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Morgenausgabe

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48.Jahrgang

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Der Bermärts" erscheint mochentag By zweimal, Sonntags und Montags einmal, bie Abenbausgabe für Berlin  und im Hanbel mit dem Titel Der bend Illuftrierte Beilage Boll and Beit". Ferner Frauenftimme", Technif, Blid in die Büchermelt" Jugend- Borwärtsu. Stabtbeilage

Vorwärts

Berliner   Boltsblatt

Sonntag

4. Januar 1931

Groß Berlin   15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die einipattige Ronpareillezelle 80 Pfennig. Refiameteile 5,- Reichs mart. Aleine Anzeigen das ettge brudte Bort 25 fennig( zufäffig wei fettgebrudte Borte), jebes weitere Wort 12 Biennig. Stellengesuche das erste

ort 15 Bfennig, jebes meitere Bort 10 Pfennig. Borte über 15 Buchstaben aählen für amei Borte. Arbeitsmartt Beile 60 Bfennig. Famillenanzeigen Zeile 40 Bfennig. Anzeigenannahme imhaupt geschäft Binbenstraße 3, wochentäglich von 8 bis 17 Uhr.

Bentralorgan der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands  

Redaktion und Bering: Berlin   SW 68, Lindenstr. 3 Fernsprecher: Donboff 292-297 Telegramm- Abr.: Sozialdemokrat Berlin  .

Vorwärts Verlag G. m. b. 5.

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Totenwacht.

Während am Mitrophon des Rundfunks Gottfried Feder  mit falbungsvoller Stimme von dem Ideal der Boltsgemein­fchaft deklamierte, das die Nazis erstrebten, erging es wohl Taufenden von Zuhörern wie uns: Es traten ihnen die Bilder der in der Neujahrshacht ermordeten Kameraden Willi Schneider   und Herbert Graf   vor Augen das ist die Voltsgemeinschaft der Nationalsozialisten in der Pragis!

Der Zorn der Berliner   Arbeiterschaft über die hinter­hältigen Mörderbanden ist ins Grenzenlofe gewachsen. Kein Bunder, daß der Schrei nach Vergeltung der ungezählten Bluttaten immer lauter ertönt. Aber vergessen wir nicht, daß Rache nehmen nicht etwa heißt, Sinnlosigkeit mit Sinn losigkeit zu erwidern. Wie wir gegen eine Juftig fämpfen, die sich in ihren Bergeltungsmaßnahmen auf eine Stufe mit dem Mörder stellt, so wollen auch wir uns durch alle Roheit der gegnerischen Kampfmethoden nicht auf das geistige Niveau vertierter Hakenkreuzhorden herabzerren lassen.

Jeder, der nach Vergeltung ruft, soll sich einmal über­Legen, ob er denn das Seine getan hat, den wohlfeilen Ruf in eine nügliche Handlung umizufezen. Es ist leicht, Rache" zu rufen. Schwerer, aber auch wirksamer, ist es, wenn feder im Sinne des Neujahrsaufrufes der Partei einen zweiten Barteigenoffen wirbt. Er verdoppelt damit unsere Abwehr­front.: 7

Heute 11 Uhr

Saalbau Friedrichshain

griffenen sozialdemokratischen Arbeitern Beistand leisten sollen. Wir kennen das aus der Praris. Als der Rote Front­rämpferbund noch existierte, haben sich unsere Genoffen und Reichsbannerkameraden mindestens ebensooft gegen tommu nistische Angriffe wie gegen Naziüberfälle förperlich zur Wehr fetzen müssen. Die Zahl der von Kommunisten getöteten Sozialdemokraten ist faum geringer als die Zahl der von den Hakenkreuzlern Gemenchelten wir erinnern nur an die Ermordung des Genossen Paris   in Glauchau  .

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Sehen wir aber das fommunistische Bündnisangebot politisch an, was ergibt sich dann? Dann wäre natürlich die erfte Bedingung, die die BD. den fozialdemokratischen Arbeitern stellen würde: Heraus aus der Preußenfoalition und damit Auslieferung der preußischen Bo­fizetan Hitler  ! Mit anderen Worten: die Kommunisten bieten uns gütigft ihre Unterstützung bei Straßenfämpfen an, nachdem fie dafür gesorgt hätten, daß in solchem Falle die gesamte Bolizei und Staatsmacht auf feiten der a zis fämpfen würde. Ein wirklich höchst wertvolles" Angebot!

