Deutschland müsse als Zchntmort auf die ausländische Sabotage seine Abrüstungspflichten aus dem Aersailler Vertrag aufsagen und ungesäumt in den Rüstungswettbemerb mit den anderen Mächten eintreten. Vor vierzehn Tagen nach war jeder ein Schuft, der nicht die Revision des Noung-Plans für die Frage aller Fragen hielt. Heute ist das schon wieder völlig vergessen und in den Hintergrund getreten. Heute ist jeder ein bezahlter Franzosen- knecht, der g�gen die Au f k u n t» i g u n g des Friedens- Vertrages und die intensivste Vorbereitung auf einen kommenden Krieg irgendwelche besthetdene Bedenken zu äußern wagt. Man sieht, dieser Art von Außenpolitik kommt es gar nicht auf die Richtung an, sondern nur auf das Gebell. Denn wer Aufrüstung treiben will, zerschlägt alle Aus- sichten auf eine Revision des Doung-Plans. Oder meint jemand, Amerikaner, Engländer und Franzosen würden uns Milliarden, die ihnen vertragsmäßig zustehen, schenken, damit mir dafür Tanks, schwere Geschütze und Bombenflugzeuge her- i.cllen können? >» Ob die Leute, die eine solche Art von Außenpolitik treiben, Under sind, die in rührender Einfalt mit Dynamitpatronen I-iielen, oder ob sie ordinäre Strolche sind, die ohne Rücksicht auf Völkerglück und Menschenleben ihre abenteuerlichen Pläne verfolgen, diese Frage braucht hier nicht entschieden zu werden. Viel wichtiger ist die Frage: Wieviele Führer gibt es in den politischen Parteien Deutschlands , wieviele Staats- männer in verantwortlicher Stellung gibt es, die sich in pflichtbewußter Wahrung nationaler Interessen diesem Hirn» und gewissenlosen Demagogentum entgegenstellen? Wieviele merken, daß sein Treiben schon aufgehört hat, nur lächer- l i ch zu sein und daß es schon beginnt, für das deutsche Volk lebensgefährlich zu werden? Meldet sie sich schon wieder, die verhängnisvolle Feigheit der bürger- lichen Mitte, ohne die das 3t)jShrige Jrrenregiment Wilhelm IL ebenso unmöglich gewesen wäre wie das Hinein- schlittern in den Weltkrieg, die verrückte Annexionshetze, das Hineinziehen Amerikas in die Front der Gegner und das jammervolle Ende? Wo ist außerhalb der Sozialdemokratie ein sichtbarer Wille zum Widerstand? Ist doch die kleine Mannschaft des Außenministers drauf und dran, zu den Nationalsozialisten überzulaufen— wo sind die Männer im Lager der Mitte, die halt gebieten? Herr C.u r t i u s? Ein Außenminister wird gesucht, der bereit ist, den Hanswurst der nationalsozialistischen Demagogie zu machen und seine Politik immer nach dem neuesten Agitationsschlager einzurichten. Mag er kommen, wir werden ihm den Empfang bereiten, den er verdient! Kein Landesverrätergeschrei und keine Drohungen werden die Sozialdemokratie daran hindern, den Bolksverderbern in den Weg zu treten. Nicht wir— wer aus innen- politischem Agitationsbedürfnis außenpolitische Katastrophen vorbereitet oder wer aus Feigheit ein solches Treiben duldet und fördert, der verrät Land und Volk!
Der falsche Lohse verurteilt. A00 Mark Geldstrafe.— Kränzen durch die Begründung verurteilt.
Das erweitene Schöffengericht Berlln-Mitte verurteilte gestern dsn Gutsbesitzerssohn G u t h unter Freisprechung im übrigen wegen Vorzeigung einer falschen Legitimation und Führung eines falschen Namens einem zuständigen Beamten gegenüber zu je 1 5 0 Mark Geldstrafe, für die im Nichteintreibungsfalle je zehn Tage Haft treten. In der Urteilsbegründung schilderte Amtsgerichtsrat Dr. Arndt ausführlich die Ereignisse des 13. Oktober und die Umstände, unter denen der Angeklagte sich als Landtagsabgeordneten Lohfe aus- gegeben hat. Das Gericht erachtete u. a. die Legitimierung des Angeklagten als Lohfe durch den Staats- minister Dr. Franzen alserwiefen. Von der Anklage des Landfriedensbruchs, hieß es in der Urteilsbegründung, fei der Angeklagte freizusprechen gewesen, da nicht festgestellt werden konnte, daß die Menschenmenge, in der sich der Angeklagte befand. mit vereinten Kräften Gewalttätigkeiten begangen oder den Polizeibeamten Widerstand geleistet hat. Freizusprechen sei auch der Angeklagte von der Zlnklage des Auflaufs gewesen: denn wenn objektiv auch ein Auflauf im Sinne des Gesetzes ge- geben gewesen sei, so konnten doch nicht die letzten Zweifel darüber beseitigt werden, ob auch subjektiv die Forderungen des Gesetzes vorhanden gewesen seien, nämlich ob der Angeklagt« die dreimalige Aufforderung, auseinanderzugehen, gehört habe.
