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Nr. 17 48. Jahrgang

4. Beilage des Vorwärts

John Reed: Broadway

Der Zeitungsverkäufer an der Ede des Broadway und der 80. Avenue war ein sauber gekleideter Mann mit grauem Badenbart, gutmütigem Gesicht und einer Brille vor freundlichen Augen. Er fonnte im Nebenberuf Prediger einer Friedensjette sein.

Eine hohe Reklamepappe Der Heiratsmarkt" war rund um das Band seines Filzhutes gebogen. Ein gleiches Platat umspannte seine Brust und ein drittes schwang er in der rechten Hand. Unter dem linken Arm hielt er einen Stapel Zeitungen.

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In furzen Abständen psalmodierte er feierlich wie ein Pre­diger: Der Heiratsmarkt!- Fünf Cent die Numero! Für jeden, der eine Geliebte oder einen Geliebten sucht, das ganze Lebensglück für ein einziges. Nickelstück:"

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Er fang seine Lüanei und lächelte das Gewoge des fommenden und gehenden Menschenstromes an. Grelle Lichtbündel warfen ab­wechselnd ihre weiße, grüne, gelbe, blaue und knallrote Farbenglut auf ihn nieder.

An den steilen Häuserfronten arbeiteten die Lichtreklamen.

Eine Riesenfage spielte mit einem roten Ball. Ein Adler preizte seine Flügel. Riefige Zahnbürsten leuchteten wie Siero glyphen als Himmelszeichen, verlöschten und leuchteten wieder auf. Ein baumlanger Schotte sprang im Nationaltanz. 3mei Borer gaben sich Kinnhafen, ohne zu ermüden. Leuchtende Getränke sprudelten aus Flaschen und stiegen schäumend in Gläsern hoch. Unsichtbare Transparente schrieben Lichtworte an den schwarzen Himmel, und mitten in dem Lichterspuf schnellten Lichtschlangen in Serpentinen und Zickzacklinien hinauf und hinab.

Für jeden, der eine Geliebte oder einen Geliebten sucht, das ganze Lebensglüd, für fünf Cent, für ein einziges Nickelstück!" In den herabfallenden Lichtkataraften und den vorüberflutenden Menschenwirbeln stand der Mann wie angefettet.

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Die Portale der Theater öffneten ihre Türen. Hunderte und aber Hunderte Autos qualmend und hupend, bremsend und mit wieder anspringenden Motoren wogten heran und vorbei, stoppten, wendeten blitzschnell mit langgezogenem Hupengeheul. Die Menschen­fiimmen ertranten im Gebrüll der Motororkane.

Frauen in zartester Blässe, darauf mattblühendes Rot... fost barste sibirische Pelze, Pariser Schmuck und Buz, silberdurchwirkte Seide über tastanienfarbene Haarwellen, Seidenschuhe mit afrika­nischen Diamanten, Schminke, Buder...

Schlanke Männer mit nichts- oder allesfagenden Gesichtern, engen und flachen Diplomatenbrüsten, darauf lange Geierhälse. Tremolierend zum Taft der Pulse nahe Musik aus einer freisen­den Kaffeehaustür. Akzente, Reflege, Parfüms, gläsernes Lachen und im Abstand folgen langsam schlendernd Frauen zu zwei und

zwei...

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Für jeden, der eine Geliebte oder einen Geliebten sucht, das Lebensglück für ein Nickelstück! Der Heiratsmarkt für fünf Cent! Für jeden..."

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Ich trat an den Mann heran: ,, Unter Garantie?"

Der Berkäufer fah mich lächelnd an und nahm mein Nickel­jtüd. Schlagen Sie bitte auf Seite 2!- Sehen Sie die Bhoto. graphie? Bitte tefen Sie die Annonce: Junges hübsches Mädchen, achtundzwanzig Jahre alt, gesund, Erbin von 500 000 Zollar, wünscht Briefwechsel zwecks Heirat mit seriösem Jung­gefellen. Tausende haben durch uns ihr Glüd gefunden. Solite es uns nicht gelingen, Sie voll und ganz zufriedenzustellen", dabei jah er mich über seine Brillengläser hinweg ernsthaft an, dann zahlen wir Ihnen das Geld zurüd!"

Er mußte das Gespräch unterbrechen und wandte sich an die dichter vorüberflutende Menge.

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,, Für ein Nickelstück das ganze Lebensglück! Wer eine Ge­liebte oder einen Geliebten sucht, das Lebensglück für ein einziges Nickelstück! Der Heiratsmarkt!"

Dann wandte er sich zurück.

