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Morgenausgabe

Rr. 17 A 9

48.Jahrgang

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Der Borwärts" erscheint wochentag lich zweimal, Sonntags und Montags einmal, die Abendausgabe für Berlin  und im Handel mit dem Titel Der Abend". Illustrierte Beilage Bolt und Zeit". Ferner Frauenstimme", Technit"," Blid in die Bücherwelt", Jugend- Borwärts" u. Stadtbeilage

Butiqo

Vorwärts

Berliner Boltsblatt

Sonntag

11. Januar 1931

Groß- Berlin 15 Pf. Auswärts 20 Pf.

Die etnipalttge Nonpareillezeile 80 Pfennig. Reflame eile 5,- Reichs mart. Aleine Anzeigen das ettge druckte Wort 25 Pfennig( zulässig zwei fettgedruckte Borte), jedes weitere Bort 12 Pfennig. Stellengesuche das erste Wort 15 Pfennig, jedes weitere Wort 10 Pfennig. Worte über 15 Buchstaben Arbeitsmarkt zählen für zwei Worte. Beile 60 Pfennig. Familienanzeigen Zeile 40 Pfennig. Anzeigenannahme imHaupt geschäft Lindenstraße 3, wochentäglich Don 81 bis 17 Uhr.

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Gegen die Polenhezze!

Wer den Frieden schütt, schützt Deutschland  !

Am 18. November 1930 forderte der Vorwärts" als

Polen   und Deutschland  .

erftes Blatt, daß die Reichsregierung beim Böikerbund Ein Briand will firifte Neutralität Frankreichs   in Genf   wahren.

spruch gegen die Behandlung erheben solle, die die deutsche Minderheit in Polen   aus Anlaß der Pilsudski  - Wahlen erfahren hatte. Einen solchen Einspruch zu erheben, ist Deutschland   auf Grund

Paris  , 10. Januar.  ( Eigenbericht.) Briand   setzte am Sonnabend in einem Ministerrat,

zwischen den beiden Staaten, die sich wirtschaftlich gegenseitig ergänzen, nicht länger ohne Schaden für beide bestehen könnten. In bezug auf die Abrüstungsaktion des Bölkerbundes erklärte wie Sicherheit. Die Grundlage der polnischen Politit gegen­über Somjet Rußland bilde die Herstellung gegenseitiger

denn die Minderheiten der neugeschaffenen Oststaaten stehen der zu der bevorstehenden Tagung des Völkerbundsrats Zalesti, der Hauptgrundsatz für Polen   sei: Soviel Abrüstung

unter dem Schuh des Völkerbundes.

Daß die Pilsudski  - Wahlen überall, also auch in den gemischtsprachigen Gebieten, ein einziger großer Standal maren, darüber gibt es auch in Berlin  , London   und Paris  faum Meinungsverschiedenheiten. Und wenn die regierenden Herren Bolens glaubhaft versichern fönnen, daß sie ihre eigenen Landsleute zum Teil noch ärger mißhandelt haben als ihre anderssprachigen Mitbürger, so ist das nur eine sehr schlechte Ausrede.

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Wenn Polen   von Polen   unterdrückt werden, so dark sich der Völkerbund nicht einmischen; er darf es aber, wenn die Unterdrückten Deutsche   sind. Die regierenden Herren Bolens follen also gehalten werden, die deutsche Minderheit anständig zu behandeln und wenn daraus in Polen   inner­politisch der Schluß gezogen werden sollte, man dürfe die völkerrechtlich nicht geschützten Polen   nicht schlechter behan­deln als die völkerrechtlich geschützten Deutschen   welcher Segen wäre das für das ganze Land!

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in Genf   Stellung nahm, auseinander, daß Frankreich  alles Interesse daran habe, in dem deutsch  - polnischen Kon­fit, der die französischen   Interessen nicht berühre,

strikte Neutralität zu wahren.

Wir erfahren dazu, daß der Ministerrat sich nach ein­gehender Aussprache dahin geeinigt hat, die Ueberweisung der deutschen   Beschwerde an eine internationale Unter­suchungskommission zu befürworten.

