Japanisches Theater.
Theater am Nollendorffplatz.
Die japanischen Künstler, die im Herbst bei uns gastierten, kehren wieder. Sie haben sich in ganz Europa bewundern laffen. Man fürchtete, daß sie etwas europäisch abgenußt sein würden. Aber es bestand keine Gefahr. Sie sind gerade bereit, dem Berständnis des Westens entgegenzukommen. Die strengen Aestheten des japanischen Theaters entrüften sich sogar, indem sie ihren Landsleuten vorwerfen, daß sie die Klassik der Tradition besudelten.
Wir sehen wieder Tänze und ein ganzes Ritterstück. Der Reigen, an dem sich Männer und Frauen beteiligen, gilt der Feier des Frühlings. Gemessen und ernst schreiten die buntgekleideten Frauen in die Landschaft, um der schönen Jahreszeit ihre Reverenz darzubringen. Allein von den Männern, die derb und bäuerlich, fast wie Tiroler Schuhplattler, juchzen und herumstampfen, wird auch eine groteste Freude und Ausgelassenheit betont. Vielleicht darf man aus diesem Tanzftil folgern, daß die gebrechliche und zierliche Frauenpuppe vor der Deffentlichkeit stets mit einer gewiffen Scheu gezeigt wird. Selbst das Mädchen, bei dem käufliches Bergnügen zu erwerben ist, hat nicht das Recht, ihre ganze Munterfeit zu zeigen, wenn mehr als ein Paar Männeraugen auf die Tänzerin blickt. Das Ritterspiel ist grausig und blutig. Es endet mit dem religiösen Selbstmord des Harakiri. Wir wissen, daß auf dem japanischen Theater diese Blutszene mit aller Natürlichkeit dargestellt werden muß, damit die Ueberlieferungen und die heutigen Zuschauer befriedigt werden. Nun entleibt sich in dem Ritterstück mit eigener Hand ein Diener, der stets sklavenhaft vor seinem Herrn zu stehen pflegt. Der Knecht ist Vertreter der jahrhundertalten Feudal. gefinnung. Da seine Herrschaft durch Blutrache, Basallenhaß und Königstreue zugrunde geht, hat auch der Dienende fein Recht mehr Das ist eine Tragödie mit einem burlesken Einschuß. zum Leben. Denn gezeigt soll werden, daß die Königsidee und die Ritteridee mächtiger sind als die kleinen Alltagswünsche der Menschen. Während ein junges Baar verliebt gackert und herumzärtelt, schreitet der Tod ins Zimmer hinein. Unmittelbar folgt die Tragödie auf die Komödie. Der Schauspieler hat Gelegenheit, sehr viele Künste zu zeigen. Er ist Fechter. Tänzer, Pantomime. Sprecher, Springer. Er hat verführendes Lächeln und gräßliche Wahnsinnszüge auf feinem Gesichte in ganz furzen Zwischenräumen hervorzuzaubern, er muß also ein vorzüglicher Techniker sein. Das sind diese japanischen Komödianten wirklich. Eben kommen sie noch dem Schreden des Todes auf der Bühne nahe, und dann, als faum eine Minute später der Vorhang gefallen ist, treten sie mit galanter Berbeugung an die Rampe. Alles, was sie leisten, wirkt diesmal wie die japanische
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Akrobatik, die wir so gern im Varieté bewundern.
Mit Byrd zum Südpol.
Marmorhaus.
Diefer Film erzählt von Byrd, dem Mutigen, dem das Glüc schon so oft lächelte. Seine große Kraft wurde nicht von den kleinen Sorgen des Alltags zermürbt, fie fonnte für die schwierigsten Aufgaben erfolgreich verwendet werden. Aber wie Byrd und seine Leute diese Aufgaben meistern, das ist mustergültig. Bei einer solchen Verschmelzung von Hirn- und Handarbeit, einer solchen Paarung Don tollfühnem Mut und Ueberlegung und bei derart unzerreißbaren Banden echter Kameradschaft darf man getrost das Schicksal herausfordern. Offenen Auges und wachen Sinnes machen sie sich alle Errungenschaften der Technik zunuze. Reiner läßt sich durch irgend etwas verblüffen, jeder ist jeder Situation gewachsen, und über allem lächelt Byuds ehrliches, freundliches Gesicht.
Tief in den Schnee hat man sich eingegraben, man ist verschwunden für die Mitwelt, nur die Funktürme ragen gigantisch aus dem Schneegrab heraus, das die Expeditionsbasis ist, die man „ Little America" nennt. Vor der„ Haustür" dieser Siedlung spielen die Walfifche und in der Nachbarschaft treiben fich die- da fie noch keine trüben Erfahrungen gemacht haben durchaus nicht menschenscheuen Pinguine herum. Sie rutschen nicht wie die Menschen vor Ergebenheit, sondern zur Bekundung ihrer Mißachtung auf dem Bauch..