Ich habe es nicht versucht. Ich bin schon 52 Jahre alt. Bor acht Jahren starb meine Frau. Ich kenne das Leben. Ich habe es hinter mir. Warum soll ich es noch einmal versuchen?"

,, Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! Denten Sie an Wait Whitman und an Suzanne B. Anthony! Mit 52 ist man doch noch nicht verbraucht!"

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Ihre Herrschaften fenne ich leider nicht. Aber ich sage Ihnen, junger Mann, ich habe mein Maß geleert bis zum letzten Tropfen." Wieder wandte er sich der Straße zu ,, Kaufen Sie den Heratsmartt! Das ganze Lebensglück für ein einziges Nickelstück! Für jeden, der eine Geliebte oder einen Geliebten sucht!"

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,, Meine Eltern waren Arbeiter", fuhr er fort. Die Trans­mission, die meinen Vater zermalmte, läuft heute noch im Ma­schinensaal der Wasserwerke im Zentralpart. Meine Mutter saß Tag und Nacht bei mühseliger Heimarbeit. Sie starb an Tuber­tuloſe. Ich war ein fräntlicher Junge und noch ein Kind, als ich in einem Eisenwarengeschäft Laufbursche wurde. Ich war Bon in einem Hotel, Radfahrer für eine Zeitung. Bei einer Demonstration trugen sie mich halbtot von der Straße ins Spital. Dann arbeitete ich in verschiedenen Büros. Zuletzt bei einem Börsenmakler einem Banfgeschäft. Ich begann aufzuatmen..." Erneut wandte er sich an die Passanten: Kaufen Sie den Heiratsmarkt! Für jeden, der eine Geliebte oder einen Geliebten sucht..."

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Das Leben des Broadway lärmte und tochte stärker in die Nacht hinein. Mädchen mit unbeirrbaren Augen belauerten den Menschen strom, um von den Lichtecken ihre Beute in die engeren Netze der Nebenstraßen und ihrer helfenden Dunkelheit zu ziehen.

Sonntag, 11. Januar 1931

bei Nacht Aus Schaljapins Hungerjahren

,, Unser Töchterchen wuchs heran. Es lernte schon sehr früh Klavier spielen. Es sollte eine berühmte Pianistin werden. Wir sahen die Lichtreklamen ihren Namen und ihre Berühmtheit in die Straßen rufen. Das Mädchen war fünf Jahre, da fam ein Junge. Er sollte ein berühmter General werden. Jedoch ein Jahr später starb das Mädchen an Typhus ."

Er wandte sich wieder der Straße zu: Für jeden, der eine Beliebte oder einen Geliebten fucht, für fünf Cent der Heiratsmarkt! Das ganze Lebensglück für ein einziges Nickelstück!"

Die blendenden Namen und Bilder der illuminierten Fassaden verloschen und zuckten wieder auf. Die kleineren Läden des täglichen Bedarfs verloschen allmählich. Ihre Interessenten lagen nun müde und abgespannt zu Bett. Nur die Schaufenster der Juwelenläden blitzten und sprühten hinter feinmaschigen Eisengittern, denn die großen Kofotten der Lebewelt, die jetzt den perlenden Champagner aus geschliffenen Kelchen schlürften, waren noch unterwegs.

Meine Frau fonnte den Verlust des einzigen Töchterchens nicht verschmerzen. Unglücklicherweise verfiel sie wieder. Aber sie war viel zu schwach für die Schwangerschaft. Die Aerzte weigerten sich, etwas zu tun. Wir versuchten uns selbst zu helfen. Es kam zu einer Frühgeburt. Das Kind war tot, und die Mutter starb im Wochenbettfieber."

Seine Stimme bekam einen anderen Klang, als er sich wieder der Straße zuwandte.

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Für jeden, der eine Geliebte oder einen Geliebten sucht, das ganze Lebensglück für ein einziges Nickelstück! Der Heirats markt!... Das Lebensglück für ein Nickelstück!... Für jeden..." ( Berechtigte Uebertragung von C. B. Siesgen.)

