„Das Opfer hat schuld!" Banditenphilosophie um einen versuchten Raubmord.
Eine eigenartige Banditenphilosophie entwickelte der wegen versuchten Raubmordes zusammen mit seinem Bruder angeklagte Max Biehl vor dem Schwurgericht I. Sein Bruder heißt Alfred L u s ch e r. Beide sind Kinder derselben Mutter, aber der eine ist vorehelich geboren. Die beiden Brüder sind trotz ihrer Jugend schon schwer vor- bestrast. Sie waren in Fürsorge-Erziehung, sind aber wiederholt ausgerückt. Im September haben sie einen Raubüberfall auf den Lehrling Rönnfeld verübt, der für seine Firma Geld von der Bant abgeholt hatte. An dem Morgen hatten die beiden Burschen Streit mit ihrer Mutter gehabt und waren von Hause weggegangen mit der Absicht, nicht mehr wiederzukehren, sondern sich ihren Lebensunterhalt in Zukunft durch Raub und Einbruch zu verdienen. Zufällig begegnnete ihnen Rönnfeld, den Lascher kannte und von ihnen angesprochen wurde. Der Lehrling renommierte, daß er 900 Mark bei sich habe. In Wirklichkeit waren es nur 280 Biark. Die Brüder nickten sich zu und waren sich sofort einig. Luscher er-- zählt« ihm, daß sie Falschgeld hätten, das so gut gearbeitet sei, daß man es nicht von echtem unterscheiden könne. Er sollte ihnen mal einige echte Scheine zeigen, damit sie sie vergleichen könnten. Nun zogen die Burschen mit ihren? Opfer herum, um einen ge- eigneten Platz für den Ucberfall zu suchen. Schließlich führten sie ihn in einen Hausflur, Biehl öffnete mit einem Dietrich eine Kellertür und all« drei gingen in den Keller. Hier sielen die beiden Burschen über den Lehrling her, versetzten ihm mit einem Stemmeisen mehrere wuchtige Schläge auf den Kopf, so daß er bewußtlos zu Boden sank. Mit den? geraubten Geld fuhren sie in einem Auto davon, kleideten sich in einem Geschäft ein und zechten!
dann die Nacht mit Mädchen in Neukölln herum. Am nächsten Tage machten sie einen Besuch in Struveshof , aber in der wemger freundlichen Absicht, dort einen Einbruch zu verüben. Da- bei wurden sie gefaßt. Der Angeklagte Biehl äußerte sich zu seiner Tat mit zynischer Roheit und sagte:„Ich habe keinen Beruf, sondern bin Bandit geworden. Ich habe in meinen, Leben soviel gestohlen und bin auch schon so oft bestraft worden, daß ich gar nicht weiß, wie viele Male, und daß ich auch nicht weiß, was ich gestohlen habe." Auf die Frage von Landgerichtsdirektor Hoeer, ob er einen Trieb zum Stehlen habe, erwiderte der An- geklagte:.Das nicht, aber wenn ich gestohlen hatte, machte es mir viel Spaß, daß mir die Sache gelungen war." Sodann erklärte der Angeklagte, daß das Opfer des Raubüberfalls s« l b st S ch u l d h a b e. Cr sei ein zu„dämliches Aas" gewesen. „Ick habe mir immer gedacht, warum is det Aas so dämlich und läßt sich so einpacken. Wir waren schon dicht an seinem Geschäft und er hätte nur weitergehen brauchen, aber er war so dämlich, det man ihm eins über den Schädel hauen mußte." Zu der Frage, ob ein Raubmord beabsichtigt war, erklärte der Angeklagte, daß diese Absicht nicht bestanden habe, er habe doch mit seinem Bruder ver- abredet, den Lehrling fertig zu machen, sonst würden sie doch gesagt hoben:„Wir wollen ihn in die ewigen Jagdgründe schicken." Der Staatsanwalt beantragte wegen versuchten Raubmordes drei Jahre sieben Monat« bzw. drei Jahre sechs Monat« Zuchthaus. Das Schwurgericht verurteilte die Angeklagten nicht wegen Raub- Mordversuchs, sondern wegen schweren Raubes zu je vier Jahren und sechs Monaten Gefängnis und fünf Jahren Ehrverlust.
