Einzelbild herunterladen
 

0502

Heilige Nacht der Irren

Von Ernst Hoferichter  

Schnee fiel als weißer, weicher Brief vom Himmel. In die schwarze, dichte Nacht hinein.

Alles Laute lief auf schweigsamen Gummisohlen durch die Straßen, und nur der Droschkengäule Geflingel sang durch die wirbeinden Flocken.

Der Portier der Psychiatrischen   Klinik lag mit dem einen Ohr auf seinem Bizeps und und breitet über einem Stoß alter Kranken­geschichten silberhellen Christbaumschmuck aus. Aus dem elektrischen

Wecker fielen in dünnen Tropfen die Sekunden, und müde klappten dann und wann die Umstecker des Haustelephons hinein. Und da der Pförtner eben die regenbogenfarbige Christbaumspitze aus ihrem flüsternden Seidenpapier hobläutete die Nachtglocke des Ein­fahrtstores, und in die Signalbirne hüpfte ein veilchenblauer Schein,

Draußen sang es. Die Stimme sang von dem, daß allen eine große Freude nahe sei, daß Gottes Sohn auf dem Weg zur Erde fet und daß des Friedens fein Ende sein würde.

Und da der Pförtner die Türe nach imen 30g, kam ihm ge­flockter Schnee, dünner Wind und eine segnende Hand entgegen. Aus jungfräulichem Mund tönte es lippenwarm:

,, La- aaßt uns das Kindlein wie- iegen

Das Herz zum Kripplein bie- iegen... Gia popeia

Und es war mit einemmal, als wäre ein frierender Weihnachts­engel vor das Tor geflogen gekommen. Aber neben der singenden Gestalt stand ein schnaufender Schuhmann mit überschneitem Bollbart, der mit seiner stacheligen Helmipizze alle himmlische Botschaft wie ein Blizableiter non ihr abzog.

Auf seinem abendlichen Dienstgang stürzte ihm aus einem Haus gang der Kutscher eines Brotfuhrwerfs entgegen: Wachtmeister, bei mir im Stall liegt ein Frauenzimmer auf dem Stroh zwischen zwei brennenden Kerzenlichtern... schon zweimal fam sie auf unsere Küchentürschwelle und kündigte die Geburt des Menschenschnes an, den sie gebären wird." Er lief mit dem Kutscher in den Stall zurück und da stand die Futterkrippe schon in hellen Flammen. Er löschte das Feuer mit seinem Mantel... während das Frauenzimmer auf dem Fensterbrett stand und mit geweiteten Armen in den Hof hinaus jang: Ich verkündige euch eine große Freude...!" Da nahm er das Weib und brachte es hierher. Und der Pförtner der Klinik führte die Singende zum Assistenzarzt, der heute den Nacht: dienst hatte.

In dem engwandigen Sprechzimmer roch es nach gebratenen Hepfeln, angebranntem Tannengrün und tropfendem Wachs. Der Dottor flopfte eben mit dem Perfussionshammer einige Mandeln auf, als die beiden eintraten.

11.

. Ich verkündige euch eine große Freude! Heute nacht...!" ,, Wie heißen Sie, mein Kind?" ., Maria."

,, llnd wer sind Sie?"

Ich bin die Magd des Herrn! Heute nacht...!" Die Magd des Herrn...!" unterbrach er sie verständnisvoll und zog ein Aufnahmeformular aus dem Schubfach.

Dann suchte er Pupillen, Schleimhaut und Sehnen nach Re­flegen ab und fragte noch dies und das, indessen sie schon wieder zu jummen begann: La- aßt uns das Kindlein wie- iegen... Ja, mo haben Sie denn das Kindlein...?" ,, Hier liegts doch, hier auf meinem Arm...! Hier wiege ich das goldene Jesulein Gia popeia...!"

