Oer Vater des Putschismus Zu August Blanquis fünfzigstem Todesiag
Im Februar 1832«oh nie Heinrich Hein« einer Pariser Ver- sammlung der„Gesellschaft der Aolkssreundc" bei. In einem engen Saale lauschten über 1500 Menschen einem Redner, der„mit Geist, Redlichkeit und Grimm" sprach und seinen Spott über die Bour- aeoisie ausgoß,„die Kleinkrämer, die einen Ludwig Philipp, den sleischgewordenen Kleinkram, zum König gewählt hatten". Der also gegen die Nutznießer der Julireoolution auftrat, war August B l a n q u i, am 1. Februar 1802 als Sohn eines früheren Kon- ventsabgeordneten und napoleonischen Unterpräfekten im siid- sranzösischen Puget-Thöniers geboren, demnach 27 Jahre alt und nicht erst seit gestern der Idee verhaftet, in deren Dienst er sein Leben restlos verbrauchen sollle. Diese Idee war die Umwälzung einer Gesellschaft, die ihm nur als„organisierte Menschenfresserei" erschien, durch Eroberung der politischen Macht. B l a n q u i hatte viel Gelegenheit, über die Befreiung der Arbeit zu grübeln und fraß sich immer wieder durch ganze Biblio- theken durch, aber er sah mehr die schreienden Ungerechtig- keilen der bourgeoisen Eigentumsordnung, als daß er ihr inneres Wesen durchschaut oder gar ihr Entwicklungs- oesetz entdeckt hätte. Die Erkenntnis, daß es den Massen, den Mil- lioncn. den Arbeitern, den Proletariern hundeschlecht ging, ließ sein Herz erzittern, und es drängte ihn, diesen Unglücklichen radikal zu helfen. Aber wie? In seinem Bericht über jene Versammlung von 1832 meinte Heine mit viel Scharfblick, sie habe ganz„wie ein zer- lesencs, klebrichtes Exemplar des Mvniteur von 1733" gerochen. In der Tat lebte und webte Blanqui in der Ueberlieferung der Schreckenszeit. da eine jakobinische Minderheit Frank- reich durch den Terror beherrscht hatte, und durch seinen Lehrmeister Buonarotti , einem Kampfgefährten Babeufs, erfuhr er die unmittelbare geistige Ausstrahlung der„Gesellschaft der Gleichen", die sich 1796 durch den Handstreich einiger weniger Tolltöpfe der Regierungsgewall halle bemächtigen wollen. Er wollte, daß sich auf den Trümmern der Bourgeoisherrschaft zunächst einmal die Diktatur des Proletariats oder viel- mehr seines fortgeschrittensten Teils erhob, uin unter anderem, da auch der Atheismus zu den Glaubensartikeln der Lehre ge- hörte, dem lieben Göll den Garaus zu machen. Aber zuerst die Tat, die Aktion, das Lasschlagen, das Ueberschwimmen des Flusses. Solange es noch ein Tuilerienschloß. ein Ministerium oder ein Polizeipräsidium zu stürmen gab, sah Blanqui eine Aufgabe vor sich. Denn er war fürwahr kein Zimmerstratege der Revolution. Schon der junge Student steckte bis über die Ohren in den Ver- schwörungen jener letzten Jahre der Restauration. Bei Zusammen- rottungen 1827 wird er zweimal durch Säbelhiebe, einmal durch