Zalestis Programm.

Ratifizierung des deutsch  - polnischen Handelsvertrags. Soviel Sicherheit fobiel Abrüfung.

Warschau  , 10. Januar.  ( Eigenbericht.)

Im Außenpolitischen   Ausschuß des Gejms hielt Außenminister 3aleffi ein längeres Exposé über die außenpolitische Lage.

Er führte aus, daß die polnische Außenpolitik fich heute mehr denn je auf die im Parlament vereinigten Kräfte der Bevölkerung ftüße. Die gegenwärtige internationale Wirtschaftskrise ermögliche unser Borschlag, den Fall der ostoberschlesischen Wahlen durch ihre Einwirkung auf die politischen Verhältnisse eine psychische vor den Völkerbund zu bringen, entsprang also nicht blindem Stimmung, die eine Besserung der Lage auf dem Wege poli­Polenhaß, sondern im Gegenteil dem Wunsche, zugleich mit tischer Veränderungen erstrebe, was seiner Ansicht nach der deutschen   Minderheit dem polnischen Volt selbst einen sehr gefährlich sei. Polen   habe in letzter Zeit 87 verschiedene Ab­tommen mit anderen Staaten unterzeichnet, ein Teil dieser Ab­guten Dienst zu ermejsen. Bom Bölferbund aber ist zu ver­langen, daß er die Pflichten erfüllt, die ihm die bekommen sei bereits dem Sejm zugegangen, der Rest werde demnächst stehenden Verträge auferlegen und weiter nichts. folgen. Seit der Unterzeichnung des deutsch  - polnischen Handels­vertrages durch Deutschland   seien gewisse Maßnahmen erfolgt, die die Grundlage dieses eBrtrages verkleinert hätten, so daß Bolen ge­zwungen gewesen sei, gewisse Maßnahmen( gemeint ist die Erhö­bung der polnischen Industrie- Einfuhrzölle) zur Wiederherstellung des Gleichgewichts anzuordnen. Die polnische Regierung habe sich, trotzdem die gegenwärtigen Grundlagen des Bertrages nicht seinen ( des Außenministers) Absichten entsprächen,

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Leider ist seit dem 18. November in Deutschland   sehr viel geschehen, mas den regierenden Herren in Polen   nügt und der deutschen   Minderheit schadet.

Man muß sich vor allem darüber klar sein, daß die Pro paganda får eine Revision der Ostgrenze auf die deutsche Minderheit genou so wirkt, als ob man ihr einen Mühlstein um den Hals hinge.

Durch die Revisionspropaganda wird Polen   geradezu her­ausgefordert, seine Grenzgebiete hundertprozentig zu poloni­fieren und die Deutschen   als irredentistischer Umtriebe ver­dächtig zu behandeln. Dagegen wehren sich die Deutschen   mit Leibeskrästen. Sie wollen von der polnischen Regierung als loyale polnische Staatsbürger betrachtet und be­handelt werden, und sie geben sich die größte Mühe, um zu beweisen, daß sie das auch wirklich sind.

Am 11. März 1930 fam es im Verfassungsausschuß des polnischen Sejm zu einer Aussprache über kriegerische Eventua­litäten. Dabei tat der polnische Abgeordnete Komarnicfy den Ausspruch: Es kann ein Krieg kommen, bei dem eine nationale Minderheit in Polen   sich in einer äußerst schwie­rigen Lage befinden wird." Darauf antwortete ihm namens des Klubs der deutschen   Abgeordneten wohlverstanden, der bürgerlichen! der Abgeordnete Will:

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Benn solch ein Krieg tommt, so finden sich auch die Bolen auf der anderen Seite der Grenze als nationale Minderheit in dieser schweren Lage. Die beste Methode wäre also einen

solchen, Krieg zu verhindern, bei welchem ein Teil der

Bevölkerung in eine schwere Lage kommen kann.

