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Beilage

Freitag, 12. Dezember 1930

Der Abend

Shalausgabe des Vorwärt

BERLIN BERLIN  

PRAG  - WIEN  - REGENSBURG  

RANDGLOSSEN ZU EINER BERUFLICHEN AUTOREISE   VON VIKTOR SCHIFF /

III.

Nach den soeben gesammelten Erfahrungen mit den tschecho. flowakischen Straßen hatte ich beschlossen, zur Schonung des Wagens, der Reifen und der Nerven über Linz  - Paffau- Regensburg- Hof zurückzufahren, obwohl dies einen Umweg von über 300 Kilometer bedeutete. Schlimmer war mir allerdings der Gedanke, die 900 Kilo­meter lange Rückfahrt ganz allein absolvieren zu müssen. Denn auf einsamer Fahrt erscheint einem jeder Kilometer doppelt und dreimal so lang. Zum Glück gelang es mir in letzter Stunde, den Genossen Dr. Breitscheid zu überreden, mir menigstens bis Passau  , vielleicht sogar bis Regensburg   Gesellschaft zu leisten.

Bei Regen verließen wir Wien   am zweiten Vormittag nach der Wahl. Es gibt taum eine Hauptstadt in West- und Mittel­ europa  , ausgenommen vielleicht Bern  , die in unmittelbarer Nähe soviel landschaftliche Reize bietet wie Wien  . Der gebirgige Wiener  Bald fängt bereits innerhalb der Berwaltungsgrenze der Haupt­stadt an. Eine breite, gutgepflegte Straße steigt langsam, aber nur auf furze Zeit: denn bald ist die Höhe des Riederberges er­reicht, von der man überraschend einen herrlichen Rundblick auf die tiefer liegende, nach Norden weit ausgestreckte Donaue bene gewinnt. Dann geht es hinunter in breiten, tadellos angelegten Kehren nach St. Pölten   und Melt mit dem ungeheuren Barock- Stift auf einem Felsenhügel am Donauufer.

Nur ganz kurze Zeit fährt man an der Donau  , um so länger an der Bahnlinie entlang. Die Landschaft ist ruhig und freundlich, aber nicht hervorragend. Man passiert Amstetten  , bald danach zeichnet sich bei Enns   im Süden eine Gebirgskette der Voralpen, von der man jedoch stets in respektabler Entfernung bleibt. 3u. letzt wird die Straße ganz hervorragend und nach fast vierstündiger Fahrt ist man in Linz  , nach Bien und Graz   die drittgrößte Stadt in jenem Landesrest, der Desterreich verblieben ist. Und doch: wie klein städtisch muten einem diese größten Provinz städte Desterreichs an!

Eisiger Wind wirbelt am Donauufer, als wir nach dem Mittag­effen zur Weiterfahrt tanten. Das Wetter hat sich bisher gehalten, doch die schwachen Durchbruchsversuche der Sonne sind schmell durch große Bolkenwände wieder abgeschlagen worden. Von Linz   führt die Straße nach Passau   einige Kilometer lang unmittelbar am be­maldeten hügeligen Donauufer entlang, leider verläßt man den Fluß sehr bald und wird ihm erst 100 Kilometer später in Bassau

selbst und in tieffter Dunkelheit wieder begegnen.

Die weitere Strecke ist einer großen internationalen Berbindung, wie es eigentlich die Route Regensburg  - Bassau- Wien   sein sollte, nicht würdig. Unglaublich ist aber die Zahl der Krümmungen und Der Steigungen. Man kommt sich vor, wie auf der Berg und Talbahn eines Rummelplages: Rauf, runter, rauf, scharf rechts, runter, scharf links, scharf rechts, rauf, runter, und so meiter- und dies während fast 100 Kilometern, für die man fast drei Stunden benötigt.

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Breitscheid ist gewiß ein sehr angenehmer Reisebegleiter, nur hat er eine Eigenschaft, die auf solcher Strecke geradezu gefährlich ift. Er verfügt über einen schier unerschöpflichen Schatz von Anet doten und Wizen, den er auf jeder neuen Reise anscheinend wieder ergänzt; er versteht es auch sehr gut, diese Erzählungen anzubringen, sogar mit dem entsprechenden Dialett. 3 u gut sogar! Denn, mag es auch in jeder anderen Situation nichts schoden, wenn man sich nor Lachen nicht halten kann, auf dieser Strecke Linz  - Passai muß man sich als Chauffeur halten können, damit man auch das Steuerrad stets unter schärfster Kontrolle hat. So mußte ich bald nach Linz   Breitscheid ernstlich ermahnen, die Pointen seiner Wizze nicht immer gerade in den Kurven anzubringen. Und da es bis Bassau immer nur Kurven gab...

