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Stam Jiyam 3)ie Weiße �äUbe Sine Qefängnisgefchichie
Um 11 Uhr vormittags, bis Ottobersonn« schien hell durch die Gitter des hochgelegenen Fensters, trat Dr. Munter zu dem Ge- fangenen Weinbaum in die Zolle und sagte Ihm. daß er begnadigt sei Ich wußte es ja schon, Meister, aber man will es doch schwarz auf weiß haben!" Und der Direktor überreichte dem großen schlanken Mann, der den Kopf mit dem dunkelblonden Lockenhaar stets ein wenig gesenkt trug, die Verfügung des Justizministers. Weinbaum nickte tief atmend und nahm die Hand, die der Direktor ihm reichte. Der lächelte, selbst ergriffen,«in wenig. Muß ich heute schon gehen. Herr Direktor?" Nein, Sie können als mein Gast gern noch ein paar Tage bleiben. Sie wollen gewiß Abschied nehmen von denen, die Sie hier lieb gewonnen haben!" Max Weinbaum mckte. Und wenn Sie draußen sind... an Aufträgen wird es Ihnen nicht mangeln.." Nein... ich habe ja schon hier ins Gefängnis hinein ein« ganze Anzahl Brief« bekommen von Leuten, für die ich Schnitzereien machen soll wie die, die ich für Sie, Herr Direktor, aueführen durste." Ja, wir wollen uns, wenn Sie nachher entlassen sind und zu mir herüber kommen, ihr« Arbeiten nochmal in aller Ruhe ansehen." Damit empfahl sich der Anstaltsleiter, und während ihm der Auf­seher die schwer stahlgepanzerte Zellentllr aufschloß, war schon wieder ein anderer, der Gefängnisgeistliche da, der dem Begnadigten auch seinen Glückwunsch sagen wollte. Erst nachmittags bekam Max Weinbaum Zeit, ein wenig über sich selbst und seine Schicksals- wendung nachzudenken. Mer Jahr« saß er jetzt in dieser Zell  «, die die Nummer 77 trug und die im dritten Stockwerk lag, an der Süd- eck« des großen roten Hauptgebäudes der Anstalt... Dort, auf jenem dreibeinsgen Schemel hatte er gesesien am Tage nach seiner Verurteilung wegen Totschlage, begangen an der eigenen Ehefrau. Es war ihm selber rätselhaft, wie genau er sich jene Situation und sein« damalig« Seelenzerrüttung vorstellen tonnte. Die Vcrhand- lung hatte zwei Tage gedauert. Weinbaum leugnete nicht, im Gegen- teil, er bekannte sich des überlegten und vorbedachten Mordes schuldig:Ich habe meine Frau sehr lieb gehabt, und obwohl sie mich mit jedem hergelaufenen Kerl von der Straße betrogen hat, habe ich ihr immer wieder oerziehen und habe sie zu bessern oersucht und auf den rechten Weg zu bringen. Schließlich, als alles vergeblich war, als ich schon von ihr fortgehen wollte, da kam das Kind. Es war gar nicht von mir, ich wußte das und man sah es auch an dem armen kleinen Duldergesicht. Das Würmchen mußte etwas in seinem Blut« haben, etwas Schwarzes und Schreckliches, denn es schrie immerfort. Da» machte die Frau nervös und ärgerlich, sie wollte nichts von ihrem eigenen Kinds wissen. So habe ich es denn aufgezogen, habe es mit der Flasche genährt und es fing schon an besser zu werden, da muht« ich wegen eines dummen Geschwürs, einem Furunkel, ins Kranken- Haus. Und wie ich wiederkam, da war der kleine Erich tot Das Weib hatte ihn einfach verhungern lassen. Und da... da beschloß ich, daß sie auch sterben sollte. Ich habe sie nachts, wie sie in chrem Bett lag, schön und rosig wie ein Engel mit den goldblonden Locken und ihrem süßen gemeinen Mund da habe ich sie... da habe ich sie mit diesen meinen Händen erwürgt..." Der Rechtsanwalt hatte umsonst»ersucht, den Holzbildhauer zu decken und zu entschuldigen. Auch das Gericht tat alles» um ihn, mit dem jeder im Saal mit- fühlt«, ohne bewußt« Schuld