Wenn es den Kommunisten mit einer gemeinsamen Be

fämpfung der faschistischen Gefahr ernst ist, so müssen sie dies in erster Linie dadurch zeigen, daß sie endlich aufhören. aus blindem Haß gegen die Sozialdemokratie allenthalben und zumal in Preußen die Steigbügelhalter der Reaktion zu machen. Immerhin beginnt ja auch in tom munistischen Kreifen eine gewisse Erkenntnis sich Bahn zu brechen, daß die Arbeiterklaffe in und mit der heutigen Staatsform einiges zu verlieren hat, daß sie in und mit der heutigen Staatsform wichtige Positionen und Rechte verteidigt, daß zwischen der demokratischen Republik   und dem Faschismus ein Unterschied ist wie zwischen Tag und Nacht. In einer Broschüre lesen wir: materiellen und geistigen Positionen aufrufen, die Die Kommunistische Partei   muß zur Verteidigung jener das Proletariat in Deutschland   bereits errungen hat. Es geht unmittelbar um das Schiafal feiner politischen Orga nisationen, feiner Gewertschaften, feiner 3eitungen und Drudereien, seiner Seime und Bibliotheten usw.

Der dies schreibt, ist allerdings der bei den Offiziellen in Acht und Bann gefallene Leo Troßfi. Immerhin, will uns scheinen, ein Gehirn, das einige Schock Thälmänner dufwlegt. Bielleicht auch muß man aus Rußland   kommen, um einen Blid bafür zu gewinnen, daß die Arbeiterklasse in Deutschland   einiges befizt, das die Berteidigung lohnt. Die Sozialdemokratie jedenfalls ist gewillt, die Don Troßfi gelennzeichneten Errungenschaften zu verteidigen- mit allen Mitteln. Sie wird fidh   dabei eines der wichtigsten nicht nehmen laffen: daß sie nämlich fch und ihre Auf­tlärungsarbeit als unüberwindliches Bollwert zwischen die faschistischen Horden und die staatliche Macht einschiebt

Wer lediglich auf die Nazis schimpft, tut ihnen nicht meh. Selbst die Ahmehr eines förperlichen Angriffes durch einen mohlgezielten Hieb macht auf derlei Lente nur vorübergehend Eindrud. Bichtig und wesentlich ist es, diesen Söldnerbanden thren Nährboden zu entziehen, d. h. die Unaufgemedt. heit und unaufgeflärtheit meiter. Arbeitertreise, auch ihre In interessiertheit an wirklichen politischen Problemen zu beseitigen. Denn nur auf dieser Grundlage breitet sich die Hatenkreuzpest aus. Deshalb schädigen wir diese Gesellschaft durch nichts nachhaltiger, als daß wir sie bei jeder Gelegenheit brandmarken als die Unter nehmertnechte, die ste in Wahrheit sind. Unter der Maste von Sozialisten" haben sie sich an die Arbeiterschaft herangeschlichen. Nun wohl- wieviel Arbeiter wissen denn, daß das Programm dieser Sozialisten" die Aufrechterhaltung Bochum  , 3. Januar.  ( Eigenbericht.) irreführend. Der Bergbauindustriearbeiterverband fordert deshalb und den staatlichen Schuß des Privateigentums, den Nach einer Mitteilung des Zechenverbandes ist die Streiffeine Mitglieder und die Belegschaften auf, fich nach wie vor den Schutz und die Aufrechterhaltung des privaten Unterlage im Ruhrbergbau noch unverändert. Die Be wilden Streifparolen zu widersehen. nehmertums, den Kampf gegen die Wirtschafts­demokratie und gegen die Sozialpolitit ent­hält, daß weiter dieses von Herrn Gottfried Feder   entworfene Programm lediglich für verschuldete Mittelständler einen Kampf gegen den Zinswucher vorsicht, daß es aber die Be­lastung des Arbeiters durch Lohnwucher, durch Miet­wucher, durch Zollwucher, durch Händlermucher enertennt und gutheißt?!

Kommunistischer Ruhrstreif.

Gegen den Willen der Bergarbeiter.- Die Kumpels gegen die RGO.

Wenn wir hierüber den Arbeitern allenthalben die Augen öffnen, wenn wir aus den schwammigen Phrasen der nationalsozialistischen Propaganda diefe harten Tatsachen herausschälen dann wird solche Aufklärungsarbeit für die nationalsozialistische Bewegung viel abträglicher und schäd licher werden als die primitive Befriedigung von Rache­gelüften. Aber diese Aufklärungsarbeit muß auch wirt. lich geleistet werden von einem jeden! Hat hier schon ein jeder seine Pflicht erfüllt? Hat ein jeder für die Verbreitung unserer Aufklärungsschriften, besonders auch für die Verbreitung unserer Breffe, alles in seinen Kräften Stehende getan?

teiligung bei der Mittagsschicht liegt um 18,90 Prozent gegenüber 14,85 Prozent in der Mittagsjchicht vom Freitag. Von neun Zechen­anlagen, die am Freitagmittag gestreitt hatten, sind am Sonnabend die Belegschaften wieder angefahren. Auf acht Schächten wird in unbedeutender Zahl neu gestreift.

