1931
Der Abend
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Nr. 22
B 11 48. Jahrgang
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Neues Reichsdefizit
Gemäßigter Optimismus des Reichsfinanzministers
Die allgemeine finanzpolitische Aussprache, die in der Sigung des Reichshaushaltsausschusses vom Mittwoch begann, wurde eingeleitet durch eine große Rede des Reichsfinanzministers Dr. Dietrich.
Dr. Dietrich führte aus, daß er den voraussichtlichen Fehlbetrag des laufenden Rechnungsjahres auf rund 900 Mitlionen Marf beziffert habe. Dieser Betrag scßt sich aus 300 Mil
lionen Mehrausgaben und 600 Millionen Mark Ausfall der Ein
mahmen zusammen. Die Mehrausgaben entstehen bei der Arbeits
Am 31. Mai 1931.
Der sozialdemokratische Parteiausschuß, der heute in Berlin tagte, beschloß in lebereinstimmung mit dem Parteivorstand, den diesjährigen Parteitag auf den 31. Mai nach Leipzig einzuberufen.
Irsenversicherung. Er fönne mit ziemlicher Sicherheit sagen, daß diese 300 Millionen Mark eine Höchstsumme sind, über die man nicht hinauszugehen braucht. Er hoffe sogar, in dieser Summe noch eine fleine Reserve zu haben, und sie habe es ihm ermöglicht, die Fristen Der Krisenfürsorge für die am 3. November 1930 in der Krisenfürsorge befindlichen Personen zu verlängern.
Auf Grund des Novemberergebnisses sei das voraussichtliche Jahresaufkommen an Zöllen und Steuern nochmals genau geschätzt morden, und man fei zu dem Ergebnis gekommen, daß der gesamte Steuerausfall rund 980 Millionen Mark betragen werde, von denen 600 Millionen auf das Reich entfallen. Leider habe nun aber der Monat Dezember einen weiteren Ausfall gebracht, so daß man vorsichtigerweise annehmen müsse, daß der mit 600 Mi!- lionen Mart angenonumene Anteil des Reichs an dem Einnahmen ausfall noch mit etwa 100 millionen Mark überschritten werden
Zwei Brüder gehen in den Tod
Tragödie der wirtschaftlichen Notlage
In der Neuendorfer Straße 86 in Spandau spielte sich heute| Wohnung ferngehalten hatte, schritten die Brüder, nachdem sie vor vormittag eine furchtbare Tragödie ab. Der 39jährige Wein- her noch einen Abschiedsbrief geschrieben hatten, den sie beide unterhändler Walter Ohmte tötete seinen Bruder, den 36jährigen zeichneten, zur Ausführung der Tat. Drogisten Hans Ohmte durch zwei Schüsse in den Kopf. Dann richtete der Weinhändler die Waffe gegen sich selbst und schoß sich eine Kugel in die Bruft. Die Berlegung muß auf der Stelle tödlich gewefen fein
Walter Dhmte wohnte mit seiner Frau seit Jahren im Hause Neuendorfer Straße 86. Bor einiger Zeit zog der um drei Jahre jüngere Hans Dhmke zu seinem Bruder. Als Hans D. feine Stellung verlor, war er ganz auf seinen Bruder angewiesen, der infolge der schlechten Geschäftslage selbst unter wirtschaftlichen Sorgen zu leiden hatte. Diese trostlose Lage dürfte in den beiden Brüdern, die sehr aneinander hingen, den Plan haben reifen lassen, gemeinsam aus dem Leben zu scheiden. Heute früh, als Frau Ohmte einige kleine Besorgungen machte und sich kaum eine halbe Stunde von der
Feders Erzählungen.
Der Hatentreuz- Theoretifer flüchtet, wenn er beweisen soll. Zu Beginn der Sigung des Haushaltsausschusses des Reichstags gab der Vorsitzende bekannt, daß der Abg. Feder( Natsoz.) aus dem Ausschuß ausgeschieden und daher auch außerstande sei, das ihm zugefallene Referat über das Reichswirtschaftsministerium zu übernehmen. Die Gründe, die zum Ausscheiden von Herrn Feder geführt haben, sind selbstverständlich nicht bekannt geworden, man Insgesamt wird man also bei rücksichtsloser Durchführung aller dürfte indessen kaum fehlgehen, wenn man annimmt, daß Herrn Eparmöglichkeiten damit redynen fönnen, daß Feder der Boden im Haushaltsausschuß schon jetzt etwas zu heiß geworden ist.
fönnte.
der Gesamtsfehlbetrag des laufenden Haushalts die Höchstsumme von rund 1 Milliarde im Ordinarium nicht übersteigt. Hierzu komme im Extraordinarium ein Fehlbetrag von 330 Millionen Mark, so daß ein Gesamtfehlbetrag von 1330 Millionen Mart ins
neue Jahr hinübergenommen werden müsse. Die faffenmäßige Ueberwindung dieses Fehlbetrages fei angebahnt und werde gelingen. Immerhin enthalten die Höhe des Fehlbetrages und die Anspannung der Rassenlage eine ernste Warnung. Solange der Haushalt 1931 aber auf gesicherter Grundlage ruhe, sei die Lage nicht für fritisch anzusehen. Es sei ja bekanntlich gelungen, durch Regelung der Arbeitslosenversicherung und Ausgabentürzungen die Ausgabenseite des Haushalts gegen unliebſame Ueberraschungen zu schützen. Es frage fich, ob noch weitere Gefahrenquellen bestehen. Den wirtschaftlichen Ablauf des ganzen kommenden Etatsjahres genau zu übersehen und vorauszusagen, sei unmöglich. Ein nur geringer Ausschlag des Pendels der wirtschaftlichen Entmidhung nach oben oder unten fönne schon eine Aenderung der Steuereinnahmen um einige Prozente bringen, und bei einem Einnahmefoll von über 9 Milliarden bedeutet das gleich ein Plus oder Minus von 200 bis 300 Millionen Mark.
