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Deutsche Schande!
Sieht so eine Boltsvertretung aus?
Was sich in den letzten Tagen und auch gestern wieder im Reichstag abgespielt hat, ist schwer zu beschreiben. Denn feit in die deutsche Boltsvertretung 107 Leute eingezogen sind, denen angeblich die deutsche Ehre über alles geht, hat das deutsche Volt allen Grund, sich des Bildes, das seine Vertretung gewährt, zu schämen. Man mag ein Anhänger oder ein Gegner der Demokratie sein, das ändert nichts daran, daß jedes Bolf in der Welt nach den Vertretern beurteilt wird, die es sich wählt. Wem ernstlich daran liegt, daß Deutschland bei den anderen Völkern an Ansehen nicht verliert, sondern gewinnt, der muß auch auf die Würde des deutschen Reichsparlaments bedacht sein.
Vor sechs Jahren, als es im deutschen Inflationsreichstag ähnlich zuging wie in dem gegenwärtigen, schrieb ein französisches Hegblatt schadenfroh, Deutschland wälze sich in seinem Kot. Was sich in diesem neuen Reichstag parlamentarische Verhandlung nennt, ist zum großen Teil auch nichts anderes mehr als ein Sichwälzen im Rot, und alle Feinde Deutschlands haben recht, ein Hohngelächter darüber anzustimmen. Was sich ihren Blicken bietet, ist fein Zeichen der Kraft, es ist das gerade Gegenteil davon. Jeder Fremde, der in diesen Tagen in den Reichstag kommt oder der in der Presse seine Verhandlungen verfolgt, muß das Bild eines Volkes gewinnen, das die Fähigkeit verloren hat, sich selber zu regieren und das in finnlosen Kämpfen sich selber zerfleischt.
Dieser Zustand ist geschaffen von einer Partei, die vor gibt, das eigene Bolt besonders heiß zu lieben und für deutsche Ehre ein besonders feines Empfinden zu haben! National sozialismus ist nicht nur das Zerrbild des Sozialismus, fondern auch die Schande der Nation!
Die Ohrfeige für Frida
Reichsinnenminister Wirth schlägt fräftige Töne an
Auf Antrag der thüringischen Regierung, die Reichsbannergruppe in Gera wegen militärischer Uebungen auf Grund der Bestimmuungen des Versailler Bertrages zu verbieten, hat Reichsinnenminister Dr. Wirth folgende Antwort an das thüringische Staatsministerium erteilt:
Der mir abschriftlich übersandte, den Berfasser nicht fenntlich machende Polizeibericht betrifft ähnliche Vorgänge, wie ich Sie Ihnen bereits mit Schreiben vom 10. Juni 1930 mitgeteilt habe. Ebenso wie damals durch den mir mit Ihrem Schreiben vom 21. Juni 1930 übermittelten Bericht der Kriminalabteilung des
Bolizeiamts Gotha vom 6. Jumi 1930 bestätigt worden ist,
daß die Nationalsozialisten in Uniform, mit Tornistern, Cederzeug und Brotbeutel ausmarschiert find, auf dem ehemaligen Ererzierplah des I. Bataillons Infanterieregiments 95 auf dem Krahnberg, Gemeinde Trügleben , Bewegungsübungen in lbfeilungen durchgeführt und dann noch einen Appell abgehalten haben,
wird jetzt berichtet, daß das Reichsbanner Schwarz- Rot- Gold Entsprechendes unternommen hätte. Sie haben damals den Standpunkt eingenommen, daß ein solcher in Bundeskleidung vorgenommener Ausmarsch und die damit verbundenen Bewegungsübungen, Appelle usw. keinen Anlaß zum Einschreiten auf Grund des Verfaiffer Bertrages böten.
Nach dem bisher vorliegenden Bericht muß ich den vorliegenden Fall als völlig gleich liegend anjehan, insbesondere ist mir bisher nicht dargelegt worden, inwiefern zwischen den damals als Bewegungsspiele" bezeichneten Uebungen geschlossener Abteilungen
und den jetzt als„ Gefecht" bezeichneten Uebungen ähnlicher Art ein Unterschied bestehen soll.
Bevor ich in der Sache eine Entscheidung treffe, ersuche ich daher zunächst um Angabe, ob und welche weiteren Tatsachen dafür vorliegen, daß es sich um ein Gefecht gehandelt hat, und ob außer der Ausrüstung mit Brotbeuteln und Hörnern irgendeine militärische, auf Rampf berechnete Ausrüstung wahrnehmbar war.
Schließlich ersuche ich um Uebersendung der mit Unterschrift versehenen Originalberichte sowie um Angabe derjenigen Personen, die den vorliegenden Bericht auf Grund eigener Wahrnehmung erstattet haben und bereit sind, diese Angaben nötigenfalls auch zeugeneidlich zu erhärten.
