Nr. 107.
Erscheint täglich außer Montags. Preis pränumerando: Biertels jährlich 8,30 Mart, monatlich 1,10 Mt., wöchentlich 28 Pfg. fret tn's Haus. Einzelne Nummer 6 Bfg. Sonntags- Nummer mit illuftr. Sonntags- Beilage Neue Welt" 10 Bfg. Post- Abonnement: 8,30 Mt. pro Quartal. Unter Kreuzs band: Deutschland u. Desterreich Ungarn 2 M., für das übrige Ausland 3 Mt. pr. Monat. Eingetr. tn der Post Zeitungs- Preisliste für 1896 unter Nr. 7277.
=
Vorwärts
13. Jahrg.
Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitgeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Berfammlungs- Anzeigen 20 Bfg. Inserate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonnund Festtagen bis 9 Uhr vormittags geöffnet.
Fernsprecher: Amt 1, Nr. 1508 Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Freitag, den 8. Mai 1896.
Expedition: SW. 19, Beuth- Straße 3.
90350
Der Tribut an die Hausbeliker. den man Jahr aus Jahr ein an den Hausbefizer zu bezahlen ist er gefunten. Neben der direkten Ausbeutung des Arbeiters, die hat. Ein Viertel des Einkommens geht durchschnittlich an darin besteht, daß der Arbeiter einen Lohn bekommt, der hinter diesen ab. Das hindert ihn freilich nicht, seinerseits einen dem von ihm produzirten Werth weit zurücksteht, giebt es in der Mordsspektakel zu erheben, wenn die Grundsteuer oder die Eins tapitalistischen Gesellschaft noch zahlreiche Formen der indiretten, tommensteuer auch nur um den Bruchtheil eines Prozentes er deshalb jedoch nicht minder wirksamen Ausbeutung der Arbeiter- höht werden! Klasse. Und die schamloseste und brutalfte der mittelbaren Ausbeutungsformen ist zweifellos der Tribut, der an den städtischen Hausherrn zu entrichten ist.
Man sieht, feine Steuer ist so drückend, als diefer Tribut, gewachsen, bei den höheren Ginkommensklassen dagegen
Der Miethszins besteht allerdings zum theil aus einer Entlohnung der Kosten der Erbauung und des Unterhalts des Hauses, aber nur zu einem winzig geringen Theil. In der Hauptsache aber ist der Miethszins feine Vergütung für irgend welche geleistete Arbeit, sondern einfach eine Rente, die der Grundherr bezieht resp. die er den Miethern auferlegt, einfach traft feines Privateigenthum 3 an dem Landesstück, auf welchem das Haus gebaut worden ist.
Die Wohnungen der Armen werden mit der Zeit theurer, die Wohnungen der Reichen dagegen billiger. Der Reiche hat eben eine größere Auswahl. Er ist weniger auf eine bestimmte Stadt gegend verwiesen. Die Reichen wohnen nicht so zusammens gedrängt. Man kann deshalb dem Reichen die Miethe nicht so Während diefes Zeitraums von 12 Jahren hat sich die all leicht steigern. Den Armen aber preßt der Grundbesitzer nach gemeine Miethssumme um rund 60 pCt. vermehrt. Der durch Belieben aus. Er drückt ihn thatsächlich schonungslos bis zur schnittliche auf jeden Einwohner beruhende Miethszins zeigt eine letzten Möglichkeit. Und so sehen wir auch, daß je Steigerung um 14 pCt. Das letztere beweist, daß die Wohnungen geringer das Einkommen, desto größer und theuerer geworden sind, es bedeutet also eine Steigerung der regelmäßiger die Steigerung der Miethe. reinen Grundrente. Um jedoch diese Steigerung zu meffen, genügen Wie recht hatte Mary, als er die oben angeführten Worte selbstverständlich allgemeine Durchschnittszahlen nicht, sondern man schrieb:„ Das Elend ist für die Hausrente eine mußte die Miethspreise für jede einzelne Stadtgegend im be- ergiebigere Quelle, als die Bergwerte von sonderen vergleichen und die Wohnungen nach ihrem Werth Potosi je für Spanien waren!" unterscheiden.
Aus analogen Gründen zeigen auch die Prozentsätze in der Rubrit 4 nur das allgemeine Verhältniß und nicht die Ent
R. Marr äußert sich im dritten Band seines Kapital" folgendermaßen über diese Rente, die Baustellenrente, wickelung an. wie er fie nennt:
Die von uns angeführte Statistit enthält aber noch eine andere Uebersicht, die einen tieferen Einblick in die einschlägigen Verhältnisse erlaubt Wir theilen sie deshalb an dieser
Stelle mit.