Bei der Strafzumessung sei die Jugend des Angeklagten. seine Unbeftrastheit und auch der Umstand zu berücksichtigen, daß er. soweit er überführt worden war, auch ohne weiteres zugegeben hat. Deshalb brauchte nicht auf eine Gefängnisstrafe erkannt zu werden. Dagegen hat das Gericht in Würdigung der D r« i st i g k e i t seiner Dagegen hat das Gericht in Würdigung der Dreistheit feiner Handlungsweise, der großen Energie, mit der er bei seiner ursprünglichen Behauptung, der Landtagsabgeordnete Lohfe zu sein, verblieb, die h ö ch st z u l ä s s i g e G e l d st r a f e für angebracht gehalten. Der Staatsanwalt wird gegen das Urteil Berufung einlegen. Die Anklage wegen Landfriedensbruchs hatte er bereits in seinem Plädoyer fallen gelassen: dagegen hält er den Tat- bestand des Auflaufs für erwiesen. Er hatte gegen den Angeklagten eine Gesamtstrafe von zwei Monaten Ge- fängnis und vierWochenHaft beantragt. Das B e r- halten des Dr. Franzen bezeichnete er als einen in der Kriminalgeschichte einzig dastehenden Fall, es sei noch nie vorgekommen, daß ein Staatsminifter auf diese Weise einen Festgenommenen herauszupauken versuchte. Es unterliege keinem Zweifel, daß die Darstellung der Polizeibeamten den Tatsachen entspreche... Die Beweisaufnahme gestattete sich tatsächlich für den Staats- minister Franzen geradezu vernichtend.
Der Spion als Kronzeuge. Oeuffche Rationalsten im Bündnis mit dem Kriegsspihel.
Rosenberg, der Schwindelschwätzer. Verlogener Bericht aus dem Auswärtigen Ausschuß. Die Verhandlungen des Reichstagsausschusses für auswärtige Angelegenheiten find nach der Verfassung nicht öffentlich. Wer an ihnen teilnimmt, übernimmt damit die Derpflichtung, sie als vertraulich zu behandeln. Borsitzender des Ausschusses sst der Nationolsozialist F r i ck. Ihm liegt es daher auch ab, darüber zu wachen, daß das Recht des Ausschusses auf Vertraulichkeit seiner Beratungen gewahrt bleibt. Mitglied des Ausschusses ist u. a. der Fraktionskollege Fricks, Herr Rosen berg, Chefredakteur des„Völkischen Beobachters" in München . Run bringt der„Völkische Beobachter" unter der knallenden Balken-Ueberschrift„SPD. besorgt die Geschäfte der Franzosen durch Sabotage der deutschen Sicherheit" einen durch und durch verlogenen aber zweifellos von einem Ausschuß- Mitglied stammenden Bericht über die Verhandlungen vom letzten Donnerstag. In diesem Bericht wird behauptet, die Sozialdemokraten hätten „mit den Franzosen gegen die Einberufung der Abrüstungskonfe- renz im Frühjahr 1S81 gestimmt".„Durch die Ablehnung", heißt es weiter,„bewiesen die Novembermänner, daß sie auch weiter unsere national« Sicherheit im Interesse Frank. r e i ch s zu sabotieren beabsichtigen". Was ist die Wahrheit? Es handelte sich um den folgenden Antrag Dr. Frick, Ritter von Epp , Brückner, Göring , Gras zu Reoentlow, Hierl. Der Ausschuß wolle beschließen: die Reichsregierung zu ersuchen, auf der nächsten Mitte Januar beginnenden Tagung des Völkerbundsrats zu beantragen und mit allem Nachdruck darauf hinzuwirken, daß die seit Jahren fällige Allgemeine Abrüstungskonferenz nun endlich, spätestens im Früh- jähr 1S31 zusammentritt, und falls dem deutschen Verlangen, wie vorauszusehen. nicht entsprochen wird, genau wie Frankreich auch für Deutsch - land an Stelle der Abrllstungs- die Sicherheitsfrage voranzu- stellen und mit der deutschen Mehroerstärkung zu beginnen. Der Antrag will also gar nicht die Abrüstungskonferenz im Frühjahr, die schon technisch gar nicht möglich ist. Er sieht indes, daß die Forderung nach ihrer Einberufung abgelehnt werden muß, und er will diese Ablehnung als einen V o r w a n d, um mit oem Aufrüsten zu beginnen. Da die Sozialdemokratie gegen das Aufrüsten ist, hat sie selbst- verständllch gegen diesen Antrag gestimmt. Indes waren es nicht die Sozialdemokraten allein. Denn diese haben im Ausschuh nur 7 Stimmen, der Antrag aber wurde mit IS gegen 9 Stimmen abgelehnt. Eine Zweidrittelmehrheit hat sich geweigert, den nationalsozialistischen.Aberwitz mitzumachen. Der„Völkische Beobachter" verschweigt alle diese Tat- fachen. Er stellt die Dinge so dar, als ob es sich tatsächlich nur um\ eine mögliche und wünschenswerte Vorverlegung der Konferenz ge-; handelt hätte und als ob die Sozialdemokratie im Interesse der Franzosen bagegengestimmt hätte.:... 1