Wieder in Deutschland  . Abermals und zum letzten Male zeitraubende Zoll-, Tryptik­und Steuerformalitäten: man ist wieder in Deutschland  . Ich begrüße wieder die Donau   von einer eisernen Brücke herab; später stellte sich allerdings heraus, daß es nicht die Donau  , sondern

der Inn   war.

Hauptquartier aufgeschlagen hatte: offenbar der Dank vom Hause Wittelsbach an den Erbfeind", der ihm die Königsfrone gnädig schenkte.

Land in Not.

Sonne und Regen wechseln in schneller Folge ab, je mehr man nach Norden kommt, desto dunkler die Wolken, desto seltener die Strahlen. Alle Städtchen haben einen eigenartigen, verträumten, romantischen Reiz. Doch wird dieser Eindruck überschattet durch eine Beobachtung, die sich überall wiederholt: an den Hauptplätzen, vor allem vor den Rathäusern, stehen dichte Gruppen von jungen und alten Männern in arbeitsfähigem Alter und starren ins Leere: Erwerbslose, die gestempelt haben und nun warten, warten auf das Wunder, das ihnen die ersehnte Arbeit verschaffen soll. Diesen Anblick habe ich schon auf der Hinfahrt durch die Nieder­lausitz gehabt, weniger häufig in der Tschechoslowakei  , um so auf­fallender in Niederösterreich  , besonders in dem Bezirk von Wiener­Neustadt. Aber nirgends auf der ganzen Reise tritt die Plage der Wirtschaftskrise so offensichtlich zutage, wie in der Oberpfalz  . Man begegnet fast nicht einem einzigen rauchenden Schornstein, dafür ist die Landstraße übersät mit arbeitslosen ,, Tippelbrüdern" aus allen Berufen und in allen Altersstufen. Schon hundert Kilometer nach Regensburg   begann ich, solche wandernden Arbeitslosen ein Stück Wegs mitzunehmen, sobald sie durch Zeichen diesen Wunsch äußerten. Ich war oft mit allen möglichen Argumenten davor gewarnt worden. Aber der Anblick dieser armen Teufel, die in Regen, Wind und Kälte mit dünner Kleidung wanderten, überwog alle Bedenken. Außerdem wollte ich ja Gesellschaft haben. Ich brauchte es übrigens nicht zu bereuen. Es war vielleicht unvorsichtig, daß ich in einem Falle sogar zwei auf einmal einsteigen ließ, aber gerade in diesem Augenblick waren die ersten Schneeflocken gefallen und die beiden, ein Alter und ein ganz Junger, sahen so erfroren aus. Wohin wollt ihr?" Nach Weiden  , dort gibt es vielleicht Arbeit." Ein

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Blid auf die Landkarte belehrte mich, daß uns noch 35 Kilometer ron Weiden   trennten. Für die beiden also ein ganzer Tagesmarsch. im Wagen dagegen nur eine knappe halbe Stunde. Also rin! Ich stellte Fragen, ließ mir erzählen: der Alte stammt aus Wien  , war früher Holzarbeiter, natürlich organisiert, seit Monaten ermerbslos versucht er mum, Gelegenheitsarbeit in der Landwirtschaft zu leiften, iezt ist freilich tote Zeit; aber in Weiden   hofft er... Der Junge ist Hamburger, Hafenarbeiter; warum er ausgewandert und wie er ausgerechnet nach Niederbayern   gekommen ist, danach frage ich lieber nicht. Mich interessiert natürlich, wie das Arbeitslosenschicksal auf ihn politisch gewirkt hat: Ich habe noch nicht gewählt, ich bin erst 21 Jahre alt."" Dann haben Sie doch längst das Wahl recht." Darauf die verblüffende Antwort, die die ganze politische Ahnungslosigkeit des jungen Menschen enthüllt: Bei uns in Ham­ burg   noch nicht.(!)"

All die kleinen und mittleren Industrieſtädte auf der weiteren Strecke: Weiden  , Tirschenreuth  , Mitterteich  , Marktredwig, Wunsiedel  , schon auf den ersten Blick wirtschaftlich tot: fast kein Schornstein der vielen Textil­und Borzellanfabriken raucht; dafür stehen überall die Menschen in dem Güden, vom Süden nach dem Norden, einzeln, zu zweien oder Gruppen beschäftigungslos herum. Oder wandern vom Norden nach in fleinen Gruppen, dem einzigen, gleichen Wunschziel entgegen: Arbeit, nur Arbeit!