Einkommensklassen:
Das Verhältniß zwischen Einkommen und Miethe nach Einfommenstlaffen in den Jahren 1868, 1874, 1882 und 1891: Es betrug die Miethe in Prozent des nebenstehenden Einkommens in den Jahren: 1874 1882 1891 20,90 23,51 24,74 21,13 18,94 22,22 20,88 19,50 22,09 19,45 19,21 18,78 20,81 19,59 19,03 17,90 19,15 19,28 18,17 18,03 18,71 17,38 17,22 17,88
Es zeichnet sich diese Rente aus erstens durch den überwiegenden Einfluß, den hier die Lage ausübt, zweitens durch die Handgreiflichkeit der gänzlichen Paffivität des Eigenthümers, Deffen Aktivität blos darin besteht, den Fortschritt der gesellschaftlichen Entwicklung auszubeuten, zu dem er nichts bei trägt und bei dem er nichts ristirt, wie doch der in dustrielle Kapitalist thut, und endlich durch das Vorwiegen des Monopolpreises in vielen Fällen, speziell der scham= lofesten Ausbeutung des Elends( denn das Elend ift für die Hausrente eine ergiebigere Quelle als die Bergwerke von Potost je für Spanien waren) Von 600 bis 1200 m. und die ungeheuere Macht, die dies Grundeigenthum giebt, wenn Ueber 1200 1800 es mit dem industriellen Kapital in derselben Hand vereinigt, 1800 biefes befähigt, die Arbeiter im Kampf um den Arbeitslohn Ueber 24C0 praktisch von der Erde als ihrem Wohnfiz auszuschließen. Ein Theil der Gesellschaft verlangt hier von dem anderen einen Tribut für das Recht, die Erde bewohnen zu dürfen, wie überhaupt im Grundeigenthum das Recht der Eigenthümer eingeschlossen ist, den Erdkörper, die Eingeweide der Erde, die Luft und damit die Erhaltung und die Entwicklung des Lebens zu exploitiren."
Im Jahre
Es betrug der Miethswerth im Ganzen auf einen Einwohner
1868 18,77 19,89
"
2400
# 20.27
"
"
3000
"
3000
"
"
3600 4200
3600 4200
"
"
4800
18,89
"
4800
"
" "
"
6000
18,55
17,35 18,38
17,71
"
6000 12 000
15,99
15,48
16,72
"
"
"
12 000
30 000
11,51
10,75
12,23
"
"
"
30 000
60 000
"
"
"
60 000.
6,68 3,72
7,44
3,78
8,08 3,87
13,12 10,38 6,21
3,05
"
Politische Webersicht.
Der Reichstag berieth heute den Gefeßentwurf zur Bekämpfung des un lauteren Wettbewerbs in dritter Lesung; die Gesammtabstimmung mußte noch ausgesetzt werden, weil in der dritten Lesung Aenderungen, beschlossen wurden. Die Vertreter unserer Partei sind, obgleich ihnen der Zweck des Gesezes von Anfang an durchaus sympathisch war, in der Schlußabstimmung gegen das Gesetz zu stimmen genöthigt, weil sein§ 9, der mit jenem Ziveck übrigens gar nichts zu thun hat, das Gesetz zu einem Klassens und Ausnahmegesez gegen die Handels- Ans Genosse Singer präzisirte diese gestellten macht. Gründe namens der Partei und widerlegte die erhobenen Einwände. Der erwähnte Paragraph, den der Zentrums Abgeordnete Roeren sehr unglücklich vertheidigte, fand übrigens nur eine fuappe Mehrheit, die anfangs fogar zweifelhaft erschien. Ueber das ebenfalls zur dritten Berathung stehende Genossenschaftsgesetz ents spann sich noch einmal eine lebhafte Debatte, da die Abs geordneten Schneider( frs. Vp.) und Wurm in letter
