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Zum Verhör betäubt.

Wie der Faschismus Aussagen erliftet.

Genf , 14. Januar. ( Eigenbericht.) Ein Prozeß gegen 24 Mitglieder der anti­faschistischen Vereinigung ,, Gerechtigkeit und Freiheit" in Rom hat eine neue Scheußlichkeit der faschistischen Justiz aufgedeckt. An Steile der förperlichen Torturen zur Erzwingung falscher Geständnisse wird den politischen Gefangenen neuerdings ein Rauschgift zwangsweise eingeflößt, das die Opfer ihrer phy­fischen und moralischen Kräfte beraubt. In diesem Zustand halber Betäubung werden sie ins renz verhör genommen und sagen natürlich mehr aus, als sie im Besitze ihres vollen Bewußtseins sagen würden.

Mussolini hat gleich nach der Aufdeckung des angeblichen Kom­plotts durch die politische Geheimpolizei Ovra" drei Todes­urteile angeordnet. Der Selbstmord des angeklagten Rechts­anwalts Ceva ist nicht, wie die faschistische Presse schreiben mußte, aus persönlichen Berhältnissen erfolgt. Ceva hat sich vielmehr getötet, um in dem skandalöfen Betäubungsverfahren nicht die Führer der Bewegung zu verraten.

Militärbahn gegen Italien .

Paris , 14. Januar.

Die französische Regierung plant die Anlage einer strategischen Eisenbahnlinie hinter der französischen Riviera. Der Plan murde dem Ministerrat durch den Minister für öffentliche Arbeiten, Daladier , in seiner letzten Sigung imterbreitet. Der Ministerrat hat den Plan gebilligt und seine sofortige Weiterleitung an das Parlament ver­onlaßt. Die neue Eisenbahnlinie wird von Avignon aus parallel zu der bereits bestehenden Eisenbahnlinie, die an der Küste entlang­führt, nach Nizza führen. Sie hat den Vorteil, daß sie nicht nur die Strecke von Paris nach Nizza um etwa 200 Kilometer ver fürzt, sondern durch eine Bergtette gegen eine mögliche Be­schießung durch feindliche Kriegsschiffe vollkommen geschützt ist.

Holz- und Kohlenmangel in Moskau . Dafür 200 Verhaffungen. Verstopfte Strecken. Kowno , 14. Januar. Wie aus Moskau gemeldet wird, hat die OGPU. im Zusammen­hang mit der Brennstofffrise in Moskau zahlreiche Berhaffungen vorgenommen. Etwa 200 Personen, die der Spefulation mit Brenn­materialien beschuldigt werden, sind verhaftet worden.

Moskau leidet start unter der källe, da es an Holz und Kohle mangelt. Die Regierung versichert, daß fich 15 000 Eisen­bahawagen mit Holz und Kohle unterwegs befänden, jedoch nicht nach Mostau kommen fönnten, da sämtliche Eisenbahnlinien ver­stopft feien. Ein besonderer Ausschuß unter Führung eines Mit­glieds des Kollegiums der DGPU. bemüht jich, die Ursachen dieser Berstopfung aufzuklären und die Versorgung Mostans mit Brenn­floffen sicherzustellen.

Die harmlosen Aufständischen. Ben sie verprügeln, der wird noch angeklagt.

Saffawih, 14. Januar. Anjang November v. J. wurden in einer Gastwirtschaft in Zalenze die Gebrüder Gregorczyt, die sich in Begleitung von fünf Arbeitskollegen befanden, von Aufständischen provoziert. Die Ar­beiter fießen die Ampöbeleien unbeachtet. Als jedoch Johann Gre gorczyt äußerte, heute hätten noch die Aufständischen die Macht, es fönne aber balb anders tommen, stürzten sich etwa 15 Auf­ständische mit Knüppeln und Säbeln auf die beiden Brüder; diese wurden niedergeschlagen und in schwerster Weise mißhandelt. Auch ihre hinzukommende Mutter wurde von den Aufständischen miß­handelt. Während die Brüder Gregorczyk ins Krantenhaus über­geführt werden mußten, wurden ihre fünf Begleiter verhaftet. Die Staatsanwaltschaft hat ein Verfahren nicht etwa gegen die Auf sländischen eingeleitet, sondern gegen die überfallenen Brüder und ihre fünf Begleiter, und zwar wegen Hausfriedensbruchs und Körper­verlegung, begangen an Aufständischen. Die Angeklagten sollten die Aufständischen, die friedlich in der Gastwirtschaft gesessen hätten, ohne Grund tätlich angegriffen haben, wobei einige Aufständische Verlegungen erlitten hätten. Die Anklage fonnte im Laufe der Ver­handlungen nicht aufrecht erhalten werden, so daß nach einer ganz Furzen Beratung des Gerichts sämtliche Angeklagten frei gesprochen wurden,