einen Gewehrschuß verwundet. Der Juli 183(1 sieht ihn. die Hände schwarz vom Pulverschleim, auf den Barrikaden. 1832 wird er wegen Preßoergehens von den Geschworenen freigesprochen, aber wegen feiner ausrüherischen Verteidigungsrede auf ein Jahr ins Gefängnis gesteckt. Kaum in Freiheit, drillt er die Mannschaften unterirdischer Klubs für den Tag der Entscheidung, erhält deshalb 1836 zwei Jahre Gefängnis, nimmt, nach acht Monaten amnestiert, das alte Treiben der„Gesellschaft der Jahreszeiten" wieder auf und schlägt am 12. Mai 1839 los. Ein glatter Fehl- schlag, Verhaftung, Verurteilung zum Tode, Umwandlung der Strafe in lebenslängliche Haft, die Gesundheit zerrüttender Aufenthalt in dem feuchten Felsenkerker des bretonischen Mont- Saint-Michel , Uebcrführung tn das Spital von Tours , erst die Februarrevolution von 1848 setzt Blanqui auf freien Fuß. Jetzt hat er seinen Klub, in dem vor aller Oeffentlichkeft 1793 gespielt wird, aber als einer der Führer der Kundgebung vom 15. Mai, die eine Woge erregten Volkes in den Sitzungssaal der Kammer schwemmt, wird er abermals vor Gericht gestellt: zehn Jahre Kerker, die er bis auf den letzten Tag verbüßt. Schon 1861 werden ihm wegen Teilnahme an einer Geheimgefellschaft neuerdings vier Jahre Gefängnis aufgebrummt. Der die Kerker des Julikönigstums, der Zweiten Republik und des Kaiserreichs ausgiebig kennengelernt hat, sieht jetzt auch von einem Kriegsgericht der Dritten Republik die T o d e s st r a f e über sich ver- hängt.„Begnadigt", sitzt er bis zur Amnestie von 1878 in einsamer Zelle, doch nach der Rückkehr in die Welt rüstet der zermürbte, sieche und hinfällige Greis mit Nichten ab: er wült und wirbt, gründet ein Blatt, spricht, die rote Fahne salutierend, in Versammlungen das letzte Mal am 27. Dezember 1886. Am 1, Januar 1861 ist er tot. Die Masten, die sich ihm zum Lebzeiten verweigert haben, folgen chm im Tode; ein Leichenzug von Hunderttausend geleiUt seinen einfachen Tonnensarg auf den Friedhos Pere-Lachaife. Wie Wilhelm Liebknecht Blanqui als den„Tapfersten den Tapferen" grüßt«, so schätzte Karl Marx die Lauterkeit und Selbstlosigkeit, die Unbeugsamkeit und Ueberzeugungstreua des ewigen Rebellen hoch ein. Aber die Lehre Blanquis, daß man eine Revolution aus heiler.k>aut heraus mit einer Minderzahl „machen" könne, bekämpfte, die Entwicklung erkennend und auf die. Masten bauend, der wissenschaftliche Sozialismus als Ueberblsibfel aus der romantischen Frühzett der Arbeiterbewegung, und schließlich starben selbst in Frankreich , wo sie bis ins zwanzigste Jahrhundert eine eigene sozialisttsche Gruppe bildeten, die Blanquisten aus. Wer sich da! In unseren Tagen feierte zu M o s k a u mft der These, daß es nur des Willens einer entschlossenen Minderheit bedürfe, um nicht nur die Staatsmacht zu erobern, sondern auch die Gesellschafts- ordnung imrzukchren, mit der Diktatur einer Auslese des Proletariats, mit dem Kampf gegen die Religion und mit manchem noch der selige Blanqui fröhliche Urständ. Hermann Wendel
Drei Erstaufführungen