Der auf der Zeche Rheinpreußen in Moers   er offene Bahnwärter meist ein faustgroßes Loch in der Brust auf, so daß die Bermutung besteht, er sei von den Streifenden, vor denen er ein Zehentor schließen wollte, mittels eines Dum- Dum- Geschosses getötet worden. In Hamborn   gab es am Sonnabendmittag nor der Zeche Friedrich Thyffen 4/8 große Ansammlungen, die jedod) von der Polizei zerstreut wurden. In Meiderich   wurde ein Steiger von einem Stoßtrupp auf der Straße verprügelt. In die Zechen Schlegel und Eisen 3/4 brangen 300 Streifende der Beche Westerholt ein, wurden jedoch von der Polizei meder ver­trieben. Auf der Zeche Graf Moltke 3/4 versuchten 100 Streifende unter Führung non drei Kommunisten, die Arbeitswilligen an der Einfahrt zu hindern Sie wurden ebenfalls von der Polizet pertrieben und die Anführer verhaftet. Auf der Zeche Rheinbaben ist es ebenfalls zu Bujanmenstößen zwischen Polizei und Streiten­den gekommen.

Che wir unsere ermordeten Genoffen zur legten Ruhe gefelten, wollen wir Totenwacht für sie halten. Wir RGD. und in den Kampfausschüssen Erwerbslose sind, die Bemerkenswert ist noch, daß die Streitführer bei der wollen dies tun, indem wir nicht nur selbst wachen, sondern teilweise seit Jahren außer Arbeit stehen und vielfac unsere Kameraden und Kollegen geiftigerweden. Wenn wir so unsere Aufgabe erfassen, so finden wir leicht die Stel: gar nicht Bergarbetter find. In mehreren Fällen folgen lung zu den scheinheiligen fommunistischen Bündnisange- die fommunistischen Funktionäre nicht einmal ihren boten, wie sie jetzt die Rote Fahne" macht, und die natür- Streifparolen, sondern verfahren selber weiter thre Schichten. lich   darin gipfeln, daß die fozialdemokratischen Arbeiter ihre Führer verjagen und in der Kommunistischen Partei den Kampf gegen die Nazis aufnehmen sollen.

Gewerkschaften gegen Dutschiffen.

Bochum  , 3. Januar.  ( Eigenbericht.)

Der Berband der Bergbauindustriearbeiter feilt Das ist die alte Phrase, die alte Leimrute! Das ist fein mit: Wie wir erfahren, versucht man von kommunistischer Seite in Bündnisangebot, sondern das Anfinnen an die Sozialdemo verschiedenen Orten des Ruhrgebiets, die Bergarbeiter dadurch von tratie, sich selber aufzugeben. Und was bietet die der Arbeit fernzuhalten, daß man die Nachricht verbreitet, die Ge­Kommunistische Partei als Gegenleistung?- Daß bei Prü- wertschaften würden sich nunmehr auch hinter die geleien ihre Anhänger den von Nationalsozialisten ange- Streitbewegung stellen. Diese Gerüchte sind falsch und

Mittwoch Schlichtungsverhandlungen.

Bochum  , 3. Januar.  ( Eigenbericht.) Die neuen Schlichtungsverhandlungen im Ruhrberg  bau werden am 7. Januar unter dem Vorsitz des west­fälischen Schlichters Professor Brahn in Essen beginnen. Erfolgloser Terror.

Bochum  , 3. Januar.

Der Polizeipräsident in Bochum   teilt mit: 3m allgemeinen fann gesagt werden, daß lediglich das nörd­liche Randgebiet des Ruhrbergbaus von der Streitwelle erfaßt worden ist. Das Zentrum des Gebietes und der Südrand weisen ganz geringe Streltziffern auf. In den Bezirken der Polizeipräsidien Bochum   und Dortmund  , die einen großen Teil der westfälischen Schachtanlagen umfaffen, streifen zur Zeit lediglich 500 Berg­arbeitet. Die kommunistischen   Versuche, mit Gewalt eine Arbeitsniederlegung zu erzwingen, find bis jetzt in den Gebieten reflos gescheitert. Den inzeichen nach werden die Kommu­niften in den nächsten Tagen mit verstärkter Kraft versuchen, eine Arbeiteniederlegung auf den Zechen zu erzwingen. Die Polizei hat alle Vorkehrungen getroffen, um die Arbeitswilligen zu schützen und jeden Terror zu verhindern.

Internationale und Abrüfung. Solländische Partei und Gewerkschaffen rufen Kongres an.

Amsterdam  , 3. Januar.  ( Eigenbericht.)

Die Vorstände der niederländischen Sozialdemokratie und des niederländischen Gewerkschaftsbundes haben be­fchloffen, an die Borstände der Sozialistischen Arbeiter- 3nfer­nationale und des Internationalen Gewerkschafts bundes das Ansuchen zu richten, zum Herbst dieses Jahres einen internationalen kongre für Abrüstung und weltfrieden einzuberufen. Dieser Kongreß soll die Welt­abrüftungskonferenz, die im Jahre 1932 in Genf   stattfindet, weit­gehend zu beeinflussen trachten.