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Nr. 5 48. Jahrgang

6. Beilage des Vorwärts

Gonntag, 4. Januar 1931

Das neue Verkehrsgericht. Ein Querulanten- Phänomen

Auch Entscheidung über polizeiliche Strafverfügungen.

Der Mann mit den tausend Prozessen

Unter den Querufanten Deutschlands   darf Herr Bruhn nennen wir ihn so mit Recht den Anspruch auf eine gewisse Berühmtheit crheben. Seine Beschwerden gehen wohl in die 3ehn tausende und seine Brozesse und die von ihm angestrengten Verfahren nähern sich wohl der Zahl tausend. Herr Bruhn ist ein Querulanten- Phänomen. Wieso er das wurde, ist das Inter­effante an seinem Fall.

Ueber die Einrichtung des neuen Verkehrsgerichts beim Amtsgericht Berlin- Mitte wird amilidh folgendes mitgeteilt: Mit Wirkung vom 1. Januar 1931 ab ist aus den Bezirken der Amtsgerichte Berlin- Lichtenberg, Lichterfelbe, Pantow, Schöneberg, Tempelhof  , Wedding  , Weißensee  , Charlottenburg  , Köpenid, Neukölln und Spandau   die Entscheidung in Straffachen, mit Ausnahme der Jugendfachen, dem Amtsgericht Berlin- Mitte in den Fällen übertragen worden, in denen wegen Zuwiderhandlungen gegen das Kraftfahrzeuggesetz oder die Kraftfahrzeugverordnung, sei es allein oder im Zusammenhang mit anderen Anschuldigungen, Die Wiege dieses eigenartigen Mannes stand in einem reichen die Staatsmwaltschaft bei dem Amtsgericht Berlin- Mitte Anflage hessischen Kaufmannshause. Bon seinem Vater übernahm er ein erhebt oder Strafbefehl beantragt oder in denen der Beschuldigte großes Bedergeschäft; ein zweites in Süddeutschland   belam fein nach vorausgegangener polizeilicher Strafverfügung gerichtliche Ent- Bruder. Ehezwiftigkeiten, bei denen seine Schwäger eine große Rolle scheidung beantragt. Diese Anordnung gilt also nicht für Jugend- spielten, brachten sein Geschäft zum Konkurs. Das war vor neun­fachen, das find Straffachen von Personen, die zur Zeit der Er­hebung der Anklage über 14 Jahre oder noch nicht 18 Jahre alt zehn Jahren. Damals jepte seine Querulantenidee ein. Er glaubte, find. Sie gilt im übrigen nicht nur für Verkehrsübertretungen, ins- ihm fei Unrecht geschehen und kämpft seit zwanzig Jahren um sein besondere für Uebertretung der Kraftfahrzeugverordnung, sondern angebliches Recht, indem er Hunderten von Menschen Unrecht tut. auch für Bergehen gegen das Kraftfahrzeuggesetz und für andere zuerst blieb er bei der Lederbranche; er änderte nur die Geschäfts­gegen das Strafgesetz verstoßende Handlungen, die mit folchen methoden. Er spielte den Kommiffionär, nahm Vorschüsse und gegen das Strafgesetz verstoßende Handlungen, die mit folchen lieferte teine Bare. Das war seine erste Betrugshandlung. Hebertretungen oder Bergehen in Zusammenhang stehen. Hat eine Das Strafregifler zeigt Polizeibehörde, was nur bei llebertretungen möglich ist, die Strafe Im Laufe der Jahre folgten weitere. 21 Borstrafen, aud) folche mit Zuchthaus in Darmstadt  , burch Strafverfügung festgesetzt und beantragt der Beschuldigte 21 Borstrafen, au folche mit Zuchthaus baraufhin gerichtliche Entscheidung, so entscheidet über diesen Antrag München  , Nürnberg  , Fürth  , Berlin   usw. Die Zeugen, die gegen ihn ebenfalls das Amtsgericht. Mitte. Der Beschuldigte, dem eine auftraten, begingen angeblich meineibe. Er erstattete gegen fie An polizeiliche Strafverfügung zugegangen ist, muß daher von jetzt ab 3eige, die Berfahren wurden eingestellt, er schrieb Beschwerden, bes ben Antrag auf gerichtliche Entscheidung einerlei ob die Berzichtigte die Richter der Rechtsbeugung; seine Anwälte verklagte er bei der Anwaltskammer er hatte alle Hände voll zu tun. fügung ihm vor oder nach dem 1. Januar 1931 zugestellt worden tit.. innerhalb einmöchiger Frift, entweder bei der Polizeibehörde, die die Strafperfügung erlassen hat oder bei dem Amtsgericht an­bringen. Durch Stellung des Antrages bei einem anderen Amts gericht, cis dem Amtsgericht Berlin- Mitte wird die Frist nicht gewahrt. Erhebt die Staatsanwaltschaft die Anklage, so trifft fie Die Entschließung, ob das Amtsgericht Berlin- Mitte entscheiden soll.

