Pferdebahnen und andere Fuhrwerke fortwährend beeinträchtigen!u lassen, auch schließlich«in übriges thun und den Verkehrür einige Stunden unterbinden können. Andererseits zeigtedas gestrige Straßenbild allerdings zur Evidenz, daß keinerleiNothwendigkeit vorliegt, die Paradeaufzüge des Militärs vordem Straßenverkehr zu„schützen". Eine Eigenschaft, die an demFestzuge der Künstler angenehm auffiel, verdient noch hervor-gehoben zu werden: Er machte fast garnicht in Mordspalriotismusund Fürstenverherrlichung.Wochen-Repertoire der Urania. In der neuen Uraniain der Taubenstr. 48/49 wird die ganze Woche hindurch das neuewissenschaflliche Ausstattungsstück„Durch den Gotthard" gegebenwerden. In der allen Urania in der Jnvalidenstraße sprichtam Sonntag Herr Dr. Müller„Ueber das Hühnchen im Ei".am Montag und Mittwoch Herr P. Spieß„Ueber Photographiemit unsichtbaren Strahlen", am Dienstag Herr Dr. Scbwahn„Ueber die Erscheinungen der Gletscherwelt", am DonnerstagHerr Franz Görke„Ueber Bornholm", am Freitag wird HerrDirektor Dr. M. Wilhelm Meyer den Vortrag„Durch dieSierra zum Felsengebirge" halten, während Herr G. Witt amSonnabend über„Die Sonne" reden wird.Dem Berliner Aquarium wurden während der letztenTage aus den südlichen Meeren besonders für die Abiheilungender wirbellosen Thiere neue und merkwürdige Arlen undGattungen zugeführt. Die absonderliche Klasse der Moosthiere,sehr kleine, festsitzende und zu rinden-, oder moos-, oder blatt-und korallenähnlichen Kolonien verbundene Lebewesen, welche obihrer eigenthümlichen Organisationen ebenso an die Würmer alsan die Weichthiere erinnern, hat zu den bereits vorhandenenVertretern eine neue Art aus dem Mittelmeer, deren biegsame,hornige Stöcke groß, breitlappig und meist verzweigt sind, geliefert.Als eigenartige, durch Knospung und Theilung entstandene Thier-stöcke sind auch die Schwämme anzusehen, deren ungeheureMannigfaltigkeit, deren Zierlichkeit und Schönheit die aus derAdria stammenden Arten, unter denen insbesondere ein anKorallen erinnernder prächtig rother Gitterschwamm ausfällt,erkennen lassen.Die Schluststeinlegung an dem Postament der StatuedeS„Große» Kurfürsten" auf der neuen Kurfürstenbrücke hatgestern Vormittag staltgefunden. Die Brücke, welche bisher amt-lich„Lange Brücke" hieß(obwohl sie die kürzeste in Berlin war),heißt jetzt„Kursürsten-Brücke".Einen tragischen Abschluß hat wieder einmal ein Liebes-verhältniß gefunden. In der Siegesallee im Thiergarten wurdeHestern Morgen gegen 7 Uhr ein junges Mädchen gesehe», dasängere Zeit umherirrte und sich augenscheinlich über ein Vor-haben nicht schlüssig machen konnte. Plötzlich bestieg esdie Gepäckdroschke Nr. 8529 und gab dem Kutscherden Auftrag, nach dem Roseuthaler Thor zu fahren. Kaumhatte sich die Droschke in Bewegung gesetzt, als inihr ein Schuß knallte. Der Kutscher rief den SchutzmannKrüger vom 3. Revier, der ihm an der Bismarckstraße begegneteheran und theilte ihm mit, was er gehört hatte. Als der Be-amte den Wagenschlag öffnete, sah er das Mädchen in(einem Blute schwimmen. Es hatte sich einen Revolver-chuß in den Kopf beigebracht und war bewußtlos zusammengebrochen. Der Schutzmann setzte sich neben dieSchwerverletzte und fuhr mit ihr nach einem Kraukenhaufe.Als man hier ankam, lag das Mädchen bereits in den letztenügen und kaum war es aufgenommen, so starb es auch schon.ie Kugel war, wie man sofort feststellte, durch den Kopf voll-ständig hindurchgegangen, sodaß aus beiden Wundöffnungen dasGehirn heraustrat. Verschiedene Papiere, die man bei derTobten fand, wiesen darauf hin, daß sie die am11. August 1875 zu Weudisch-Buchholz geborene Stein-druckerin Christiane Valentin aus der Markgrafenstr. 