Vollmoeller-Opereite. Komödienhaus.„Cocktail". Mit froher Erwartung, in die ein Schuß Ehrfurcht gemixt war, sah ich der Uraufführung im Komödienhaus entgegen. ..Cocktail". Lustspiel von Karl Vollmoeller mit Musik von Ralph Benatzky , dos mußte etwas ganz besonderes werden. Infolge seines Mysterienspieles �vlirakel" gehört ja Vollmoeller zur großen Literatur. Lustspiel mit Musik, das heißt Operette. Don einem Vollmoeller werden wir endlich einmal ein Libretto serviert bekommen, bei dem uns nicht mehr weh um's Herz wird. Um bei der Ltteratur zu blechen: „Was sind Hoffnungen, was find Entwürfe—" ./Sin andres Antlitz, eh sie geschehen, Ein andres zeigt die vollbrachte Tat." Folgender origineller Stoff ist dem Dichter Vollmoeller ein- gefallen: Hauptperson ist kein« reiche Erbin, keine Fürstin, keine Prinzessin, Dollmoellers Ehrgeiz tuts nicht unter einer Königin. Dicfe Königin sührt eine Ehe ohne Liebe und ohne Kinder. In St. Moritz trifft sie auf einen netten Jungen, in den sie sich verknallt und der sich rettungslos in sie verliebt. Zunächst beheben die beiden die Schwierigkeit des fehlenden Kindersegens', alsdann verfenken sie sich in hinschmelzende Rührseligkeit. Der gute Junge will sie nämlich heiraten,'denn er ahnt nicht, daß sie eine Kömgin ist. Und sie reist traurig und für immer ab. Tragik der Hochgeborenen: Sie sieht so glücklich aus. aber sie muß entsagen. Nur etwas tröstet sie, sie nimmt den Keim zum Thronfolger mit, auf den ihr Land nicht ver» zichten will. Gewinn des Abends: Die Erkenntnis, daß auch ein Dichter die Fähigkeit besitzt,«inen echten Operettenkufch mit Schmalz zu schreiben. Ab und zu findet Vollmoeller Ansätze zur Parodie, aber er entschließt sich nicht, den Ulk einer Operettenkarikotur endgüllig durchzuführen. Sein Geheimnis bleibt übrigens der Titel„Cocktail", der zum Ganzen in keiner Beziehung steht. Ich schlage«ine Umbenennung vor: „Majestät geht fremd". Ralph Benatzkys Musik ist wie immer melodiös und spritzig, wenn auch diesmal die im Ohr haftenden Klänge fehlen. Der Regisseur Gustav Härtung gibt sich die erdenklichste Mühe, durch hübsch« Aufmachung das Stück aufzupulvern und Stimmung zu erzeugen. Er denkt an das reizende Spie!„Meine Schwester und ich ", das, ebenfalls mit der Musik von Benatzky , orst vor kurzem dem Komödie nh aus fette Lorbeeren eingetrogen Hot. Es gibt ein sehr lustiges Zweckes Bild, es gibt allerhand nette Situationskomik, es gibt sogar eine Kunsteisbahn mit Kunstläufer. es gibt auch«ine reizende Szenerie: eine dreifach bewegliche Bühne, die wie ein Zufammensctzspiel das Bild oerändert. Dennoch bleibt der Abend dünn. Man langweilt sich nicht etwa tot, das lasten die famosen Darsteller nicht zu, die in fideler Laupe spielen und das Publikum mitreißen. WoOskarKarlweiß singt. I b o r von Halmay springt und Ma rgarete Schlegel losgelassen ist, da stevt sich das Parkett. Und wenn dann noch MadyChristians den Reiz ihrer Persönlichkeit und Felix Brefsart seine groteske Komik verschenken, dann wird auch aus einer halben Sache ein ganzer Erfolg. Die Zuschauer dankten den Schauspielern, dem Ver- fafser und dem Komponisten nrtt vielen Hervorrufen. Srvet Degner. Städlische Oper. Am Sonniao. dem 4. Januar, nachm. 26. tldr. sinke! eine VohltätiakritLoor stell» na ron„H a n s e l und IN r e t e I" und.Die Puppe nie e" für die Wauenkinöer der Stadt Berlin statt. Da» gesamt« Personal der Städtischen Oper hat sich unentgrlilich zur �e-rfSgNNg gebellt.