sein zu lassen. Sehr gesstvoll erklärt« der Vorsitzende die Tat so, als habe d«r Angeklagte sie in einem Zu. stand hochgradiger Erregung begangen und habe erst nachher, um das Schrecklich« vor sich selber zu erklären. Vorsatz und Ueberlegung hineingebracht. Dos Gericht ging mit Freuden auf diese Definition ein, das Urteil lautet« auf sieben Jahre Gefängnis wegen Totschlags. Er wäre ja auch wohl weit früher begnadigt worden, wenn er sich nicht durchaus geweigert hätte,«in Gnadengesuch einzureichen. Wo er schon nicht nach der Schwere seiner Tat bestraft worden sei, er- klärte Weinbaum dem Direktor, wolle er wenigstens das, was die
Gerechtigkeit ihm auferlegt habe, bis zum Ende verbüßen... So faß er vier Jahre und war nun ohne sein Zutun auf hie Fürbitte seiner vielen Freunde im Gefängnis begnadigt worden. Er stand mitten in der Zelle, die Augen zum hohen Fenster erhoben, als an dem vergitterten Rechteck ein Taubenschwarm vor- überstrich: weiße, blendende Vögel, die so dicht flogen, als hätten sie die Absicht, zu dem Begnadigten in die Zelle hineinzublicken. Und eine Taub« löste sich bei dem nächsten Rundflug aus der hellen Schar und ließ sich auf den Mauerkranz vor dem Zellenfenster nieder. spazierte zwischen den GitterstSben hindurch und flog in der Zell  « auf das weiße Kiefernholz des Tisches hinab, wo sie sich ohne Furcht von dem Gefangenen angreifen und streicheln ließ. Der nahm die Schöne, setzte sie auf seine Schulter, wandte das Gesicht nach links und die Taube schnäbelte mit ihm, als sei es ein gefiederter Liebster. Der Direktor war ein bekannter Taubenliebhaber. Seine Koburger Silberlerchen waren weit berühmt; und ein besonders schönes Exemplar saß jetzt auf der Achsel des Gefangenen. Ohne Makel, hatte das Gefieder den zarten Glanz silberfarbenen Perlmutts. Die Augen glichen schwarzen Diamanten und der rosige Schnabel suchte immer wieder den Mund des Einsamen, der der Freund des schönen Vogels in den Iahren seiner Zellenhaft geworden war. Wer wird dir bloß Krümchen geben, wenn ich nicht mehr hier bin?... aber der, der dann in meiner Zell  « sitzt, wird dich auch lieb haben... hier drin lieben euch ja olle!... die Tiere sind die letzte Zuflucht für den, den die Menschen verlassen haben." Dan füttert« der Gesangens die Taub« und gab auch den beiden anderen, die eben ins Fenster trippelten, Krümchen von dem weißen Brot, das er sich für seinen Mehrverdienst kaufen durfte, um schließ- lich, als seine kleinen Freunde gesättigt waren, in die Hände zu klatschen und sie mithusch, husch!" hinauszujagen. Sein weißer Liebling flog geschickt noch drei- oder viermal um seinen Kopf durch die Zelle, ehe er ihn auch verließ... Als Max Weinbaum nachher mit dem Direktor und seiner Familie drüben in der hübschen Anstaltsvilla bei Tisch saß. da fing Dr. Munter selbst von den Tauben an. «Es soll ja nicht sein, die Tier« beschmutzen die Zellen und die Wärter sind angewiesen, eine zu nahe Beschäftigung mit den Tauben zu oerhindern. Bei Ihnen, lieber Weinbaum... Sic haben es ja fertig gebracht, die Gefangenen ebenso wie die Wärter ganz zu oer- zaubern... da hat man natürlich nichts von Tauben und Tauben- schmutz gesehen." Ich habe auch immer alles peinlich sauber geholten, Herr Direktor." Gewiß... und ich wollte es Ihnen schon längst sagen ich möchte Ihnen die eine von den Silberlerchen, die sich besonders an Sie gewöhnt hat. die möchte ich Ihnen zum Geschenk machen. Sie sollen sie mitnehmen." Der Holzblldhauer schüttelte den Kopf: Ich werde in der Stadt unter