Die Genossen Crispien und Dittmann haben gegen zwei Thüringer Zeitungen wegen Verleumdung geklagt. Eine von ihnen, das„Hildburghauser Kreisblatt" hat, wie wir berichteten, loyal er- klärt, daß sie das Opfer einer Verleumdung geworden sei, die der Nazistudienrat Hille in einer Versammlung ausgesprochen hat. Sie hat mit Bedauern die von ihr weiterverbreitete Per» leumdung zurückgenommen. Das andere Blatt dagegen, die Hild» burghauser„Dorfzeitung", sucht Ausflüchte zu machen und will an» geblich den Wahrheitsbeweis sichren. Hinter diesem Manöver steckt die Nationalsozialistische Partei! Auf Veranlassung des Genossen Landsbcrg, des Anwalts der Kläger Crispien und Dittmann, ist von der Staatsanwaltschaft in Meiningen im öffentlichen Interesse Beleidigungsklage gegen Studienrat Hille erhoben worden wegen seiner Be- haupwng, Crispien und Dittmann hätten im Kriege mtt dem französischen Offiziersspion Crouzier-Desgranges in Beziehungen gestanden. Vor dem Schöffengericht Meiningen war für den 2. Dezember bereits Termin in der Sache angesetzt. Er wurde aufgehoben, weil der Verteidiger Hilles, der national- sozialistische Reichstagsabgeordnete' Frank II, München , darum ersucht hatte, mtt der Begründung, er habe die Sache erst vor einigen Tagen übertragen bekommen und sei durch die Einberufung des Reichstags auf den 3. Dezember ver» hindert, den Termin wahrzunehmen. In der Verhandlung der Privat klage Crrspiens und
Dittmanns gegen den Redakteur Hondorf von der„Hildburg- hauser Dorfzeitung" vor dem Amtsgericht in Berlin-Mitte , kam nun dessen Berliner Verteidiger damit heraus, daß er seine Be- weisanträge im Einvernehmen mit dem Bert ei- diger Hilles stelle. Durch diesen habe er die Versicherung erhalten, daß der französische Ossiziersspion Crouzier- Desgranges bereit sei, als Zeuge vor dem deutschen Gericht zu erscheinen. Demnach müssen intime Beziehungen zwischen den deutschen Tlaklonassöziälisten und dem französischen vffizlersspion bestehen. Ein geradezu groteskes Bild, daß ein französischer Spion von deutschen Nationali st en als Kronzeuge gegen Deutsche ausgespielt wird! Der beklagte Redakteur Hondorf ist das willenlose Werv» zeug der hinter seinem Verleger stehenden nationalsozialistischen Drahtzieher. Die Beweis- antrage seines Verteidigers, die dieser in Schreibmaschinendurch- schlagen produzierte, und offenbar selber noch nicht einmal.richtig durchgelesen hatte, stammten au, der Küche des Nazi- a n w alts F r a n k II- München. Es sst offenbar, daß die Na- tionalsozialisten diesen Prozeß, in dem es sich um den Beweis für eine ganz korrekte ehrabschneiderische Behaup. tung handelt, zu einer allgemeinen Hetze gegen die Politik der Sozialdemokratie im Kriege mißbrauchen möchten. Darum ihre Ablenkungsmanöver, mit denen sie aber kein Glück haben werden.
Was der„Völkische Beobachter" damit getan hat. ist etwas, was sich unter anständigen Menschen überhaupt nichl entschuldigen läßt—— es sei denn durch Geisteskrankheit. Wir haben uns darauf beschränkt, Tatsachen aus der vertrau- lichen Sitzung des Auswärtigen Ausschusses nur insoweit mitzu- teilen, als dies zur Abwehr notwendig war. Wird aber die Ver- traulichkeit von der anderen Sest« beharrlich durchbrochen, so be» hatten wir uns vor, einmal noch ganz ausführlich zu erzählen, in welcher Weise die Nationalsozialisten im Auswärtigen Ausschuß zum Wohle des deutschen Bolkes„Politik" treiben.
