Rr. 597 47. Jahrgang
4. Beilage des Vorwärts Sonntag, 21. Desember 1930
Solum się
Reichsbahn- Bureaukratie diftiert.
Kurzarbeit mit Leberstunden.
Die Bureaukraten der Hauptverwaltung der Reichsbahn haben| bis zum 31. März 1931 pro Woche eine Feierschicht, insgesamt 150 000 Eisenbahner zur Kurzarbeit verurteilt, während da- dreizehn, einzulegen. neben gleichzeitig 54 und 60 Stunden die Woche ge= arbeitet werden muß.
Die Bureaukraten der Hauptverwaltung der Reichsbahn ver. langten von den Eisenbahnergewerkschaften, dieses System der Syftemlosigkeit auch im neuen Jahre vertraglich festzulegen. Das haben die Gewerkschaften abgelehnt und geeignete Gegen
Dorschläge gemacht.
öffnen.
Aber die Bureaukraten der Hauptverwaltung der Reichsbahn wollen lieber die Demonstration ihrer Unfähigkeit fortsehen, sind ja doch nur die Eisenbahner die Opfer, als der Vernunft die Tür zu Die Bureaukraten der Hauptverwaltung der Reichsbahn haben deshalb, unter Verletzung des Vertragsrechts, die Fortsetzung der Berkoppelung von Ueberarbeit und Kurzarbeit von sich aus dit tiert. Dazu erhalten wir von den Eisenbahnergewerkschaften folgende
Erklärung:
Die Unterhändler der Gewerkschaften waren nicht in der Lage, diesem Vorschlage zuzustimmen, weil im Betrieb und Berkehr noch Ueberzeitarbeit bis zu 60 Stunden wöchentlich geleistet wird. Der Vorschlag der Hauptverwaltung war ferner deshalb nicht annehmbar, weil eine große Zahl der betreffenden Arbeiter bei dem nicht erreicht. Auch eine Bermittlungsverhandlung des Reichsdadurch eintretenden Lohnausfall das Existenzminimum arbeitsministeriums brachte fein annehmbares Ergebnis.
Die Deutsche Reichsbahn - Gesellschaft hat nunmehr, ohne den dafür zuständigen Stellen der vertragschließenden Organisationen Gelegenheit zur abschließenden Stellungnahme zu geben, einseitig die Leistung von Feierschichten in den Werkstätten und der Bahnunter elffung von Feierschichten in den Werkstätten und der Bahnunterhaltung angeordnet.
Die vertragschließenden Eisenbahnerorganisationen erheben gegen biesen Tarifbruch schärfsten Protest. Sie empfehlen ihren Mitgliedern, die von der Berwaltung verlangte Empfangsbestätigung ber Feierschichtenanordnung nicht zu verweigern, da sie feine Rechtsansprüche begründet. Die unterzeichneten Organisationen werden die Rechte ihrer Mitglieder mit allen Mitteln zu wahren wissen.
Die Hauptverwaltung der Deutschen Reichsbahn- Gesellschaft forderte von den Tarifgewerkschaften die Zustimmung, in den Reichs- un bahnausbesserungswerken und der Bahnunterhaltung vom 1. Januar
Die seelische Not der Erwerbslosen . Schüßt die Erwerbslosen vor der Berzweiflung! Die namhaftesten Verbände des Volksbildungswesens, darunter
der Reichsausschuß für sozialistische Bildungs
Einheitsverband der Eisenbahner Deutschlands . Gewerkschaft Deutscher Eisenbahner. Allgemeiner Eisenbahner- Berband.
15 Proz. Lohnabbau. Borschläge der Holzindustriellen.
30. September einte tarijpertragliche Regelung der Entlohnung nicht
besteht dem arbeit, haben zusammen mit dem Reichsausschuß der mehr. Neben der Absicht, die hohen Löhne der Holzarbeiter auf ein deutschen Jugendverbände sowie den Spizenorganisationen erträgliches Maß zurückzuführen, erfolgt die Tariffündigung zu der Gewerkschaften, darunter der Allgemeine Deutsche Gedem 3wed, einmal festzustellen, welche von den beiden Unternehmerwertschaftsbund und der Allgemeine Freie Ange- gruppen im Berliner Holzgewerbe von überwiegender Be frelltenbund, eine Eingabe an die Reichsregierung gerichtet, in der eindringlich auf die seelische Not der Erwerbslosen , insbesondere der Jugendlichen, aufmerksam gemacht wird.
Die Verbände meisen darauf hin, daß die Maßnahmen zur Linderung der schlimmsten Folgen der Erwerbslosigkeit sich sowohl auf die materielle Hilfe mit Nahrung, Kleidung und Aufenthaltsräumen als auf die seelische Betreuung der Erwerbslosen erstreden muß.„ Der Arbeitslose," so heißt es in der Eingabe, ,, leidet nicht nur unter dem Mangel an materiellen Mitteln, sondern er verfällt, je länger' die Arbeitslosigkeit dauert, desto mehr einer tiefen Depression, tommt sich un nüz und aus der Gesellschaft ausgestoßen por, wird stumpf und inattiv und erliegt nur zu leicht friminellen Bersuchungen. Er verliert die Kraft, die furchtbare Zeit der Arbeitslosigkeit zu überstehen, und Fälle von völliger Berzweiflung häufen fich."
