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BERLIN  Mittwoch 7. Januar

1931

Der Abend

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Der Blutweg ins dritte Reich

Zwölf Jahre Meuchelmord

Heute begleiten wir das Opfer nafionalsozialistischer Mörder in feierlichem Zuge auf seinem letzten Wege. Bon diesem Zuge geht Anklage und Mahnung aus.

Er ist eine öffentliche Auflage! Hinter dem jungen Genoffen, den wir heute ehren, steht die lange Reihe der Opfer, die durch nationalsozialistische Mörder und ihre Borläufer gefallen sind.

Es ist eine lange Reihe! Vergeßt sie nicht! Bergeßt niemals, daß fie durch jene Mordbuben gefallen find, die heute vom dritten Reich reden.

Es ist eine trođene, nüchterne Aufzählung. Ceft fie wieder und wieder, prägt sie euch fest ein, auf daß sie niemals eurem Gedächtnis entgleite.

Aus dieser trodenen Aufzählung steigt eine flammende Anklage empor. Anflage gegen die Mörder! Anflage gegen die Lauheit des öffentlichen Gewissens!

Führer der Republik  .

21. Februar 1919.

- die Schuld der Nationalsozialisten Totenwacht   im Friedrichshain  

Im Saalbau Friedrichshain war heute während der Nach| Willi Scheiber als legten Gruß" steht auf der schwarzrotgoldenen mittagsstunden der von den Nationalsozialisten erschossene Reichs- Schleife des Kameradschaftskranzes. bannerkamerad Billi Schneider öffentlich aufgebahrt. Beihevolle Stimmung liegt über dem Raum. Die Wände sind ganz mit schwarzrotgoldenem Tuch ausgeschlagen, gedämpftes Licht kommt durch die verhangenen Fenster. Umgeben von Lorbeer­bäumen, Blattpflanzen und Blumengewinden steht der einfache Sarg auf einem schwarzen Katafall. Das Banner der Republik   schmückt Sarg und Unterbau, im Hintergrunde an der Wand der große Reichsadler auf schwarzrotgoldenem Tuch, eine Ehrenwache von acht Reichsbannerleuten flankiert den Sarg.

Schon von 2 Uhr ab defilierte eine riesige Menschenmenge an der Bahre des Hingemordeten vorbei; Tausende und aber Tausende nahmen letzten Abschied von dem Parteigenossen, dem Kameraden und dem Freund. Tiefes Mitgefühl mit den Angehörigen steht auf den Gefichtern der Trauergemeinde, aber auch Entschlossenheit, das Opfer, das hier aufgebahrt liegt, das legte sein zu laffen. Ilm 45 Uhr begann die Trauerfeier, an der auch die Anverwandten Willi Schneiders teilnahmen.

Die Mördersuche.

Schon zur Mittagszeit haben eine ganze Anzahl von Organi fationen Kränze am Garge niedergelegt. Der Kreis Prenzler Eine Berhaffung in Wernigerode   unter falschem Verdacht. Berg der Partei widmete dem toten Genossen einen prachtvollen Kranz mit roter Schleife. Die Reidsbannerfameraben der Städtt­

Der bayerische Ministerpräsident Kurt Eisner   wird aufchen Gaswerte haben ebenfalls ein Blumenarrangement ges hickt. dem Wege zum Landtag von dem Leutnant Graf Arco   durch zwei Kopfschüffe getötet.

10. Juni 1921.

Tiit Kränzen haben des Toten gedacht das Arbeitsamt Berlin  - Ost, die Mieter seines Wohnhauses und die Kameradschaft Arns. walder Plaz des Reichsbanners, der der Erschossene ange­

Halberstadt, 7. Januar.  ( Eigenbericht.)