anfänglich sehr kleinen Verhält- nissen leben, Herr Direktor. Ich könnte das Tierchen nur in einem Käfig in meiner Wohnung halten, und damit würde ich ihm die Lebensfreude rauben Das beste, was ein Vogel hat. ist der Lust- räum, die unbegrenzte Freiheit... der Drang, der in ihm ist, hinauf. zusteigen in den Aether  , ohne jeden Willen über sich, das Losgelöst. sein von der Erde, nach dem die Menschen ja auch seit Jahrtausenden streben..." l'' Dr. Munter nickte, und die blonde zwanzigjährig« Rita sah zu. dem nun begnadigten Gefangenen mit Blicken, in denen alles ander« als Abscheu und Verachtung lag. Später ging die Familie hinüber in des Direktors großes Bibliochekzimmer, dessen gewaltige Schränke Max Weinbaum mit wundervollen Schnitzereien geschmückt hatte. Es waren zumeist Szenen aus der Bibel. Der Bildhauer gehörte der neuen Gemeinschaft", einer protestantischen Sekt« an und war strenggläubig fromm... Bis mm nächsten Tage blieb er noch in der Anstalt, dann ging er, von vielen guten Wünschen begleitet, hin- aus in die Freihett, in ein neues Leben.(Schluß folgt.)
fiAranuou:£a ffielle 9ardiniere 3)ie Wrgefchichte einer QrofiinduHrie
Spittelmarkt   und Hausvogteiplatz, diese Hochburg der deutschen  Konfektionsindustrie, aber auch die Konfektionsviertel von London  , New Jork und Paris   müßten jetzt das ganz« Jahr hindurch in reichem und bunten« Fahnenschmuck stehen, denn es zieint sich doch, ein Zentenarium zu feiern, während dessen eine der reichsten und populärsten Industrien zur Blüte gelangte. Nur lcheiilen ihre Kapitäne vergessen zu haben, den Mann in Erinnerung zu bringen, dem dieser he««te so eingebürgerte Industriezweig seine ersten An­fänge und seine Existenz verdankt. Es entbehrt nicht der Seltsamkeit und Romantik, wie der Mann auf ditz Idee kam und unter welchen Umständen es ihm gelaug, einer neuen Industrie von ungeheuren Ausmaßen und gigantischen Peripektioen auf die Beine zu Helsen  . Der Mann nxir ein Fran- z»se. ein Pariser, ein Kleinkrämer. Schneider, wie es viele Taufende vor 100 Iahren in Paris   gab, Monsieur Pierre Parissot, der clltagbuz, tagein auf den Kunden«»artete, der bei ihm karierte Hose mit Glockenrock neuester Mode bestellen würde. Damals gab es Herrenkleidung nur nach Maß, und der Traum jedes Schneider- meisters war, die goldene Jugend als Kundschaft zu gewinnen, um seiner dichterischen Phantasie bei der Schassung neuer Mode- lreationen freien Laus lasten zu können. M. Parissots Traum jedoch erfüllte sich nicht. Nicht nur sie goldene Jugend der sonnigen u«ck> prahlenden Boulevards stellt« sich bei ihm nickst ein, mit der Zeit wäre er auch schon mit anspruchs- loseren Kunden zufrieden gewesen. Immerhin hielt er sich Helden- Haft mit seiner zahlreichen FainUie über Wasser, bis eines schönen Tages das kam, Ibas er schon seit Jahren vorausgesehen hatte und nyis man heute Geschästsaufsicht, Konturs oder Pleite nennen würde. Nun stand M. Parissot mit seiner Familie auf der Straße. Er beging etivae. nicht eben Verbrecherisches, jedoch«tivas nicht ganz Sauberes,«pofür er ins Gefängnis kam. Freilich, man sprach ihn bald frei, doch die kurze Zelt, die er ,n Haft verbrachte, flößte ihm den guten Tip ein. Unter den Gefangenen rvar eine Anzahl Schneidergesellen und viele, die das Gewerbe erlernen wollten. M. Parissot machte also der Gefängnisdireklion den Antrag, die Gefangenen für«inen mäßigen Lohn beschäftigen zu wollen. Und da das Gefängnis nichts Besseres mit ihnen zu beginnen wußte, wurde das Angebot Parissots angenommen.
