Aufgebot der Republikaner Riesenkundgebungen gegen Willkür. Weimar , 1K. Januar.(Eigenbericht.) Die von Frick am Donnerstagabend in Apolda verbotene Demonstrationsoerlammlung de« Reichsbanner», die als Gegendemonstration gegen ein« Versammlung der National» sozialisten. in der Abg. Streicher sprechen sollte, gedacht war. hat trotzdem stattgefunden, und zroar aus einem anderen Platz, als ursprünglich vorgesehen war..Es beteiligten sich über 2c>0l)Personen an der Kundgebung. Frick harte zwei Hundert- schaften Polizei nach Apolda geschickt. Die Versammlung oerlies ohne jeden Zwischenfall. An dem Umzug der Nationalsozialisten be- teiligten sich ungefähr 80 Mann. Die Polizei war stärker vertreten als die Teilnehmer der Nationalsozialisten. Die Republikaner schickten nach ihrer Kundgebung eine Abordnung in die Streicher-Versnmni- lung und oerlangten, daß ihnen freier Eintritt und freie Redezeit ge-
Doppelehe des Kriegsinvaliden
Alex Pageis,
der verdienstvolle Kassenführer des Sozialdemokratischen Bezirksverbandes Berlin , kann heute auf ein Vierteljahrhundert ununterbrochener Tätigkeit in seinem verantmortlidien Amtsbereich zurüdcblicken. Unsern Glückwunsch dem Jubilar I
währt werden sollte für einen Reichsbannerinann und einen Sozial- Demokraten. Das lehnte Streicher ab— aus Gründen, die dem Mute dieses Apostels des Hakenlreuzlers entsprechen. Massenkundgebung in Weimar . In Weimar fand am Donnerstagabend eine überfüllte Protest- versaninilung statt, die sich mit Fricks Aersammlungsverbot gegen das Reichsbanner in Weimar beschäftigte. Der Re- ferent, Abg. G r ü n d l e r, betonte, daß Frick die Mayr-Dersammlung wahrscheinlich nur deshalb verboten habe, weil er persönlich zu dieser Versammlung eingeladen war und weil sich die Versammlung in der Hauptsache mit der Person des Herrn Frick beschäftigen sollte. Das V»r bo t s e i ungesetzlich gewesen, denn in dem Kommentar der Landesvcrwaltungsordnung werde gesagt, daß in Fällen wie dem vorliegenden die Gegendemonstration der Nazi» oer- boten werden mußte. Die Versammlung war polizeilich über- wacht. Frick l)atte Anweisung gegeben, daß die Polizei sofort ein- schreiten solle, wenn Zwischenrufe aus der Versammlung kommen oder wenn der Referent selbst beleidigende Aeußerungen gebrauchen sollte. Die Versammlung oerlief ohne jede Störung.
Gestöhrte Neichsfeier Das Hakenkreuz will die Verfassung schuhen. Der Abgeordnete S t ö h r hat an das Relchsministerium de» Innern folgendes Schreiben gerichtet: „Wir geben Ihnen wunschgemäß die uns übermittelten zehn Eintrittskarten zum Festakt aus Anlaß des KU. Reichsaründungs- tages im Reichstagsgcbäude am Sonntag, dem 18. d. M.. hiermit wieder zurück, da wir nicht beabsichtigen, davon Gebrauch zu machen. Wir müssen es ablehnen, uns an einer Feier zu beteiligen, die von einem Kabinett ausgeht, dem zwei Minister angehören, gegen die den begründeten Vorwurf zu er- heben wir uns gezwungen sehen, daß sie schuldhasterweise die Reichsverfassung verletzten und von denen der eine sogar der eigentliche Träger der ganzen Veranstaltung ist. Es handelt sich, wie Sie wissen, um die Minister G r o e n e r und Dr. W i r t h. Unsere Anträge, diese Herren gemäß Artikel 59 der Reichsverfassung vor dem Staatsgerichtshos für das Deutsche Reich anzuklagen, sind dem Reichstag schon vor längerer Zeit zugegangen" Die Republikaner vom Reichsinnenministerium hätten sich diese Brllskierung ersparen können, wenn sie erstens auf die Veranstaltung zur Erinnerung an die Kaiserreichs-Gründung verzichteten und zweitens die Nazis gar nicht erst eingeladen hätten.