64sei. DaS stellte sich denn auch als richtig heraus.DaS Mädchen hatte hier bei der Schneiderin Frau Dassel gewohnt,war aber vorgestern von dort angeblich nach der Anguststraßeausgezogen. Gearbeitet hatte Fräulein Valentin bis vor achtTagen in der Steindruckerei von Gerwe in der Rungestraße 13.Dann war sie zu Hause geblieben und von Tag zu Tag schwer-müthiger geworden. Wo sie sich seit vorgestern aufgehalten hat,ließ sich noch nicht feststellen. Christiane Valentin hatte seitdrei Jahren ein Liebesverhältniß mit einem Kammergerichts-Referendar Alfred B., durch das sie sich ein Frauenleiden zuzog,gegen welches sie bereits zweimal in der Charitee Hilfe gesuchthatte. Hatte schon dieses Leiden das Mädchen sehr nieder-gedrückt, so war eZ vollends mit ihm aus, als es in der ver-f angenen Woche von dem gewiß für Ordnung, Religion undlitte kämpfenden Ehrenmann einen Absagebrief erhielt. DasEnde war dann der Selbstmord in der Droschke.Mit dem elettrischen Betriebe der Wagen der GroßenBerliner Pferdebahn-Gesellschaft ivill es noch immer nicht klappenund es finden täglich Störungen dadurch statt, daß die Stange».räder, welche an der Drahlleitung enllang laufen, abbrechen unddie Wagen hierdurch betriebe unfähig werden. Die Beseitigungdieser Wagen aus den Geleisen ist stets mit großen Schwierig-leiten verknüpft, welche sich bei einem besonders regen Verkehraußerordentlich unangenehm geltend machen.noch ziemlich verschlossene Gebiet der Straßenbahnen doch noch.— Sieht man von den Akkumulatoren ab, so sind also besondereZuleitungen nöthig, welche den elektrischen Strom von derZentralstation, in welcher er erzeugt wird, zu den einzelnenWagen führen. Um daS schon vorhandene Material möglichst zubenutzen, könnte man daran denken, hierzu die Schienen zu ver-wenden; die eine könnte den Strom dem Motor des Wagenszuleiten, die andere von ihm aufnehmen und zur Zentralstarionzurückleiten. Aber dies geht in keiner Weise, weil der Erdbodeneine leitende Verbindung zwischen den beiden Schienen herstellt,so daß der Strom gar nicht den Weg durch den Motor imWagen nehmen würde. Eher könnte man noch bei neu zubauenden Bahnen diesen Weg wählen; in der That ist dieelektrische Bahn, welche feit l88I in Groß-Lichterfelde vom AnhalterBahnhof zur Kadettenaustalt fährt, so eingerichtet; der Radreifennimmt den Strom von der einen Schiene auf und führt ihn demElektromotor zu, von wo er nach der anderen Seite wieder aus-tritt und durch die Schiene zum Maschinenhaus zurückkehrt. Beieiner solchen Anlaae müssen die Schienen gut von einanderisolirt sein; diese Jsolirung ist bei längeren Strecken sehr kost-spielig, so daß es sich als billiger erwiesen hat, für die Zu-leitung des Stromes eine besondere Vorrichtung