Es«var im Jahre 1830: Parissot trieb Geld auf, kaufte Stoffe und Schneiderzubehör, und die Gefangenen fingen an, unter seiner Anleitung zu arbeiten. Und als sie das erste Sortiment Männer- kleider fertig hatten, da«vor schon der rleine Laden in der Näh« des Templ«, der Gegend der Aermsten, eingerichtet. Und m der eben beginneichen Herbstsaison wartete Pierre Parissot der Bevölkerung mit einer sellsamen Ueberraschung auf. Das kleine Schaufenster des Ladens war dicht ausgelegt mit fertigen, fabrikmäßig hergestellten, vorher noch nie gesehenen Männerkleidem, und die billigen Preise, mit denen die Garderobestück« ausgezeichnet waren, zogen die Passanten wie ein Magnet an die Auslage. Man kann heute die Vernmnderung der Leute über einen derartig kleinen kulturellen Fortschritt kaum verstehen: doch vergegenwärtigt man sich, was das damals an Bahnbrechendem bedeutete, die männlicher. Körpermaße zu schematisieren und.«vas noch riskanter war, an das an Maß- schneideret gewöhnte Männerpublitum mit Fertigerzeugnissen her- anztitreten, so erfaß« inan die ganze Primitivität der Anfänge des Jahrhunderts, das den Kapitalismus großgezüchtet hat. Es ist nicht übertrieben,»»enn man sagt, daß Pierre Parissot ein Vabanqueur ersten Ranges«var. Loch seltsamerroesse gelang ihm sein Coup. Es fanden sich immer mehr Leiste in seinem Laden«in, die nach kurzem oder längerem Anprobieren einxis Passendes für sich fanden und lausten. Die Anzüge hatten feste und Im Verhältnis zu den Maß- Neidern weniger als halbe Preise, uiid die erfreuliche Nachricht über billige Männerkleidung verbreitere sich in Paris  «vie ein Lauffeuer. Handwerker, kleine Kauflaute, Arbeiter, Markthändler bildeten all- mählich einen festen Stamm von Kunden für Parissots Ware. Und kaum nach einem halben Jahr mußt, sich Parissot vergrößern. La Belle Iardini�re", wie Parissot seinen kleinen Laden frei nach Raphaels Gemälde rni Louvre nannte, übersiedelte auf den Quai aux Fleurs. heut« eine Strohe voll von Buchhand- lungen. Antiquitäten und Ausstellungsgalerien, damals aber eine Straße, die ihrem Namen Ehre machend, die großen und berühmten Blumenmärkte von Paris   beherbergte. Die Erfahrungen des Jahres lehrten Parissot, die letzten Kniffe des jungen, aber um so erfolg- reicheren Geschäftszweiges anzuwenden. Er verlegte sich fast voll- komnien auf die billigste Ware und machte hauptsächlich in Arbeiter- kleidung da» große Geschäft. Sein Organisationstalent entwickelte sich Immer mehr und inehr und mit ihm auch das Unternehmen.