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Wir sehen nicht nur grandiose Bilder, nein, wir erleben in allen Einzelheiten diese Expedition, die am 25. August 1928 ihren Anfang nahm und am 19. März 1930 ihr Ende fand. Der Film ist eine der großartigsten Reportagen, die je gemacht wurden. Hier steht die Und den mutigen Kameraleuten Iat vor der Sensation. Willard van der Verr und Joseph T. Rucker wird jeder dankbar fein, der in der Lage ist, diesen Film zu sehen.o e. b.
" Harold, der Drachentöter". Tauenhien- Palast.
Kultur und Schallplatte
Wertvolle Neuerscheinungen
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Bon der weiten Deffentlichkeit wenig beachtet, hat vor kurzem in Mannheim eine Tagung stattgefunden, deren Gegenstand und deren Ergebnisse gewiß nicht nur den Kreis der unmittelbar Beteiligten angingen: die erste allgemeine Schallplatten tagung, veranstaltet vom Ausschuß für Volksmusikpflege und von der Volkshochschule zu Mannheim in Verbindung mit der Kultur abteilung des Carl- Lindström- Konzerns. In einer langen Reihe von Referaten wurden, zum Teil von hervorragenden Berliner Fachspezialisten, all die ideellen und praktischen Fragen behandelt, die sich heute um das Thema Kultur und Schallplatte" gruppieren: Die Schallplatte im Musikunterricht; die Schallplatte im Sprachunterricht und in den allgemeinen Unterrichtsfächern; die Schallplatte in der Volksbildung. Zum ersten Male haben sich in solcher Zahl führende Männer der Voltserziehung mit Bertretern der Industrie zusammengefunden, um gemeinsam über die Aufgaben zu beraten, die diese im Dienst jener zu erfüllen vermag: über die Möglichkeiten erzieherischer Leistungen, die sich der Schallplatte abgewinnen lassen. Vorträge, Vorsäße, Worte mun gewiß; immerhin ist es als gutes Vorzeichen zu betrachten, daß das fulturelle Gewissen der Schallplattenindustrie laut wird, und daß man sich zu sammensetzt, um sich ernsthaft über Dinge auszusprechen, die jenseits von Angebot und Nachfrage liegen.
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Es ist nicht zu übersehen, daß es heute mit der Musit zurückgeht, wohin sonst wir blicken, zur selben 3eit aber vorwärts geht auf neuen Wegen der Mechanisierung. Stetig langsam rückt die Schallplattenindustrie in Positionen auch des Musikunter nehmers und des Musikverlegers vor. Mit der Macht wächst ihre kulturelle Verantwortung, die Industrie wird sich deffen immer mehr bewußt werden müssen. Auf kaum vorhersehbare Art ist sie zur Musik, zur Musikkultur, zur kulturellen Verantwortung gelangt. Verpflichtungen, zu denen sie sich gewiß nie gebrängt hat, wachsen ihr zu. Noch haben wir den Opernleiter als legitimen Entdecker und Förderer junger Gefangstalente, aber schon die Schallplatte, die den unbekannten Sänger lanciert. Noch haben wir unsere großen Sinfoniekonzerte, aber auch schon Bach und Beethoven auf der Platte, von den besten Orchestern unter den ersten Dirigenten der Welt gespielt. Noch haben wir Opernpremieren, Konzert. Experiments, wir werden aber auch die Schallplatte haben müssen, novitäten, Versuchsstätten des Fortschritts und des künstlerischen die sich der jungen Komponisten generation tonsequent annimmt. Wir werden die Schallplatte immer mehr auch als Mittel und Hilfsmittel der musikalischen Bildung, der Erziehung zur Mufit, haben müssen.