,, Und wie lange schon wissen Sie, meine Maria, davon?". Zuerst, da flopfte es an die Türe, mit Händchen und mit Füßchen. Es wisperte vor dem Fenster, es lachte durch die Wand, es frabbelte über der Decke an dem Fensterglas zeigte es seine strohgelben Locken..."

-

,, lind wie tam es auf Ihre Hand?" Ich roch den Duft des heiligen Geistes... Es duftete die ganze Nähstube. Lieblicher als wie die Frisierstuben, wenn sich feine Damen die Haare waschen lassen..."

,, Ja, aber dann?"

Ja, und bald darauf wurde ich vom heiligen Geist gebissen. Und es tat gar nicht meh!... Goldene Sonnenkronen fielen in mein Haar... Und der himmlische Geist schüttelte meinen Leib. Da nahm das Jesulein von meinem Arm Besitz... Und jetzt muß ich es wiegen... Singen Sie doch auch mit, schöner schwarzer Herr!" ,, Aber ich seh doch gar tein Jefulein auf Ihrem Arm. Das bilden Sie sich nur ein und...

,, Selig find die, welche nicht sehen und doch glauben." ,, Aber meine liebe Maria, warum sollte gerade das Jesulein auf Ihren Arm zu liegen gekommen sein?"

,, Bei Gott   ist kein Ding unmöglich!"

Da fah der Assistenzarzt auf eine Weile allen Widerspruch ent­fräftigt. Und es war ihm, als wäre auch er schon in den Zauber dieser Nacht gesunken. Und alle wissenschaftlichen Perspektiven traten in ihm zurück. Nur ein leises Knistern funkte durch die heilige Stille der geweihten Nacht zwischen den beiden hin und her.

Und seine Hand schrieb wie im entrücktesten Traum auf den Fragebogen nur die Worte:

,, Maria Immaculata".

Dann führte er die Kranke in den Eaal, der über dem Dauerbad lag. Warm überschneit stand Bett an Bett. Eine Manische sprach im Schlaf. In der Saalecke lag die Blizdichterin Maja, die mit Vitriol gurgelte. Neben sie hatte man eine siebzigjährige Zeitungs­trägerin gebettet, die sich als Köchin der heiligen Anna ausgab und bei den schlafenden Jüngern am Delberg Zugehefrau war. Auf ihrem Nachtkästchen lag noch das Weihnachtsgeschenkt der Klinik: drei Nepfeil mit Lebkuchen und Briefpapier.

Maria hielt sich, da die Schwestern sie ins Bett brachten, von Engeln bedient. Heberall um sie her gewahrte sie streichelnde Hände. Der Wasserhahn der Badewanne sang mit ihr zu ihrer seligen Kunde. Noch immerzu wiegte sie ihr Jesulein mit Eia popeia vor sich her. Die Wände des Saales wurden zu Glas, da fie sigend im Bette In sich sah. Aus den Nachtlampen floß Himmelsblut. lleber ihrem Haupte bekam die Decke des Raumes ein lichtgerändertes Loch, von dem aus ein leuchtender Schacht aufstiegschnurgerade in den Himmel hinein. Wie ein Denkmal erhob sie sich aus ihren Kissen und fang aus ihrer legten Tiefe über die Betten hin:

Fürchtet euch nicht,... ich pertünde auch eine große Freude... Heute nacht habe ich euch den Heiland geboren... Eia papeia...!" Traumschmer hoben sich einige Köpfe zu ihr empor. Marias Singen brachte diesen Seelen das Glänzen des Weihnachtsbaumes nah, den ihre Blide vor etlichen Stunden aus dem Theatersaal der Klinit zu sich hinein genommen hatten. Einige sangen leise mit Und da die Schwester Olga besorgt durch den Saal huschte, wurde das Weiße ihrer Haube zu wehenden Engelsflügeln. Wind ging durch die Fenster... Alle empfanden den Duft von Weihrauch und Myrrhe. Es war, als wäre der Krantensaal zu einem Hoch­altar emporgewachsen...

