Orchester- und Konzerttundschau/ Romantisches. Ein bedeutsames Jubiläum unserer Musik bildet das Ereignis des dritten Vruno-Walter- Konzerts in der P h i t h a r m o- nie: 100 Jahre, beinahe auf den Tag genau, sind vergangen, seit Hector B e r l i o z'„Phantastische Sinfonie" zum ersten Male im Pariser Konservatorium erklang. Kaum ein Wert der frühen Nomantik ist in unseren Konzertsälen heimisch geworden und ge- blieben wie dieses, das einer bis in unsere Trg« reichenden Entwick- lung den Weg gewiesen hat, der bekannten Entw cklung nicht nur des sinfonischen Orchesters, sondern auch des Sinsoniekonzerts und des Orchesterdirigentcn. Der heutige Konzertdirigent als beherrschende Erscheinung des Musiklebens wurde nur als Produtt, jener orchestralen Romantik möglich, die hier mit revolutionärer Gewalt zum Durchbruch gelangte. Die geniehafte Viston dieser Musik, die nie zeitgemäh gewesen— in der Tat mehr Bision von Musik als Musik schlechthin— ist nicht verblaßt: gar die instrumentale Phan- tastik der letzten Sätze...Gang zum Richtplatz" und„Walpurgisnachr", bleibt, wie je. bewundernswert. Es ist lo, daß' die Intuition des Komponisten gleichsam den Klang des Orchesters unmittelbar geformt hat, dieses Orchesters, das Berlio; als schöpferischer und zugleich be- wußtester Kenner meistert. Keiner hat je wieder solch eine Partitur geschrieben, in der das lebende Klangbild der Wiedergabe so genau, richtig und unabänderlich niedergelegt, so eindeutig vcrgezeichnet ist. Hier ist das vorbildlichste Beispiel einer Aufgabe des Konzcrtdiri- genten, des nachschaffeuden'Vollenders, gegeben. Di« Ausgabe wird van Bruno Walter wahrhaft vorbildlich erfüllt: die Philharmo- n i k e r sind an diesem Abend sozusagen ganz das Orchester, wie es in der Partitur steht, die Uebereinstimmung ist volllommen: und darum ist es auch der Eindruck dieser Ausführung nach hundert Jahren. Die Sinfonie bildet den zweiten Teil eines betont und elnheit- lich romantischen Programms, das Mendelssohns„Sommernachts- traum".Ouvertüre eröffnet. Zwischen den Orchcsterwerkcn spielt Rachmoninoff sein neues— viertes— Klavierkonzert mit der absoluten Meisterschaft, die heut« zu den Tatsachen der Internatio- nolen Musikwelt gehört. Das Werk, das den vornehmen kultivierten Musiker erkennen läßt— und nicht nur das Werk, auch der Vorsatz, solch ein Klavierkonzert zu schreiben, knüpft an Ueberlieierungen der Romantik an. Repräsentative Stück« der romantischen Literatur, Schumanns„Davidsbündler " und»wci Scherzi von Chopin , bilden die Hauptnummern des einzigen Klavierabends, den Rachmaninosf in Berlin gibt. Zu diesem Spiel von strengster Beherrschtheit und überlegener Exaktheit ist freilich kein stärkerer Gegensatz denkbar als die Art. wie der Münchener Pianist Josef Pembaur Schumann musiziert. Auch das äußere BUd, wie er am Flügel sitzt, mit wallen- der Künstlermähne, in die Welt der Musik mit einer hingegebenen
Äs» Todesdorf im Wansial Eine der chemischen Fabriken in Engis im Maastal. deren Abgas«, durch den Nebel niedergeschlagen, den Tod von bisher 88 Personen verursacht haben sollen.