Kraftdroschken billiger. Sonderzuschläge endgültig beseitigt. Der Rabattkampf im Berliner Kraftdroschkengew«rb« hat jetzt eudgüttig zu dem schon lange geforderten Ergebnis geführt, daß der 29-Pfennig-Sonderzuschlag gefallen ist. ' Die Krastag hat noch langer Beratung beschlossen, diesen Sonderzuschlag, der Anfang Mai vom Polizeipräsidium mit Rücksicht auf die damals eingetretene Benzinpreissteigerung be- willigt worden war, nicht mehr zu erheben und außerdem wie bisher 5 Proz. Rabatt aus die Fahrpväisquitwngen zu ver- güten. Dieser Maßnahme, die von der Krastag beschlossen worden ist, nachdem die Verhandlungen zwischen den Kraftdroschkenver- bänden und diesem Unternehmen über ein einheitliches Vorgehen in der Tarif frage gescheitert wa?en, sind sehr schnell auch die anderen Kraftdroschkenoerbände gefolgt. Die Innung Vereinigter Kraft- droschkenbesitzer will gleichfalls ohne 2t>-Pf.-Zuschlag fahren und außerdem sogar 1l> Proz. Rabatt in bar zahlen. Der Verband der Krofidroschkenbesitzer Berlin und Vororte hat auch beschlosien, auf den 2l1-Pf.-Zuschlag zu verzichten und 5 Proz. Rabatt in bar zu geben. Di« Droschkenpreise werden in kurzer Zeit also allgemein 10 Proz. unter dem vor dein Mai geltenden Tarif liegen. Aus dieser Tatsache geht hervor, daß die Taktik des Polizeipräsidenten, den Tarifkamps vom Droschkengewerbe selbst untereinander aus- tragen zu lassen, durchaus richtig war. Der Zw eckverband der Kroftdroschkenbefitzer Groß-B«rlin läßt gleichfalls den Zll-Pfennig-Zuschlag fallen und gewährt aus Taxe I einen Nachlaß von 5 Proz., auf Taxe II einen Nachlaß von 10 Proz., auf Taxe III «in«n solchen von 15 Proz.
Luwelendiebin verhastet. Sie wollte die„große Dame" spielen. Der Polizei ist es schuell gelungen, die 17jährige hausangestellle Ruth Zabel, die bei dem Kaufmann Vermaloss in der prager Straße für 100000 Hl. Juwelen und pelze entwendete, festzunehmen. Die Spur der jugendlichen Diebin führte nach L i e g n i tz, wo sie am Sonnabend vormittag an Hand der von Berlin übermittelten Beschreibung in einem Hotel«rmittelt wurde. Das Mädchen hat in Liegiiitz Verwandte, und als die Polizeibeamten einschritten, war es gerade im Begriff auszugehen, um in großer Toilette seinen An- gehörigen einen Besuch abzustatten. Von den Schmucksachen wurde zunächst Nichts gefunden, und die ungetreue Hausangestellte ver- weigerte auch über den Verbleib die Auskunft. Die Vermutung, daß die Juwelen noch in Berlin feien, bestätigte sich dann auch. Auf dem Bahnhof Zoo wurden in der Gepäckaufbewahrung Nach- sorschungen angestellt, und dort wurden auch die K o f f« r mtt ihrem wertvollen Inhalt, gefunden. Außer einem Platinring fehlen einige klemere � Gegenständ«. Zweifellos hat das Mädchen diese Stücke o e r k a u f.t oder versetzt,»m sich Reisegeld zu beschaffen. Die Verhaftete wird am Montag nach Verlin gebracht und der Kriminalpolizei vorgeführt werden. Das Verbot der roten Plakate. Zu/dem vom Polizeipräsidenten erlassenen Verbot rater Plakate, die in Zukunft ausschließlich dem Dienstgebrauch vor- behalten-bleiben- sollen, erfahren-wir von- zuständiger. Stelle, daß olle bereits gedruckten Plakate, die am Montag, 15. De- z e m b e r, angeklebt werden sollen, unbeanstandet bis End« der Woche verwendet werden können. Wirtschaftliche Schädigungen sollen so nach Möglichkeit vermieden werden. Wieder zwei Tote im Straßenverkehr. In rasendem Tempo fuhr gestern abend der 27jährige Friedrich Otto aus der Mittenwalder Straß« 2 in der Reuen Krugallee in Treptow gegen einen Straßenbahnwagen der Linie 87. Das Rad wurde völlig zertrümmert. O. wurde durch die Feuer- wehr ins Urbankrankenhaus gebracht, wo er bald nach seiner Ein- lieserung an den Folgen eines Schädelbruches starb.— Auf tragische Weise ist der 22jährig« Kutscher Hermann Weßnig auf j
Arfcelterlugeiicll heraus! Wir beteiligen uns geschlossen an den Parteikundgebungen des Reichsbanners am morgigen Montag Soziallstische Arbeiterjugend
dem Grundstück Pafewalter Straße 62 in Buchholz ums Leben gekommen. Der junge Mann wurde beim Abschirren von einem Pferdehuf so unglücklich gegen den Unterleib getroffen, daß «r sofort tot zu Boden sank.