,, Laßt uns das Kindlein wie- iegen

Das Herz zum Kripplein bie- iegen..."

Und das Singen und Summen wuchs zum Choral an. Alle füßten sich die Hände, auf denen die Jesulein lagen... Einige legten ihm ihre rotbackigen Alepfel hin, andere wollten ihr Knäblein mit Brom  tabletten ernähren... Und die Blitzdichterin zerriß ihr Laken, um Windeln für das heilige Kind zu haben..

mehr das Jesulein vom wiegenden Arm abgeglitten und vergessen worden. Maria aber fühlte die gewichtlose Fracht auch den Tag über noch auf ihre Hand gesetzt. Sie gab ihm Süppchen und Broj  und mintte und lachte mit ihm.

Nachmittags bekam Maria Besuch. Sie sagte zur Pflegerin, daß es der Engel des Herrn sein werde oder die drei heiligen Könige. Aber vor der Tür stand der Buchbinder vom vierten Stock, der mit der Schneiderin Maria Zimmer an Zimmer gewohnt hatte. Bom Wachtmeister hatte er über die Geliebte alles erzählt bekommen. Jetzt drehte er den Rand seines Hutes zwischen den Fingern hin und her und fand kein Wort, das er ihr hätte sagen können. Aus der Tasche zog er eine lackierte Haarspange, ein Brenneisen und ein Paar Schuhlißen.

Sie aber streichelte sein Haar und hob ihre Lippen nahe an sein Dhr: Uns ist ein Kind geboren...!"

Man gab Marimaldosen, aber nichts half. Es gab nichts, das hier Die Schwestern rannten mit Kompressen von Bett zu Bett. noch helfen wollte. Es wurde vergessen, die Türen hinter sich ab­duschließen... Und die Kranken durchliefen die Säle mie D.Züge. Bald gab es kaum einen Raum mehr, in dem nicht das Jesulein mit Wiegen und Eiapopeiasingen eingekehrt wäre. Ueberall mat es noch einmal Weihnacht geworden aber diesmal bis in den tiefsten Urgrund der Seele hinab. Und alle umarmten sich, füßten Und dann, wie aus einer anderen Welt hervor: sich und nannten sich Bruder und Schwester,

Da lächelte er wie einer, der noch an Wunder glauben tann und trat für einen Augenblick lang in den Bann ihrer mirren Freude. Und so, daß er voll Gnade und Demut nach ihrem Munde jud; te, der halb küssend, halb singend in ihn hineinsumumte:

Es war Morgen geworden, bis es den Aerzten und dem Pflege­personal gelang, die von der Schneiderin Maria beeinflußten Kranken in einzelnen Räumen zu isolieren. Maria fand man mit glasigen Augen auf den Stufen zum Heizraum sitzend, da der Morgen schon über den frischgepulverten Schnee an die Fenster kam. Von allen übrigen Kranken war von Stunde zu Stunde immer

,, La- aßt uns das Kindlein mie- iegen..."

,, Es ist nicht dein, es ist nicht mein...

Es ist das goldene Jesulein. Gia popeia...!

Und schon schritt Maria in ihre Kammer zurüd. Und er nahm voll Wehmut wie Christbaumschmuck die silbernen Fäden einer heim. lichen Freude von seiner Seele ab...

Anton Schnack  : Cattaro  

Ein feiner Kenner Dalmatiens   malt hier die Bucht und die Stadt, die durch die Matrosen von Cattaro  " bekannt geworden ist.

Ich erschrecke: das Schiff hat angelegt, die irr- und wirrfäligen Bocche di Cattaro   sind zu Ende und werden von den Bergen wie ein Sack abgeschnürt. Der Eindruck ist jäh, fast schmerzlich; weiß­glühend zerreißen trostlose, breitartige und unerwartete Felswände den ausgefochten Himmel. Kaum ein Grün im Geröll. Rillen. Abfallend wie Stahlplatten. Jach herunterschießend. Un­meigerlich falt, nact, fahl, meißer Stein.