Der Gerichtsvorsitzende gab nach Schluß der Beweisaufnahme den Angeklagten gegenüber seinem Befrem den Ausdruck, daß sie fich in Untersuchungshaft befänden. Einige Angeklagte wandten sich nach der Verkündung des Freispruchs an das Gericht und erklärten, daß sie ihre Haft für eine regelrechte Freiheits­beraubung hielten und nicht verständen, warum die Staats. anwaltschaft nicht gegen die eigentlichen Täter ein Straf­verfahren eingeleitet habe. Diese Erklärungen blieben jedoch un­beachtet.

Indienkonferenz in schwerster Krise.

Um die Minderheitsrechte der Mohammedaner.

London , 14. Januar. ( Eigenbericht.)

Die letzten Tage der Indientonferen3 steigern fich zu dramatischen Spannungen. Der Gegensatz zwischen Hindus und Moslems lodert hell auf und droht in letzter Stunde die Konferenz um alle Erfolge zu bringen. Die Bertreter der Moslems ließen am Mittwoch in einem in der ,, Times" veröffentlichen Briefe erklären, sie seien bereit, den Streit zwischen Hindus und Moslems einem Schiedsgericht zu unterwerfen, dem in erster Linie Macdonald und Gandhi angehören sollen. Es handelt sich hierbei um die Frage der Gleichberechtigung der Moslems in der fünftigen politischen Verfassung Indiens und um den Minderheitenschuß der Mohammedaner. Weiter um deren Vertretung in den kommenden parlamentarischen Institutionen.

Am Mittwoch trat das Verfassungskomitee der Konferenz unter dem Vorsitz Macdonalds nochmals zusammen. Die Mohammedaner machten während der Verhandlungen ein neues Angebot, in dem die früheren moslemitischen Forderungen abgeschwächt sind. Der Ausschuß beschloß darauf, daß Macdonald noch einmal auf Grund des neuen Angebots mit den Parteien einzeln verhandele. Es besteht deshalb immer noch Hoffnung auf die Vollkonferenz am tommenden Freitag.

Der Reichswehrmann in Münster , der den Offizier beleidigte, nach amtlicher Darstellung schwer betrunken und ist bereits fristlos entlassen. Heil Mostaul" soll er nicht gerufen haben.

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,, Kamerad Crozier Desgranges".

Die lügnerischen Phantasien des franzöfifchen Offizieripions werden von den deutschen Generälen v. Cramon und Behrend begierig als Kampfmittel gegen die deutsche Sozialdemokratie aufgegriffen!

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,, Wunderbar gezeichnet, Kamerad Crozier! Nun haben wir endlich das authentische Bild des Mannes, der die deutsche Revolution gemacht hat!

Das Sklavenland.

Bericht einer Völkerbundskommission über Liberia.- Geschäft und Moral.

Genf , 14. Januar. ( Eigenbericht.)