Zugstück vou einst. „Mrs. Cheneys Ende" im Derliner Theater. Lonsdales unbedeutendes Lustspiel„Mrs. Cheneys Ende" wmÄe mit Elisabeth Bergner in der Titelrolle einst ein Zugstück der B a r n o w s k y- B ü h n e n. Dos erklärt seine Wiederaufnahme in den Spielplan des Bertiner Theaters. Die Bergner steht wieder in der Hauptrolle auf der Bühne, als reizende, perfekt ausgebildete Gaunerin Mrs. Cheney, die nur von ihrem goldigen Herzen daran gehindert wird, sich in ihrem „Beruf" praktisch zu betätigen,. und die zur Belohnung für soviel Tugendhaftigkeit zum Schluß einen richtigen Lord zum Mann erhält. Da sie sich schon mit einem Geschäft für seidene Unterwäsche hoch- beglückt zufrieden geben wollte, ist sie durch diese Lösung natürlich noch hochbeglückter. Die filmbewährte minutenlange Umarmung be- stätigt auch dem phantasieännsten Zuschauer dos„happy cnd". Das Stück ist durch das längere Lagern nicht geistvoller geworden: bis Bergner inzwischen eine immer reizender aussehende Filmschau- spielerin. Sie spielt die Mrs. Cheney mft charmanter Routine, graziös, in entzückend getragenen Toiletten: es ist unbestreitbar, daß sie in dieser seelischen und körperlichen Aufmachung den meisten ge- feierten Hollywood -Stars Konkurrenz machen könnte. Was aus der Dergner hätte werden könncn.Gwenn sie sich weniger konjimktur- tüchtig entwickelt hätte, kann niemand mehr ahnen, der sie jetzt als Mrs. Cheney auf der Bühne sieht: das wissen nur jene, die vor vielen Jahren erlebten, wie von einer kleinen unscheinbaren Schau- spielerin eine künstlerische Kraft ausging, die noch die oerstaubtesten Kulissen in eine Welt, das banalste Stück in echtes Leben verwandellc. Das Lustspiel scheint Hals über Kopf wieder hervorgesucht worden zu sein. Man spürt jedenfalls nicht, daß auffrischende Proben vorausgegangen sind. Die einzelnen Rollen gleiten neben- einander hex, greifen nicht ineinander. Die Regie hat scheinbar nichts nachgeschliffen, und sie hat sich nicht einmal die Mühe ge- nommen, das Stück auf ein vernünftiges Maß zusammenzustreichen: es dehnte sich in sinnloser Breite über drei Stunden. Eine Persönlichkeit überragte das Niveau dieses Theater- abends: Ida Wüst . Wenn sie sich auf der Bühne bewegt», lichtete sich die Atmosphäre von Staub und Schmink«: wie ein Wirbelwind von geistiger, und leiblicher Lebendigkeit fegte sie hindurch, in massiver Ruppigkeit wie in gefühlvoller Sentimentalität immer ein lebendiger, blutvollcr Mensch. Viktor Barnowsty kann sich bei ihr bedanken, daß die Zuschauer nicht im Laus« des Abends m einen Dornröschenschlaf fielen. Truäe E. Schuir. „ManizeNe Mouche". " Lessing-Theater . Ein adeliges Gänschen, Deuise de Flavigny, in klösterlicher Ab- geschiedenhett vor den Lockungen der sündhaften West bewahrt, wird, in ein lockeres Tyeaterabenteuer oerstrickt, das sich ein bißchen gefährlich anläßt, doch schließlich, ohne Beschädigung ihrer Tugend und ihres Rufes, sittsam und ordentlich ausgeht. Denn zum Glück ist der Held ihrer romanhafi-romantischen Verliebtheit der Leutnant Fernand de Champlatreux, den ein gütiges Schicksal chr längst als Catten bestimmt hall«. Im«rotischen Hintergrund Frömmelei des Frauenklosters und galante Schneidigkeit des Offizierskorps, die sonst verspottet werden, dos ist typisch« Atmosphäre der französischen Operette von einst. Wir sind gewohnt, Offsnbach als Begründer der Gattung zu bettachten. Doch das Verdienst, sofern es eins ist, gebührt, historisch gencm genommen, dem Norbkranzosen Florttmmd