Eine Reihe wertvoller Neuerscheinungen auf diesem Gebiet danken wir der von Ludwig Koch geleiteten Kulturabteilung des
leiqat bij
Lindström- Konzerns( die in ihrer Monatsschrift ,, Kultur und Schall. platte" Probleme des einschlägigen Stoffbereichs zur Diskussion bringt). Unter dem Namen 2000 Jahre Musik auf der Schallplatte" hat Professor Dr. Kurt Sachs eine Folge von zwölf Platten herausgegeben, die den Hörer durch die Geschichte der europäischen Mufit führen: von ihren altgriechischen und jüdischen Anfängen über den gregorianischen Choral und die vokale und instrumentale Kunst des Mittelalters bis in die Zeiten Bach s und Händels. In sehr sorgfältiger Ausführung und sozusagen in an. schaulichster Form bekommt man hier charakteristische Beispiele aus der Musik früherer Jahrhunderte zu hören, wie sie in solcher lleber. fichtlichkeit auch der fach und bibliothekkundige Kenner sich nicht zu verschaffen wüßte. Die fleine Reihe," schreibt der Hausgeber, ist als ein erster Schritt gedacht. Von dem tätigen Interesse der Schulen, Konservatorien und Universitäten wird es abhängen, ob wir einmal zu einem großen musitgeschichtlichen Plattenarchiv tommen werden."
Noch bedeutsamer vielleicht in der Möglichkeit unmittelbar praftischer Auswirkung ist eine andere Publikation: Dassingende Buch", in dem Profeffor Frik Jöde, der Schöpfer und Meister der Offenen Singstunden", seine musifpädagogischen Erfahrungen und Anregungen niedergelegt hat. Die erste Serie, ,, Deutsche Boltstänze", ist für die Mittel- und Oberstufe der Volksschulen, für Mittelschulen und die Unterstufe der höheren Schulen gedacht; die zweite Serie, Singfpiele für Kinder". für den Gebrauch in Kindergärten und im ersten Schuljahr. Dazu kommt drittens eine kleine Elementarlehre der Musik" auf der Grundlage des Tonita- Do- Systems. Diese Platten bedeuten in der
Tat auf dem Gebiet der Schulmusik und des Schulmusikunterrichts etwas durchaus Neues, und der Wert dieses Neuen leuchtet ein. nicht nur, daß durch die Verwendung dieser Platten das Mkinstrument in der Schule, wo feins vorhanden ist, ersetzt werden tann; für den Lehrer und Erzieher, der damit umzugehen versteht, bedeuten sie Bereicherung und Erleichterung, und es wird auf diesem
Wege möglich, nicht nur Grundlinien des elementaren Musikunterrichts festzulegen, sondern es würde auch für ihre Einhaltung stärkere Gewähr geschaffen, als sie ein noch so gründlich ausgearbeiteter Lehrplan jemals geben tann.
mission" der Schallplatte. gute Anfäße zur Ausnüßung ihrer All dies find Anfänge einer programmatisch betonten„ Kultur. musikalisch- pädagogischen Möglichkeiten. Es wäre zu wünschen, daß die Deffentlichkeit solche Bemühungen, die ihren Bildungsintereffen entgegenkommen, förderte; und zu begrüßen, wenn auch die staat lichen Schulbehörden sich ein wenig für diese Versuche intereffieren. Klaus Pringsheim .
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Selbstbezichtigung der Geliebten
3ft Gutsbesitzer Wolf unschuldig verurteilt?
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Prenzlau , 9. Januar. sehen ließ, sei sie am 19. Oftober 1927 von ihrer Wohnung in Heute begann in Prenzlau ein sehr intereffanter Prozeß, dessen Prenzlau mit dem Fahrrad nach dem 20 Kilometer entfernten Gut Eigenart darin besteht, daß auf dem Wege einer Selbstbezich- Heidehof gefahren und dort am Spätnachmittag eingetroffen. Es sei tigung nachgewiesen werden soll, daß der Gutsbesitzer Wolf, der inzwischen schon sehr dunkel gewesen und so habe sie unmittelbar an in Prenzlau wegen Brandstiftung auf seinem eigenen Gut dem einen Weizenschober die Laterne ihres Fahrrades anzünden rechtskräftig verurteilt worden ist, das Feuer nicht selbst angelegt wollen.
haben kann.
Dabei sei der Kopf des Streichholzes weggesprungen, fei in die Miete gefallen, eine Sefunde später habe bereits eine Flamme aus dem Stroh herausgeschlagen und der Brand habe mit großer Schnelligkeit um sich gegriffen. mobeto 9
Sie sei im ersten Moment vollkommen verdugt gewesen, sei dann geflüchtet und spät abends nach Hause gekommen.
Die Angeklagte hatte während ihrer Aussage im Gegensatz zu früheren Bernehmungen sich in zahlreiche offensichtliche Wider= Sprüche verwickelt und brach schließlich in einen Weinkrampf aus. Die Verteidiger stellten darauf den Antrag, die Verhandlung zu, unterbrechen und einen Gerichtsarzt hinzuzuziehen, da die Angesich auch sonst in einer schlechten förperlichen Verfassung befinde, lagte, die eben erst eine schwere Grippe überstanden habe und die nicht verhandlungsfähig sei. Staatsanwalt Weißkopf stimmte diesem Antrage zu, und so wurde die Verhandlung ausgelegt, um die Angeschuldigte durch den zuständigen Kreisarzt untersuchen zu lassen.