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Die Wermsten betrogen.

Die Borsigende einer Wohlfahrtskommiffion unterschlägt Unterstügungsgelder.

Sie hat einmal beffere Zeiten gefehen, die schlanke Fünfzig­jährige mit dem grauen Haar und dem blassen, strengen Gesicht. Bor Jahren war fie eine angesehene Geschäftsfrau, die über ein

Etwa vor zehn Jahren begann feine Tätigkeit als Syndi. tus". Durch Inferate oder sonst wie tnüpfte er Beziehungen in der Hauptfache zu Frauen an, vertrat feine Klienten in ihrem Rechts streit, nahm ihnen Gelber ab und flagte sie hinterher wegen der Gebührentoften an. Die Gebühren waren ungebührlich hoch, ja felbft die Gesundheitsschädigungen, die er durch die Klienten erlitten haben mollte, sollten entschädigt werden. Die Zivilprozesse führten zu

bentens für die ermordeten Genoffen Schneider und Graf fprechen. Die Ansprache zum Film hält Bundesvorsitzender Genosse Niemann- Offenbach a. M. Die Veranstaltung beginnt 11 Uhr in den Bavaria   Lichtspielen, Friedrichstr. 180.

Der weiße Tod.

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neuen Beschwerden gegen die Richter. Im Zuchthaus Sonnen burg mußte ihm für seine Aften eine besondere Zelle zur Verfügung gestellt werden und auch sonst war er stets mit Bergen von 2tten umgeben. Ja, eine ganze juristische Bibliothek legte er sich an: sämtliche Kommentare des BGB. und des EtGB. mußten herhalten, um seinen Beschwerden den wissenschaftlichen Hintergrund zu geben... Mehr als einmal wurde er psychiatrisch untersucht. Bald glaubten die Aerzte mit Querulanten 3rresein zu tun zu haben, bald begnügten fie fich damit, ihn bloß für geistig minderwertig zu erklären.

Die

1927 verließ Br. das letztemal ein Berliner   Gefängnis. 21 Strafen hatten ihn nicht vorsichtiger gemacht. Er setzte feine Syndifustätigkeit fort. 11. a. lernte er durch eine Heiratsannonce eine Frau N. kennen. Natürlich führte er bald den Rechtsstreit, den fie mit einem anderen Heiratsschwindler hatte; fie forderte von diesem ihre 2000 Mart zurück und erwirkte einen Arrest. Bruhn erhielt von ihr 2000 Mart, um nötigenfalls das Geld zu hinterlegen. Mit dem Geld verschwand er nach Nürnberg  . Einen Teil der 2000 Mark erstattete er zurüd; an Stelle des Restes befam Frau N. von ihrem Rechtsbeistand" Briefe, in denen er sie als irrfinnig" bezeichnete und bas Gelb in der üblichen Weise als für sich als Schadenersatz­anfpruch und dergleichen mehr reflektierte. Das Ende vom Liede war Das Urteil der ersten Instanz lautete auf eine Strafanzeige 15 Monate Zuchthaus   und 3 Jahre Ehrverlust, die zweite Instanz milderte die Strafe auf 13 Monate Suchthaus ab.

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Der kleine Mann mit dem runden Gesicht und der großen Horne brille ist tros seiner 61 Jahre noch sehr munter Sein Bruder betreibt ein großes Ledergeschäft in Süddeutschland  , fein Sohn ist Banfier und unterstützt den Vater, der luftig weiter prozessiert. Das Schicksal hat sich gegen ihn entschieden; also werden alle Menschen dafür verantwortlich gemacht, die einmal das Unglüd hatten, seine Bahn zu treuzen.

