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das Gefeß, hält aber schärfste Prüfung für erforderlich und das Zustandekommen der Zweidrittelmehrheit für höchst unwahrscheinlich.

Abstimmungen.

Die Debatte wird abgebrochen, es folgen die zurückgestellten Abstimmungen über Aenderungsanträge zur Notverordnung vom Juli. Kommunistische Anträge werden in namentlicher Abstimmung mit 294 gegen 202, bzw. 454 gegen 67 und 319 gegen 197 Stimmen abgelehnt, desgleichen die Anträge der Linien zur Arbeitslosenver ficherung mit 354 gegen 162 bzw. mit 350 gegen 160 Stimmen. Ebenso werden die von der neuen Notverordnung noch nicht be­

rücksichtigten Berbesserungsanträge zur Krankenversicherung, zum Steuerwesen usw. abgelehnt. Eine große Anzahl weiterer An­träge werden den Ausschüssen überwiesen, die Einfegung eines Untersuchungsausschusses für die Fragen der Landwirtschaft wird einstimmig beschlosser, Gegen das Verlangen des Abg. Frid ( Natsoz.) wird sein. Antrag auf Amnestierung der bäuerlichen Steuerstreifer nicht sofort erledigt, sondern dem Rechtsausschuß überwiesen. Einstimmig wird die Regierung aufgefordert, bis zur Aufhebung der Mineralwassersteuer Milchkatao und Fruchtsäfte nicht unter die Mineralwassersteuer zu bringen, sowie die Tabaksteuer­zeichen in einem solchen Mak auszugeben, daß der Absatz und das Gewerbe nicht geschädigt werden.

Politische Geschäftsordnungsdebatte.

In der 20. Stunde wird die Beratung abgebrochen. Der Präsi dent schlägt für die Sigung am Mittwoch, 15 Uhr, eine lange Tages­ordnung vor. Darüber entspinnt sich eine ausgiebige Debatte, zu deren Beginn der Reichskanzler seinen Platz einnimmt.

Abg. Dr. Frid( Natsoz.) verlangt, daß am Mittwoch die Außen­politik beraten werde.

Abg. v. Freytagh- Corinahoven( Dnat.) stellt den gleichen An­trag und spricht dabei höhnisch und zur Entrüstung der Linken von Ihrer Weimarer Berfassung", die den Reichstag als Träger der Bolkssouveränität bestimme; der Hinweis des Außenministers, daß er im Reichsrat über die Außenpolitik gesprochen habe, genüge nicht Abg. Stöcker Romm.) verlangt gleichfalls die außenpolitische Debatte, schon um die Entwicklung der Nazipartei zu einer fapita­

listischen Erfüllungspartei darzutun.

Abg. Ulikka( 3.): Niemand kann mehr als wir mit den Opfern des Polenterrors fühlen. Ich habe ihre Berzweiflungsschreie ge­hört, ich habe die Mißhandelfen gesehen. Im Interesse der Aftion der Reichsregierung und des Präsidenten Calonder( andauernde Hohnrufe rechts)-

feien Sie froh, daß Calonder Präsident des völkerbundlichen Oberschlesienamtes ift: er hat jeht, was zum allerersten Male vorgekommen ist, sich direkt beschwerdeführend an den Rat gewendet!

halten wir aber eine Reichstagsdebatte im jeßigen Zeitpunkt für ungeeignet, zumal man ihrem Verlauf und Ergebnis nach bem, was hier schon vorgegangen ist, nicht ohne Besorgnis entgegen fehen muß.( Zustimmung links und in der Mitte, großes Geschrei rechts. Präsident Löbe mahnt dringend zur Ruhe.)

Abg. Dr. Kleiner( Dnat.) behauptet im Gegensatz zum Bor­redner, die deutschen Oftoberschlefier verlangten die außenpolitische Debatte.

schaft in Breußen mitmachen.

Abg. Schmidt- Hannover( Dnat.) beantragt außerdem, den An­trag feiner Fraftion auf Einstellung des Reichspolizeifostenzuschusses an Preuken auf die Tagesordnung zu stellen; nach der Rede Dingel deys müsse die Deutsche Boltspartei diesen Proteft gegen die Wirt­Abg. Jaddasch( Komm.) hält den schmetternden Tiraden Kleiners entgegen, daß Kleiner damals, als der Abwehrkampf gegen die polnischen Insurgenten geführt wurde, sich hinten in der Etappe herumgetrieben habe.