Er glaube indeffen, daß die Grundlagen für den Etat 1931 nicht falsch feien, fie beruhen auf einem sehr gemäßigten Optimismus. Wenn man auch mit einer lang anhaltenden Depression zu rechnen habe, sp sei es doch wohl nicht vermessen, anzunehmen, daß das Jahr 1931 eine leichte Aufwärtsbewegung bringen werde. Sollte indeffen die leidte Besserung, von der er ausgehe, nicht eintreten, so würde der Steuerausfall für das Neich nach seiner Schäzung sich in der Größenordnung von 200 bis 300 millionen Mart bewegen. Es fönne nicht daran gedacht werden, einen solchen Eventualfehlbetrag etwa durch Steuererhöhungen zu decken. Steuern auf Vorrat zu schaffen, märe bei der gegenwärtigen Lage Deutschlands das verfehrteste, was man tun tönnte. Anders läge cs, menn es gelinge, duro) weitere Ausgabentürzungen cine Reserve zu schaffen. Er sehe aber, nachdem er bereits fräftig mit dem Rotstift gearbeitet habe, dazu nicht viele Möglichkeiten. ( Fortsetzung auf der 2. Seite.)
Es ist Herrn Feder bereits wiederholt gesagt worden, daß der Haushaltsausschuß teine nationalsozialistische Versammlung sei und daß Behauptungen, die er dort aufstelle, auch belegt und bewiesen werden müßten. So hatte Herr Dr. Feder vor einigen Wochen Behauptungen über die he und die Art der Reparationszahlungen seit dem Lordoner Abkommen bis zum
Die Deutsche Boltepartei in Braur fchweig hält frog der üblen Behandlung, die ihr von seiten der Nazis zufeil wird, an Franzen fest.
FRANZEN
Wahllügemen
Die Razis:„ Der macht es uns aber leicht, der bückt sich von selber!"
Als Frau D. gegen 8% Uhr heimkehrte, bot sich ihr im Schlafzimmer ein entfehlicher Anblick.
Ihr Schwager lag mit mehreren Kopfschüssen röchelnd im Bett, und ihr Mann langausgestreckt auf dem Fußboden, seine rechte Hand hielt eine Pistole fest umflammert. Die unglückliche Frau, die einen, völligen Nervenzufammenbruch erlitt, alarmierte durch ihre Schreie; mehrere Hausbewohner, die sofort einen Arzt herbeiholten. Walter Q. mar bereits tot, die Kugel hatte das Herz getroffen. Der Bruder wurde noch lebend in das Spandauer Kreistrantenhaus gebracht; dort ist er aber bald nach seiner Einlieferung gestorben.
Wie aus dem Inhalt des gemeinsamen Abschiedsbriefes herpor geht, haben die Brüder, die eine trostlose Zukunft vor sich sahen, im gegenseitigen Einverständnis gehandelt. Die Leichen sind beschlagnahmt worden.
Young Plan aufgestellt, die sofort von den verschiedensten Seiten als absolut falsch bezeichnet wurden. Herr Feder war aufgefordert worden, seine Behauptungen bei Gelegenheit der Beratungen des Kriegslastenetats aus den amtlichen Materialien, die dann zur Berfügung stehen sollten, zu beweisen. Um diesen Genuß wird der Haushaltsausschuß nun fommen, doch fann ja, was im Haushaltsausschuß nun nicht möglich wird, im Plenum nachgeholt werden.
Wie aus Buenos Aires gemeldet wird, sind am Diens tag zwei Vulkane bei San Antonio de las Cobres in der Provinz Los Andes plötzlich in Tätigkeit getreten und haben große Lavamassen ausgeworfen. Nach den bisher vorliegenden Meldungen sollen zahlreiche Opfer an Menschen zu beklagen sein, die von der Lava begraben wurden. Außerdem wurde die gesamte Ernte in der Nähe der Vulkane vernichtet. Auch die Verluste an Vieh sind sehr groß. Der Gouverneur von Salta hat eine Hilfsexpedition in das Unglücksgebiet entsandt.
3m Sturm umgekommen.
Häuser abgedeckt. Von Palmen erschlagen.
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Ein schwerer 3yflon hat in Tripolis und anderen Gebieten Lybiens ungeheure Verwüstungen angerichtet. An der Küste' erreichte der Sturm eine Geschwindigkeit von 100 Kilometer in der Stunde und war mit einem starken Temperatursturz verbunden. In Tripolis und Umgebung wurden viele Palmen und Telegraphenstangen umgestürzt und mehrere Häuser abgeded t. Im Judenviertel find durch den Einsturz eines Hauses ein Toter und zwei Berlegte zu beklagen. Außerdem murden zwei Eingeborene durch umstürzende Palmen getötet.
Paris , 14. Januar. Nach einer Meldung der Agentur Indo- Pacifique" aus Tofio find in Latata in der Provinz Fukushima durch schwere Stürme bebeutende Sachschäden angerichtet worden. Ueber 1000, Hauser murden beschädigt. Zahlreiche Motorboote fenterten. In Moje find fünf Personen.ertrunten. In Osaka werden zwei Personen vermißt.