Am Dienstagabend wurde von der Polizei in Wernigerode   ein Kaufmann Rudolf Beder verhaftet. Man glaubte, den, Mörder aus der Hufelandstraße entdeckt zu haben. Es stellte sich jedoch her aus, daß der Berhaftete mit dem Mörder nicht identisch ist, er

Karl Gareis  , Abgeordneter der Unabhängigen Sozialdemo. hörte. Unserem von Mörderhand gefallenen treuen Stameraden wurde deshalb am Vormittag entlassen.

fratie im Bayerischen Landtag  , wird nachts auf dem Heimweg vor seiner Wohnung erschossen. Er hatte sich den Haß der Reaktion durch seinen Kampf gegen die Einwohnerwehr und die Aufdeckung einer Spigelaffäre zugezogen.

26. August 1921.

Der Reichsminister a. D. Erzberger wird bei einem Spaziergange im Badeort Riesbach im Schwarzwald   von den früheren Offizieren Heinrich Schulz   und Heinrich Tillessen  , Mit­gliedern des Deutschöllischen Schuß- und Trußbündnisses, der Arbeitsgemeinschaft Oberland und der Organisation C ermordet. 24. Juni 1922.

after

Der Reichsminister der auswärtigen Angelegenheiten Ratbenau wird bei einer Autofahrt von seiner Billa   im Grune wald ins Auswärtige Amt durch einen anderen Wagen überholt, der von dem 21jährigen Ernst Werner Techow   geführt wird. Aus dem überholenden Auto schießen die früheren Offiziere, frühere Mitglieder der Brigade   Ehrhardt und der Organisation C, und ehemalige Teilnehmer am Kapp- Putsch  , Erwin Kern   und Hermann Fischer  , mit einer Maschinenpistole auf Rathenau  und werfen eine Handgranate auf ihn. Nach der Tat sagt Techow zu seinen Freunden: Die Sache hat geklappt Rathenau   liegt. Bir haben es getan, um die Roten zum Angriff zu reizen. Uns ging das Geld aus."

Opfer des Kapp- Putsches.

16. März 1920.

Der Redakteur der Schlesischen Arbeiterzeitung" in Breslau  , Bernhard Schottländer  , Mitglied der USPD.  , wird vom tappistischen Freikorps   Aulod zusammen mit über 30 Personen ver­haftet. Seitdem ist Schottländer spurlos verschwunden, bis seine Leiche bei Oswig an der Oder ans Land gespült wird. Außer ihm find aus Breslau   feit den Kapp- Tagen spurlos verschwunden: der Maschinenschlosser Alfred Schramm, der Bankbeamte Karl Boronom, der Kohlenarbeiter Heinrich Romane und der Redakteur Dem mig. Der Schlosser Mar Hoffmann wurde am 15. März megen Berteilung sozialdemokratischer Flugblätter, ber Eisenbahnschlosser Wilhelm Böhm am 16. März als Streif­posten, der Koch Heinz Hertenrat auf Grund einer Denun ziation durch Kappisten erschossen. Hertenrats Leiche ward aus­geplündert. Bestrafung der Täter ist nicht erfolgt. 17. März 1920.

In Niendorf bei Wismar   wird der Tagelöhner Wilhelm Witte durch Angehörige des Freikorps Roßbach verhaftet, nachdem er wegen einer Lohndifferenz bei dem Gutsbesitzer, Gesandten a. D. Freiherr von Brandenstein, vorgesprochen hatte. Zusammen mit dem Arbeiter Steinfurth   wurde er vor ein angebliches Stand­gericht gestellt, zum Tode rerurteilt und erschossen. Der Guts befizer, Freiherr von Brandenstein, war aus dem Schloß getreten, hatte auf die beiden Arbeiter gedeutet und gesagt: Das sind die richtigen." Herr von Brandenstein wurde später als Bertreter der ( Fortjegung auf der 2. Seite.)

Vier Opfer der Eisbahn.

3m Stadtweiher eingebrochen und ertrunken. Wemding  ( Schwaben  ), 7. Januar. Auf dem in der Nähe der Stadt gelegenen Weiher find gestern acht Knaben im Alter von 8 bis 10 Jahren Elfe auf dem Eise eingebrochen. Vier von ihnen konnten gerettet werden, während die anderen vier' er. tranten.