Jeht wolle man schon wieder einen nationalistischen Selbstschuh aufziehen. Wir fordern die Debatte, um die deutschen und die polnischen Ar­beiter darüber aufzuklären, daß sie sich nicht von den Ausbeutern gegeneinanderheten laffen dürfen.( Beschrei rechts, Händeflatschen Der Komm.)

Nachdem Abg. Ulihka( 3) nochmals feine Warnung wiederholt hatte, spricht

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Ostoberschlesien zu veranstalten. Nach der Probe, die uns diese Ge­schäftsordnungsdebatte geboten hat, scheint eine solche einheitliche Rundgebung kaum zustande zu kommen. Diese Tatsache hat uns in der Meinung bestärkt, daß

eine außenpolitische Debatte in diesem Augenblid weder im Intereffe der deutschen Minderheit, noch im Intereffe des deut­ schen Landes gelegen

ist. Einzig und allein aus diesem Grunde werden wir die Anträge der Rechten ablehnen. Herr v. Freytagh- Loringhoven hat sich auf die Verfassung berufen, die eine solche Debatte fordere; er hat das bei mit verächtlichem Ton von der Be fassung gesprochen, die nicht bie feine ist. Ich erinnere ihn daran, daß es die Berfaffung ist, die er beschworen hat.( Lebh. Beifall links und in der Mitte, Gebrüll rechts.)

Abg. Leicht( Bayer. Vp.): Der Auftakt zu der beantragten sachlichen Debatte über die Außenpolitik in der heutigen Aussprache zur Geschäftsordnung bestimmt uns, den Antrag der Nationalsozia▪ listen und Deutschnationalen abzulehnen.( Lärm und Heiterkeit rechts.)

Abg. Dr. Kleiner( Dnat.): Herr Abg. Jaddasch und lieber Lands­mann.( Seiterfeit links.) Ich war Hauptschriftleiter der Ostdeutschen Morgenpost" in Oppeln und Mittämpfer am Annaberg. Wer mir Drüdebergerei vorwirft, ist ein Berleumder.( Präsident Löbe fragt den Redner, ob er den Ausdruck Berleumder bestimmten Abgeord neten zugedacht hat.) Ich meine damit die zwei Abgeordneten, die mich verleumdet haben.( Ordnungsruf.) Ich danke.( 3weiter Ord­nungsruf.) Ich habe dem Abg. Uligla vorzuwerfen, daß er die Privatinteressen der Regierung vor die des oberschlesischen Volkes stellt.( Gebrüll und andauernde Pfui- Rufe rechts. Glode des Präsidenten.)

Abg. Jaddasch( Komm.): Ob an oder hinter der Front, Herr Kleiner war nicht in feinem Wohnort.( Gebrüll, Aha! und Bfui­Rufe rechts.) Wo waren Sie bei der Erichießung fommunistischer Arbeiter durch deutschen Selbstschutz und Ententetruppen?( Geſchrei rechts, Beifall lints.)

Abg. Külz( Staatsp.) mahnt zur ruhigen Behandlung der ober­schlesischen Frage und erklärt, daß jegt eine außenpolitische Debatte den Oberschlesiern nichts nügt.

Abg. Dingelden( D. Bp.) erkennt den Wert einer einheitlichen nationalen Rundgebung für die deutsche Minderheit an, glaubt aber nicht, daß in diesem Parlament der Uneinigkeit eine solche Rundgebung möglich ist.

Der Terror im Westen.

Das Hakenkreuzgefolge lärmt auf den Straßen.

Die Nationalsozialisten veranstalteten am Dienstag abend wieder ihre Demonstrationen gegen die Aufführung des Films 3m Westen nichts Neues". Dabel tam es von den frühen Abend­ffunden an bis nach Mitternacht im Berliner Wesien wiederum zu schweren Störungen der öffentlichen Ordnung. Zu der um 9 Uhr abends angefehten undgebung auf dem Wittenbergplatz rückten die einzelnen Sturmabteilungen in ge­schlossenen Gruppen an. Soweit diese Gruppen auf den einzelnen Hochbahnhöfen Aufstellung nahmen, tam es schon hier zu lärmenden Auftritten. Das Verkehrspersonal erwies fich gegenüber den randalierenden Horden als machtlos. Die auf dem Bahnhof Gleisdreied in die Züge steigenden Nationalsozialisten forderten 3ust im men. Wer sich von den Fahrgästen weigerte, mitzurufen, das Publikum auf, in den Ruf heil Hitler" ein­

wurde bedroht und angepöbelt.