Ronger, genannt Herve, der freilich d«n berühmteren Atters- genossen überlebt hat, und dein erst ein paar Jahre noch dessen Tod das Werk seines nachhastigsten Bühnenerfolgs,„Mamzelle Nitouchs", gelungen ist. Aber dioser Organist Cälestin, der im Klostex heimlich eine Operette komponiert hat und sozusagen inkognito den Triumph semer Premlere genießt, das ist keine erfundene Operettenfigur, sondern humoristisch verklärt und mit einem Unterton verdrängter Sentimentalität, eine Jugenderinnerung de? beinahe 66jährigcil Operettenkomponisten Herve , der als Organist in Poriser Kirchen seine Mustterlausbahn begonnen hott«. Und das ist wiederum eine fast typische Entwicklung des Operettenmusikers in Frankreich : so leicht und oberflächlich die Gattung, so ernst und solide pflegten hier die Grundlagen des Komvonistenhandwerks zu fein. Das heutige Berliner Operettentheater, soweit es ilberhaupt vorhanden ist, Hot nicht die nrnfifalssche Tradition, und das Lefsing-Theater hat nicht die musikalischen Mittel, Am eine solche Sache in ihrer kultivierten Anspruchslosigkeit stilgemäß herauszubringen, Wirkungen werden vergröbert oder müssen Anbeutung bleiben. Immerhin hat H a n s May das Orchester unauffällig und geschickt modernisiert und hält das Musikalische iu guter Ocd- nung. Den Erfolg verbürgen die Hauptdarsteller: Erika von Thellmann , Carl Jöken , Max Adalbert . K.?.
pwleiarische Weihnachien. Sangcr--Morgenfe»er im Saaibau Zriedrichssiain. Am zweiten Wcihnachtsfeiertag veranstaltete der erste Bezirk des Deutschen Ardeiter-Sänger-Bundes, Gau Berlin , eine Morgen- feier im Saalbau Friedrichshain. So ersreulio') wie der überaus zahlreiche Besuch ist der Verlauf dieses Vormtttagskonzerts, an dessen Gelingen eine stotlllche Reche von Chorverbänden beieiligt sind: Männerchor Friedrichshain , Chorgruppe Volk-chor Osten, Ge- mischter Ehor Welßensee, Gemischter Chor Fichte, Männerchor Weißensee , Berliner Liederfreunde, Gemischter Chor Groß-Bcrlin, Berliner Lendvai -Chor. lind der Deutsche Arbeiter-Mandolinistcn- Bund, Ortsgruppe Moabit , unterbricht die chorif.hen Darbietungen mit Jnstrumentalvorträgen, die. ebenso wie jene, herzlichsten Beifall auslösen. Die Besucher sind dankbar für diese zwei Stunden Musik. für diese zwei Stunden Feierstimmmig, die sie über die Not des Tages hebt. Das Programm trägt der Stunde Rechnung: aber zwischen frohen und freundlichen Liedern erklingen auch proletarische Kampfgesänge, das Leben und feine Nöte und Pflichten klingen mahnend hinein. K. r, (Line Tai Ludwig Iustis. Fünf van Goghs erscheinen im Kronprinzenpolais. Einer erstaunlichen Ueberraschung begegnet man in, Kronprinzen- palais feit einigen Tagen.. Gleich rechts, im ersten Saal des Erd- gefchoffes, hängen fünf Gemälde von van Gogh: der„Z u a v e" ist Leihgabe, die vier anderen aber gehören der Nationalgalerle. Sie stammen aus den vier letzten Jahren des großen Holländers: „Moulin de la Galette", 1887 noch in Paris unter impresstomstischem Einfluß gemalt: das„Liebespaar" vor den flammenden Zypressen in Arles 1888: der kleine„Mäher" mit der riesigen Sonne ist eines, und eines der jchönften von fünf Bildern desselben Motivs, 1889 in St. Remy entstanden. Der„Garten Daubignys", ein ganz lichtes, in hellgrünen Nuancen strahlendes Juwel seiner reifften Kunst, ist wahrscheinlich