Tiefe

Drei Viertel des Jahres feuert die Sonne gegen die Glaswand des Felsgebirges, das grausam und schön zugleich ist, Pfeil für Pfeil, die herunter in das düstere Cattaro Pech und Schwefel fallen lassen. Bie ein Riesenvogel hockt es am Stock des Steins, greulich zerrupit, mit altem Gesicht, ausgesogen, ausgelaugt, schwarz und schattenlos, eine tote Stadt.

Eine Riesenspinne hat hier ein steinernes Spinnennetz gezogen, in das die Löcher der Gassen und Tore stechen, gerade so breit, um hindurch zu schleichen. Es ist lautlos in ihnen. Mein Schritt ist oft allein. Ich komme zu Treppen, und diese Treppen sind wie geschliffen und machen den Eindruck von Eis. Kaum setzt sich der Fuß darauf, rutscht er ab. Löcher die Türen. Löcher die Fenster. Wo fie offen sind, sticht der Blick in ein unabtastbares Dunkel. Wer auftaucht in einem solchen Höhlenquadrat, hat ein verschleimtes Ge sicht, eine bleiche Farbe, ein traumloses Auge; so eine Grabesluft in den Lungen, muß die Körper verhugeln. Darüber der ruchlose Himmel, der auf die Dächer sich feuert und den Kalkbewurf an den Mauern sengt.

Es ist unglaublich, wie diese Stadt mit finsterer, eingedrückter und schmuzbeladener Bruft sich gegen den Saphirglanz der Bucht wirft, die bald grün wie Gletscherwasser ist, bald blau, und dem Himmel, ohne Wolkenzug, ohne Dunst und Nebelstreifen, in seiner Durchsichtigkeit nicht nachsteht.

Es ist unerhört, wie sich menschliche Energie an die Bergwand gehängt hat: von der Stadt an laufen die Mauern die Wand hinauf, in großen Zickzacksprüngen hin und her, geradezu, und umkreisen in einer schwindelnden Höhe von 300 Meter den Berg, um sich wieder mit Ausbuchtungen, Toren, Türmen und Kapellen fast senkrecht auf die andere Seite der Stadt zu stürzen. Ein riesenhaftes quadratisches Schwalbennest hängt in der Luft. Die verbissene und kalte Grausom keit der Bergwand ist durch dreifaches Mauergefüge noch unzu­gänglicher gemacht. Das hängt und fällt nicht ab, obwohl die Erdstöße mit ihren Hämmern schon darauf herumtrommelten.

Man hat sich hier abgewürgt. Die Völker sind in diesen Feuer­und Felskessel geströmt, um sich zu peinigen. llnergründlich ist mir der Kampf, der durch die Jahrhunderte hindurch um dieses fahle, in die Ecke gedrückte, glanzlose Nest entbrannt ist. Eine lange Kette von Interessengegenfäßen, von Ueberfällen, von Plünderungen, von Befizergreifung, von Brandschatzungen, verbindet den römischen Legionssoldaten mit dem Infantristen von SHS. Immer wieder ist hier Europa   mit Asien   zusammengeprallt. Römer, Griechen, Tataren, Serben, Türken, Benezianer, Ungarn  , Bosniaken, Defter­reicher, Franzosen, Rufsen, Engländer, Montenegriner warfen sich herein, warfen sich hinaus, zerstörten an der Stadt, bauten an der Stadt, sogen sie aus wie ein Polyp einen Fisch mit Genuß und Behagen vom letzten Bluts- und Safttropfen entleert.

Drei Dinge erschrecken mich sehr: die Herden der Katzen, die Soldaten, die alten Frauen.