Den anmarschierenden Kolonnen der Nationalsozialisten gelang es nicht, den Nollendorfplatz zu erreichen. Dieser Blaz war im mei­testen Umkreis über die Eisenacher und Augsburger Straße hin von starten Polizeiketten abgesperrt. Außerdem war eine neue Motorsprige der Feuerwehr in Aufstellung gebracht worden. Nur Passanten, die sich als Bewohner der anliegenden Häuser ausweisen konnten, wurden durchgelassen, ebenso die Be­fizer von Theaterkarten für die Filmaufführung. So konnte auch heute abend die Vorstellung des Remarque - Films reibungslos durch­geführt werden. Der Publikumsandrang zur letzten Borstellung war besonders groß.

Unterdessen hatte sich der Wittenbergplatz dicht mit Menschen gefüllt. Um eine Kriegs standarte des alten taiserlichen Reiches sammelten sich die Demonstranten. die durch große Massen sensationslüfterner Neugieriger verstärkt wurden, so daß ein Weiterkommen auf dem Wittenbergplatz nur schwer möglich war. Trotzdem wurde sowohl der U- Bahn- wie der Straßenbahnverkehr aufrechterhalten.

Während dieser Ansammlungen gellten fortgesezt die Erwache"- Schreie der Nationalsozialisten über den im tiefen Dunkel liegenden Wittenbergplay. Ebenso wurde ununterbrochen die Wacht am Rhein " und das Deutschlandlied gesungen.

Kurz vor 10 Uhr erschien Goebbels , der von der noch weiter angewachsenen Menge mit frenetischem Heilgebrüll empfangen wurde. Von seinem Mercedesmagen aus hielt er eine seiner blut­rünstigen Ansprachen. Die aufgepeitschten Anhänger der National­fozialisten, die ihre Rufe immer weiter erschallen ließen, wollten zu­nächst den Wittenbergplatz nicht räumen. Zwei eingetroffene

Abg. Brüdner( Natsoz.): Wenn auch die Kommunisten die nationale Einheitsfront zerbrechen werden( Gelächter links), so wäre es Pflicht des Bräsidenten dieses sogenannten hohen Hauses( Drd­nungsruf), selbst eine solche nationale Rundgebung zu veranlassen. Die Abstimmung über die Tagesordnung ergibt die Absozialistischen Kolonnen in der Ansbacher Straße zu einem geschloffe. Herr Kleiner hat von der Notwendigkeit gesprochen, eine einheitlehnung aller Aenderungsanträge zum Borschlag des Präfi. liche nationale Rundgebung zugunsten der deutschen Minderheit in denten. Schluß 20% Uhr.

Abg. Dr. Breitscheid( S03.):

Reine Hoffnung auf Amerifa!

Washington erklärt: Keine Neuregelung der interalliierten Schuldenfrage.

Washington, 9. Dezember.

An hoher Regierungsstelle nahm man heute Ver­anlaffung, die zahlreichen Dementis, die das Staats­departement in den letzten beiden Wochen auszugeben gezwungen war, durch eine Aeußerung des Unwillens über die ver­fchiedenen Weltbeglüdungspläne unferer Freunde in Europa nachdrücklichst zu unterstützen.

Mit Emphase wurde erklärt, daß man keineswegs beabsichtige, die Verwendung der alliierten Schulden­zahlungen neu zu regeln, sondern an dem Programm festhalte, wonach die Zahlungen zur Abtragung der öffentlichen Schuld und zur Ermäßigung der Steuerlast des ameri­tanischen Boltes benutzt werden sollen.

An der Behauptung, daß die amerikanische Regierung in Ber­handlungen stehe, um eine Konferenz über einen Ronfultativ= paft oder über die Freiheit der Meere oder über eine Ver­pflichtung zu friegerischen oder friedensfördernden Maßnahmen oder ähnlichem einzuberufen, sei, so wurde betont, fein Funfen Wahrheit. Es bestehe nicht der geringste Grund zu der An­nahme, daß Amerifa fich mit Frankreich zur Aufrichtung eines Finanzblods gegen irgendein anderes Land verbündet habe.

Alle diese Ideen würden dem amerikanischen Bolt und dem amerikanischen Publikum gewissermaßen als Bersuchsballons von Europa vorgesetzt und die amerikanischen Behörden müßten einen großen Teil ihrer Zeit darauf verwenden, diese Mel­dungen zu dementieren. Deswegen sei es jetzt an der Zeit, diesen Gerüchten in Bausch und Bogen den Garaus zu machen.