Begeisterung, die sichtbar wird, sich versenkend— auch die» Bild scheint eher der Zeit Schumanns anzugehören als der unseren. Aber die Gesahr der Unkonzentriertheit, von der die große C-Dur-Phamasie immer ein wenig bedroht ist, wächst unter seinen Händen ins Ufer- lose, und sie wird nur durch di« Kraft des Persönlichen, die von ihm ausgeht, gebannt. Bach als Romantiker: das erstaunliche und gewiß anfechtbare Wunder gelingt dem Pianisten Wilhelm K c m p f f. Er träumt eine Fug« aus den Tasten, als wäre sie eine Melodie von Schumann: er sitzt an der Orgel und spielt die G-Mall-Phamasie, als brächt« seine Phantasie sie eben hervor: er läßt Bachs Choral-Borspiele erklingen, als wäre es freie Improvisation. Aber auch hier ist die überzeugende Echtheit der Leistung, di« auch technisch legitimiert ist, stärker als olle kritischen Einwände, die sich dagegen erheben lassen. Neue Werte. Romantik auch im vierten Philharmonischen Kon» zert: als Hauptnummer Brahms' Vierte Sinfonie in Furt» wänglers hinreißender, oft gewürdigter Darstellung. Berlio; auch hier: als Einleitung die glänzende Ouvertüre zur Oper „Benvcnuto Eellini"— an die, nebenbei bemerkt, die Funlstunde jüngst in einem Opernquerschnitt dankenswerterweise erinnert Hot. Es wäre schön, wenn eins unserer drei Opernhäuser da, bedeutend« Werk einmal aus der Bühne zeigt«: mag auch der halbgelungene Versuch, der hier vor ein paar Monaten mit Berlioz , mit den„Tro- janern", gemacht wurde, nicht ermutigend scheinen. Als Erstauf- sührung bringt Furtwängler ein Konzert für zwei Biolinen mit Orchester von Karl Marx , dem jungen Münchener Komponisten, dessen Ron»« in letzter Zeck viel genannt wird. Der schulbildende Einfluß Hindemichs und ein bewußter, fast akademisch gemäßigter Will« zur Klarheit und Einfachheit ergeben ein Gesamtbild, da, nicht zipingend, doch unbedingt sympathisch und oersprechend wirkt. Die Aufführung gibt den Konzertmeistern de, Orchesters. Henry Holst und Simon SoldbN:g. Gelegenheit zu bedeutsamem Hervor» treten. Eine Neuheit für Berlin In der Lindenoper, wo Erich Kleiber . aus Amerika zurückgekehrt, spät die Reihe seiner Sinsoniekonzert« crösfnet:„Der Wein". Konzertori« von Alban Berg , die hier schon gelegentlich der König-berg-r llraufsührung besprochen worden ist. Der außerordentliche Musiker ist sparsam mit neuen Berösjent- lichungen: es spricht für ihn. daß der große Erfolg seiner Oper „Wazzet" und di« Nachsrage. die dieser ohne Zwoije! zur Folge hat,
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Von Klaus pringsheim ihn nicht oeranlassen konnten, das Tempo seiner Produktion zu de- schleunigen. Allerdings, auch in diesem neuen Werk ist die Ursprüng- lichkeit der schöpferischen Kraft nicht überzeugend, es ist Musik der äußersten Verfeinerung, aber auch von einer subtilen Berquältheit des Ausdrucks. Ruzena Herlinger , der di« An» gewidmet ist, bewältigt den schwierigen Gesangspart mit unfehlbarer Musikalität. Mit der ausgezeichneten Sängerin wird der Dirigent, noch mehr frellich zum Schluß, noch der Siebenten Sinfonie von Beethoven , herzlich gefeiert. Im zweiten Sinfoniekonzert des Berliner Sinsonie» orchesters bringt Ernst Kunwald als Novität«in Werk des hier noch kaum bekannten Wiener Komponisten Eugen Zador: Variationen über«in ungarisches Volkslied: ein mit beträchtlichem Können wirkungesicher gemachtes Orchestsrstück, das gewiß seinen Weg durch die Konzertsäle machen wird. Und am selben Abend: Borspiel zur geistlichen Oper„Ahasver" van Paul Zschorlrch. Der Komponist, der in Berlin als Musikkritiker tätig ist, beweist, daß er als produktiver Musiker das Fach beherrscht. Dies ausgezeichnet klingend« Vorspiel, das schon vor einigen Iahren in der Philharmonie gespielt wurde, ist Musik von bewußt romantisch-konservativer Hol. tung: ihre inhaltlichen Beziehungen zur Dichtung der Oper können durch die Konzertaufführungen freilich nicht offenbar werden.