Ich bitte um tunlichste Beschleunigung, da ich mir auf Grund der bisherigen Angaben tein Bild davon machen fann, ob es sich hier lediglich um die sogenannte wehrsportliche Tätigkeit der auch von allen anderen Berbänden und insbesondere auch in Thüringen nicht beanstandeten Art handelt, oder ob der gestellte Antrag wirklich darauf abzielt, die Maßnahmen zu treffen, die der Herr thüringische Minister des Innern zur stritten Durchführung des Ver. jailler Bertrages für erforderlich hält.
Zum Schluß fann ich nicht umhin, mein Befremden darüber auszudrücken, daß Sie es für angezeigt gehalten hatten, bevor ich in der Sache eine Entscheidung treffen tonnie, die vorliegende Anzeige megen Richterfüllung des Versailler Vertrages der Deffentlichkeit und damit zugleich der Kenntnisnahme der ehemaligen Feindbundmächte zat unterbreiten. Ein derartiges Verhalten ist bisher von feinem deutschen Minister geübt worden.
midesnis Der Streif bei Bolle
Umzugskosten beim AA.
Empörung über dauerndeEtatsüberschreitungen im Ausschuß
Zu Beginn der Beratung des Ausschusses für den Reichshaushalt entspann sich eine längere Debatte über die Vorschläge, die der Vor. sigende, wie in allen früheren Wahlperioden, so auch diesmal bezüglich der Verteilung der Haushaltsreferate dem Ausschuß schriftlich unterbreitet hatte. Von den Nationalsozialisten wurde gewünscht, daß unter Verwerfung dieser Vorschläge ein neuer Berteilungsmodus derart eingeführt werde, daß je nach ihrer Stärke
die einzelnen Fraktionen die ihnen genehmen Referate auswählen
tönnten. Sie wünschten das Innen- und das Außenministerium. Nachdem der Vorsitzende die Grundsäße dargelegt hatte, die er bei der Berteilung befolgt habe und die genau den Vorschriften der Geschäftsordnung entsprechen, wurde der Antrag der Nationalsozialisten gegen ihre Stimmen abgelehnt und die Vorschläge des Vorsitzenden Genehmigt.
Bon dem neuen Bersonaldezernenten im Auswärtigen Amt war dem Ausschuß ein Schriftsaz überreicht worden, in dem die Entwidlung des Titels aus dem Haushalt des Auswärtigen Amies, der die Umzugsfosten betrifft, seit dem Jahre 1924 geschildert wurde. Es geht daraus hervor, daß das Auswärtige Amf in jedem Jahre weit größere Mittel als etatsmäßig zur Verfügung standen, für die Umzugstoften verbraucht hat. Man half sich stets damit, daß man den den Etatsanjah überschießenden Betrag als Borgriff auf das nächste Jahr in Anspruch nahm. Das ist Jahr für Jahr frog aller Beteuerungen, daß man über die Etatsanfäße nicht hinausgehe, geschehen. Jetzt fehlen nun nicht meniger als 2,4 Millionen, die man als Vorgriff auf 1931 nicht mehr hereinholen kann, da sie nicht mehr da sind. Von allen Seiten wurde dieses Verfahren des Auswärtigen Amtes auf das fchärfste gebrandmarft, und vom Abg. Dr. Köhler( Str.) wurde dieses Treiben als ein geschichtliches Dokument dafür bezeichnet, wie das Auswärtige Amt mit Etatsmitteln wirtschafte, und in wie gröblicher Weise Jahre hindurch eine Irreführung des Parlaments erfolgt sei.
Der Borfißende gab erneut die schon in früheren Jahren gegebene Anregung, die Gebäude der auswärtigen Missionen von Reichs wegen einzurichten, damit die ungeheuren Transportfoſten erspart werden. Die Dinge spitzten sich, als die Frage behandelt nurde, welche Beamten fahrlässig gehandelt hätten, und ob sie nicht hastbar gemacht werden tönnten, derart zu, daß die persönliche Anwesenheit des Ministers verlangt wurde. Demgemäß wurde die Beratung über diesen Punkt abgebrochen, sie soll am Freitag fortgeführt werden.
Kampf gegen die Jugend.
Der Verfassungsausschuß des Landtags nahm im Laufe der Beratungen über das Landeswahlgeset einen Antrag der Baherischen Volkspartei an, der vorschlägt, das Wahlalter für den Bayerischen Landtag von 20 auf 21 Jahre hinaufzusehen. Gegen den Antrag stimmten die Sozialdemokraten und die Nationalsozialisten.