Kreispruch im Heise-Prozeß. Aber ein objektiv falsches„Nein". Detmold , 13. Dezember. Nach fünfstündiger Beratung verkündete der Vorsitzende de» Schwurgerichts, Landgerichts ral Dr. E b e r t, um 3 Uhr nachmittags folgendes Urteil im Meineidsprozeß Heise: Der Angeklagte wird freigesprochen. Die kosten fallen der Staatskasse zur Last.'-.... '"In der Urt e ils'beg riZ n d an g führte der Vorsitzende aus, daß das Schwurgericht in Zwei Anklagepunkten den Beweis des Meineides nicht für erbracht ansehe: im dritten Falle aber, nämlich bei dem viel umstrittenen Nein, kam das Gericht zu dem Schluß, daß dieses Nein objektiv falsch gewesen sei. Nach den Aussagen verschiedener Zeugen sei nicht erwiesen, daß dem Angeklagten keine Gelegenheit gegeben worden sei, sein Nein näher zu motivieren. Das Gericht stellte fest, daß die Frage nach der versuchten Einwirkung beim Landespräsidium auf das Ber - fahren gegen Härder so gestellt war, daß sie jeder habe erkennen können. Da aber beide Sachverständige zu der lleberzeugung z«- kommen seien, daß zu dem Zeitpunkt des Rems bei dem Ange- klagten«ine Gedankenlähmung eingetreten fei, fei der Beweis nicht erbracht, daß der Angeklagte subjektiv bewußt die Unwahrheit ge- sagt habe. Er sei deshalb freizusprechen.
Linter Mauern begraben. Vier Todesopfer bei einem Neubaueinflurz. Wadgassen bei Saarbrücken , 13. Dezember. Aus der Glashütte stürzte ein Neubau ein. Fünf Arbeiter wurden unter den Trümmern begraben. Von ihnen sind bisher zwei als Leichen und einer in ver- letztem Zustande geborgen worden. Zwei der Opfer liegen noch unter den Trümmern.
500 Kinder an Keuchhusten gestorben. Aus den Salomoninseln, dem früheren deutschen Kolonialbesitz. sind fünfhundert Kinder an einem plötzlich ausgetretenen Keuchhusten(Grippe?) ums Leben gekommen. Selbstmord auf den Schienen. Auf der Strecke Berti n— S trausberg macht« gestern vor- mittag ein Krankenwärter dicht bei der Station Fredersdorf«inen grausigen Fund. Zwischen den Gleisen lag die schwer-et- stümmelte Leiche eines jungen Mannes, der sich ofsenbar vor sl« Räder eines v-Zuges geworfen hatte. Der jugendliche Selbstmörder wurde als ein löjähriger Max Schwand aus Schlesien ermittelt. Die Polizei hat die weiteren Ermittlungen ausgenommen.