Offiziersehre. Oeoischer Offisiersbund gegen Mücke. Kapitänleutnant von Mücke hat in der Berliner Sportpalast - Versammlung einige Nationalsozialisten porträtiert. Aus Rache erläßt der Deuffche Offiziersbund folgende Ankündigung: „Der Kapitänleutnant a. D. vonMückehatin einer öffent- lichen Versammlung am IL. Dezember im Sportpalast in seinen Ausführungen die Ehrenanschauungen des alten Offizierkorps in schwerster Weise verächtlich zu macheu versucht. Der Deutsche Offiziersbund wird Herrn Kapitänleutnant a. D. von Mücke hierfür zur Verantwortung ziehen." Schade, daß dies Ehrenoerfahren nicht öffentlich ist! So müssen wir uns zunächst auf die Bemerkung beschränken, daß es offenbar mit den Ehrenanschauungen des Offiziersbundes nicht vereinbar ist, daß einer mannhaft seine Meinung gegen eine rechtsradikale Partei sagt, daß aber die Roheit und das Lande knechtstum eines Kil- l i n g e r, der sich öffentlich der Mißhandlung von Frauen rühmt, keinen Verstoß gegen diese Ehrenanschauungen darstellt!
Hitler und Hugenberg . Aber?ieve''t ow bedankt sich. Hugenberg läßt seine Presse eifrig uni Hitler werben, er läßt den seligen Reichsausschuß für das Hugsnberg-Begehrsn lockend an die Wand malen. Der Redner der Hugenberg -Fraktion In der letzten Reichstagsdebatte schwärmte von„einem Deutschland Hugenbergs und Hitlers ". In diese Schwärmerei fährt der Nationalsozialist R e v e n t l o w kurz und grob hinein:„Wir bedanken uns." „Das nennt man Charakter, DNVP.-Charakter, und deshalb sind wir kurz darauf eingegangen, im Gedanken auch an das Wort von. den Freunden, vor denen.Gott uns bewahren möge, während wir uns sonst vor unseren
Feinden schon selbst schützen könnten. Wir sind für klar« Verhält- nisse, auch in der Politik, und gerade in der Politik, und die gütige Zusammenstellung:„Hugenberg und Hitler " anerkennen wir nicht, sie paßt uns nicht, auch deshalb nichl, weil sie in sich unwahr ist. Deutschnationalen Kapi- t a l i s m u s und nationalen Sozialismus kann man nicht miteinander vereinen, diese beiden können nicht miteinander. sondern nur gegeneinander arbeiten, unbeschadet von llebereinstimmungen in unmittelbar vorhandenen oder sich aus- werfenden rein nationalen Fragen." Herr Goebbels hat seinerzeit noch drastischer abgewinkt, als er von dem„stinkenden Misthaufen" der bürgerlichen Par- teien sprach. Herr Hugenberg wird also bei seinem Werben kein Glück haben— es sei denn, daß Reoentlow, Goebbels und ihre Fraktion aus den Weg des Herrn Otto S t r a h e r geschickt würden. Oer FaN BuNerjahn. Ausklärung durch Wiederau'nobmeverfahren erforderlich. Herr Paul von Gontard bestreitet in einer öffentlichen Erklärung, daß seine Aussagen im Bullerjahn-Prozeß zu der Verurteilung Bullerjahns geführt hätten. Der Fall Bullerjahn erregt die Oeffenllichkeit immer stärker. Es muß endlich Klarheit geschaffen werden! Die Möglichkeit dazu ist gegeben, wenn das Wiederaufnahmeverfahren in Gang kommt. Es ist dem Ansehen der deutschen Justiz dienlicher, wenn das Wiederaufnahmeverfahren durchgeführt wird, als daß innerhalb und außerhalb Deutschlands die Meinung immer mehr an Boden ge- winnt, daß auch die deutsche Justiz ihren Fall Dreystis hat. Es wäre die Ausgabe des Reichsjustizministeriums, dafür zu sorgen, daß der Beunruhigung der Oeffentlichkeit, die zum Zweifel an der Rechtsprechung führt, durch völlige Aufklärung ein Ende gemacht wird! Alarmzulagen für die Schutzpolizei. Eine verfüguna ves preußischen I nenminisiers. Gemäß den Ankündigungen des preußischen Innenminister» Seoering hat das preußische Staatsministerium eine Verfügung erlassen. die die Frag« der Alarmzulagen der Schutzpolizei regelt In dieser Verfügung wird bestimmt, daß die Schutzpolizei im Falle erhöhter Bereitschaft«in Mehr von 69 Proz. der Verpflegungssätze erhält. Außerdem erhalten bestimmte Kategorien der Schutzpolizei , der Landjägerei und der Kriminalpolizei ab l. Februar 1931 eine monatliche Zulage von 6 M. pls. Beitrag zu den Fahr- und Der- pflegungsgelderm j