zu treffen unddie Schienen nur zur Rückleitung zu benutze». Auf der elektrischenBahn, welche Siemens u. Halske 1879 auf der Berliner Ge-werbe-Ausstellung ausstellten, geschah die Zuleitung durch einezwischen den beiden Hauplschienen liegende gut isolirle dritteschiene; jedoch spricht hiergegen dasselbe, was gegendie Benutzung der beiden Hauptschienen einzuwendenist, nämlich die Kosten der Jsolirung. Man ist daher vondiesem System vollständig abgegangen und baut besondere Zu-leitungen entweder unter oder über der Erde.Wo es irgend angeht, wird die oberirdische Stromznführnnggewählt; die Ausführung derselben ist nicht überall dieselbe. Beiden jetzt in Berlin gebauten Bahnen hängt ein starker Leitungsdrahtparallel den Schienen in der Luft, welcher von seitlich stehendenSäulen gelragen wird. An diesem Draht schleift eine an demWagen angebrachte Vorrichtung und führt den Strom zumMolor, von wo er durch die Schienen zum Maschinen-hauS zurückkehrt. Bei den meisten Berliner Bahnen, welchebis jetzt ausgeführt sind, bei den von Siemens undHalske gebaute» und betriebenen Linien Pankow— Gesund-brunnen und Treptow— Hollmaunstraße, sowie bei dervon der Firma Naglo ausgeführten elektrischen Rundbahn aufder Gewerbe-Ausstellung besteht die Schleifoorrichtung in einemUnglücksfälle beim Ba« der Gewerbe-AuSstellung. Einschwerer Unglücksfall ereignete sich Freitag Nachmittag auf demDache in der Jndustriehalle. Der dortselbst im RudolfHertzog'schen Pavillon beschäftigte Tischler S. stürzte, zerschlugdas Glasdach des Pavillons und fiel i» diesen hinein. Er erlitthierbei erhebliche Verletzungen am Kopf und mußte nach derSanitätswache gebracht werden.— Gestern Vormittag erlitt einArbeiter dadurch zwei schwere Kopfverletzungen, daß eine nurmangelhaft befestigte Scheibe bei dem Pilsener Ausschank herunter-stürzte und ihm gerade auf den Kopf schlug. Er wurde ebenfallsnach der Sanitätswache gebracht.Ueberfallc» worden ist seiner Darstellung nach derSchraubendreher Wilhelm Seiffert aus der Jägerstr. 4 zuRixdorf, als er in der Nacht vom Freitag zum Sonnabend nachHause ging. Auf dem Kotlbuser Damm erhielt er plötzlich voneinem ihm unbekannten Menschen einen wuchtigen Stockschlagüber den Kopf und wurde so erheblich verletzt, daß er sich inärztliche Behandlung begeben mußte.Zur Beseitigung hervorgetretener Zweifel wird bekanntgegeben, daß sowohl bei Benutzung der Arbeilerzüge A 5—8,wie der von Westend über den Nordring nach Potsdamer Bahn-hos Ringbahil und umgekehrt ohne Berührung der StationSrralau-Rummelsburg während der Berliner Gewerbe-Ausstellungverkehrenden Züge die Station Stralau-Rummelsburg als Zähl-station außer belracht bleibt. Es hat demnach eine Fahrkarteder ersten Preisgruppe— zweite Klaffe 15 Pf., dritte Klasse10 Pf.