Schiffsunglück im Schneetreiben.

Dampfer im Hafen gerammt und gesunken.

Swinemünde  , 7. Januar.

Ein schweres Schiffsunglüd hat sich heute früh im Hafen von Swinemünde   ereignet. Bei dichtem Schneetreiben stieß der von See fommende schwedische Dampfer The mis" mit dem Kieler  Dampfer,& ar l", der von Swinemünde   aus in See gehen wollte,

HITLER  

Die Unbeteiligten

GOERBELS

Unsere Parole, Köpfe rollen zu laffen, lieber Goebbels  cat mit den Mordtaten unserer Anhänger felbftredend nicht das mindeste zu tun, da wir nur den streng legalen Meuchelmord predigen!"

zufammen. Der Dampfer Karl wurde am Borderschiff schwer be­schädigt und fant in wenigen Minuten. Die aus neun Mann bestehende Besatzung fonnte nur das nadie Leben retten. Sie wurden von dem Coffendampfer aufgenommen. Der untergegangene Dampfer Karl" befand sich mit Gütern auf der Fahrt von Cübed nach Königsberg   und hatte des Sturmes wegen Swinemünde   als Mothafen angelaufen.

Banfeinbruch vereitelt.

Mißglückter Verfuch in Schöneberg  . Drei Einbrecher verhaftet.

Durch die Aufmerksamkeit der Hausbewohner und das schnelle Eingreifen des Ueberfallfommandos ist in der vergangenen Nacht in Schöneberg   in der Hauptstraße 134 eine gefährliche Ein­brecherkolonne festgenommen worden, die gerade im Begriff war, vom Keller aus die Dede nach einem Safflergeschäft durchzubrechen, es aber allem Anschein nach auf die Treforräume der im Nebenhaufe liegenden Schöneberger Bant e. G. m. b. H. abgefehen hatte.

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Bei den Festgenommenen handelt es sich um bereits mehrfach vorbestrafte Schwerverbrecher, und war une einen Monteur" Ebert, der 17mal vorbestraft ist, einen Arbeiter" Sommer, der 19mal schwere Strafen zu verbüßen hatte, und um einen Ar­beiter übed, der bereits fechsmal geseffen hat. In der Nacht hörten Hausbewohner aus den Kellerräumen ein verdächtiges Ge räusch dringen und man alarmierte das lleberfallkommando, das in unmittelbarer Nähe im alten Schöneberger Rathaus am Kaiser­Wilhelm- Platz untergebracht ist. Als die Beamten des leberfall­tommandos am Hause anlangten, erklärte ihnen jedoch ein dort stehender Mann, daß bereits alles in Ordnung fet. Trotzdem durch­forschten die Beamten das Haus und überraschten die drei fweren Jungens dabei, mie fie mit dem Stemmeifen vom Keller die Decke nach dem Geschäft des Sattlermeisters Reinecke zu durchbrechen versuchten und bereits ein recht großes Loch geftemmt hatten. Die ertappten Einbrecher flüchteten nun durch die beiden Ausgänge des Kellers, die jedoch vorsorglich mit Beamten umstellt waren. Während einer der Beamten überrannt wurde, versuchte der eine Einbreche: über die Mauer des Hofes zu entfominen, was ihm jedoch nicht glückte. Die Polizeibea.nten fonnten ihn noch rechtzeitig on den Beinen zu paden bekommen und dingfest machen. Aus der großen Reihe der zum Teil sehr schweren Vorstrafen nimmt die Polizei an, daß die drei es nicht nur auf das Sattlergefchäft abgesehen hatten, sondern vielmehr einen Ein­bruch in die Räume der Schöneberger Bank beabsichtigten, aber nach in den ersten Borbereitungsstadien überrascht wurden. Die Irefor räume der Bant liegen nämlich am entgegengesetzten Ende bes Rellerganges und die Einbrecher wollten sich auf Umwegen an Idiese offenbar heranpürichen.