Kein Blick um eine Ecke, kein Blick empor an einer Hauswand, tein Blid in ein Fensterloch ohne von einem grünen, giftigen und blizenden Tierauge getroffen zu werden. Diese Kazen haben nichts Gepflegtes, Deutschfamiliäres, Vertrauliches und Zahmes, es find Gespenster, bei Kubin zu Hause, die Begleiter irgendeines un­sichtbaren Dämonen, der seinen Thron im Verfall hat. Die Treppen sind überlagert von ihnen, auf allen Fenstersimsen fleben sie wie Aussatz, es sind elende Körper, langgezogen von Hunger, fledig und räudig, mit verklebten Haaren und vom Grind gepeinigt, fcheu, mit gesträubtem Schwanz, grau und schwarz wie die Asche, in der sie sich in den Schlaf buddeln; gedrückt und gedudt hüpfen sie die Treppen herunter, Dorbei an den alten und freudlosen Kindern, die mit wissendem Gesicht wortlos die Hand noch einem Dinar hinhalten.

Die Stadt ist eine Wabe voll Splpaten. Tritt um Tritt. Um die Beintische haben sie fich mit breiten Armen herumgelegt. Das Schiff hatte über 100 junge Mädchen an Bord. Sie können sich nicht fatt an ihnen fehen. Sie hoden auf den Treppen, fie lümmeln an den Toren. Sie hängen ihre Köpfe aus den schmalen Mauerfchligen. Am Quellbach kniet ein halbes Dutzend nieder und fäuft. Alles Bauerngesichter, man hat ihnen noch nicht viel abgeschliffen, ihr Tritt ist groß und schwer wie der Tritt des Ochsen am Bflug, hinter dem sie hergingen. Ein Büschel Grün hinter dem Dhr. Eine Blume zwischen den Zähnen, Hand in Hand oft: ihre Naivität bezaubert, fie

machen den Geist lächerlich, für den sie den Drillich anhaben. Ihre Knie hat die Hize eingeknickt, sie haben keine Gebärde, die an Diars erinnert. Es sind verkleidete Bauern, Hirten oder Holzfäller.

*

Am Kai ist die Markthalle. Haufen von Honigflumpen, die fich als goldgelbe, frischgepflücke Feigen entpuppen, aus denen die Sonne einen rosaroten zähen Saft gefocht hat. Kleine Berghügel von blauen und schwarzen Trauben. Körbe, die auseinandergeborsten sind und weiße Trauben in perligen Kaskaden übereinanderstürzen, giftgrüne Kugeln der Wassermelonen, Latinja genannt, die, auf­geschnitten, ein wässeriges. lockeres, rosanes Fleisch zeigt, durchzogen von Schnüren ebenholzschmarzer, glänzender Flachterne. Hinterteile in den blauen Pluderhosen, mit dem Geruch von Ziegen Die Bauern dahinter sehe ich mir an: halbe Türken, riesige und Böcken im Wams, schepp figt der rote Fer auf einem Dhr. Pflanzenhaft haben sich ihre Beine zur Hockerstellung verwidelt. Stoisch   thronen sie auf dem Boden. Schweigend. Kaum bewegt. Manchmal ein wenig an der Zigarette fingernd, die sie blitzschnell wickeln. Ihr Bergauge schnellt aus dem Winkel wie ein Vogelblitz, verachtend, dumm, erstaunt, kalt, nicht abzutasten.

*

Der Kai ist arm an Schiffen. Die Bucht liegt da, ein wenig unruhig in einem Nachmittagszug, der von den Bergzipfeln drückt, und blißt, wo die Sonne darübersteht, mie geschmolzener Bleifiuß. Ein gestrandetes Schiff, Kiel   oben, auseinanderbröckelnd, liegt im seichten Wasser. Ein riesenhafter Fischleib aus der Ferne, dem die Flossen abgeschlagen sind. Es liegt da seit Jahren. Es wird morgen da liegen. Es wird in einem Jahre noch da liegen. fümmert dieser Leichnam aus Rost und zersprungenem Holz. Das Waffer gluckst um es herum und die Buben der Schiffsknechte werfen von ihm ihre Angeln aus.