Wenn aber solch ein krieg kommt, so wird diese nationale Minderheit auf dieser Seite der Grenze ihre Pflicht gegen­über dem Staat höher stellen, als ihre Zugehörig­

teit zu ihrer Nation. Mit Schmerz im Herzen werden die Angehörigen der nationalen Minderheit ihre Pflicht als polnische Staatsbürger nicht verraten.

Ebenso hat sich erst vor wenigen Tagen der Führer der deutschen   Katholiken in Ostoberschlesien, Dr. Pant, gegen den Wojwoden Graczynski gewendet, der die Deutschen  beschuldigt hatte, sie hätten sich in die Revisionsbestrebungen mithineinziehen lassen. Dr. Bant entgegnete, die Deut schen seien loyale polnische Staatsbürger und hätten mit den Revisionsbestrebungen nichts gemein.

Diesseits der Grenze gibt es gewiß feinen Deutschen  , der die Grenzziehung für vernünftig und für gerecht hält, es gibt teinen, der auf eine Revision verzichten wollte, die für eine angemessene Gegenleistung zu haben ist. Aber das ewige Reben von der Revision, ohne daß man weiß, wie man

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entschloffen, den deutsch  - polnischen Handelsvertrag dem Sejm zur Rafifizierung zu unterbreifen,

guter politischer und wirtschaftlicher Beziehungen. Jede in dieser Richtung gehende Anregung, wie etwa der Litwinow  . Baft, werde bei der polnischen Regierung stets volle Bereitwilligkeit zu tätiger Zusammenarbeit finden.

Jn Uebereinstimmung mit seinen infernationalen Berpflich­fungen in der Minderheitenfrage wünsche Polen  , den Minder­heitsvöllern feines Landes volle Bewegungsfreiheit auf natio­nalem, religiösem und kulturellem Gebiet zu sichern. Mit Entschiedenheit wird es sich allen Bersuchen widersetzen, diese Frage für Nebenziele und staatsfeindliche Bestre­bungen mißbrauchen zu lassen, auch angesichts des jüngst en Auftretens unseres westlichen Nachbars auf diesem Gebiet, das nach Form und Mitteln eine Verschiebung dieses Problems von dem rein sachlichen Gebiet auf das der all­gemeinen Politik zu bezwecken scheint. Ich zweifele daran, ob eine solche Haltung den Interessen der Minderheiten und ihrem guten Verhältnis zu dem polnischen Volke dienen wird.

Peinlich berührt werden müffe das polnische Bolt durch dieses wiederholle Auftreten jenseits der Grenze, das sich gegen alles richte, was polnisch sei.

Es bezwecke, das Ansehen des Landes in der Welt zu mindern, und was noch schlimmer sei:.es ziele sogar gegen die Inantastbar­feit des Staates. Geduld und Kaltblütigkeit habe Polen   oft be­wiesen. Aber man dürfe nicht vergessen, wenn man auf einer Seite bebe, es schwer fei, von der anderen Seite Liebe zu fordern. Die polnische Stellung sei in der Note umrissen, die er dem Sekretariat des Völkerbundes gesandt habe, und an der sich die Ratsmitglieder von dem tatsächlichen Stand der Dinge. überzeugen fönnten. Aus dieser Antwort ergebe sich flar

das aufrichtige Bestreben Polens   zu loyaler Aufklärung der Lage und zur Beseitigung aller Reibungsflächen zwischen dem pol­nischen Volk und der Minderhet.

Polen   werde in seinen Bemühungen zur Erleichterung der Bezie­da sie auf dem Standpunkt stehe, daß die anormalen Beziehungen hungen mit seinem westlichen Nachbarn fortfahren. In diesem

zu ihr kommt, ist vom Uebel nicht nur für die Deutschen  | den Finger schneidet. Darum ist die Inkraftsehung der Ver­drüben, sondern auch für die Grenzbevölkerung auf deut träge dringend zu wünschen. cher Seite.