,/Oer falsche Keldmarschall." Atrium. Als Roda Roda noch k. u. k. Leutnant war, weissagte ihm ein- Zigeunerin, er würde einmal als General in Berlin einziehen. Das erzählt Roda Roda oft und gern. Doch der Abergläubische hat allen Grund, Weissagungen nicht außer acht zu lassen, wie der Fall Roda Roda wieder beweist: denn er zog in Berlin ein, und sogar als Feldmarschall. Den spielt er nämlich in dem versilmten Lustspiel von A. Loirgens. Das hieß zuerst„Der k. u. k. Feldmarschall", wurde aber, wohl aus Rücksicht auf die Ueberempfindlichkcit unserer Tage. in„Der falsche Feldmarschall" geändert. Es erzählt von einem Rittmeister a. D., der in der Uniform des Feldmarschalls einen Spion zur Strecke bringt, ein Paar glücklich verlobt und als der echte Feld- Marschall erscheint, von diesem wieder in das Heer eingereiht und sogar zum Major befördert wird. Wer Roda Rodas und Rößlers Lustspiel„Der Feldherrnhügel" kennt, muß sagen, es wirkte im Film viel lustiger und viel lebendiger als dieser falsche Jeldmarschall. Verläßt doch der Regisseur Karl Lamac sich zu sehr auf das Wort und Schauspielerleistungen. So kommt es zu vielen toten Stellen, nicht trotz des Dialogs, sondern durch ihn. Es wird dem rein Filmischen ein zu geringer Platz eingeräumt. Die Darsteller spielen hervorragend, namentlich«rweist sich Blast B u r i a n als ganz große Klasse. Ebenso gefällt Karl Forest als gedrückter Oberst, weil sein« Frau das Regiment führt. Dos jung« Paar ist bei Harry Frank und Fee Malten gut auf- gehoben, Wd der lustig« Spötter Roda Roda ist ein glänzender Fcldmarschall.�_ e.b.
Kuliur- und Expediiionsfilme. Italien A'rita. Tierfilme aus Afrika haben wir in großer Zahl und hoher technischer Vollendung. Ebenso ist uns das Leben �er Neger keines- wegs mehr fremd. Der Film von deutschen Tierexpeditionen in Afrika , der unter wissenschaf.licher Leitung vom Direktor unseres Zoologischen Gartens. Dr. Lutz Heck , zustande gekommen ist:„M i t Büchse und Lasso durch Afrika " muß also auch noch anderes bieten, um uns zu interessieren. Das Reue an ihm ist der Tierfang und die Tier- aufzucht, die schon in Afrika beginnt und im Zoologischen Garten ihre Vollendung erfährt. Es sind zwei Expeditionen in dem Film vereinigt: die eine führte ins Kongogebiet, die andere nqch Ost- afrika in das Tierparadies um den Kilimandscharo . Wichtiger als die Jagd auf Flußp'erde und Krokodile ist uns der Fang von Ze» bras, Gnus, Giraffen und schließlich gar von einem jungen Nashorn. Es ist erstaunlich, mit welcher Schnelligkeit der Fang der Tiere vor sich geht und wie rasch sie sich dann an ihr« Pfleger gewöhnen. Junge Tiere bekommen die Flasche mit einem Milchbrei. Phan- tastisch ist es, wenn so ein Girassenriesenbaby in den Laltenocrschlag des Autos hineingesteuert wird, aber die größten Schwierigkeiten machte das junge Nashorn, das erst an die Menschen gewöhnt wer- den mußte und nur nach einer langen Fußreise sein Auto erreichen konnte. Neben den Bildern vom Kongo, den Ausnahmen von Zwergmenschen gefallen am meisten die Bilder der tanzenden und lachenden Negerschönen. Zum Schluß führte Dr. Heck im Ufa - Pavillon einige Proben seines Tierfange- und seiner Tierzüch- �ung höchst lebendig auf der Bühne vor. Die Reise durch Italien , von der bereits der zweit« Teil, Rom und Süditallen, vorgeführt war. wurde im Gloriapalast in einer Sonntagsma inee fortgesetzt. Don den Alpen über Comer- se«, Gardasee , Verona . Bologna . Venedig , Genua , Rivlera, Pisa , Florenz ging die Fahrt bis vor die Tore Roms. Das Programm war fast zu reichhaltig, um erschöpft zu werden. Trotzdem blieben dauernde Eindrücke auch für die, die weder die Herrlichkeit der Alpen noch die Großartigkeit des Gardafees und den Reichtum der italieni» scheu Städte an Kunstwerken aus eigener Anschauung kennen. Er- freulicherweise wurden nicht bloß schön« Bilder gezeigt, sondern nach Möglichkeit Leben eingefangen. Der gut« Gedanke, bei den Kunstwerken auch Details zu zeigen, wie man es sonst kaum so deut- lich sieht, könnte noch weiter ausgebaut werden. Die Gewinnung des Marmor, in den Carrarischen Berge» und das groß« mitel- alterliche Polofest mit dem Bannerschwingen und Pferderennen auf dem unvergleichlichen Marktplatz von Siena bildeten die 5iöhepunkte des instruktiven Kulturfilms._ r.