Diese Zeiten waren aber sehr bald vorbei. Die Gefangenen bewältigten nicht mehr die Arbeit. Parissot faßte neuen Mut und war der erste, der sich die neue, kurz Mvor patentierte Erfindung des französischen   Schneiders Thimonnier, die Nähmaschine, zunutze zu machen wagte. Mit den neuen Maschinen ausgerüstet, richtete er ein« neue Werkstatt ein, stellte immer mehr und mehr Arbeiter und Arbeiterinnen ein, und da sich die maschinell« Arbeit ausgezeichnet bewährte, verzichtete er' allmählich daraus, mit den Gefangenen zu arbeiten. Bei der Pariser Ausstellung im Jahre 1855 bellef sich der Jahresumsatz der Belle Jardiniere bereits auf ö Millionen Franken, 18K7 erreichte er 14 Millionen. In dem Be- triebe waren 150 Schneidermeister beschäftigt: die Zahl der ange- stellten Arbeiter und der Heimarbeiter schwankte jährlich zwischen 4000 und 5000. Das Haus, das selbst noch im Jahre 1867 keinen ernsten Rivalen in Paris   hatte und in den damaligen Verhältnissen ein Riesenunternehmen darstellte, besaß bereits vier Aerkaufsfilialen in Lyon  , Marseille  , Nantes   und Angers  ; es hatte eine Einkaufsstelle in Elbeuf  , ein Einkaufs- und Konfektionshaus in Lille   und Kon- fettionsatelier? in mehreren Städten der Provinz. Lange, lange Zelt war Monsieur Parissvt ein unbestrittener Alleinherrscher in der von ihm begründeten Branche. Erst in den sechziger Jahren entstanden andere Herrentonfeltionshö.user, die den Kampf mit der Belle Jardiniere aufzunehmen versuchten. In diesem Kampfe ist die Belle Jardiniere, insbesondere nachdem Parissot selbst gestorben war, unterlegen. Ein großes Konsortium übernahm das Unter­nehmen und wandelte es in ein großaufgelegtes, amerikanisch auf- gezogenes Kaufhaus um, das noch heute existiert und der unmittel- bare Nachkomm« des einstigen kleinen Kleiderlndens Ist.
Aus der 3riUi%eH des JCichtbildes Wenn Sie noch ein altes Photcgraphie-Album aus Großväter-, am besten aus Urgroßväterzeiten haben, dann studieren Sie es ebn- mal sorgfältig durch. Sie werden darin nicht nur liebe Erinnerungen an die Vergangenheit finden, sondern auch starte künstlerische Er­lebnisse haben. Wie nämlich die schönsten und vorbildlichsten Schöpfungen des Buchdrucks sofort nach der Erfindung der Drucker» kunst in den Schöpfungen Gutenbergs und seiner Nachfolger her- vortraten, so sind auch die künstlerisch vollendetsten Photographien schon in den 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts geschaffen war- den, gleich nachdem die Erfindung des Franzosen Daguerre weitere Verbreitung gefunden hatte. Man entdeckt erst jetzt die Schönhest dieserPrimitiven" der Photographie und erkennt in der Verbindung von strenger Sachlichkeit und Natürlichkeit mit fein« geistiger Auffassung das hohe Muster, dem unsere auf vielen Irr- wegen befindliche Lichtbildkunst nachstreben muß. Eine Sammlung der hervorragendstenInkunabeln" auf diesem Gebiet wird setzt zum erstenmal in dem beim Frankfurter Societäts-Verlag er- schienenen, von Helmuth Th. Bossert und Heinrich Guttmann her- ausgegebenen WertAus der Frühzeit, der Photo- graphie 1840 1870" geboten, und zu gleicher Zeit wird dem Klassiker dieser Epoche, dem schottischen Maler David Octavius Hill  -ein« ausführliche Würdigung von Heinrich Schwarz in einer schönen, beim Jnsel-Verlag in Leipzig   erschienenen Monographie gewidmet. Die Erfindung der Dunkelkammer durch Porta, die schon von Leonardo da Vinci   400 Jahre vor ihrer Verwertung für die Photographie geahnt worden war, die Erkenntnis der Lichlempfind- lichteit eines chemisch behandelten Papiers, die der deutsche Arzt Iah. Heinrich Schulze   1727 enthüllte, boten die Grundlagen für die Versuche verschiedener Männer zu Ansang des 19. Jahrhunderts, unter denen Daguerre   zuerst brauchbar« Ergebnisse erzielte. Der Enzländer T a l b o t stellte das erst« verwendbare