gegen die Erinnerung wüten, Biffen fie: die große Zeit" Bächst nur aus Bergeßlichkeit!

Jonathan.

Der Remarque  - Film im Ausland.

Er wirbt Deutschland Gympathien.

Loudon, 8. Dezember.  ( Eigenbericht.)

Der Film ,, Im Besten nichts Neues" ist sechs Monate hier in zwei der größten Stinos gelaufen und wird jegt in einigen fleineren Theatern gezeigt. Millionen Menschen in England hat diese un­geschminkte Darstellung der Schreden des Krieges tief erschüttert; daß die Idee des Films aus Deutschland   fam, eroberte de m deutschen Bolte mehr Sympathien ais ihm jetzt die Nazis wieder entziehen können. Nicht zu verkennen: daß sich überall wieder 3 weifel an der friedlichen Gesinnung Deutschlands   regen und die Standalszenen vor dem Mozartsaal eine tatastrophale Wirkung auf die Stimmung des englischen Bolles üben.

Dieser Bericht über die Wirkung des Remarque  - Films im Ausland ist der Reichsregierung zur Beachtung empfohlen; fie will ja der Filmzenfur die Berechtigung verschaffen, einen sonst nicht zu beanstandenden Film wegen seiner Auslandsform zu ver­

bieten!

Tragödie eines Liebespaares.

Schauerlicher Leichenfund im Spandauer Stadtforst.

3m Spandauer   Stadtforft farden Reisigfammler in einer Senfung die Ceichen eines Mannes und einer Frau, die dort ihrem Leben auf entsehliche Weise ein Ende gemacht haffen. Die Namen der Tolen fonnten noch nicht festgestellt werden.

Der Mann ist einu 25 Jahre alt, die Frau etwa 30. Beide find großgemachien und tragen gute Kleidung. In ihren Taschen fand man noch 14 Mart bares Geld und Fahrsajeine der Dresdener  Straßenbahn. Beide hatten den Tod mit Umsicht vorbereitet. Neben ihnen fand man vier Flaschen. In der einen ist ein Rest von Kleefalz, mit dem das Paar sich ohne Zweifel vergiftet hat. Sie müssen auch die Absicht gehabt haben, fich zu verbrennen, benn eine andere Flasche enthielt Benzin und daneben lagen mit Benzin getränite Battebäusche. Auch vier Schachteln Streich hölzer waren bereitgelegt.