Halleluja, Kyrie eleison , Salve, Refeda Eine sonderbare Wortzusammenstellung! Gemeinsam ist diesen fremden Ausdrücken die Befehlsform. Das hebräische Halle= ( uja bedutet: Preiset Jehovah! Wir könnten dafür sagen: Gott fei Lob oder Preis( und Dank)! Kyrie eleison, die aus eini­gen Kirchenliedern bekannte griechische Formel für: Herr erbarme bich!, hatte zeitweise die Kraft einer Zauberformel; besonders zauberfräftig galt sie als Schlachtruf. Auch die Salven, die bei besonderen Gelegenheiten wie auch im Kriege abgefeuert werden, sind aus einem Befehlswort zu erklären, aus dem lateinischen Salve, das uns in Hauseingängen und noch sinniger auf Fußabstreichern entgegenblickt, auf deutsch : Sei gegrüßt! Ihm gegenüber ist als Abschiedsgruß das Balete, d. i Bebt wohl!, jeht wohl nur nach

aus dem Liede: Valet muß ich dir sagen, bekannt. Eine Art Ab-. schiedsgruß spricht auch der Pflanzenname Reseda aus, eine Be fehlsform, die die Römer unter Anwendung der wohlriechenden Pflanze gebrauchten, besonders in dem Zauberspruch: reseda morbos, reseda

stille wieder die Krankheiten, stille wieder ( namentlich Entzündungen und Geschwülste). Hier läßt sich noch das Fattotum anreihen, die Bezeichnung für einen allseitig. müßlichen Diener, die im 16. Jahrhundert bei uns auftritt, eigent lich ein Mach alles!" Daß auch in neueren Sprachen Befehls­formen zu Hauptwörtern werden können, zeigt das franzöfifche Rendez- vous, d. h. Begebt euch hin! Campe hat es etwa 1800 sehr glücklich durch Stell dich ein ersetzt.

C., M.

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Man schreibt uns: Schaljapin , der immer noch bestbezahlte Sänger der Welt, will, einer eigenen Erflärung zufolge, in diesem Jahre der Opernbühne, die ihn aus den Tiefen des Daseins auf die Höhe des Weltruhms gehoben hat, endgültig Balet sagen. Der Sänger teilt in einer russischen Emigrantenzeitung unbekannte Epi­foden aus seiner entbehrungsreichen Jugend mit. Ich war 17 Jahre alt", erzählt er, erfreute mich eines ungeheuren Appetits und hatte keinen Pfennig in der Tasche. Da lernte ich einen treuen Freund und späteren Gefährten meines Bohemelebens fennen. Hungrig und einsam schlenderte ich den Newsty- Prospekt ( die Hauptstraße Petersburgs) entlang. Ein in Schwarz gekleideter Mann kam mir enigegen und berührte meine Hand. Ich heiße Grigori Iseroff", sagte er. Ihr Gesicht gefällt mir. Wollen Sie mit mir fommen und für das Seelenheil meiner armen Frau trinfen?" fragte der sonderbare Mann weiter. Ich sagte zu, wir Iseroff begaben uns auf einen Friedhof, wo wir ein Gastmahl veranstalteten. Mein neuer hatte Essen und Schnaps bei sich Freund erzählte unaufhörlich, mit Tränen in den Augen, von den unzähligen guten Eigenschaften und Tugenden seiner verstorbenen Frau. Ist sie hier begraben?" fragte ich. ,, Rein", erwiderte feroff mit einem seltsamen Blick, sie ist in meinem Herzen be­graben. Gestern ist sie mit einem Musiker einer Zigeunertapalle durchgebrannt." Aus dieser tragikomischen Bekanntschaft wurde dann eine große und enge Freundschaft. Grigori, der eine kleine Tenorstimme hatte, verstand sein Talent auszunuzzen und verkehrte in Häusern, wo man ihn zu opulenten Mahlzei.en einlud. Bei Tisch verlor Grigori feine Zeit, für zehn, während die Gast­geber seinen Liedern lauschten, die den Preis für die Gastfreund­schaft repräsentierten. Dabei vergaß er mich niemals. Er schob den Teller beiseite und pflegte traurig zu sagen: Wie schön wäre es, wenn ich dieses Huhn mit meiner armen Lola teilen fonnte!" Wer ist Lola? Ihre Frau, Ihre Mutter"" ertönte ein Chor tail­

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nahmsvoller Stimmen. Nein, Lola ist eine alte, frante Sündin, die auf mich zu Hause wartet." Es folgte eine sentimentale Ge­schichte, die ein Herz aus Stein erweichen tönnte: Lola war eine Hündin, die feinen blinden Vater geführt hatte, während Grigori in Dörfern sang. Mein Freund erschien dann zu Hause mit schmad­haften Sachen beladen, die mich für zwei Tage satt machten. Der alte, tranke Hund war nämlich ich!