lichtempfindliche Papier 1834 her, und 1839 verkündete in einer denkwürdigen Sitzung der Panier Akademie der Wissenschaften die Wissenschajt selbst diese neue&inst. Zuerst wurden hauptsächlich Porträts verlangt und aufge- nommen. Im Jahre 1840 eröffnete Dr. John William D r a p e r in New Dork das erste Portröt-Atelier eines Berufsphotographen. Freilich waren die Aufnahmen zunächst sehr schwierig. Daguerre  belichtete sehr lange, und die ersten Opfer mußten ein« volle Stunde im Sonnenlicht vor dem Apparat sitzen. Erst durch das noch in demselben Jahr erfundene lichtstarke Objektiv sank die Belichtung auf wenige Sekunden herab. Seit 1842 gab es Berufsphotographen in allen größeren Städten der Alten und der Neuen Welt. Diese Photographien der ersten Zell   wessen eine besonder« Schönheit auf, wenn sie auch freilich nicht olle die Meisterwerke Hills erreichen, von dem sein neuester Beurteiler sagt:Kein anderer hat so wie Hill das Mechanische übermunden, keinem anderen wurde die Photo- graphie so sehr zum zentralen Erlebnis seines Schaffens. Aus der technischen Unzulänglichkeit seiner Arbeitsweise erwachsen die feinsten künstlerischen Leistungen... 1843 steht Hill künstlerisch schon auf der Höhe seines Schaffens. Ohne Vorbild und ohne Vergleich, nur getragen von dem geheimnisvollen Willen, die Menschheit um ein neues künstlerisches Erlebnis und Geschenk zu bereichern, geht er seinen einsamen Weg." Wenn wir heute die photographischen Bild- nisse berühmter Männer aus jenen Tagen betrachten, so fällt uns auf. daß sie ganz anders aussehen als auf den Bildnissen der Moler. In diesen Kunstwerken spricht zu stark ein anderer Geist, eine fremde Auffassung mit, während im Lichtbild das Walten der Natur sich in ihrer ganzen Eindringlichkeit und Notwendigkeit offenbart. Hier ist der Geist mit der Technik«ine unauflösliche Verbindung eingegangen. Mmählich freilich wurde es anders. Schon aus dem Jahre 1842 gibt es ein« Karikatur, auf der eine junge Dame ihre Photo- graphie als unähnlich zurückweist. Die anfängliche Freude an der Naturtreu« der Spiegelbilder wurde bald von der Sucht der Men- schen, schöner zu erscheinen, erstickt. Dieser Verfälschung der Natur kam die Erfindung der Retusche entgegen, die seit 1870 in Auf» nähme kommt. Damit beginnt eine neue Epoche in der Geschichte der Photographie und erniedrigt diese zum Stiefkind der Malerei. Die klassssch« Zeil  , deren Schöpfungen wir heute wieder so hoch verehren, war vorbei. kemol Pascha reformiert weller. Kemal Pascha hat aus Spar- jamteitsgründen angeordnel, daß in Zukunft die Muezzins, die Moscheebeamten, die vom Minarett der Moscheen fünfmal täglich die Aufforderunc zum Gebet absingen, durch Lautsprecher ersetzt werden sollen. Diese werden von einer Zentrale aus bedient und sollen In den vorgeschriebenen Zeltabständen die Gläubigen zum Gebet rufen. Gleichzeitig hat die türtische Regierung der Kammer einen Gesetzentwurf unterbreitet, der den Frauen das Stimmrecht verleiht. Der Entwurf soll mit tunlichster Beschleuniguna beraten werden, damit schon für die im nächsten Jahre stattfindenden Wahlen weibliche Kandidaten aufgestellt werden können Die marmorne Salserln. Die Fortführung der von Professor Majuri   geleiteten Ausgrabung-arbeiten in Pompeji   hat soeben zur Freilegung eines Standbildes der Kaiserin Livia.   der Gemahlin des Kaisers Augustus, geführt. Die Echtheit des Bildnisses wurde einwandfrei festgestellt. Die Statue ist aus durchsichtigem Marmor hergestellt und in lebbasten Farben gehalten. Die Kaiserin erscheint hier als eine Frau mittleren Alters mit ausdrucksvollen Zügen. Der farbig gehaltene Kopf gibt mit tadelloser Naturtreue die Gesichts- züge/ die gebogene Nase, die weit geöffneten, etwas starr blickenden Augen, die feingeschnittenen Lippen und das vorspringende Kinn, wieder.