— mit welcher die Fahrt in einem der vorbezeichnelenZüge beispielsweise in Schöneberg angetreten wird, Gilligkeit biszur Station Zentral-Viehhof.Durch eine» Wagen der elektrischen Bahn wurdeFreitag Nachmittag aus der Treptower Chaussee au, SchlesischenBusch ein kleines dreijähriges Kind erheblich verletzt. �DieMutter des Kleinen saß auf einer Bank am Bürgersteig miteiner Freundin und plauderte und ließ ihr Kind unbeachtet ausdem Fahrdamm spielen. Das Kind lief direkt gegen einen zurAusstellung fahrenden elektrischen Motorwagen, wurde von demSchutzblech vor den Rädern bei Seite geschleudert und bliebbesinnungslos auf dem Fahrdamm liegen.Großfeuer auf dem Bahnhof Gesundbrunnen. Gesternnachmittag 1 Uhr lief auf der Hauptfeuerwache in der Linden-straße die Meldung ein, daß auf dem Bahnhof Gesundbrunne»Feuer ausgebrochen sei. An der Südseite des Bahnhofsgeländeslagern auf der Böschung größere Mengen hölzerner Schwellen,die mit Theer imprügnirt sind. Ein Posten dieser Schwellenwar, vermuthlich durch Flugfunken einer Zugmaschine, in Brandgerathen, das Feuer hatte sich rasch anderen Hausen mitgelheilt,und bald brannte das Schwellenlager in großem Umfange. DieFeuerwehr rückte mit zwei Dampf- und vier Handdruckschläuche»heran, hatte aber mit Schwierigkeiten insofern zu kämpfe», alsdie Schläuche von ziemlich weit her von den Hydranten derBrunucnstraße gespeist werden mußten. Für etwa 12 900 M.Schwellen wurden durch Verbrennen und Anbrennen unbrauch-bar. Um 2 Uhr waren die Löscharbeiten nahezu beendet.Durch Ueberfahren wurde Freitag Nachmittag der vier-jährige Sohn Bruno des Buchbinders Scheibe aus der Lausitzer-strabe39 getödtet. Als zwischen 12 und 1 Uhr ein mitStroh beladenerWagen der Fouragehandlung von Tannert durch die Reichen-bergerstraße fuhr, machte sich der kleine Scheibe an thn heran,um aus der Ladung Strohhalme herauszuziehen. Diese Unartkostete ihm das Leben. Der Knabe kam, während er mit demWagen mitlief, zu Falle und gerielh unter das rechte Hinterrad,das ihm über den Hals und den rechten Oberschenkel ging undihn auf der Stelle rödtete. Die Leiche wurde in die Wohnungder Eltern gebracht.Die Maul- und Klauenseuche unter dem Milchviehbestandede? Mollereibesitzers Sleinicke, Raupachstr. 8, ist erloschen.Krankheit und Nahrungssorgen haben den 46 Jahrealten Arbeiter Louis Meyer aus der Pappel-Allee Nr. 11 in denTod getrieben. Man fand ihn Freitag Nachmittag in einemPferdestall des Grundstücks Mühlenstr. Nr. II mit einer Schnuran der Raufe hängend als Leiche auf. Wiederbelebungs-versuche, die ein hinzukommender Kriminalbeamter anstellte, bliebenerfolglos.41 SammelbouS vom 4. Wahlkreis, die auf dem WegeWeinstraße bis Audreasstraße verloren gegangen sind, wolle derFinder bei Franke. Friedrichsbergerstr. 11, abgeben.Kleine Mitthcilunge». Am Freitag Vormittag fiel aufdem Kaiser Friedrich-Platze die 16 jährige Luise Müller beimAbspringen von einem in der Fahrt befindlichen Pferdebahnwage»hin und erlitt eine Gehirnerschütterung, so daß sie bewußtlosliegen blieb. Sie wurde nach dem Krankenhause Am Urban ge-bracht.— In der Mulackstraße mißhandelte der BarbierJoseph St. den 16 jährigen Lausburfchen Emil Neumann,weil dieser seinen Hund geschlagen hatte, derartig, daßder Knabe in Krämpfe fiel. Er erholte sich jedoch bald wiederund konnte seinen Weg fortsetzen.— Mittags versuchtevor dem Hause Reichenbergerstr. 