Der Vertreter der Staatsregierung hatte in der Aussprache erklärt, das jetzige Wahlalter mit 20 Jahren stelle eine Abnormität dar und müsse endlich einmal beseitigt werden. Wenn Bayern auf diesem Gebiete vor: angehen würde, so wäre das nur zu begrüßen.
gez. Dr. Wirth.
Mustergültige Disziplin der Streifenden- Keine Zwischenfälle
Die Belegschaft der Meierei Bolle hat dem Streitbeschluß ihrer| 3mischenfällen gekommen. Die Polizei, die heute nacht vor Funktionäre noch in der Nacht fast restlos Folge geleistet. dem Betriebe erschien, fand deshalb auch keinen Grund zum EinBereits die ersten Schichtarbeiter, die sonst um 11 Uhr abends die schreiten. Sie hat sich auch sehr zurückhaltend gezeigt. Arbeit aufnehmen, machten vor dem Betriebe jofort Kehrt, als ihnen von den Funktionären mitgeteilt wurde, daß der Streit be= schloffen set. Auch die übrigen Meiereiarbeiter, die sonst wegen der Eigenart des Betriebes während der Nacht in verschiedenen Abständen mit der Arbeit beginnen, befolgten den Streikbeschluß
restlos.
Die RGO. fchläft.
Großes Geschrei der Kommunisten: Die RGD. führt." Sie RGO. den Streit bei Bolle. Kein Mensch tümmerte sich darum. Nur ein Bolle- Wagen wurde von Arbeitslosen, die dazu von der KẞD. tommandiert waren, umgeworfen.
organisiert überall Streits. Vor einigen Wochen„ beschloß" die
Morgenstunden beginnt, gingen trotz der Aufklärung der Streifpoften Lediglich einige Tourenfutscher, deren Arbeit in den ersten in den Betrieb hinein. Sie fuhren aber nicht auf Tour, fondern un ftreifen die Bolle Arbeiter wirklich. Die sogenannte RGO. arbeiteten im Betriebe. Ebenso haben sich einige unorganisierte schläfi. Sie macht das gleich so gründlich, daß die Rote Fahne" Frauen, die in der Wäscherei beschäftigt find, dem Streit nicht an- nicht einmal die Meldung vom Streit bringt. Angeschlossen. Die wenigen Arbeitswilligen fallen aber bei der Gesamt- genehme Rubels ahl der Streifenden, etwa 1000 ständige Arbeiter und 800 Mitjahrer,
nicht ins Gewicht.
Die Bahntutscher und chauffeure, die Stalleute fomie bic übrigen von den Funktionären für Notstandsarbeiten bestimmten Arbeiter und die Schwerkriegsbeschädigten gingen zur gewohnten Zeit an ihren Arbeitsplay. Jedenfalls hat der Streit in mustergültiger Disziplin eingelegt. Bor dem Betriebe der Meierei Bolle ist das übliche Straßenbild nur dadurch verändert, daß feine mild magen vom Hof rollen und auf der Straße ständig pier Streitposten patrouillieren, die dafür sorgen, daß sich feine Anjammlungen bilden.
Das Streifpoftenstehen wird nur von organisierten beonnenen Arbeitern besorgt. Es ist deshalb sowohl in der Nacht als in den heutigen Vormittagsstunden nirgendwo zu
Lebergabe der Nobelpreise.
Studenten schwenien Schwarzrotgold. mal malute sSfodholm, 11. Dezember.( Eigenbericht.)
Mit der hergebrachten Feierlichkeit erfolgte im Konzerthaus die feierliche Ueberreichung der Nobelpreise an die Preisträger, darunter feierliche Ueberreichung der Nobelpreise an die Preisträger, darunter Professor Fischer München, Brofessor Raman Kallutta, Bro. feffor Landsteiner Rem Vort und den amerikanischen Schrift. steller Sinclair Lemis. Als Professor Fischer das Nobel Diplom vom König entgegennahm, schwentien schwedische Studenten in meißer Müze die deutsche Flagge zum Salut, eine Ehrung, die in entsprechender Weise auch den übrigen Preisträgern zuteil murde. Besonders lebhaften Beifall fand auch die Ueberreichung des Literaturpreises an Sinclair Lewis , den unvergleichlichen Schilderer des fleinstädtischen Philistertums", wie der Sefretär der Schwedi schen Akademie Dr. Rarlfeldt in seiner Begründungsansprache fagte.
Die Friedenspreise.
Oslo , 11. Dezember.( Eigenbericht.)
Am Mittwoch mittag, um 1 Uhr, wurden im Nobel- Institut die Nobel- Friedenspreise für 1929 und 1930 dem ehemaligen amerikani schen Außenminister Kellogg und dem schwedischen Erzbischof Söderblom feierlich überreicht.