In Gera  , wo wir beim Anbruch der Dunkelheit eintrafen, veränderte sich das äußere Wirtschaftsbild stark gegenüber der nieder­banerischen und aberpfälzischen Trostlosigkeit. Hunderte von Ar­beitern und Arbeiterinnen verließen gerade, Schlag Fünf, die Fa­briten, neue Schichten lösten sie ab. Aus den meisten Essen stiegen

schwarze Rauchfahnen in den dunkel werdenden Himmel. Auch der Wirtschaftsleben. Gegen 7 Uhr treffen wir in Leipzig   ein. mein hafenkreuzlerischer Zufallsbegleiter, der übrigens versichert, ihon zu 50 Proz. befehrt zu sein, scheint an der Fahrt

Gefallen zu finden. Ob ich ihn nicht bis Berlin   mitnehmen leichter zu Arbeit verhelfen als seine Schwester in Dresden  . Nun, fönne? Er habe dort einen Freund, der fönnte ihm vielleicht

wenn er durchaus will!

Dem Endziel entgegen.

Bon Durch die Zeitzer Straße treffen wir in Leipzig   ein. weitem erblickt man schon das mächtige Boltshaus, dessen fühne Kuppel im weißen Scheinwerferlicht glänzt.

Nach einem unfreiwillig langen Aufenthalt tante ich gegen 84 Uhr am anderen Ende der Stadt, zum letztenmal auf der langen Reiſe. Die Aussicht, nur noch" 167 Kilometer vor mir zu haben, wirft psychologisch und damit auch physisch erfrischend. Das Gefühl Ich schaffs" läßt mich jede Müdigkeit, jede Sorge, vielleicht auch jede Vorsicht vergessen. Mit einem wahren Fanatismus gebe ich Vollgas auf der breiten, vorzüglichen, allerdings fehr belebten Chaussee, die über Deligió, Bitterfeld  , Wittenberg  nach der Reichshauptstadt führt.

Die politische Distuffioh hat ganz aufgehört, dafür macht sich der Junge nützlich, signalisiert mir gewissenhaft jede Weg und Warnungstafel, so daß ich nur noch geradeaus zu stieren brauche. Eine wahre Wollust, finnlos aber berauschend, hat mich gepackt: Gas, Gas, noch mehr Gas! Sobald in der Ferne ein rotes Licht auf­Gas... das Licht rückt näher und näher. vorbei! Und num zum nächsten... Will denn die Fahrt gar fein Ende nehmen?

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taucht Gas.. tuten

Jedesmal, wenn ein Schild die Entfernung bis Berlin   angibt, verkündet sie mein Begleiter triumphierend: Nur noch 140, nur

noch 125, nur noch 100. Das ist in Wittenberg  , als wir die eiserne Elbbrücke passieren. Flußabwärts streckt in der Ferne ein Hochofen seine Feuerzunge gespensterhaft in den Himmel heraus. Schlechtes Kopfpflaster in der Lutherstadt zwingt vorübergehend das Tempo zu verlangsamen, später auch in 2reuenbrießen. Sonst ist die breite Chaussee Leipzig  - Berlin  , mit ihren langen, geraden Strecken einfach ideal. Der Geschwindigkeitsmesser pendelt zwischen 85 und 105, aber man merkt es faum. Beeliz, Michendorf  - jetzt bin ich endlich wieder in heimatlichen Gefilden und kenne jede Straßenkreuzung und-biegung auswendig. In Potsdam   leeren sich gerade die Kinos: 10 Uhr 40 zeigt die Normaluhr an der Havel­brüde. Wannsee   ist schon ausgestorben. Zehlendorf  , Lichter­ felde  , am Rathaus in Steglitz   ist es 11 Uhr 5 Minuten, aber feiner Regen macht die asphaltierte Rheinstraße schlüpfrig und ga: 13 vorsichtig werden die letzten Kilometer der Reise zurückgelegt.

Mann aus Landshut   und wünsche ihm viel Glück. Er taucht in der An der Möckernstraße nehme ich herzlich Abschied vom jungen Dunkelheit der 4- Millionen- Stadt unter.

Wenn ich ihm glauben

soll, zählt Hitler   seit jenem Abend einen Anhänger weniger. Vielleicht. Ich fürchte aber sehr, Berlin   zählt einen Arbeitslojen mehr.