Bergebens suchten wir Arbeit und vergeblich boten wir uns vielen Impresarios an. Endlich mieteten wir bei einem Bekannten entsprechenden Pianisten und gaben ein Konzert auf eigenes Risiko. einen schmutzigen Saal, bekamen ein verstimmtes Klavier und einen Wir wollien das Konzert anfangen, sahen aber im Saal nur zwei Zuschauer. Ihr Aeußeres und ihre mehr als bescheidene Kleidung flößten wenig Vertrauen ein, immerhin waren es die einzigen

Leute aus der Zwei- Millionen- Bevölkerung der Stadt Petersburg , die an unsere Kunst und an unser Talent glaubten, weshalb sie unsere wärmste Sympathie erworben hatten. Mit dem verführe­rischsten Lächeln erschien ich auf dem Bodium und sagte: Wenn die Herren nichts dagegen haben, fönnen wir noch ein bißchen war­ten." Eine brummige Stimme erwiderte mir: Wozu noch warten, fangt schnell an. Wir warten hier und bringen dann das Klavier aurüd. Offenbar baiten die Leute zu uns tein allzu großes Ber­trauen. Wir entschlossen uns, bats nach Moskau zu übersiedeln." Behn Jahre später erntete Schaljapin , als erster auswärtiger Sänger, den größten Triumph an der faffischen Stätte des Belkanto , in der Mailänder Scala. Dr. P.

Gerdland: Zwischenfall in der Furchtbar

Als der seltsame, kleine Mann mit den entzündeten Augen, den wirren Haarsträhnen und den flatternden Händen eintrat, wurde gerade das Hausballett der Stelett- Girls" stürmisch applau­diert, die Jazzband der Henkersknecht- Boys" schmetterte einen Tusch, Madame Sfelett tänzette hervor und warf neckische Kuß händchen in die entfesselte Menschheit, dankte im Namen der Girls für den stürmischen Applaus, die Bardame sebill mit dem finste­ren Blick" migte dem dicken Kommerzienrat einen Original­Guillotinen- Cocktail" und blickte furz auf, ais der seltsame, fleine Mann sich in einem der bequemen Schaffottblocksessel niederließ. " Sehnse sich mal den da an, Dickerchen!" ermunterie sie den Kom­merzieńrat, mit dem Finger auf den Kleinen weisend. Der sieht ja ganz fomisch aus, der paßt hier wirklich rein!"

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Auch die anderen Gäste der Furchtbar", jenes Schredens­fammerlokals", das die neueste, attrattionelle Sensation einer mit nervenpeitschenden Genüssen schwach gefigelten Menschheit bildete, waren inzwischen auf den Neuantömmling aufmerksam geworden. Blutlachen- Kasimir" erfundigte sich nach seinen Wünschen und nahm achselzuckend die Bestellung eines Gummizellen- Mottas" zur

Kenninis.

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Der späte Gast saß ganz einsam auf seinem Schaffottbloc­fessel, er stierte vor sich hin, achtete nicht der erregenden Vorträge Stid- Krawatten- Gelma" und Marterpfahl- folde", von Totenmasten- Amadeus", die sich in schaurigen Details überboten, achtete nicht der wiederholten Aufmunterungswinke und Blicke der Sartophag- Animiermädchen", er starrte vor sich hin, mit einem Schmerzohnmächtigen, wutverbrannten Gelächter auf den blutlosen, schlaffen Lippen, mit einem irren Flicker- Flackern in den ent­zündeten Augen,

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Schon überlegte der Besitzer der Furchtbar, ob es nicht ratjam fei, den seltsamen Nachtvogel als ständige Attraktion zu verpflich­denn der bizarre Kontrast zwischen seiner schäbigen Schein­eleganz, den Hungerfurchen seines Gesichts, den Schlo.terfalten feiner Kleidung und der gesättigten, wohlhabenden Behäbigkeit der anderen Gäste wirkte ungemein auf die brillantbehängten Damen, die hier das Gruseln erlernen wollten, schon überlegté der Bar­befizer, wie man dem Gast das Angebot übermitteln könnte, da schrillte ein spizgriller Schrei sprizend empor und übergeß alle mit einem falten En.setzen. Eines der Sarkophagmädchen, die Leich: n bitter- Adolfine", die sich feß an die Seite des Unnahbaren, Ein­famen gefegt hatte, um ihn zum Trinken und Spendieren zu ani mieren, ha.te den Schrei ausgeschaudert. Der fleine Mann hatte Blutsprißer an seiner Kleidung.

Mit 27 Jahren heiratete ich zum ersten- und letztenmal. Ichten, brauche Ihnen den Kampf um das Dasein nicht ausführlicher 3 erzählen. Das erste Kind fam, und es starb bald. Mein Verdienst reichte nicht für eine eigene Wohnung mit genügend Licht und Luft. Später wurde ich Bürochef, und es kam das zweite Kind, ein Mädchen. Ich taufte gegen Jahresraten draußen in White Klaim ein Häuschen, und mun mußten wir erst recht sparen und jeden Cent dreimal in der Hand umdrehen, ehe wir ihn ausgaben. Wir mußten fmiel entbehren, daß ich mich damals oft genug gefragt habe, ob das Entbehren und Sparen überhaupt von Ruzen für einen Arbeiter fein fann?"

