Nr. 597 47. Jahrgang
1. Beilage des Vorwärts
Sonntag, 21. Dezember 1930
Weihnachten ohne.
Hofnunals
Geroiß, es geht jetzt in diesen Vorweihnachtstagen viel freudiges Erwarten und sehr viel Hoffnung durch die Welt. Es hat jetzt alles sein besonderes Gesicht vor dieser, in tausendfarbiges Licht getauchten bunten Kulisse Weihnachten. Alle Dinge, die man jetzt tut, und die sich um uns bemegen, haben irgendroie damit zu tun. Und selbst, wenn es jetzt täglich zehn-, zwölfmal an der Tür läutet, und jedesmal aus ungewissen Konturen heraus eine Hand sich bittend ausstreckt, schwebt es ungesprochen zwischen uns:„ Weihnachten!"
Auch die Aerm sten, Existenzlosen, Entwurzelten können nicht einfach diese Tage ausstreichen. Sie würden es tun, fönnten sie es. Aber so müssen sie sie hinnehmen, wie eine unverschuldete Strafe. Ja, wie eine Strafe. Früher ging es immer noch, da hatte man noch die kleinwinzige Chance, auf dem Weihnachtsmarkt ein paar Mark zu verdienen. Es wurde eben versetzt, was zu versetzen ging, und mit dem Erlös hatte man dann einiges von dem billigen Weihnachtstand eingekauft und der Berdienst reichte dann gerade so weit, daß man über die Weihnachtsfeiertage hintam, wenn einem nicht zuviel ware liegen geblieben war. Jetzt ist der Weihnachts markt ein großes Risiko geworden. Wer hat denn all den leichten Kram, den man martweise einkaufen konnte, gefaust? Die armen Leute, die selbst erst den Groschen umdrehen mußten, ehe sie ihn ausgaben. Und heute haben sie auch den Groschen nicht mehr übrig.
Wieder der schwere Gang zum Leihhaus.
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Da heißt es eben: Was läßt sich nun noch aufs Leihhaus bringen, um menigstens über Weihnachten nicht das Brot mit dem Zentimetermaß messen zu müssen." Wertgegenstände sind ja nicht mehr, da, schon lange verfeht und verkauft, und das Staatliche Leihhaus nimmt nicht alles was man bringt. Und was die Leute trotzdem alles angeschleppt bringen, wie sie sich zögernd an den Schaltern anstellen mit den Paketen, unförmigen Bündeln und Koffern; alte Leute mit grauen Gesichtern und roten Augenxändern, Frauen mit der leeren Einkaufstasche in der freien Hand, junge Menschen mit den mißtrauischen Augen einer om Schicksal zerpflückten Jugend. Jedesmal, wenn om Schalter vorne jemand abgefertigt ist, geht ein Rascheln wie von weltem Laub durch die Reihe, das Packpapier. Jedesmal, wenn die Reihe sich vorwärts schiebt, atmet einer auf, geht zur Bank und wartet, bis seine Nummer aufgerufen wird und er sein Geld bekommt, oder es löst sich einer da vorne vom Schalter mit leeren Augen, wie verprügelt ja, wirklich, man fann nicht anders sagen-, mie ver prügelt und geht, der letzten Hoffnung beraubt, dem Ausgang zit. Am Schalter hat eine Frau ein Rolltu ch auseinandergeschlagen, Tischtücher kommen zum Vorschein, Bettbezüge, Häkeldecken, Leibwäsche und Handtücher. Aengstlich verfolgen die Augen der Frau die Manipulation der genauen Untersuchung. Leibwäsche und Handtücher werden gleich zurückgeschoben: Lohnt nicht mehr!" Für das andere drei Mark.
* Bird jetzt nicht belichen."