Fahrzeug noch geistesgegenwärtig zum Halten bringen, so daß größeres Unheil verhütet wurde. Der Berlegte erhielt auf ber nächsten Rettungsstelle erste Hilfe. Der Täter ist leider unerkannt entlommen.

Die unterbrochene Argentinienreise.

Einen guten Fang machte die Streife Ost der Kriminalpolizei

respektables Bankkonto verfügte und von den Zinsen ihres Ber: Das Gfiunglüd in Elm.- Lawinentod im Riefengebirge. auf dem Anhalter Bahnhof  . Aus Riga   war gegen 3 Uhr mögens allein bequem leben konnte. Die Achtung und das Ver­trauen, die fie bei ihren Mitbürgern genoß, fanden schließlich ihren Musbrud darin, baß man fie zur Borsigenden einer Wohlfahrts fommission in Berlin- Mitte wählte.

Nun hatte Frau Lucie F. über das Wohl und Wehe vieler Arme zu entscheiden, für die selbst bie färgliche Unterstüßung ein Bermögen bedeutete und niemand wußte es, daß die wirtschaftliche Bage der Borsteherin inzwischen eine bedeutende Berschlechterung erfahren hatte. Und eines Tages hatte die Herrlichkeit ein Ende! Man tam darauf, daß Frau F. Unterstützungsgelder der Stadt Berlin  , die ihr in ihrer amtlichen Eigenschaft anvertraut waren, unterschlagen und für sich vermendet hatte. Für die verschwundenen Beträge hatte fie gefälschte Quithmgen ausgestellt. Seute hatte fich Frau F., die ingmischen natürlich von ihrem Bor figenbenposten erhoben porhen war, vor dem Ermetterten Schöffen geridt wegen fchmerer Beamtenunterschlagung und Urtimber fälschung zu verantworten. Nun erzählte Frau F. wie es so weit gekommen war, daß fie fich am Eigentum der Bermften der Armen vergriffen hatte. Es waren fast durchweg geringe Beträge, die sie eigenmächtig für sich verwenbele. Go ließ sie z. B. einen Betrag Don 30 M., den eine 83jährige Frau auf Grund ihres eigenen Un­trages befommen follte, in ihre Tasche verschwinden. In einem anderen Falle war eine 74jährige Frau das Opfer, wie ja die Be­troffenen überhaupt. alte, gebrechliche Leute waren. Frau F. ver­Schmähte auch Beträge von wenigen Mart nicht. Die gesamte Schadensfumme beläuft sich auf etwa 600 m. ein Betrag, der früher bei Frau F. feine Rolle gespielt hatte. Und verwundert fragt ber Borf.: Sie haben die 600 m. im Verlauf von vierzehn Monaten nach und nach unterschlagen. Fatten Sie teine Bedenten, die armen Menschen um ihre paar Mart zu bringen? AngelL: Ich war in siner furchtbaren Lage. Ich hatte plößlich mein ganzes Bermögen in der Bank verloren, das Geschäft ging fchledyt. Und dann ertrantte auch meine Mutter. Ich mußte obendrein noch für meine beiden Rinder forgen. Borf: Aber dieses Geld war ja nur ein Tropfen auf einem heißen Stein. AngelL: Ich hoffte, bas Gelb bald wieder zurüdgeben zu fönnen.

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Das Gericht verurteilte ble Angettogte zu neun Monaten Gefängnis, da es von der Annahme ausging, daß Frau F. auch in threr ehrenamtlichen Eigenschaft als Beamtin anzusehen gewesen fel und lyre Tat baber als fchmere Beamtenunterfchlagung qualifiziert werden mußte.

In der heutigen Uraufführung des Films Die größte Radsport dyan der Well, ein Film von der Dresdener   Bundesveranstaltung des Arbeiter- Rad- und Kraftfahrerbundes Solidarität wird der Landtagspräsident Genoffe Friedrich Bartels   Borte des Ge­

Basel, 3. Januar.