Bor einer Reihe von Jahren ist fern in Sibirien   ein mächtiger Meteorstein niedergegangen. Man hat davon wohl Kenntnis ge= nommen, sich aber nicht weiter mit diesem Findling vefaßt. Jetzt rüstet man aber in Rußland   eine Expedition aus, der auch ein gutes Flugzeug beigegeben wird, um an Ort und Stelle den massigen Klumpen zu studieren.

Ein Hitler- Jünger als Fahrtgenosse. Mitten durch das Fichtelgebirge   führt die Straße und man genießt herrliche Ausblicke rechts und links auf meilenweite Tannen­mälder, vor allem im Osten auf die schneebedeckten Hügel des nahen GRUSSEAUS DEM WELTRAUM böhmischen Egerlandes. Man ist unvermutet fast 800 Meter hoch gestiegen und auf einer Art Baßhöhe weht ein stürmischer, eisiger Wind. Dort geschah es, zwischen Wunsiedel   und Hof, daß mich ein junger Mann in Windjacke durch Zeichen bat, mitfahren zu dürfen. Hinein! Er ist ein seit neun Monaten arbeitsloser Angestellter aus Landshut  , 21 Jahre alt. Soeben ist eine schwache Hoffnung auf dem Arbeitsamt in Marktredwig zerstört worden: zuerst fämen es überhaupt Noch einmal gelang es mir, Breitscheid trotz seiner Müdigkeit, die Verheirateten und Ortsansässigen heran, wenn seiner fortschreitenden Erkältung und seiner von jetzt an gültigen wieder freie Stellen gäbe. Einstweilen wächst aber nur die Zahl Freifahrkarte zu bewegen, mich noch die restlichen 125 Kilometer der neuen Arbeitslosen. Aber da seien noch zwei jüngere Ge­des vorgenommenen Tagespensums, also bis Regensburg  , zu beschwister und mun wolle er der Mutter nicht zur Last fallen und gleiten, wo wir zur rechten Zeit für seinen Berliner   Nacht- D- 3ug mandere nach Dresden  , wo er eine verheiratete Schwester habe. jedenfalls eintreffen würden. Ich sondiere ihn politisch: Selbstverständlich national­fozialistisch!" ist die eifrige Antwort. Wie solle man in seiner Lage nicht radikal wählen? Kommunistisch käme für ihn nicht in Frage, denn er sei national gesinnt: Also für Hitler! Und nun entwickelt er mir mit einer feineswegs unsympathischen Leidenschaft, die an Fanatismus grenzt, feine primitiven Ansichten: Schuld an allem sei das parlamentarische System, das nicht imftande sei, für Arbeit zu sorgen. Das Elend liege bei den Parteien, die sich nicht einigen könnten. Deshalb müsse etwas Neues fommen. Deutschland  müsse vom jüdischen Geist befreit werden. Das ewige Nachgeben gegenüber der Entente sei schuld an der Not, man müffe die Sieger­mächte unter Druck setzen.(:) Und so weiter. Ich ließ ihn ruhig ausreden, ja veranlaßte ihn, durch interessierte Zwischenfragen, mich weiter politisch, aufzuklären, was er mit wahrer Apostelleiden schaft tat.

Wieder, wie einst in Zinnwald   an der tschechischen Grenze, war der Unterschied zwischen den Straßen verblüffend. Alle Achtung vor den banerischen Chausseen! Preußen kann auf diesem Gebiet von Bayern   noch allerhand lernen, vor allem die Provinz Brandenburg   mit ihren blödsinnigen, mörderischen Sommerwegen, die uns sonst in Deutschland   glücklicherweise feiner nachmacht und auf die der Wahlspruch zutrifft: Sie schlecht Branden­Eurg alle Wege!

Durch den regnerischen, falten Abend arbeitet man sich durch. Nicht eine Spur von Landschaft außer dem grauen Band der Chauffee im Lichtkegel der Scheinwerfer, in dem ab und zu ein auf­geregter Hase hin und her hüpft, bis ihm schließlich der rettende Seitensprung in die Nacht einfällt. Erstaunlich menschenleer find in diesen frühen Abendstunden die menigen Städte, die man passiert: Plattling  , Straubing  . Erst Regensburg  , wo mir gegen 10% Uhr abends einlaufen, macht einen nicht völlig aus­gestorbenen Eindruck.