Unsere Unterhaltung fam ins Stoden. Die Erinnerung hüllte ihn für einen Augenblid in tiefes Schweigen. Das Durcheinander der Lichtreklamen besprang uns mit sprühendem Feuerregen. Für einen Augenblid blendete uns scharlochrotes Flammenspiel. Immer mehr Frauen mischten sich unter die Passanten. Sie ließen ihre 2ugen aufmerksamer spielen. Von neuem pries mein Freund seinen Heiratsmarkt an.

Gelächter zu ersticken suchte. Das hier war ja alles nur eine Tra­vestie, eine bizarre, pittoreske Lächerlichsprechung diverser Alp­träume, war ja mur ein Auswuchs der verbogenen Phantasie eini­ger reicher Snobs, war nichts weiter als ein Enigegenkommen dem seligmachenden Publikumsgeschmack" des Kurfürstendamms, der augenblicklich Schreckenstammern und gruselige Attraktionen favorisierte, das hier war ja nur ein Amusement, dessen Originali­tät wenige Wochen später überlebt sein würde, abgetan, erledigt.

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Nun haben die blendenden Lurusfrauen, die feisten Herren mit den prallen Bäuchen die neueste, furchtbare Attraktion der Furchtbar mit einem falten Grauen zur Kenntnis genommen. Nun menden sie sich wieder ab. Die Skelettgirls tanzen wieder ihren flappernden Knochenstepp auf der aufgerollten Jalousie, die Hentersknechtboys blasen die Schalmei, flimpern und tuten und leiern und trompeten. Der kleine Mann siht ganz einsam da und stiert vor sich hin.

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In den Separatfabinetts in anderen Bars werden sie schlicht Séparées genannt beginnt jetzt die Borführung mit.elalterlicher Folterwerkzeuge, der Daumen quetsche und so weiter am lebenden Objekt. Jezt ist der vordere Raum fast leer geworden, sogar die Jlsebill mit dem finsteren Blick" hat sich nach hinten begeben, um ihre Gäste im gegebenen Moment an die Bar zurückzuführen. Nur der dicke, schwammige Kommerzienrat hockt mit einem Brumm­schädel vor der Thefe, und der Kleine mit den Blutsprißern, der auf eine seltsame Weise hierher paßt, fißt an seinem Tisch und löffelt in dem Kaffee.

Blößlich bellt ein Schuß! Und es ist ganz seltsam: diese reichen Leute, die in den Extratabinetts fizen, um sich nichts von dem inszenierten Hotuspotus entgehen zu lassen, stürzen nicht davon, Sie stehen da mit weitauf­greifen nicht nach ihren Mänteln. Es ist ganz gerissenen Augen und starren einander angstvoll an. feltjam: eine Art Krampf ist über sie gekommen, eine ungelöste Panik. Sie haben plötzlich Furcht, die Damen und Herren, Furcht vor etwas unfaßbarem, Grauenvollem, das in der Furchtbar vor sich gegangen ist. Sie stehen hier in den Schreckenstammern, die von schwülen, sinnlich verhängten Ampeln beleuchtet sind, sie stehen hier und trauen sich nicht zurück in die Bar.

Polizei erscheint auf der Bildfläche. Ein Arzt. Ja, der flaine, feltsame Mann hat sich entleibt. Die Kugel, in den Mund gezielt, hat die Wirbelsäule durchschlagen.

Ueber all dem, über dem Chaos der hinauseilenden Gäfte, der eindringenden Neugierigen, der inzwischen eingetroffenen, unnötiger­weise alarmierien Mordkommission, thront der dice, schwammige Kommerzienrat auf seinem hohen Hocker. Seine schwimmenden Augen bliden trunten in das Tohumabohu, das er in seinem Zu­stand nicht begreift, und seine schwere Zunge lallt die Worte:

Also, das ist ja großartig, haha!" lachte der Kommerzianrat, bereits vor dem achten Sternidel- Cobbler" hodend, das ist ja großartig, der paßi hier wirklich rein!" Die Damen und Herren jedoch, die noch nüchterner waren, beschlich nun ein Grausen, das man in einem feucht- fröhlichen Kreischen, in einem überlegenen| Der paßt hier rein.... Der paßt hier wirtlich rein!"

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