Die am Freitagnachmittag hier ums Leben gekommenen drei deutschen   Stifahrer find: Der Arzt Haus Clare- Berlin­Wittenau, der in den Wiffenauer Heilstätten tätig war, ferner die Lehrerin Elfa kloettner aus Gladbec, Straßburger Straße 14, und die Lehrerin Herta Gelpte aus Burtehude bei Hamburg  , Bahnhofstraße 30. Die Berunglüdten waren zufammen mit etwa 85 anderen Deutschen  , die größtenteils aus Norddeutschland stammten, in Begleitung von fünf Sportlehrern und-lehrerinnen nach Elm gefommen, um hier während der Feiertage an einem Stilehrgang feilzunehmen.

Bei der Obermichlenalp, einige Stunden vom Kurhaus entfernt, mo die Stiteilnehmer wohnen, ist ein pradhtoolles Stigelände, das an sich ganz ungefährlich ist. Die Wetterperhältnisse waren aber am Freitag nicht günstig. Es war neblig und reichlicher Neuschnee ging hernieder. Dadurch und durch den Wind hatte sich bei dem Bach bett, das die Stiläufer, die bereits am frühen Morgen aufgebrochen waren, überqueren wollten, eine große Schneewebe gebildet, die etwa 10 meter lang war, und das Gelände unübersichtlich machte. Beim Abstieg nachmittags etwa gegen 4 1hr tamen die Stiläufer ins Rutschen und gerieten in die Schneewehe hinein. Durch den Absturz rissen fie noch reichlich Neus.hneemassen mit sich. 13 Perfonen wurden dabei verschüttet; zehn, die fich selbst wieder befreien tonnten, brauchten hierzu etwa eine Stunde, so daß die Nachforschungen nach den drei Vermißten, die später Meter tief unter dem Schnee liegend aufgefunden wurden, erst du spät aufgenommen werden konnten

Krummhabet, 3. Januar.

Heute nachmittag zwischen 3 und 4 Uhr löfte fich an der Seifenlehne eine Lawine, durch die der Hörnerschlitten­fahrer Erich Liebig- Frises aus Wolfshau bei Krumm­ hübel   verschüttet wurde. Die Sanitätstolonnen von Brüden­berg und Krummhübel   nahmen die Rettungsarbeiten in Angriff. Nach mehrstündiger Arbeit wurde die Leiche geborgen.

Bubentat auf Straßenbahn.

ftraße beinahe ein schweres Berkehrsunglüd verurfacht worden. Durch einen bösen Streich wäre gestern abend in der Rant­ein unbekannter Bursche schleuderte gegen einen Triebwagen der Straßenbahnlinie 93 eine große Startoffel, wodurch die vordere Sufcheibe zertrümmert wurde. Glassplitter drangen dem 29jährigen Straßenbahnführer Erich S. aus der Goßlerstraße in beide Augen und verlegten ihn schwer. Trog der starkblutenden Bunde fonnte der Führer fein,

Die

ein Telegramm eingegangen, nach dem ein Defraudant mit seiner Frau wahrscheinlich über Berlin   die Flucht ergreifen würde. Es handelte fich um den 23 Jahre alten Kaufmann Georg D a widow mit seiner gleichaltrigen Frau Marie. Dawidow soll, wie die Rigaer Polizei mitteilte, 20 000 Batts( etwa 16 000 Mart deutsches Geld) unterschlagen haben. Der Kaufmann betrieb ein Konfektionsgeschäft, hatte alle Waren heimlich verkauft und war aus der Stadt ver schwunden. In einem Berliner   Reisebüro erinnerte man sich, daß ein Mann, auf den die Beschreibung paßte, durchgehende Fahrtarten nach Argentinien   via Genua   getauft hatte. Den Preis, 860 Mart, hatte er in bar bezahlt. Der nach Genua  gehende Zug fährt vom Anhalter Bahnhof   ab. Die Beamten elften dorthin und famen gerade zurecht, ehe der Zug die Halle verließ. Die Abteile wurden durchsucht und Dawidow und seine Frau angehalten und festgenommen. Sie hatten nicht weniger als 11 Roffer Gepäd bei sich An barem Gelbe verfügten sie nur noch über 130 Dollar.

Billiger Sonntag im 300. Am heutigen Sonntag, 4. Januar, beträgt das Eintrittsgeld in den Zoologischen Garten nur 50 Pf. für Erwachsene und 25 f. für Kinder. Dieselbe Ermäßigung gilt auch für das Aquarium.

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