Der Völkerbund hat vor Monaten auf Beranlassung der ameri­fanischen Regierung eine dreigliedrige Kommission aus dem Eng­länder Cutbert- Christi, dem Amerikaner Johnson und dem Liberianer Barclay mit der Untersuchung der Sklaverei und Arbeitsbedingungen in Liberia beauftragt. Die Ergebnisse diejer Untersuchung liegen jetzt in einem 130 Seiten langen Bericht vor. Gie bieten ein

Bild grauenhafter Zustände:

August 1930, Liberia hat aber die angebliche Abstellung der Miß­stände in Genf gemeldet) einen

schwunghafen Stlavenhandel. Aus den Berichten der Häuptlinge geht hervor, daß mit Hilfe von Regierungstruppen ganze Dörfer unter grausamsten Mißhandlungen verschleppt wurden. Die Arbeiter find meist nach der spanischen Insel Fernando Bo und nach Französisch­Kongo vertauft worden, mo fie mie Gefangene behandelt und zur Arbeit ohne Lohn gezwungen wurden. Frauen standen hoher im Kurs wie Männer, da sie als Sndmittel für die männlichen Stlapen

dienen mußten. Auch der Bau von Staatsstraßen und öffent­lichen Gebäuden murde durch mangsarbeiter vorgenommen. Un­bezahlbar hohe Strafen für die Verlegung des Straßenbauzwanges lonnten siets nur durch Sergabe von Kindern einer Familie gefühnt werden. Die betreffenden Kinder waren dann solange unfrei" und mußten Stlavenarbeit verrichten, bis sie Losgefanust werden konnten. Die Preise für den Loskauf von Männern waren niedriger als die für Frauen, jedoch in englischer Pfundmährung immerhin so hoch, so daß sie nur selten hinterlegt werden konnten. Liberia hat 2,5 Millionen Einwohner, von denen

cmaltsame ushebung von männlichen und weiblichen Arbeitsfräften, mishandlungen, harte Strafen, Menschen handel, 3mangsarbeit ohne Lohn und Nahrung bei unerhörter Bereicherung der Regierungs rommissare find landesübliche Gepflogenheiten. Amerika hat inzwischen an Liberia eine scharfe Note wegen Berletzung der Etlavereiabfommen gerichtet. Alle Welt ist plötzlich in höchfter Sklavereiabfommen gerichtet. Alle Welt ist plötzlich in höchster moralischer Entrüftung über den Negerstaat Liberia , der seine eigenen lintertanen verstlavt. Aber wenn Amerika moralisch reagiert, dann steckt immer ein geschäftliches Interesse dahinter. So auch hier. Liberia ist de facto ein amerikanisches Protektorat, die meisten führenden Liberier sind aus USA . in ihren" Staat ge­schafft worden. Amerika hätte also schon viel früher moralisch sein können. Jetzt hatte die Sache aber einen heiligen Zweck. cinzige weiße Brivatgesellschaft, die in Liberia ansässig sein darf, ist wurden. Machten die Eltern den Versuch, ihre Kinder in die Re­

die amerikanische Gummifabrik Firestone.

Die

Sie hat mit dem Staat Liberia einen Vertrag auf Lieferung Don Arbeitsträften für ihre Plantagen. Wenn sich die Arbeiter nach eigenem Entschluß bei Firestone einstellen ließen, er­hielten sie eine fir liberische Verhältnisse einigermaßen aus reichende Bezahlung. Aber die Regierungskommissare verhin derten die freiwillige Anmeldung bei Firestone immer mehr, sie be­stimmten für die Plantagen unter 3wang Kontingente, deren Geld und Naturallöhne sie in die eigene Tasche steckten. Infolge-= Geld und Naturallöhne sie in die eigene Tasche steckten. Infolge­dessen wollte schließlich kein Neger mehr zu Firestone aefchickt werden. Ohne schwarze Arbeiter tann die amerikanische Milliarden- Company aber nicht existieren, da Liberia das Prinzip der geschlossenen Tür", d. h. Sperre für die Einwanderung von Weißen, streng durchführt. Hier war also die Moral unbedingt am Blaze. So mußte der Sklavenhandel von Liberia , der einer ameri­tanischen Company das gute Konkurrenzgeschäft gegen das englisch holländische Rohgummimonopol nerdirbt, an den Branger der fapita­listischen Welt.