Eine hübsche statistische Illustration zu diesen Ausführungen giebt die neueste Publikation der Statistik des Je größer das Einkommen, desto geringer relativ die Stunde den Versuch machten, die Mehrheit zum Maßhalten Hamburgischen Staats" in einer Zusammenstellung über Ausgabe für Wohnung. Das ist ein altbekannter Satz, der auch in dem Kampfe gegen die Konsumvereine zu bewegen. das Verhältniß zwischen Einkommen und Miethe". Wir geben in der mitgetheilten Tabelle mit aller wünschenswerthen Regel- Wurm kennzeichnete die Tendenz des Gesetzes dahin, dem daraus zunächst folgende allgemeine Zahlen: mäßigkeit zum Ausdruck kommt. Je geringer das Einkommen, Mittelstande zu helfen auf Kosten der noch weit mehr beein desto größerer Theil von ihm geht an den Grundbesiger drängten Arbeiterklasse. Einen Heiterkeitserfolg erzielte ab. Der Miethszins gleicht einer Einkommenssteuer mit einer der fächsische Rittergutsbesitzer Sachße, der mit Stentornach unten steigenden Progression. Wie exorbitant der stimme alle" guden Badrioden" aufforderte, der in pet. des Unterschied, erkennt man aber erst, wenn man die ganz großen sozialdemokratischen Agidazion" in den Konsumvereinen" Einkommen berücksichtigt. In den Hamburger Zahlen sind die entgegenzutreten, und in diesem diesem Sinne auch das letzten Extreme diese: Einkommen von 700 M. zahlt 26,45 pCt. Wlietbzius, Einkommen von 496.500 m. dagegen 1,03 pet. Die Gesetz als ein Gebot des Patriotismus hinstellte. Nach Steigerung ist also wie 1 zu 26. Wollte der Staat eine solche dem Reichstagshandbuche hat der Mann an drei Uni Progression bei einer wirklichen Einkommensteuer mit einer versitäten Nationalökonomie studirt; davon läßt er sich aber Steigerung nach oben einführen, so würden die Kapitalisten nichts merken. Das Gesetz ging unverändert durch. Ebenso Himmel und Erde gegen diesen Staat in Bewegung setzen! in zweiter Lesung das Gesez betreffend den Abgabentarif Wie die Wohnungen beschaffen sind, für die der Arbeiter für den Nord- Ostsee Kanal, bei welchem von unserer soviel ausgeben muß, darüber braucht man kein Wort zu Seite Gen. Moltenbuhr das Wort nahm. Der Reichs
20
20
Einkommens
Mart
1881
60 732 000
149
24,17
1882
62 666 000
149
23,41
1883
64 269 000
149
23,34
1884
66 704 000
150
23,65
1885
69 007 000
151
24,47
1886
71 457 000
153
25,13
1887
75 119 000
157
25,13
1888
81 223 000
164
25,03
1889
87 861 000
170
23,59
1890
92 463 000,
170
22,70
1891
96 399 000
170
22,31
1892
98 980 000
170
Tene.
23,36
verlieren.
0
Aber am meisten fennzeichnend ist die Entwidelung, tag war übrigens nicht in beschlußfähiger Auzahl ver welche die Hamburger Miethspreise durchgemacht haben. Die sammelt. Tabelle zerfällt klar in zwei Theile: in den Einkommensklassen Morgen: Anti- Impf- Antrag, Anträge Colbus und bis infl. 8000 m. ist der Prozentiaß des Mietbszinses feit 1868 Auer betreffend Einführung des Reichspreßgesezes in Elsaß
( Nachdruck verboten.) der Andern, und eine alte Schreibtafel schüttelte und rüttelte er, daß die Papiere in der halben Stube herumflogen, und dann brach er los:
Roman von Nicolaus Krauß.
" Nix! Nix! Nig! Alles is hin!' s Geld, und die ganze Gersten. Net ein luckerten Pfennig hab' ich mehr zum Zech zahlen."
Auf einmal riß er seine silberne Spindeluhr sammt der Rette hervor: Mud, nimmst D' sie für zehn Gulden?" Der Angesprochene wurde ganz blau vor Zorn. dank', Streicher. So was machen Knecht, aber
und
Noch einmal widersprach der junge Bauer. Sei denn sein Handschlag. gar nichts werth? Der Streicher- Hof gehöre ja jetzt ihm, ganz allein, die Alten seien ja schon in den Auszug gangen.
" Js alles gut," meinte der Alte, aber weißt D', was Schriftliches ist mir halt doch lieber, von wegen Leben und Sterben... Schreib nur!"