59 der vierjährige Sohn desBuchbinders Scheibe von einem vorüberfahrenden Arbeitswagenmetallischen Bügel, welcher am Wagen befestigt ist und an derLeitung entlang schleift; die Pferdebahn-Gesellschaft dagegen hatfür die von ihr für elektrische» Betrieb eingerichteten Linienoologiscker Garten— Treptow und Döuhoffsplatz— Treptow diechleifvorrichtung von Thomson-Houston gewählt, bei welcherein Stahlrohr vom Deck des Wagens zur Leitung führt; diesesRohr drückt eine metallene mit einer Nut versehene Rolle festgegen das Leitungsrohr, so daß der Strom durch die Rolle unddas Rohr zum Motor geführt wird.Gegen die Einrichtung einer oberirdischen Stromznführunghaben die Stadtverwaltungen mehrfach Einspruch erhoben, weilsie behaupten, daß das Straßenbild dadurch verunzirl werde unddaß die eisernen Masten, welche für die Stromzuführung errichtetwerden müßten, zu unerträglichen Verkehrsstörungen führen müssen.Auch in Berlin ist der Firma Siemens u. Halske für einen Theilder Strecke, welche von der Hollmannstraße bis zur Behrenstraßeweiter geführt werden soll, eine unterirdische Stromznführungvorgeschrieben worden. Hier muß unter dem Schienenstrange desGeleises ein Kanal hergestellt werden, in welchem die Leitungenfür die Zu« und Abführung des Stromes liegen. In der Linden-straße kann man gegenwärtig sehen, wie die Fahrschienen aus guß-eiserne Böcke gelagert und festgeschraubt werden; in diesen Böckenwird denn auch in passender Weise ijolirt die Stromleitung be-festigt. In dem Kanal, welcher aus Beton hergestellt wird,schleift an der Stromleitung ein Schiffchen, welches durch einean der Unterseite des Wagens befestigte Vorrichtung den Stromzum Elektronwtor führt.Die Handhabung der Wagen ist die denkbar einfachste.Durch eine Kurbel kann eine Bremsvorrichtung in Bewegunggesetzt werden; durch eine andere wird der Motor in den Strom-kreis ein- und ausgeschaltet. Auch kann die Richtung, in welcherder Motor vom Strom durchlaufen wird, umgekehrt werden,wenn der Wagen möglichst schnell zum Stillstand gebrachtwerden soll.Mit der Eröffnung der Gewerbe- Ausstellung haben dieelektrische» Bahnen ihre» Einzug aus den Vororten in die innereStadt gehalten, und werden unzweifelhaft in verhält» ißmäßigkurzer Zeit die Pferdebahnen völlig verdrängen. Mit der Ver-befferung des Verkehrs, die an sich schon in ihnen liegt, bringensie uns hoffentlich auch noch manche Verbesserung in den sonstigenVerhältnissen, die damit zusammenhängen, wie den Zehnpfennig-taris, billige Arbeiierwagen am Morgen und Abend rc., so daßdie spätere sozialistische Verwaltung der Stadt auf diesem Ge-biete zunächst nur wenig zu ändern hat. Lt.Stroh herunter zu ziehen. Er fiel dabei hin, gerieth unter dieRäder und erlitt so schwere innere Verletzungen, daß er balddarauf starb.— Auf dem Grundstücke Gerichtstr. 61 stürzte nach-mittags der 41 Jahre alte Klempner Hermann Mutschke bei derArbeit vom Dache eines neu errichteten fünfstöckigen Quergebäudesauf den Hof hinab und starb auf der Stelle.— In der Lolh-ringerstraße gerieth der ILsithrige Sohn des Porzellanhändlers G.beim Spielen unter die Räder eines Arbeitswagens und erlitteine Quetschung beider Kniee.Wetter-Prognose für Sonntag, den IE. Mai I8K6.Etwas wärmeres, trockenes und vorwiegend heiteres Wettermit mäßigen, zeitweise frischen östlichen Winden.Berliner Wette rbureau.Gerichts-�Zeitung.Tie Briefmarkenfälscher, die vor einiger Zeit in Rixdorffestgenommen wurden, hatten sich gestern vor der ersten Straf-kammer