Hundert wollen Scharfrichter sein. Prag , 13. Dezember. Um den Posten des bisherigen tschechoslowakischen Scharfrichters Broumarski, der sein Amt wegen verschiedener Indiskretionen über die letzten beiden Hinrichtungen verloren hnt, sind im Justizministerium 100 Bewerbungen eingelaufen. Bemerkenswert ist, daß sich unter den Bewerbern auch eine Anzahl von Personen aus akademischen Kreisen befinden.
der Bearbeitung, sondern das Aussehen. So war sein Be- streben von da ab dahin gegangen, eine Beize herzustellen, die einen doppelten Zweck erfüllte, einmal, alle etwa vor- handenen Fehler des Holzes zu kaschieren, zum zweiten, in sich selber eine Leuchtkraft zu entwickeln, die ganz unabhängig war von der Beschaffenheit der Unterlage. Ungezählte Nächte hindurch hat er an seiner Bank gesessen, wenn die Gesellen gegangen waren, hatte Farbenzusammenstellungen analysiert. Tinkturen gemischt und probiert, bis ihm endlich der große Schlag gelang. Zunächst hatte er sein neues Verfahren nur an einzelnen Kundenarbeiten ausprobiert. Es fand über Erwarten großen Anklang, und nicht lange, so waren die Fachkreise darauf auf- merksam geworden und man riß sich um ihn. Nun stellte er mit einem Ruck den Betrieb um. Er weihte seine Leute in das neue Beizverfahren ein und verlangte von ihnen, daß sie künftighin nicht mehr tischlerten, sondern nur noch beizten. Mit Ausnahme Hein- richs gingen alle auf seinen Vorschlag ein, allen voran Sandow, der sogleich die Wichtigkeit und geschäftliche Mög- lichkeit dieser neuen Art, Möbel ansehnlich zu machen, begriff. Es kant so weit, daß Ludwig mit acht seiner Gesellen ständig unterwegs war, mit nichts anderem beschäftigt, als sein neues Verfahren zu demonstrieren und die praktischen Verwendungsmöglichkeiten zu zeigen. Die eigentliche Tischlerei war für Ludwig nebensächlich geworden. Wohl arbeitete noch Heinrich an der Spitze von vier Gesellen in der Wertstätte und schaffte, was an Kunden- arbeit einkam. Aber der Schwerpunkt von Ludwigs Unter- nehmen lag jetzt in der Fabrikation und im Vertrieb der neuen Beize. Ging der Siegeszug des neuen Verfahrens in diesen, Ausmaße weiter, so war Ludwig in spätestens einem Jahre ein schwerreicher Mann. Kein Wunder, daß er strahlte und gegen jedermann vor Liebenswürdigkeit überfloß. Es konnte auch nicht unbemerkt bleiben, daß sich Mario', feine Frau, in der letzten Zeit viel bessere Kleider leisten konnte als in früherer Zeit. Ueberhaupt war an allem ein Um- fchwung zu merken. Die Leute, geneigt, sich vor dem Götzen des Zufalls zu neigen, tippten schließlich auf einen Lotterie- gewinn. Und so erfuhr aud, schließlich Vater Eisermann, sein Sohn Ludwig habe das große Los in der Klassenlotterie ge- wonnen. Der Alte lachte Tränen. Diese Maulaufreißer, wenn sie wüßten! Die Glücksgöttin, die seinen Sohn mit Mainnwn beträufelte, saß in einer braunen, unscheinbaren Beizeflasche, ...____(Fortsetzung solgt-j j
Vater Eisermann meckerte höhnisch, als er das las. Das waren die Uebertreibungen der verdammten Fabrikanten, die gar nicht Schmalz genug an ihre verlogenen Worte tun konnten, um ihren Maschinendreck und ihre Dreckmaschinen loszuwerden. Man kennt das, man hat ja Exempel von Bei- spielen. Vater Eisermann wird sich hüten, ein paar hundert Mark in solch ein Experiment hineinzustecken. Nicht einmal dann, wenn ihm Ludwig, wie er's ihm schon ein paarmal an- geboten hat, das Geld schenkt. Lieber die zwei-, dreihundert Mark in die schwarze Spree geworfen, als so einem Hund von Fabrikanten in den Rachen. Und der Schuhmachermeister Eisermann klopfte nach wie vor sein Sohlleder mit der Hand, strich sich den Pechdraht mit der Hand und n, achte auch den Ausputz ohne Maschine. Aus den drei Konkurrenten in seiner Nähe waren mit der