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Es ist ein Unrecht, dieser Grenzbevölke rung einzureden, sie könne bei den heutigen Grenzverhältnissen nicht existieren. Sie muß es fönnen, weil wir für absehbare Zeit kein Mittel an der Hand haben, diese Verhältnisse zu ändern. Gewiß ist auch der Grenzbevölkerung nicht damit geholfen, daß man durch Schuld auf beiden Seiten die Grenzgebiete in ständiger Un ruhe erhält. In einer Gegend, in der man stets in der Sorge lebt, heute oder morgen fönne es losgehen, fann das Birt schaftsleben nicht gedeihen.

Wir können gegen Polen   feinen Krieg führen also müssen wir mit ihm in Frieden leben!

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Bir können feinen Krieg gegen Polen   führen, weil wir durch die Völkerbundakte, den Locarnovertrag und den Kellogg  - Paft dreifach gebunden sind. Ohne dreifachen Ver­tragsbruch können wir keinen Krieg beginnen.

Wir können außerdem feinen Krieg gegen Polen   führen, weil wir bei dem gegenwärtigen Verhältnis der Rüstungen jeden Krieg verlieren müssen.

Das sind Tatsachen, gegen die keiner ankommt, er stehe auf welchem politischen Standpunkt immer. Für uns als Sozialdemokraten fügen wir hinzu, daß wir auch feinen Krieg wollen und daß wir jeden als einen Verbrecher am deutschen   Volke und an der ganzen Menschheit betrachten, der mit dem Gedanken eines neuen Krieges spielt.

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Wir Sozialdemokraten fühlen wahrhaftig für die Mächte, die jetzt in Polen   herrschen, nicht die geringste Sympathie. Desto stärker ist unser Mitgefühl mit den Bürgern der polni­schen Republik, die unter der Herrschaft leiden, vor allem mit unseren deutschen   Volksgenossen, aber auch mit den Ukrainern, den Weißrussen   und den Polen   selbst. Für sie wie für uns wünschen wir den Frieden. Wir verurteilen die blinde bös= artige nationalistische Heze gegen Polen  , wie sie zum Beispiel jegt wieder wegen des wahrlich nicht allzu belangreichen Fliegerzwischenfalls Don Oppeln in Erschei

ming tritt. Wir suchen Recht beim Bölterbund und versuchen, die Lage unseres Volkes durch Verständigung mit den Nachbarvölkern zu verbessern. Bon diesem Weg lassen wir uns durch das Indianergeheul der Hakenkreuzler nicht ab­bringen. Dieses Geheul beweist nur, wie wichtig und ernit die Aufgabe der deutschen   Sozialdemokratie ist, gemeinsam mit den anderen Parteien der Sozialistischen Internationale

über der Erhaltung des Friedens zu wachen. gungspolitik nur allmählich aus dem Abgrund herausführt, in den Deutschland   von seinen einstigen Beherrschern ge­stoßen worden ist, es ist wahr, daß auf diesem Wege Rück­schläge und Enttäuschungen nicht ausbleiben. Aber ein Mörder am deutschen   Volke ist derjenige, der rät, andere Wege einzuschlagen. Es gibt keinen anderen Weg, es sei denn der Weg in den Krieg!

Es ist wahr, daß die Völkerbundspolitik, die Verständi­

Nicht erst aus Bülows Memoiren wissen wir, daß man auch ohne eigentlichen Willen aus fraftmeiernder Dummheit oder dummer Kraftmeierei in einen Krieg geraten und ihn verlieren kann. Wir wissen auch, daß Schwäche an entschei­hängnis wird. Darum fordern wir von allen Einsichtigen und Verantwortlichen im Kampf gegen das Hakenkreuz und seine Nachläufer Mut, Mut und noch einmal Mutum Deutschlands   willen!

Wir können gegen Polen   feinen Krieg führen, also müssen wir mit ihm in Frieden leben, das heißt: vor allem auch im Wirtschaftsfrieden. Der Handelsverdender Stelle, wie sie Bethmann gezeigt hat, zum Ver­trag und das Liquidationsabkommen sind nicht geschlossen worden, um den Polen   ein Geschent au machen, fondern um den Deutschen   zu dienen. Es ist findisch, die Polen   dadurch strafen zu wollen, daß man sich selber in