Im Jahre 1927 brannte auf dem Felde, das zu dem Gut des Besitzers Wolf gehört, ein großer Getreideschober nieder. Die Bersicherung vermutete Brandstiftung und zog den Berliner Kriminalassistenten Kraft zu Ermittlungen heran. Der Beamte vernahm den Gutsbesizer Wolf und dieser legte schließlich ein Ge ständnis ab, er habe selbst am Nachmittag des Brandtages eine 40 3entimeter lange Kerze neben den Getreideschober gestellt und angezündet. Drei Stunden später, als sich Wolf dann längst wieder auf seinem Gut befand, sei das Feuer durch Niederbrennen der Kerze entstanden. Daraufhin wurde Wolf wegen vorsätzlicher Brandstiftung zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde auch eine frühere Freundin des Besizers, Frieda Radde, beschuldigt, den Gutsbesitzer bei seiner Tat begünstigt zu haben und zu brei Monaten Gefängnis verurteilt. Heute hat sich nun die Straf tammer mit der Berufung der Radde gegen das Gefängnisurteil zu beschäftigen. Die Radde behauptet nämlich, daß sie Wolf niemals im Sinne des Gesetzes begünstigt habe, weil dieser selbst gar nicht der Brandstifter gewesen sei. An dem frag lichen Tage, an dem der Brand entstanden war, habe sie Wolf, von dem fie mußte, daß er in der Nähe des Getreideschobers zu tun hatte, sprechen wollen und sei mit ihrem Fahrrad gegen 7 Uhr 3m Bergbaufonflikt in Güdwales Einigung zu erwarten London , 9. Januar. ( Eigenbericht.) abends auf das Feld gefahren. Wolf sei jedoch schon fort gewesen und fo habe sie, um nach Prenzlau zurückkehren zu können, in der Aller Voraussicht nach ist in den nächsten Tagen eine Einigung
Die Kämpfe in England.
zu erwarten, so daß die Bergleute am kommenden Montag in die Gruben zurückkehren werden.
Auch Harold Lloyd macht jetzt Tonfilme, doch leidet darunter nicht das Filmische. Im Gegenteil, die Wirkung erfährt durch die Wiedergabe von Geräuschen eine Steigerung. Der Dialog beschränkt fich auf ein Mindestmaß und ist nie von ausschlaggebender Bedeutung. Nur in einzelnen Szenen führt er und bleibt Träger der Handlung, es find dies Szenen, die im Bilde nicht wiedergegeben werden fönnen. Lloyd hat eine glückliche Lösung für den Grotest. Nähe des Getreideschobers die Laterne ihres Fahrrades angezündet zwischen den Bergarbeitern und den Grubenbesigern in Südwales . film gefunden, eine und das Streichholz weggeworfen. Schon und nicht eine Verminderung. Das ist eine Seltenheit. Sonst kann, der Film jede Konkurrenz mit den besten Lloyds aufnehmen. Parodistische Momente tommen hinzu, und zwar ist der Film eine Parodie auf Kriminal- und Detektivfilme mit ihrer Samm. lung von Unwahrscheinlichkeiten und Zufällen. Es gilt, den Schrecken der Chinesenstadt von San Francisco zu verhaften. Lloyd gelingt, was anderen Detektiven nicht gelang. Der Polizeichef, ist der Verbrecher. Mit Hilfe von Fingerabdrücken tommt Lloyd dahinter; dieses Spiel mit seiner Ueberspitzung ist von unwiderstehlicher Romit. Immer wieder bedauert man, daß die großen, amerikanischen Grotestschauspieler wie Chaplin, Keaton oder Lloyd so selten hervor: treten; aber vielleicht liegt gerade in dieser Zurückhaltung der Grund für die Qualität ihrer Filme. F. Sch.
Die Palucca- Matinee der Volfsbühne E. V., die em Sonntag, dem 11. Januar, vorm. 11, Uhr, im Theater am Bülowplak stattfindet, bringt u. a. folgende Tänze: Kleine Suite, Yamada, Technische Improvisationen, zwei Tanze nach spanischer Mufit, zwei Fragmente, zwei Tangos, außerdem die Hellen Tänze.