am Landgericht II zu verantworten. Angeklagtwaren: 1. Der Buchdrucker Julius Rose, 2. Der Stall-meister Karl Krampert, 3. der Agent Hans Caro,sämmtlich in Berlin wohnhaft, und der frühere Privat»Postbote Paul Naumann aus Rixdorf. Der Gerichtshof er-kannte gegen Rose aus ein Jahr, gegen die übrigen An-geklagten auf je sechs Monate Gesängniß und je einJahr Ehrverlust. Mit Ausnahme des Caro, der nureinen Monat in Untersuchungshaft gesessen hat, wurden de» An-geklagten, die seit Ende November in Hast sitzen, je 4 Monateauf die Untersuchungshaft angerechnet.Gegen den pensionirteu Stationsvorsteher KarlBehrendt sollte gestern vor der zweiten Strafkammer des Land-gerichts I eine Anklage wegen Sittlichkeitsverbrechen verhandeltwerden. Fünf Mütter waren mit ihren 6 bis 7 jährigen Kinder»als Zeugen erschienen. Die Verhandlung mußte vertagt werden.weil ver Angeklagte nicht erschienen war. Wie eine der Zeuginnenerzählte, soll er sich am Freilag Abend erschossen haben.Versammlungen.Bis auf den letzte» Platz gefüllt war der große Saaldes Schweizer-Garten am Freilag Abend, woselbst die Hut-arbeiter und-Arbeiterinnen Stellung nahmen zurAussperrung der Arbeiter der Noessell'schen Hut-sabrik sowie zur Arbeitsniederlegung bei Silber u.Brand. Einleitend bemerkte Lauschke, als im Februarder Kampf zwischen Arbeiter und Unternehmer der Hut-branche entbrannte, wurde vor dem Einigungsamt desGewerbegerichts die Erklärung abgegeben, daß Maßregelungenfür die Folge nicht wieder eintreten würden. Trotzdem seidie Verlraueusperson bei der Firma Silber u. Brand jetztauf die Straße gesetzt. Sämmtliche Vorstellungen derMitarbeiter, die Arbeit so einzutheilen, daß ebenfallsfür den betreffenden trotz der augenblicklich schlechten KonjunkturBeschäftigung übrig bleibe, waren erfolglos. Da der Entlasseneeiner der älteren Arbeiter war, so konnte man nuranuehme», daß hier eine Maßregelung erfolgt sei. Daßman es direkt auf das Mitglied des Ausschusses ab-gesehen habe, beweise die Bemerkung des betr. Unternehmers, derseinerzeit schon andeutete, daß E. der erste sein würde, der aufdie schwarze Liste käme. Bei der Firma N o e s s e l l verlangtenvier Presser und Beschneider eine Lohnaufbesserung von 6 auf10 Pf. pro Dutzend, weil ihre Arbeit komplizirter gewordenmar und auch seit kurzem ein kleiner Aufschlag gewährt wurde.Der Fabrikant wollte sich jedoch nur zur Zahlung von 7 Pf. verstehenund deshalb weigerten sich die Arbeiter, diese Spezialarbeit weiterzu leisten. Hierauf kündigte der Fabrikant an, daß der Betriebstehen bleibe, wenn die vier Presser nicht die bisherigeArbeit fortsetzten; weiter habe die Direktion erklärt, daß dieder Organisation angehörigen Arbeiterinnen sofort gehe»können. andere aber die Arbeit fertig machen mögen.In der Diskussion, welche sich zu einer äußerst regen gestaliete,verwies man darauf, daß die Fabrikantcnvereinigung das Vor-gehen Noessell's nicht gut heiße, sondern es diesem selbstüberlasse, die sich eingebrockte Suppe auszulöffeln. Färber-meister Werner, der das Vorgehen Noessell's inein günstigeres Licht zu stellen snchl, wird von an-wesenden Arbeitern der Unwahrheit geziehen. SämmtlicheRedner, mit Ausnahme des letzteren plädiren für festen