Seutung" ist und den Ten in der Lohnpolitik angeben soll. Da dieser Organisationsstreit der Unternehmer noch nicht endgültig entschieden werden konnte, die Holzarbeiter auch jeden Lohnabbauversuch in den Betrieben zurüdgewiesen haben, besinnt man sich im Unternehmerlager wieder auf die mit der Tariffündigung verbundene Absicht der Lohnsentung.
Die eine Unternehmergruppe, die Babeho", hat der Ortsverwaltung des Holzarbeiterverbandes den Entmurf eines neuen Lohn abkommens unterbreitet, das einen um 15 Broz niedrigeren Durchschnittslohn enthält, als den bisher gezahlten. Der Facharbeiter würde nach diesem Borschlag nur noch einen Durchschnittslohn von 1,11 M. Die Stunde erhalten und fich mit einem un rund 9 M. geringeren Wochenlohn als jetzt begnügen müssen. Wir wissen nicht, ob dieser Vorschlag ernst gemeint ist, und ob sich die Unternehmer der Hoffnung hingeben, daß die Holzarbeiter darauf eingehen werden. Die entschiedene Abwehr der Berliner Holzarbeiter gegen jeden Lohnabbauversuch in den Betrieben sollte eigentlich bei den Unternehmern eine derartige Illusion unmöglich machen.
Zur Abhilfe dieser seelischen Not werden daher planmäßige Maß. nahmen zur Betreuung der Arbeitslofen, vor allem der jugendlichen, vorgeschlagen. Diese Maßnahmen sollen in der Hauptfache in regel mäßigen Veranstaltungen für Erwerbslose bestehen und von den Arbeits- und Jugendämtern in Verbindung mit den ge- Die verantwortlichen Körperschaften des Holzarbeiterverbandes nannten Organisationen durchgeführt werden. Vorgeschlagen werden haben zu dem Vorschlag der Bahebo" zwar noch nicht Stellung geLichtbildervorträge, Lesenachmittage, Kurse, Filmvorführungen, nommen, es ist aber nicht anzunehmen, daß sie diesen Vorschlag überLaienspiele. Rundfunkveranstaltungen, Museumsführungen für Erhaupt als eine Grundlage für Verhandlungen zum Abschluß eines neuen Lohnabkommens ansehen werden. Die Ortsverwaltung des werbslofe, Tagesbeschäftigungen von erwerbslosen Jugendlichen in Jugendheimen, wobei nach Möglichkeit eine bescheidene Verpflegung Holzarbeiterverbandes jedenfalls fordert ihre Mitglieder bereits auf, au gewähren ist. Die Reichsregierung wird gebeten, zur Durch chonjeßt auf dem Bosten zu sein, und jeden Verfuch der führung dieser Notstandsaktion Mittel zur Verfügung zu stellen. Unternehmer, ihre Abbaupläne in die Tat umzusetzen, energis Der begrüßenswerte Schritt der genannten Verbände pact ein Widerstand zu leisten. Zugleich wird an die unorganisierten Problem an, das mit dem zunehmenden Umfang der Arbeitslosigkeit Holzarbeiter der Appell gerichtet, das Vorgehen der Unternehmer immer brennender wird und für dessen Lösung gesorgt werden muß. nicht unbeachtet zu lassen und sich in die gewerkschaftliche Front einzuHoffentlich gelingt es der Regierung, einen Weg zu finden, der eine reihen, um die Absichten der Unternehmer noch wirksamer als bisher befämpfen zu fönnen.. rasche und wirksame Hilfeleistung ermöglicht.
Spaltungsgegner ausgeschloffen!
Weimar , 20. Dezember.( Eigenbericht.)
Die drei tommunistischen Gemertfchaftsangeft elften des Schuhmacherverbandes, Ortsgruppe Erfurt , Model, Ulrich und Mehner, sind aus der Kommunistischen Partei ausgeschloffen worden. Sie hatten sich geweigert, die Politif der RGO., der Gewerkschaftsspaltung zum Leitstern ihrer gewerfschaftlichen Tätigkeit zu machen.