Der Berliner Bolfschor bereitet für das 40 jährige Jubiläum des Ganes Berlin des Deutschen Arbeiter Sängerbundes die Aufführung von Händels großem Chorwert Beljazar" vor. Die Proben werden jeden Freitag von 20-22 Uhr in der Aula des Andreas- Realgymnasiums, Berlin D 17, Koppen ftraße 76, abgehalten. Aufnahme fangesfreudiger Genoffinnen und Genossen ( auch ohne Notenkenntnisse) ist sehr erwünscht und kann dort stattfinden. Der Kinder chor des Berliner Vollschors übt jeden Donnerstag von 17-19, Uhr, der Jugendchor bon 20-22 Uhr in der Aula der Bollsschule, Berlin D, Roppenstr. 84. Kinder und Jugendlice find herzlich willkommen und werden in den Uebungsstunden aufgenommen.
bemerkt, daß das Stroh Feuer gefangen habe. Um sich nicht strafbar zu machen, hätte sie verschwiegen, daß sie selbst den Brand fahrlässig verursacht habe. Der Gutsbesizer behauptet nun, daß auch sein eigenes Geständnis, das Feuer vorfäßlich gelegt zu haben, nicht stimme, daß vielmehr der Berliner Kriminalaffiftent Straft mit ungesetzlichen Mitteln ihn zu dem Bekenntnis gezwungen habe. Zu Beginn der heutigen Berhandlung wurde zunächst das Urteil gegen die 32jährige Angeklagte Frieda Radde verlefen. Die Angeklagte ist wegen Begünstigung des Gutsbesizers Wolf, des Inhabers des Heidehofes, der wegen vorsätzlicher Brandstiftung und versuchten Versicherungsbetruges zu einem Jahr Gefängnis verurteilt worden war, von dem Schöffengericht in Prenziau zu drei Monaten Gefängnis verurteilt worden. Der Verdacht gegen die Radde tam erst wenige Tage vor dem Prozeß gegen den Gutsbesitzer Wolf zur Kenntnis der Behörde, und zwar hauptsächlich durch einen anonymen Brief, den die Radde wenige Tage nach dem Brande an Wolf geschrieben hatte und der lautete:
Hochwohlgeborener nationaler Herr! Das ist eine fleine Niederlage. Siehste, da hafte die Kiste."
Die Angeklagte Frieda Radde gab, nachdem man in die Beweisaufnahme eingetreten war, bei ihrer Bernehmung an, daß ſie ſechs Jahre lang im Gut Heidehof Stüße gewesen sei und ein Verhältnis mit dem Besizer Wolf gehabt habe, dem ein Kind entsprossen sei. Später habe sich Wolf von ihr getrennt, habe thr aber ein Haus in Prenzlau gekauft und sie reichlich alimentiert. Mit der Zeit habe sich Wolf jedoch ganz von ihr zurückgezogen und aus Aerger darüber, daß der frühere Geliebte sich nicht mehr bei ihr
Der Regierung ist es gelungen, die Vertreter der beiden Barteien auf ein Kompromiß festzulegen. Die Stimmung unter den Arbeitnehmern ist dem Kompromißvorschlag günstig gesinnt, zumal die Bergarbeiter den 7% Stundentag ohne jeden Lohnabzug erhalten. Bisher hatten die Grubenbefizer den Achtstundentag mit Lohnfürzung verlangt. Allerdings bedeutet dieses Kompromiß wiederum nur ein zeitweiliges Uebereintommen und damit wiederum nur einen Waffenstillstand. Nach der Arbeitsaufnahme sollen die beiden Parteien unter einem neutralen Vorsitzenden nochmals beraten, wie das endgültige Arbeits. verhältnis geregelt werden soll. Einstweilen haben die Bergarbeiter ihre Forderung durchgesetzt und die Zukunft wird lehren, ob die Grubenbefizer verständiger geworden sind, als sie es bisher waren.
92. Abf. Neukölln. Berichtigung! Die Funktionärversammlung findet heute abend 20 Uhr, nicht Sonnabend, bei Wolff, Kaiser- Friedrich- Str. 173, statt.
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Wetter für Berlin : Größtenteils bewölkt mit etwas Schnee und leichtem Temperaturanstieg. Bestliche Winde. Für Deutschland : Im Often und Süden teine wesentliche Aenderung, in West- und Mitteldeutschland Temperaturanstieg und vielfach leichte Schneefälle.
Berantwort!. für die Redaktion: Gerbert gepere, Berlin : Anzeigen: Th. Glocke Berlin . Berlag: Vorwärts Berlag G. m. b. S.. Berlin , Drud: Vorwärts Bud bruckerei und Berlagsanstalt Baul Singer& Co., Berlin SW 68, Lindenstraße
Sierzu 1 Bellage.