Zu-sammenschluß und erklären sich mit dem Vorgehen der Arbeitereinverstanden. In diesem Sinne gelangte eme Resolution zurAnnahme, in der gleichzeitig der Lohnkommission die Befuguißertheilt wurde, eventuell mit den Fabrikanten zu unterhandeln.Vevmifchkes.Edisou'S Haifische. Man hat es Edison häufig übel ge-nomine» und falsch geveutel, weshalb er jede Klenitgkeit sofortpatentiren läßt. Er selbst sagt darüber:„Ich erftnde viele Dinge,welche ich dem Publikum nur zu gern umsonst geben würde. Ichwage es aber nicht. Ich muß all die Dinge patentiren lassen, ummich vor Prozessen zu sichern. Es giebt eine Menge Haifische indieser Welt, welche sich stets nach etwas Neuem umschauen. Sobald solch ein Haifisch hört, daß etwas Neues herausgefuude»worden ist, eilt er nach dem Patentamt, um zu sehe», ob espatentirt worden ist, so beansprucht er es sofort a!S seine Erfindung und läßt seinen Anspruch eintragen. Dann strengt ereinen Prozeß gegen den wirtlichen Erfinder an. weil dieser an-gedlich fremdes Geisteseigeulhum sich angeeignet hat. Der Er-finder wird sagen:„Nun, ich bin der Erfinder". Hilft ihm nichts.man verweist ihn an das Patentamt, wo der Anspruch des Pieudo-erfinders schon aus dem Papier steht. Wen» nun der Erstudersagt, er habe die Erfindung längst gemacht, ehe der andere aufsPatentamt wandelte, so hilft ihm das auch nichts. Es findetsich stets ein dunkler Ehrenmann, welcher beschwört, daß seinBrotgeber die Erfindung ein oder zwei Monate früher gemachthat, als der wirkliche Erfinder angiebt. Es klingt lächerlich,aber es ist wahr, daß häufig junichen den Erfindern und denHaisischen Wettrennen nach den, Patentamt abgehalten werden.Die Haifische bekommen schnell Wind, wenn etwas erfundenworden ist. Ich und viele andere patentiren die meisten Dinge,um sich vor Prozessen zu wahre»."Ju Königsberg i. Pr. ist am Freitag Nachmittag nach3 Uhr in einem der Stadl gehörigen Lagerhause ein Schaden-seuer ausgebrochen. Der Brand entstand in einem Räume.welchen die Firma Levithan u. Komp. gemiethet hat. Nach Aus-sage der Firma ist heute in diesem Räume nicht gearbeitetworden. Infolge deS scharfen Nordwestwindes wurde der Brandauf die andere Seite der Straße übertragen und ergriff vier inFachwelt aufgeführte Speicher. Ein weiteres Umsichgreifen deSFeuers wurde durch die energischen Anstrengungen der Feuer-wehr mit Dampsspritzen ,c. verhindert. Immerhin dürfte derSchaden bereits 1'/» Millionen Mark betragen.Spvvchfcral.Die MrtrnMon Nelll die Benueuna de« E-rechiaalS, soweit«er Raum dafürabzugeben til, dem Aublilum zur Beiprechung von Angelegendetlen allgemeinenJulerefsei zur Bersüguna sie verwahrt sich aber glelchzeittg dagegen, mit demInhalt defielde» idenltfiztrr zu werden.Uns geht folgende Erklärung zur Veröffentlichung zu:Auf die Erklärung des Genossen B. H e y in a n n habe ichzu erwidern, daß an derselben nur wahr ist, daß ich zusagte.wenn es mir möglich sei, in der Versammlung der Liga fürden Achtuhr-Ladenschluv zu erscheinen. Ich habe aber weder eineZusage gemacht, rn derselben das Wort zu nehmen, noch habeich meine Zustimmung gegeben, meinen Namen aus den Plakate»zu nennen. Um letzteres wurde ich gar nicht befragt.Berlin, den 9. Mai 1896 A.Bebel.