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Finterher tommt ein alter Mann, öffnet zitternd einen Geigenkasten. Acht Mark für die Geige. Der alte Mann möchte gern zehn.„ Geht nicht", zuckt der Beamte die Achseln. Dann fommt ein Anzug: vier Mart; ein Bafet fabrikneuer Wolldecken: zwölf Mart. Dann ein Koffer mit Sommergarderobe. Achselzucken: Bird jezt nicht beliehen!" Die hohlwangige junge Frau ist im ersten Moment starr, sie fann es nicht so schnell begreifen, daß sie hier eine halbe Stunde angestanden, gehofft und gerechnet hat, und sie versucht es noch einmal: Aber das ist doch alles ganz neu!" Aber es nüßt ihr nichts, fie muß den Platz am Schalterfenster räumen für den Nächsten. Eine Frau rät ihr, doch in ein Privatleihhaus zu gehen. Aber da war sie schon, in mehreren; die nehmen es jetzt auch nicht. Sie wollte es schon verkaufen beim
Trödler, aber nicht einmal die nehmen es jegt, und sie hätte doch so gerne ihren beiden Mädelchen und dem Mann, der jetzt zwei Jahre ftellungslos ist, mit einem richtigen Effen eine Weihnachtsfreude
gemacht.
Am Schalter geht es weiter: Anzüge, Mäntel, Grammophone, Betten. Draußen frafehlt der Weihnachtsmarkt. Und hier sitzt ein altes Mütterchen auf der Bank und weint ratios, weil man ihr den großen gerahmten Deldruck, den sie bis hierher geschleppt hat, nicht beleihen will. Auch die Brivatpfandleiher, die sonst manchmal doch ein Auge zudrücken, wenn sich ein Gegenstand doch schon
minderwertig erweist, müssen jetzt ein hartes Herz zeigen, denn ihre Räume sind vollgestopft bis obenhin. Bei den Versteigerungen wird nichts geboten, und mit dem Verkauf ist es jetzt auch so eine Sache. Um ein bißchen Gatteffen zum Fest.
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Und jetzt in diesen Tagen kann man es den Sachen ansehen, daß fie meist das letzte Veräußerbare sind, womit die Leute kommen, und immer wieder heißt es:„ Nur bis nach Weihnachten, nur die paar Tage!" Nur um ein bißchen Sattessen zum Fest. Ein junger Mann zieht Rock und Weste aus, den dünnen Paletot wieder über das Hemde:„ Nur bis Heiligabend, taufen kann!"" Und draußen zeigt das Thermometer unter Null. damit ich Lametta ein Ja , überall breitet sich das Weihnachtsfest über Menschen und Dinge. In der Voitsfüche haben sie nun auch einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Einen schönen Weihnachtsbaum. Und es gibt Linsen. Am ersten Feiertag, wenn geöffnet wird, gibt es sicher
Nudeln. Aber man möchte heute noch nicht daran denken, was morgen ist, oder übermorgen, es wird einem so weich zumute bei dem Tannenduft, daß man die Augen zudrücken und an den strahlenden Weihnachtsbaum der Kindertage denken möchte. Und vielen hier, die einen langen Weg über viele Schicksale bis hier in die Bolfsküche gegangen sind, liest man diesen Gedanken aus den müden Augen. Sie bleiben heute alle viel länger, und löffeln langfamer. Ein Weihnachtsbaum, das ist ja in dieser Umgebung ein Ereignis. Was Wunder, daß zwischen dem Löffelgeklapper nur ja immer wieder Weihnachten und wieder Weihnachten aus den Gesprächen aufflingt. Aber es flingt refigniert, man hat ja nichts zu erwarten von diesem Weihnachten als eben diesen Weihnachtsbaum, der zwischen fahlen Tischen, klappernden Schüsseln und löffelnden Menschen glitzernd steht, von gebefreudigen Händen hingestellt. Man erwartet auch nichts mehr; die Alten nicht, die mit
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Versteigerung
verfallener Pfänder
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einer kleinen Rente gerade noch den Hunger von sich halten können, und auch die Jungen nicht, die sich Tag für Tag abhezen nach einem Erwerb, die sich täglich gewaltsam hochreißen müssen, um nicht in Hoffnungslosigkeit zu versinken. Aber heute steht ein Weihnachtsbaum hier, wie ein Fremdling in dieser Umgebung.
Weihnachten nimmt fein Ende!"