Amerika hat durch die Untersuchungskommission des Bölfer bundes bereits die richtigen Heilmittel gegen Liberias Perworfenheit verkünden laffen, unter denen drei wie Leuchtfeuer den mahren 3wed des ganzen Unternehmens erhellen. Sie verlangen Politik der offenen Tür" für Weiße, Ersegung der schwarzen Regierungs­tommiffare ,, durch europäische oder amerikanische " und ,, Begünsti gung der amerikanischen Einwanderung". Die Enthüllung des Sklavereistandals soll also zum Vorwand für eine weitere Kolonisierung Liberias durch die Bereinigten Staaten dienen. Abgesehen von diesem kapitalistischen Satyrspiel sind die in dem Bericht der Untersuchungskommission enthüllten Tatsachen nicht weniger grauenhaft. Offiziell ist die Sklaverei in Liberia zwar abgeschafft, aber die hohen Kommissare des Staates betrieben min­destens bis Mitte des vorigen Jahres( der Bericht datiert vom

Jeßners: ,, Don Carlos".

Staatstheater.

Ein Stilmischmasch unter Ießners Regie, rollendes Pathos und fühle Sachlichkeit durcheinander. Herr Walter Ferner legt einen meinerlichen Don Carlos hin, wie man ihn sich selbst auf einer Borstadtbühne nicht bieten laffen würde. Erst im zweiten Teil be­tommt die Inszenierung etwas wie ein Geficht und das Publikum Dgr Matfcht wenigftens achtungsvoll Betfall.

über 2 Millionen auf die gekennzeichnete vichische Art jahrelang brutal ausgebeutet und mißhandelt

gierungsschulen zu schicken, dann griffen die Herren Kpm­misfare ein und nahmen den Eltern die Kinder weg, meil sie be­fürchtet haben sollen, daß die Jugendlichen ihre Bäter und Mütter durch ihr neues Wissen aufflären fönnten. An einer anderen Stelle des Berichts heißt es wörtlich: Die Dorfbewohner murden ftändig von den Soldaten der Grenztrupps eingeschüchtert und ebenso von den Distriktskommissionen. Sie mußten zwangsmeise den größten Teil des Jahres am Straßenbau arbeiten, in privaten Be­fizungen oder in denen der Regierung. Sie hatten nicht einen Augenblick Ruhe übrig, so daß sie nicht einmal ein Stüdchen Land für ihre eigene Ernährung bebauen fonnten. Sie führten die Eristenz von halb verhungerten Arbeitstieren, die sich unter der Zuchtrute von grausamen Kommissaren nicht einmal von einem Ort zum andern begeben dürfen und sich also bei niemanden beflagen können."

Weitere Kolonisierung Liberias , Freilegung seiner Märkte für die Ausbeutung durch Weiße, Beschaffung von Arbeitskräften für Fireſtones Gummiplantagen das ist der eigentliche 3met ber Untersuchungsaktion. Den Völkerbund selbst fann tein Borwurf treffen. Er hat im guten Glauben mitzuhelfen an der Abstellung eines Standals, der jeden Menschen erschüttern muß. Die von der Remmiffion vorgeschlagenen Aenderungen der Eingeborenenpolitik Liberias , vor allem das

Berbot von Zwangsarbeit und Deportation außer Landes, Abschaffung des Verkaufs in ein Sklavenverhältnis können den armen Negern von Liberia und vielleicht auch den Eingeborenen in den Kolonien wesentliche Erleichterungen bringen. Schließlich haben die Negerkommissare von Liberia nur nachgemacht, was ihnen von ihren weißen Kollegen und Lehrmeistern vorgemacht worden war.

Sir Otto Niemeyer ist von der brasilianischen Regierung im Einverständnis mit der Bank von England zu einem Besuch nach Brasilien eingeladen worden. Er soll die brasilianische Regierung über die folgenden Fragen beraten: Sofortige Wiederherstellung der Stellung der Bank von Brafilien als unabhängiges Finanz­institut; Währungsreform und Stabilisierung der Währung; Maß­nahmen zur Balancierung des Staatshaushaltes und Begrenzung diretter und indiretter ausländischer Anleihen des brasilianischen Staates und der Staatsbant.

Rüdfritt des Oberbürgermeisters von Mainz . Oberbürgermeister Dr. Külb von Mainz hat ein Schreiben an die städtischen Körper­ichaften gerichtet, in dem er seine Versegung in den Ruhestand aus Gesundheitsrücksichten beantragt. Seine Amtszeit läuft am 30. Juni

1931 ab.