das letzte Bild, das er 1896 in Auvers bei dem guten Arzt Gochet gemalt hat. Nach seiner Pollendung schoß er sich eine Kugel in die Brust, um dem ewig drohenden Wahnsinn zu entfliehen. Erstaunlich in gleicher Weise ist Finderglück und Gefühl für das Wesentliche bei der Erwerbung dieser starten und herrlichen Bilder gewesen. I u st i hat mit ihnen die Notionalgalerie um ganz wesentliche und notwendige Werke bereichert. Wie schmerzlich ver- mißte man bisher maßgebliche oder auch nur andeutende Bilder Vincents! Mit einem Schlage ist der Mangel beseitigt, die Lücke aufs vollkommenste gefüllt. Es gibt viele, die mit Justt hadern: ihnen sei gesagt: daß wieder einmal der Zuwartende, der den langen Atem hat, recht behalten hat daß bisher noch jedes ungestüme Ver- langen nach Ergänzung des Fehlenden in der Nattonolgalerie glänzend befriedigt worden ist. Man muß eben Geduld haben. Die Möglichkeit dieser stupenden Erwerbungen war durch Zu- fammentteffen glücklicher Umstände und fällig werdender Stiftungen gegeben. Ein moderner Museumsdirektor muß ja leider auch Finanz- genie und Wirffchaftsorganisator sein: Justi hat noch zu allen Zeiten die Probe darauf bestanden und das auf«ine eigentümlich über- raschende Weise, weil er zu schweigen und zu rechter Zeit aktiv hervorzutreten versteht. Lenl F. Schmidt. Eduard von Werihekmer gestorben. Der österreichisch-ungarische Historiker Pros. Eduard von Wert- heimcr ist im 83. Lebensjahre noch kurzer Krankheit in Berlin ge- starben. Wertheimer war am 2. Juni 1848 in Budapest geboren, gehörte zu den Schülern Rankes und wirkte als Professor der Ge- schichte in Preßburg : er war auch Mitglied der Akademie der Wissen- schasten in Budapest . Er ist bekannt als Biograph Andrassys, schrieb ferner die Geschichte Oesterrcich-Ungarns im 19. Jahrhundert, eine Geschichte des Herzogs von Reichstadt und veröffentlichte noch im Vorjahre ein Werk über Bismarck mi politischen Kampf. Er hinter, läßt eine abgeschlossene, noch unveröffentlichte Kossuth-Viographle. Seit 1925 lebte er in Berlin . Das Leipziger Ehina-Museom. Im Neuen Grafstmusemn in Leipzig ist dieser Tage nach mehr- jährigen Vorarbeiten ein C h i n a- M u s e u m vpilendet und der Oeffentlichkeit übergeben worden. Die neue Abteilung des Völker- kundemufeums vereinigt typische und kostbarste Stücke aus Leip- ziger Mufeumsbesstz, die aus Raummangel bisher noch nicht gezeigt werden konnten. Unter der Leitung von Mufeumsdirektor Prof. Dr. Fritz Krause ist ein Museum entstanden, das eine Fülle von Einblicken in die charakteristischen Erzeugnisse chinesischer Kultur und Kunst vermittelt. Im Borraum findet man den wertvollen, in keinem anderen Museum der Welt vorhandenen Drachenfries aus einem Buddho-Tempel bei Peking . Durch Ausmerzung aller Doppelstücke und des für die Darstellung der chinesischen Kultur un- wesentlichen Materials zeigt das Ehina-Museum in seinem Ausbau eine auffallende Geschlossenheit.
SS. Abk. Dienstag, de» SO. Dezember. 20 Uhr. Funktionär- Versammlung bei Iuskowiat, Holzendorffftraße 26. Die Bezirks- führer sind besonders dazu emgeladen. Um pünktliches Erscheinen wird ersucht. Der Abteilungsvorstand. Wetter für Verlin : Größtenteils trübe mit leichten Schneefällen. Temperaturen dauernd unter Null. — Für Deutschland : Im Osten Verschärsung des Frostes, oinzelnc leichte Schneefälle. Im Westen Temperaturen über Rull, strichweise etwas Regen.