Das Orchester des Nationaltheaters spielte Beethovens Egmont Duvertüre. Dann hielt der Borfißende des Nobel- Komitees Profeffor Stang eine Begrüßungsansprache, der eine Rede des norwegischen Bremierministers to winte! an Kellogg und Söderblom folgte. Anschließend legte Kellogg Jeine Auffaffung über den Frieden dar, die in der Ueberzeugung gipfelt, daß ein nachmaliger Weltkrieg den Untergang der westlichen 3ipilisation bedeute und
Bizepräsident Häberling gewählt.
Von der vereinigten Bundesperfammlung wurde heute mit 158 von 194 Stimmen der bisherige Bizepräsident des Bundesrats, Häberling, zum Bundespräsidenten für 1931 gewählt. Zum Bizepräsidenten wurde Bundesrat Motta mit 162 von 218 Stimmen gewählt.
Steeg versucht Kabinettsbildung.
Der Präsident der Republif hat heute vormittag den radikalen Senator Steeg ins Elysee berufen, um ihm die Bildung des Kabinetts anzubieten.
schilderte der Festversammlung die pazifistischen Anschauungen des Preisstifters Alfred Nobel , die auch heute noch Gültigkeit hätten.
Neue Pabstflucht.
Diesmal vor dem Wahrheitsbeweis.
Wien , 11. Dezember.( Eigenbericht.) Major Pabst, der die ,, Wiener Allgemeine Zeitung" wegen des Vorwurfs hochverräterischer Umtriebe verklagt hatte hat diese Klage mit der Begründung zurüdgezogen, daß seine Verfolgung wegen Hochverrats inzwischen eingestellt worden set. In Wirklichkeit erfolgte die Zurücknahme, nachdem der verantwortliche Redakteur des Blattes in der ersten Berhandlung einen umfang reichen Wahrheitsbeweis angeboten hat.
Schiedsspruch im Bankgewerbe.
Gehaltsabbau von 5 Prozent.
wie der Allgemeine Verband mitteilt, hat die Schlichtungsfammer am Mittwoch in dem Zarifftreit nach langen Berhandlungen einen Schiedsspruch gefällt, der in feinen Hauptpunkten einen Gehaltsabbau von 5 Pro3. und für das Jahr 1931 einen Stillstand in dem automatischen Aufrüden vorsieht. Die Unträge des Reichsverbandes der Bankleitungen zum Mantelfarif wurden bis auf eine kleine Uenderung der Urlaubszeit abgelehnt. Der Schiedspruch wurde mit den Stimmen der Unternehmer gefällt.
3n Valencio, wo am Dienstag die Arbeiter in einen 48stündigen Generalstreit getreten find, tam es im Laufe des Mittwoch zu mehrfachen blutigen 3usammenstößen zwischen der Polizei und Streifenden, wobei zwei Arbeiter lebensgefährlich verlegt wurden. Das Steiffomitee hat in den Abendstunden des Mittwoch beschlossen, am heutigen Donnerstag die Arbeit überall wieder aufzunehmen.
Indischer Terror
Sabotage der Londonkonferenz.
Bombay , 11. Dezember.( Eigenbericht.) Polizei, die in Tschittagong( Bengal) im Zusammenhang mit der Ermordung des Gefängnisdirettors von Kaltutta eine Haussuchung abhalten wollte, enttam nur mit Mühe und Not einem Bombenanschlag; die Bombe explodierte in einem 3immer, das die Polizeibeamten eben verlassen hatten.
In den Terroraften der indischen Nationalisten liegt zweifelios System; ihnen sind die Berhandlungen und die darin erzielten Erfolge der englisch - indischen Konferenz sehr unangenehm. Sie suchen eine Verständigung zwischen England und Indien mit allen Mitteln zu hintertreiben.
Die gefährliche Ordensschwester. Mit zwei Revolvern und zwei Dolchen.
Paris , 11. Dezember.( Eigenbericht.) Ein bedenkliches Abenteuer stieß einem Kaufmann aus Rennes zu, der auf der Landstraße eine Drden sich mest er angetroffen und sie gebeten hatte, bei ihm im Automobil Play zu nehmen. Zu feiner großen Ueberraschung mußte der Automobilist feststellen, daß die angebliche Schwester nicht nur mit einer Männerstimme redete, sondern auch über ein Paar folide Schlosserfäuste verfügte. Ohne die Ruhe zu verlieren, fimulierte der Kaufmann eine Panne und bat die Schwester auszusteigen. Kaum hatte der unheimliche Gast den Fuß auf die Erde gesezt als der Kaufmann in höchster Geschwindigkeit davonfuhr. Wie sehr sein Berdacht berechtigt war tann man daran erkennen. daß die falsche Schwester eine Bedertasche im Wagen liegen gelaffen hatte, in der fidh 3 mei Repolver, zwei Dolche und die verschiedensten Einbrecherwertzeuge befanden.