Auch in der Herberge zur Heimat haben sie einen Weihnachtsbaum aufgestellt. Man fann sich nicht verkriechen vor diesem Weihnachten, das sich so schrecklich breit macht und einfach alles mit seinem Licht und seinem Lärm überflutet. Was heißt schon Weihnachten, wenn man feine Bleibe hat, und treppaus, treppab laufen muß, um die paar Groschen zusammenzubetteln, die man braucht, um den Hunger zu stillen und ein Bett für eine Nacht bezahlen zu können. Wo man auch hinkommt, war schon fünf Minuten vorher jemand da, hat Weihnachtskarten verkauft, ober selbstgemalte Bilder, aber meistens machen die Leute schon gar nicht mehr auf. Was bleibt einem da weiter übrig, als die Sachen vom Leibe herunter zu verkaufen, gegen alte Lumpen und ein Draufgeld umzutauschen. Es warten hier schon genug darauf, solche Geschäfte zu machen. Von draußen kommen viele, selbst arme Teufel, aber doch nicht so arm, doch noch so glücklich, einen halbwegs anständigen Anzug für ein paar Mart zu erstehen, oder einen Paletot für Weihnachten erhandeln zu fönnen. Was tutdesischen, wenn man nun ohne Mantel herumlaufen muß, man hat Geld in der Tasche und hält es zur Not bis über Weihnachten aus, braucht hier nicht heraus, auf die Straße zu den Menschen mit den weihnachtsfrohen Gefichtern, vor denen man die Augen niederschlagen muß. Da in der Ecke steht schon der geputzte Weihnachtsbaum, draußen wird es Weihnachten sein hier ist nur Hoffnungslosigkeit!-Weihnachten ohne Hoffnung.
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Filmbrand im Lustspielhaus
Aufregung in der Friedrichstraße/ Verkehr vorübergehend gesperrt
Ein gefährlicher Filmbrand entstand gestern abend in einer blieb. Die Greisin hatte vor einiger Zeit schon einmal versucht, Kopieranſtalt im Hause Friedrichstraße 236. Die Räume ihrem Leben ein Ende zu machen; damals fonnte sie an ihrem Vorliegen im Seitenflügel des Gebäudes, in dem sich bekanntlich auch haben noch rechtzeitig gehindert werden. Das Motiv zur Tat iſt das Lustspielhaus befindet. Die Flammen fanden an Filmen, noch unbekannt. die explosivartig aufloderten, überaus reiche Nahrung. Als die Feuerwehr unter Leitung des Oberbranddirektors Gempp anrückte, brannten mehrere Räume bereits lichterloh und aus den Fenstern schlugen meterlange Stichflammen hervor. Troh des Umfanges, den der Brand gewonnen hatte, gelang es, durch ftarkes Wassergeben aus fünf Schlauchleitungen, schon nach verhältnismäßig furzer Zeit des Feuers Herr zu werden. Die Aufräumungsarbeiten dauerten bis gegen Mitternacht.
Das Feuer hatte in der belebten Gegend eine große Neugierigen schar angelockt. Zeitweise mußte der Verkehr in der Friedrichstraße durch die Polizei gesperrt werden. Nach den bisherigen Fest stellungen scheint der Brand durch Selbstentzündung eines Filmstreifens beim Kleben entstanden zu sein.
Todessprung einer Fünfundachtzigjährigen.
Aus dem vierten Stockwert des Hauses Gra e gstraße 23 in Treptow stürzte sich gestern die 85jährige Frau Maria Bed auf die Straße hinab, wo sie mit zerschmetterten Gliedern tot liegen
Arsenik im Mittagessen.
Bergiftung einer Familie von fünf Köpfen.
Priem am Chiemsee , 20. Dezember.( Eigenbericht.) Auf eine bis jetzt ungeklärte Weise brachte die 16 Jahre alte Tochter des Gastwirts Bartl in Thalkirchen, Gemeinde Hirnsberg, beim Kochen des Mittagessens Arsenik in die Knödel. Unmittelbar nach dem Effen stellten sich bei sämtlichen Familienangehörigen schwere Bergiftungserscheinungen ein. Die
Tochter selbst und ein 15 Jahre alter Sohn erlagen bereits am Nachmittag der Vergiftung, während die Eheleute Bartl schwerkrant daniederliegen. Das fünfte Familienmitglied, ein Schulfnabe, hatte nar starte Schwindelanfälle in der Schule und wurde vom Lehrer deshalb nach Hause geschickt, wo das Kind seine älteren Geschwister bereits auf dem Sterbebett vorfand.
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