Niemand

An der Hafenstraße stehen die Autos für die 32 Staubferpentinent über die Flanke des Lovcen und des Golo Brdo. Teuflisch verwegen ist die Fahrt nach Cetinje   und über die wilde Sonnenhochfläche des Dorfes Njegos  .

Ein bleierner Schlaf hat die Stadt eingeschwefelt: die Häuser hoben tote Augen, die Türen sind zu und andere scheinen es zu sein, weil sie ganz schwarze Gänge haben. Der wachhabende Snldat vor einem Tor fann sich kaum auf den Beinen halten. Die Ecksteine sind wie Schlacken, weißglühend, eben erst aus einem Refsel gespieen. Das Bergmassiv des Lovcen hat den unerträglichen Schein einer Glaswand. Grausam, ein Ungeheuer, bereit zu einem Zuschlag, wölbt es seinen Tierbuckel aus Stein in die fahle, ausgefochte Luft. Gut, daß das Schiff zur Abfahrt tutet. Ich sehe das andere Ufer, es ist grün und scheint mit seinen Gärten in das Meer zu fließen...

Die Dallel unter dem Weihnachtsbaum Auf dem Weihnachtsteller finden sich neben den altgewohnten Alepfeln und Nüssen auch vielfach Datteln, und auch diese gehen auf einen uralten Brauch zurück. Zu feiner Jahreszeit werden soviel Datteln gekauft wie zu Weihnachten. Warum dies geschicht, davon erzählt Walter Nöldner in Reclams Universum. Auf einem der schönsten Werke Martin Schongauers, dem Kupferstich der Ruhe auf der Flucht", findet sich die Darstellung einer Dattelpalme, mit der sich Botaniker und Volkskundler viel beschäftigt haben. Wie fam der altdeutsche Meister zu der Wiedergabe dieses erotischen. Baumes, den er nie gesehen, und warum durfte die Daitelpalme auf diesem sonst so deutschen Bilde nicht fehlen? Der Baum ist seit jeher ein Sinnbild des Morgenlandes und eng mit den Vorstellungen vom Paradiese verknüpft. Die Verbindung der Baradiesvorstellung mit der Dattelpaline geht in die ältesten Zeiten der Kultur zurüd, denn die Heimat dieses Baumes ist ja wohl in Mesopotamien   zu suchen, das auch die Stätte des Paradieses ist.

Die Dattelpalme, eine der ältesten Nußpflanzen, ist bereits in altsumerischer Zeit im Zweistromland   in Kultur genommen worden und wurde wahrscheinlich von den Sumerern aus Borderindien mit­gebracht. Die Entwicklung der Riesenstädte des Altertums, Babylon  und Ninineh, beruht auf der Dattelfultur, die in den Dajen die besten Lebensbedingungen fand und als heiliger Baum verehrt wurde. Erst verhältnismäßig spät, ums Jahrtausend vor Chriftus, lam die Dattel nach Aegypten  , und sie ist noch heute in ganz Nord­afrifa und Arobien, ebenso wie in Palästina die wichtigste Nutz­pflanze: die Früchte sind das Hauptnahrungsmittel, die Dattelferne dienen als Biehfutter und Sammiedefohlen, der Stamm liefert Nu­holz, aus den Blattfasern werden Matten geflochten, bie jungen Blätter geben ein wohlschmedendes Gemüse, der Saft des Stammes mird zu Palmzuder und Balmwein verarbeitet, und aus den minder­wertigen Früchten werden Dattelsirup, Dattelschnaps und Dattel­foffee gewonnen. So mußte also tem christlichen Mittelalter die Dattelpalme als das bezeichnendste Symbol des Drients erscheinen, und die Darstellung der Geburt Chrifti erhielt eine besondere Ro­mantif durch die Anbringung dieses exotischen Baums, der sich auf allen größeren Krippendarstellungen findet.