Zeit mehr geworden: sogenannte Schnellschustereien hatten sich �usgetan, mit allen mechanischen Mitteln versehen. Durch ihren Maschinenpark waren sie in der Lage, billig zu liefern, um ein volles Drittel billiger als Vater Eisermann, der noch immer bei seiner alten Methode stehengeblieben war. „Sie liesern Pfusch, die Hunde!" wetterte, der Alte, dem die Kunden immer seltener in den Laden kamen. Doch was kümmerte das die Verbraucher? Sie gingen dahin, wo es wohlfeiler war. Denn an einem Paar Schuhe besohlen eine Mark.zu sparen,. ist keine Kleinigkeit. Pater. Eisermavn war auch merllich aller geworden. Die Hände zitterten ihm. Man sah's ani besten, wenn er eine Schweinsborste eindrillen wollte. Er gab's aber nicht zu. Er behauptete stets, es seien die Augen, die nicht mehr recht mit- wollten. Run, ob Augen oder Hände, war letzten Endes egal. Tatsache jedenfalls war, daß nur noch ein Geselle in der Werk- statt saß, und Ludwig konnte sich ausrechnen, daß auch der in ein oder zwei Jahren überflüssig fein würde. Er sah, daß es mit der Schuhmacherherrlichkeit seines Vaters unabwend- lich zu Ende ging. Er riet ihm, den Laden zu oerkaufen und sich zur Ruhe za fetze»,_____-________
Da kam er schön an bei dem Alten. Der spuckte aus, giftig, wie ein Lama:„Das könnt' dir so passen! Soll ich mich von dir oder deinen Brüdern ernähren lassen? Rein, Ludwig, daraus wird nichts. Ich bin nicht dazu geboren, in einem Winkel irgendwo Gnadenbrot zu essen! Dreißig Jahre bin ich Meister gewesen, mein Junge. Hier steht mein Schuster- bock, hier will ich sterben. Lauf du auf einem Beine, wenn du keine Krücke hast! Prost, ich danke dafür...!" Ludwig lachte, als er seinen Vater so in Erregung sah. Doch von dieser Zeit an versuchte er nicht mehr, den alten Herrn umzustimmen. Er wußte, daß man ihn nur als Toten aus seinem Laden heraustragen könne. * Es war eine Freude, in Ludwigs Werkstatt zu kommen und zu sehen, wie auf verhältnismäßig kleinem Raum die hohe Tischlerkunst so mannigfach und unterschiedlich vertreten war. Sechs Gesellen standen an den Bänken oder bedienten die Maschinen. Es schütterte nur so vor Betriebsamkeit. Alles lief wie am Schnürchen: denn Sandow, der schon längst zum Werkmeister aufgerückt und Ludwigs rechte Hand geworden war, hielt die Zügel ziemlich straff und war bestrebt, den Wünschen seines Brotgebers möglichst zuvorzukommen. Ludwig hatte seinen Hochstieg nicht zum wenigsten San- dows Eifer und Fähigkeiten zu verdanken, der im Betrieb nicht nur rationelle, praktisch durchdachte Arbeitsmethoden ein- geführt hatte und bestrebt war, diese ständig zu verbessern, sondern der auch stets nach Neuem auf der Lauer lag und Ludwig manchen wertvollen Fingerzeig gab. So war er denn Ludwig im Lauf der Jahre lieb und wert geworden, nicht nur als Helfer, sondern auch als Mensch. Auch außer- halb der Arbeit mtterhielt er mit seinem Werkmeister und dessen Familie einen kleinen Verkehr. Die Eigentümlichkeft des Eisermannschen Tischlereibetriebs lag wohl darin, daß er sich bis jetzt noch nicht spezialisiert hatte, sondern jede Arbeit annahm, auch die kleinste. Das wurde mit einem Schlage anders, als es Ludwig gelang, ein neues praktisches Beizverfahren zu erfinden, das alle früheren in den Schatten stellte. Nicht durch Zufall, nicht von unge- fähr war er zu seiner Erfindung gekommen, sondern durch jahrelanges sorgfälliges Probieren und Studieren. Schon längst, ganz im Anfang seiner Laufbahn, als Hundskötter einen der gelieferten Blumentische beanstandete, weil dieser zu hell gebeizt sei, war es Ludwig aufgegangen, daß eine Ware— in seinem Falle also Möbel— vom Laien in der Hauptsache nur nach dem äußeren Eindruck beurtellt Wurde. Nicht die Güte des Holzes interessierte, nicht die Art