Polarforschung. Prof. Wiese über die russischen(kxveditionen. In den Museumsvorträgen de» Instituts für Meeres- forfchung sprach Pros. Wiese, Leningrad über di« russischen arktischen Expeditionen der Jahr« 1020 und 1030, die er selbst an leitender Stell« als Ozeanograph und stellvertretender Führer an Bord des Eisbrechers„Sscdow" mitgemacht hat. Leider hielt er nicht einen lebendigen Bortrog über seine Erlebnisse, sondern las einen sorgfältig ausgearbeiteten Bericht vor. der ja mancherlei Interessantes enthielt, den man aber ebensogut ober noch besser. weil mit ruhigerer Ueberlegung. gedruckt lese« kann. Bemerkenswert
ist. daß Rußland bereits vor dem Kriege und noch intensiver noch dem Kriegs die Polarforschung in den an sein Gebiet grenzenden arktischen Gegenden betreibt, weil es«in großes Interesse an der Förderung der Schiffahrt durch die Karische See nach den Mllndun- gen der sibirischen Flüsse hat, weiter aber auch an einer nur durch zahlreiche meteorologische Stationen in den Polargebieten zu ge- Winnenden zuverlässigen Wettervorhersage, die für die Landwirtschaft so außerordentlich wichtig werden wird, und drittens auch an der Schaffung der Grundlagen für die in nicht zu ferner Zukunft über die Arktis erfolgenden Transporte auf dem Lustwege. Die speziell« Ausgabe der beiden„Ssedow"-Expedckionen toor die nähere Erforschung der Karischen See und der Berhällnisse nördlich und östlich von Nowaja Seinlja bis zu dem 1013 von einer russischen Expedition entdeckten Nikolaus-ll.-Land, das jetzt Ssewernaja Semlja, das ist Nordland, heißt. Die Expeditionen ver- liefen durchaus glücklich und brachten neben der Entöeckmrg bisher noch unbekannter Inseln reichhaltiges wissenschaftliches Material in geographischer, meteorologischer und ozeanographis6)«r Beziehung heim. dt.
Hans Weidt , der mit seiner Gruppe Im Bachsaal auftrat, ist unter den modernen Tänzern«ine Klasse für sich. Wo er unter strenger Leckung genötigt wird, dem klaren Stil eines Ensemble« sich einzuordnen, leistet er Vortreffliches. Das hat er auf dem dies- jährigen Münchener Tänzerkongreß als Mitwirkender im„Orpheus" l Regie Grete Wallmann) gezeigt. Wo er aus sich selber angewiesen ist, bleibt er meist im Pantomimischen stecken. Er gestaltct mit echter Ergriffenheit und starker Leidenschaft seelische Zustände und Vor- gänge und kann zuweilen durch die Redlichkeit seiner Empfindung wirken. Eigentlich künstlerischer Mittel aber bedient er sich nicht. Seine Einzeltänze im Bachsaal waren fortgesetzte Furiosi ohne kompositorische Qualitäten. Verkrampfungen, elementare Eruptionen, die scder choreographischen Formung' entbehrten. Seltsam, daß dieser llngebänc igte sich eine Gruppe von strenger tänzerischer Disziplin heranbilden und mit ihr in dem chorischen Fragment „Morgens, mittags, abends"«ine wohlgegliederte, bühnengerecht wirksam« Komposition schaffen konnte. Es wäre zu wünschen, daß dieses zweifellos stark« und eigenartige Talent in sein rechtes Fahr- wasser käme. Selbstzucht und Selbstkritik ist das erste, was ihm nottut. J. S. Für die Erhaltung der Kroll-Ooer tritt eine Anzahl von Ber - bänden in einer Eingabe an die Mitglieder des Preußischen Landtags ein. Am Schluß ter Eingabe heißt es:„Die unter» zeichneten Verbände stellen sich für«ine Mitarbeit zur Verfügung und erwarten, daß eine Eutscheid ung über das Schicksal der Oper am Platz der Republik nicht gefällt wird, bevor nicht alle Versucht. die Oper durch Reformen im inneren Betrieb zu erhalten, erschöpft sind. Wir erklären uns ausdrücklich bereit, auf die Personale hin» zuwirkcn, durch Opfer und Einräumungen den Theaterbetrieb retten zu helfen. Betriebsrat ter Preußischen Staatsopern Berlin.— Ge. nossenschaft Deutscher Bühncnangchörigen.— Deutscher Ehorsänger- verbänd und Tönzcrbund e. V.— Gelamtoerband der Arbeitnehmer der öffenttichen Betriebe und des Personen- und Warenverkehrs.