fungen ging dahin, die Löhne sofort um 3 Pro 3. und ab 1. Februar um meitere 5 Pro3. abzubauen. Die Urlaubsbestimmun gen des Manteltarifvertrages verlangten die Unternehmer so meit eingeschränkt, daß der höchsturlaub anstatt acht Tage nur noch sechs Tage betragen sollte. Zuvor hatten die Unternehmer einen Bergleichsvorschlag des Gewerberats Körner als nicht weitgehend genug abgelehnt, der ab 1. Januar einen Lohnabbau um 3 Proz. und für den Fall, daß während der Vertragsdauer die Reichsindegziffer der Lebenshaltungskosten unter 140 Bunfte finft, um weitere 3 Proz. vorsah. Die Karosseriearbeiter hatten diesem Vergleichsvorschlag zugestimmt, da sie infolge der außerordentlich schlechten Beschäftigungslage feine Möglichkeit sahen, auf anderem Wege zu einem besseren Neuabschluß des Tarifvertrages zu kommen. Bom Schlichter ist den Parteien nunmehr ein neuer Berbesagt: Das alte Lohnabkommen gilt ab 10. Dezember weiter, mit gleichsvorschlag unterbreitet worden, der im wesentlichen folgendes der Maßgabe, daß sich die Lohnfäße und Akkordbasen um 3 Proz. mindern. Ab 4. Februar tritt für die Facharbeiter, Hilfsarbeiter und Arbeiterinnen eine weitere Senfung um 3 Pro3. ein. Sollte während der Vertragsdauer, die bis zum 30. Juni 1931 feſtgelegt ist, die Reichsinderziffer der Lebenshaltungskosten unter 140 Punkte sinken, so sollen die Löhne nochmals um 1 Proz. reduziert werden. Der Manteltarifvertrag soll nach dem Vergleichsvorschlag wieder in Kraft gefeßt werden, jedoch mit einigen Aenderungen in der Urlaubsregulierung. Bei den ersten drei Staffeln follen zwei Tage weniger Urlaub gewährt werden als bisher und bei den übrigen Staffeln ein Tag weniger, so daß der Höchsturlaub nur noch fieben Tage beträgt.
Die Erklärungsfrist für diesen Bergleichsvorschlag lief gestern ab. Die Unternehmer haben dem Vorschlag zugestimmt, desDie Zustimmung der gleichen auch die Karosseriearbeiter. Karosseriearbeiter erfolgte in der Hauptsache, weil sie es für ratfamer hielten, bis zum Beginn einer besseren Konjunktur lieber unter schlechteren tariflichen Bedingungen zu arbeiten, als durch völlige Tariflosigkeit den Unternehmern die willkürliche Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen zu überlassen.
Nachklang aus der Haller- Revue.
Entschädigung friftlos entlaffener Musiker.
Da die städtische Theater- und Baupolizei unterm 31. Jamunar 1926 aus feuer- und ficherheitspolizeilichen Gründen eine Umänderung nerschiedener Einrichtungen des Theaters im Admiralspafaft verlangte und zugleich die Schließung androhte, hat der Direktor Haller die Musiker am 15. Februar 1929 durch fristlose Kündigung entlassen.
Die Musiker Magten. Der Beflagte wandte ein, daß es sich bei der erwähnten Verfügung und der dadurch notwendig gewordenen Schließung um ein pon außen herein wirkendes Ereignis höherer Gewalt gehandelt habe, das ihn zur fristlosen Kündigung berechtigte und auch der Arbeitnehmerschaft die Betriebsgefahr aufgebürdet habe.
Die Kläger verlangten Gehalt bis zum 15. März, teilweise bis 30. März 1929. Das Ereignis sei dem von dem Beklagten zu vertretenden Gefahrentreis entsprungen. Sie haben in erster Instanz Zahlung von 16 495 Mart nebst Zinsen verlangt. Das Arbeits gericht hat jedem einzelnen eine bestimmte Summe zugesprochen. Das Landesarbeitsgericht in Berlin hat auf die alleinige Berufung des Beklagten eine mitgeforderte Bergütung für Urlaub und Freizeit für unberechtigt gehalten, deshalb der Gesamtsumme nach den Beklagten zu einem geringeren Betrag verurteilt, jedoch infolge anderweitiger Verteilung einzelnen Klägern mehr zugesprochen, als dies vom Arbeitsgericht geschehen
war.
Gegen dieses Urteil hat der Beklagte Revision eingelegt. In der Verhandlung vor dem Reichsarbeitsgericht zog der Beklagte wegen vollständiger Aussichtslosigkeit auf Erfolg die Re= pifion zurüď.
Das Haus Moffe.
Sozialpolitif nach neuem Stil.
Seit Jahren bemüht sich der Zentralverband der Angestellten um die Schaffung eines Tarifvertrags für die faufmännischen Angestellten im Berliner Zeitungsge=
Wieder Tarifvertrag im Karosseriebau. merbe. Giner der wichtigsten Aniäſſe dieſer Tarifbewegung maren
Erhebliche Verschlechterungen.
3m Berliner Rarosseriegemerbe ist es jetzt zum Abschluß eines neuen Lohn- und Manteltarifvertrags ge fommen, nachdem sich die Verhandlungen darüber bereits seit Anfang Oftober hingezogen haben.
Der Borschlag der Unternehmer in den lezten direkten Berhand
die zum Teil umhaltbaren Zustände bei der Firma Mosse . Gibt es doch in diesem demokratischen" Verlag Abteilungen, in denen die Angestellten geringere Monatsbezüge haben als zum Beispiel die Berg arbeiter im Waldenburger Revier, über deren Hungerlöhne seinerzeit gerade im„ Berliner Tageblatt" bewegliche Klage geführt wurde.
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