Und der Streicher schrieb Wort für Wort, wie es ihm der Hetich vorsagte. Als er seinen Namen unter das Schriftstück gesetzt, athmete er auf; die Arbeit war ihm saurer geworden als ein Tag dreschen. Der Alte las noch einmal den Schuldschein, faltete ihn zusammen und steckte
Wirth, einen großen Bittern" zum Auffrischen!" Die Bank übernahm der Markgraf . Man sagte ihm nach, daß er beim Spiel nach zwei verschiedenen Seiten hin sehen könne. Außerdem war er ein ruhiger Spieler und er hatte Geld genug, um aushalten" zu können. Den Streicher- Franz hatte der Schnaps etwas munter gemacht, er versuchte es eine zeitlang nicht ohne Glück, System in sein Spiel zu bringen, verdoppelte die Einfäße, wenn er gewonnen, kehrte, sobald er verloren, zu möglichst niedrigen net Bauern Einsätzen zurüd. Aber bald ließ die künstlich erzwungene Da fiel der junge Bauer wie gebrochen auf seinen ihn in ein besonderes Fach seiner Brieftasche. Dann zog Auffrischung" nach. Das Spiel lag jetzt mitten auf dem Stuhl zurück starrte mit brennenden Augen er vier Hunderter hervor, beäugte jeden Schein noch einTisch, und jeder nahm sich seine Karten selbst. Der junge vor sich hin, während das Spiel ruhig ruhig weiter mal genau, fast liebevoll, und schob dann das Geld dem Bauer war so ins Bittern gekommen, daß er ein um das ging, als wäre nichts geschehen. jungen Bauer zu mit einem schmerzlichen Ausdruck im andere mal zwei Blätter statt eines abhob. Dadurch wurde Der Wirth hatte den Jubalt der" Pinke" in seine Gesicht. den Andern der Rauf" verdorben. Der Markgraf legte Tasche geleert und war schlafen gegangen. Im Zimmer Da... Ich hab' nix dawider, wennst weiter spielst; plötzlich beide Arme übereinander auf den Tisch. war außer den Spielern nur noch die Lene. Sie hing bei aber von mir kriegst nig mehr, bis D'' s Alte abzahlt der Thür auf einem Stuhl; wenn man sie antief, taumelte hast..." fie aus ihrem Halbschlaf auf und brachte ein Glas Bier. Als der Streicher- Franz Geld in seiner Tasche spürte, Der Hetsch hatte die Stube verlassen; sofort war der junge wurde er beinahe wieder nüchtern. Er setzte sich wieder zu Streicher hinter ihm her. Die Zurückgebliebenen ver- den andern und forderte ein Blatt vom Banthalter. Und nahmen vom Vorhaus zwei Stimmen, eine stoßweis keiner der Mitspieler verlor ein Wort darüber, auf welche bittende, und eine, die erst brummig abweisend Weise derjenige, der noch vor kurzer Zeit alle Taschen um antwortete, allmälig aber einleukte. Nach einigen Minuten gekehrt, so schnell zu Geld gekommen. kam der Streicher wieder ins Zimmer und zog die Lene mit sich fort. Jetzt wußten die Bauern, wie viel es geschlagen hatte, ruhig spielten sie weiter.
„ Ich hör auf. dös ist kein G'spiel mehr " Meinst epper, ich betrüg'?!" schrie der StreicherFranz; in seinen Augen glomm ein gelber Punkt auf. Dös hat kein Mensch b'haupt't", meinte der Hetsch. Aber wennst net mehr aufpassen kannst, wär's am g'scheid't'sten...
"
"
Der junge Bauer knurrte etwas und nahm sich zu fammen. Und weiter ging das Spiel. Gegen Mitternacht fragte Muck, der die Bank hielt, zu dem jungen Bauer gewandt:„ Na?!?"
Drüben im Schenkzimmer fragte der alte Hetsch die Lene: Habt's a Tinten?.. Ja?. Bring sie her, wir müssen
Ein Blick kam ihm entgegen, wie von einem Hunde, der fürchtet, geprügelt zu werden. Der junge Bauer sprang auf die Füße und alle Taschen tehrte er um vor den Augen was Schriftlich's aufjezen"...
"
Um sechs Uhr früh wurde. die Wirthin geweckt. Sie mußte einen starten Kaffee kochen. Das Zimmer, in dem gespielt worden war, sah aus wie ein Saustall; der Boden starrte von Schmuß, weggeworfenen, zerkuautschten Zigarrenstümpfen, angeriffenen Zündhölzern, Tabalasche, ausgegossenem Tabaksaft und schmierigem Speichel. Als wäre sie mit