Gehaliskonfliki im Bankgewerbe. Schiichtungsverhandlunaen gescheitert. Heute vormittag wurde Im Reichsarbeitsministerium, unter dem Borsitz des Schlichters Professor Dr. B r a h n, über di« Beilegung des Gehallskonflikts im Berliner Bankgewerbe verhandelt. Der Arbeitgeberverband hat die Gehaltstarife der Berliner Bank» angestellten gekündigt. Die Verhandlunge» zwischen dem Reichs» verband der Vanllcitungcn und den am Tarisvertrag be» teiligten Angestelltenorganisationen sind gcscheltert, da sich die An» gestelltenvertreter gegen den beabsichtigten Gehaltsabbau tu höh« von II Proz. zur Wehr setzten. Heute haben die Parteien im Reichsarbeitsministerium zunächst ihren grundsätzlichen Standpunkt dargelegt, und zwar betonten die Vertreter der Banken, daß ebenso wie in anderen Branchen auch im Bankgewerbe zur U n k o st e n s« n t u n g ein Gehaltsabbau Platz greifen müßte. Di« Vertreter der Bonkangestellienorganisotionen erklärten demgegenüber, daß durch einen Abbau der Gehälter ledig» lich die allgemeine Kaufkraft geschwächt und dadurch die Wirtschaftskrise verschärft werden würde. Nach den Darlegungen der Parteien wurde dann wie üblich «ine paritätisch« Schlichtungskammer gebildet, die den Schiedsspruch zu fällen hat. AngesteMe, übt Solidarität! Ein Appell der A'beitelofev. Die Angestellten der Engrosbetriebe, besonders die Verkäufe» rinnen, Verkäufer und Lageristen in dauernder Beschäftigung, werden gebeten, am silbernen und goldenen Sonntag Soli- darität zu üben, indem sie auf die sich ihnen bietende Gelegenheit eines Nebenverdienstes für die Feiertage, zugunsten der arbeitslosen Kolleginnen und Kollegen vcrzichten.
Der Lohnstreit bei Bolle. Keine Derbindlichkeitserllarung des Schiedsspruchs. Der Schlichter für den Bezirk Brandenburg , Wissel!, hat dem Antrag der Direktion der M-ierei Bolle, den Schiedsspruch vom Schlichtungsaueschuß vom 27. November für verbindlich zu erklären, nicht stattgegeben. Der Schiedsspruch sah für alle Arbeiter und Arbeiterinnen der Meierei Bolle ab S. Januar einen Abbau der Löhne um 5 bis 6 P r o z vor. In der Begründung der Ablehnung des Antrages aus Verbind» lichkeitserklärung führt der Schlichter u. a. aus: „Die Prüfung der gesamten Sachlage ergab, daß jedenfalls die Löhn« der Handwerker und der Kutscher, welch letztere ja auch«ine Vcrkoufstäligkeit ausüben, an der unteren Grenze der Löhne liegen, die für gleichartige Tätigkelten im Bezirk Groß-Berlin gezahlt werden. Es erscheint nicht gerechlscrtlgt, im Wege staatlichen Zwanges hier eine weitere Senkung eintreten zn lassen. Es soll der Nrma nicht bestritten werden, daß auch sie mit wirtschasttichen Schwierigkeiten zu kämpfen haben wird Das ist leider das Los vieler Unternehmungen. Diese Tatsach« rechtfertigt aber keineswegs dl« von der Firma beantragt» Einsetzung eines staatlich� Machtmittel» zur Festsetzung der Löhn« in der durch den Schiedsspruch vorgesehenen Höhe. Aus diesem Grund« war der Antrag auf Verbtndlichkeitserklärang abzulehnen." Di« Funktionär« der Meierei Bolle treten Hern« nachmittag zusammen um aus Grund der Entscheidung des Schlichier» die weiteren Beschlüsse zu fassen.
Auch ln England steigt die Arbettslostgkeit. Di« Zahl der eingeschriebenen Arbeitslosen wird amtlich für den I. Dezember mit 2 305 639 angegeben. Dies« Ziffer ist um 10 179 höher als die der Vorwoche und um 1 002 700 höher als die am 1. Dezember 1929.