Gegen 1 Uhr nachts geleite ich Breitscheid zur Bahn und nehme todmüde von ihm Abschied: nicht ohne einen gewissen Neid denke ich baran, daß er schon am nächsten Morgen daheim sein wird, zu einer Stunde, mo mir noch 490 Kilometer, dazu noch allein am Steuer, bevorstehen werden.

Und doch werde ich diesen letzten Tag nicht zu bereuen haben. Er war viel abwechselungs- und lehrreicher, als ich es mir gedacht hatte. Etwas allzu gründlich ausgeschlafen, fahre ich erst gegen 10 Uhr vormittags los. Ein Blick auf den Dom, dessen gothische Türme um so imponierender in den Himmel schießen, als die Häuser um ihn sehr niedrig sind. An einem dieser Patrizierhäuser= innert eine Marmortafel daran, daß Kaiser Rapaleon dort sein

In Hof   fragte er mich, cb er noch weiter mitfahren dürfe, etwa bis Leipzig  : Gewiß, wenn es nicht gegen ihre lleberzeugung geht." Der junge Mann begriff natürlich nicht, morauf ich hinausmollte und ich flärte ihn über meine Personalien auf. Selten habe ich cinen so erstaunten Menschen gesehen, zumal er als eifriger Leser des ,, Bölkischen Beobachters" mid als einen berüchtigten ,, Landes­Das schien ihn freilich verräter" dem Namen nach schon kannte. nicht weiter zu stören, denn er beschloß ohne Zögern, mit mir weiterzureifen.

Auf der Weiterfahrt durch das hügelige Thüringen  , über die einstige Duodez- Residenzstadt Schleiz  , ging die politische Unter­baltung weiter. Nur schrittweise wich er in seinen Ansichten zurück, ch verteidigte er jeden Zoll des Hitlerschen Programms, aber er mar feineswegs unbelehrbar. So vergingen die 140 Kilometer zwischen Hof und Leipzig   recht huezmeilig.

Meteorsteine sind gefallen, so lange unsere Erde besteht. Man hat sich den Kopf darüber zerbrochen, woher sie stammen. Ein alter Grieche glaubte, daß es Massen seien, die irgendwo vom Binde emporgewirbelt wurden und nun wieder den Rückweg zur Mutter Erde finden. Spätere Gelehrte haben sie für Geschosse von Bulkanen gehalten: von irdischen oder von solchen auf dem Mond. Aber die Mathematiker haben dann nachgewiesen, daß die Bulkan­fanonen ganz unwahrscheinliche Kräfte haben müßten, wenn sie jene Steine se mächtig fortschleudern wollten. Hier hat nun Chladni  um das Jahr 1800 Klarheit geschaffen. Nach ihm handelt es sich gewissermaßen um Abfälle bei der Weltentstehung, und Hum boldt hat diese unbenutzten Körperchen treffend ais Weltspäne bezeichnet.

Ueberall herrscht im Getriebe der Sternenwelt Gesetz und Orb­nung, und so eilen denn auch die Meteoriten auf vorgeschriebenen Bahnen dahin. Dabei mögen sie gelegentlich den Dunstkreis unſerer Erde streifen. Dort entwickelt sich nun eine erhebliche Reibung: sie werden glühend, und wir sehen dann leuchtende Sternschnuppen am nächtlichen Himmel. Bisweilen kommen die fahrenden Gesellen der Erde besonders nahe. Dabei erscheinen sie als sogenannte Feuerfugeln, die weiß, rot oder blau strahlen und die Nacht vor­übergehend zum Tage machen fönnen. Häufig bersten diese Kugein mit mächtigem Knall, und es geht dann ein Regen von Meteor­steinen zur Erde nieder: es fallen Laufende von fleinen Trümmern, die ein paar Gramm miegen, sowie auch mächtige Klumpen, die Zehntausende von Kilo schwer find, wie z. B. ein Fund von Norden stjöld auf Grönland   erwiesen hat.

Die Wissenschaft hat festgestellt, daß die Stoffe, aus denen unsere Erde aufgebaut ist, mit denen übereinstimmen, welche die Sonne und andere Sterne enthalten Das ganze Weltall   ist also cffenbar aus einem Wurfe entstanden. Diese Uebereinstimmung bei verschiedenen Himmelskörpern fönnen wir nun tatsächlich beob­achten, menn sich ein Meteorstein dem Forlicher zur Verfügung siellt. Da findet er rein metallisches Eisen, Nickel, Kupfer, Zinn, Chrom und mancherlei Stiefelverbindungen. Hans Bourquin.