Mit einer an Brutalität grenzenden Eindeutigkeit macht Amerika all denen einen Strich durch die Rechnung, die von einer baldigen Revision des Young- Planes träumten, oder die aus Gründen der Börsenspekulation den Eindruck zu erweden versuchten, als dente man in Amerika ernsthaft daran, eine Revision zu erleichtern.

Die hohe Regierungsstelle" ist eine Umschreibung für Präsident Hoover oder für seinen Staatssekretär Stimson , die anläßlich der üblichen Prefseempfänge bei wichtigen Gelegenheiten solche Erklärungen persönlich abgeben.

Eine Revision des Young- Planes ist ausgeschlossen, Solange die Vereinigten Staaten, die den größten Teil der deutschen Zahlungen erhalten, eine Neuregelung der inter­alliierten Kriegsschulden ablehnen. Und es war vorauszu sehen, daß in dieser Zeit, in der die Vereinigten Staaten acht bis zehn Millionen Arbeitslose haben und auch sonst die schwerste Wirtschaftskrise seit Kriegsende durchmachen, die Neigung zu Ermäßigungen, die sich in erhöhte Steuern für

die eigenen Bürger auswirken würden, auf den Nullpunkt finken würde.

Feuerwehrwagen wurden von den tobenden Horden umringt und konnten sich nur mit vieler Mühe einen Weg durch die Eis­lebener Straße bahnen, wobei die Nationalsozialisten Miene machten, die Feuerwehrwagen zu stürmen und die Mannschaften zu ver= prügeln. Die Polizei, die auch am Wittenbergplatz mit mehreren Hundertschaften und zahlreichen berittenen Truppen angerückt war, verhielt sich gegenüber dem maßlosen Getobe ungemein zurüd­haltend. Ganz langsam wurden die Demonstranten abge. drängt, was eine Stunde in Anspruch nahm, so daß in der zwölften Stunde der Wittenbergplaz wieder frei mar. Nach dem Abdrängen formierten sich allerdings die nationals nen Zuge. Der Zug murde gestern abend vorwiegend von berittener Bolizei begleitet. Inverständlicherweise ließ man ben 3ug aber um die Kaiser Wilhelm- Gebächtniskirche herum und über den Kurfürsten­ damm . Hier tam es furz nach 11 Uhr zu dem ersten Zusammenstoß mit der Polizei, mobei berittene Polizei die Lauengien­straße und die Marburger Straße mit dem Gummi­fnüppel fäubern mußte. Um Mitternacht beruhigte sich die Lage in der Gegend des Zoologischen Gartens. Die Demonstranten marschierten nach Charlottenburg und Wilmersdorf ab.

Fabricius zwangsgestellt.

Im Laufe des Abends wurde eine große Anzahl von Personen wegen Beschimpfung von Beamten, Widerstands und sonstiger Störungen sistiert. Unter ihnen befindet sich auch der national­sozialistische Reichstagsabgeordnete Fabricius, ehe­mals Regierungsrat im Finanzamt.

Auch Laval fommt nicht vorwärts. Paris , 9. Dezember. ( Eigenbericht.) Laval hat den ganzen Dienstag über seine Bemühungen um die Bildung eines neuen Kabinetts fortgesetzt, ist aber seinem Ziel nicht um einen Schritt nähergekommen. Am Mitt- Anspruch auf den Bosten des ersten Präsidenten durch; gewählt woch will er eine Erklärung über seine Berhandlungen abgeben.

In den Kreisen der Rechten schreibt man Laval die Absicht zu, unter allen Umständen ein Kabinett bilden zu wollen, und zwar selbst wenn er auf die Mitwirkung der Radikalen verzichten müßte.

3m neugewählten Danziger Boltstag fielen die Nazis mit ihrem wurde der Sozialdemokrat Gehl mit 34 von 63 abgegebenen Stimmen; erster Vizepräsident ist Wnud( Nats 3.); zweiter Gaitomiti ( 3entrum).

Rykow ist von seinem Urlaub wieder ins Amt als Vorsitzender des Rates der Boltsbeauftragten zurückgekehrt.

Der Gnaden Handel.

ท่า

Krylenko

Dig

Rote Bahne Erschiessen! Erschiessen!

Erschiessen!

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Krylento: Erschreckt nicht über das Gebrüll da draußen! Unser Handel bleibt bestehen: Ihr habt gut gestanden und werdet dafür gestandsrechtlich begnadigt!"