Hakenkreuz-Ftegeleien. Linter vem Schuh des Herrn Ministers. Braunschwelg. IS. Januar.(Eigenbericht.) Weil der Rektor der Braunschweigischen Hochschule den Nazistiidenten oerboten hatte, aus einer Reichxgrllndungs» seier in Braunhemden zu erscheinen, hat gegen die Hochschul- lehrer eine wüste Hetze eingesetzt. Als in einer öffentlich«» Versammlung, mit dem für braunschweigische Prllfungsfragen zuständigen Naziminister Franzen als Redner, das Verbot bekanntgegeben wurde, ertönten Zwischenruf« wie„Auemisten! Aufhänzenl usw.". ohne daß der Hakenkreuz mini st er davon abgerückt wäre! An dieser Versammlung nahmen zwölfjährige Schüler in Hitler - Uniform teil. Ein Versuch der Nazistudenten, die gesamten Studentenverbänd« zum Boykott der UnIversitStefeicr zu bewegen, wurde mit den Stimmen der Stahlhelmvsrtreter im Studenteneu-schuß abgelehnt.
Mein Gewissen ist rein
Eine Doppelehe, unker ganz besonderen Vedlngungeu zustande gekommen, beschäftigte heule morgen da» Schössen. gericht Tharloltenburg. Ein Vollinvalide lernt im Krankenhaus eine Schwester kennen. Spät«? pflegt sie ihn zu Haufe. Die Beziehunzen werden intim. Die Schwester kommt in andere Umstand«. Noch der Geburt eines gesund«� Kindes schwebt sie tagelang zwischen Tod und Leben. Der Kriegsinvalide belauscht ein Gespräch zwischen zwei Kranken- schwestcrn über uneheliche Kinder und Immoralität der heutigen Zeit. Er möchte das Kind gern legalisieren, denn er weiß, wie sehr seine Freundin unter dem illegitimen Verhältnis gelitten hat und im Augenblick noch leidet, �lls der Professor ihm dann sagt. daß der Zustand der Kranken zu den schlimmsten Befürchtungen Anlaß gibt, aber hinzufügt, daß es gut wäre, wenn er der Frau etwas Liebes erweise, entschließt er sich schnell zu einer Not» t r a u u n g. Di« Schwester bleibt am Leben. Die neugebackenen Eheleute ziehen zusammen. Der Jnvalidenrentner meldet da» Neu- geborene bei der Dersorgungsbehörd« zwecks Unterstützung an. Di« Behörde stutzt: Der Mann ist doch vrrhelrakel, hat Iran und vier Kinder. Woher das Neugeborene und die ander« Mutter? Ist denn die erste Ehe geschieden? Anfrag« beim Standesamt. Bescheid: D i e Ehe besteht noch Anfrage beim Invalidenrentner. Reu- mütiaes Geständnis. Verfahren wegen Bigamie. Was sagt aber der Invalidenrentner, ein Intelligenter Mann und Schlcsier von Berus ?»Ja, ich Hab« wohl Frau und vier Kinder. Der jüngste Junge ist 18 Jahre alt. Bis zuletzt ließ ich meiner Frau Unterstützung zukommen. Seit zwei Jahren sieh« ich mit ihr jedoch in keinerlei Verbindung. Die Ehe war nicht immer glücklich Ich Hab« auch des öfteren mit meiner Frau von einer Scheidung gesprochen. Die Schwester wußte, daß ich ver- heiratet bin. Als sie nach der Nottrauung fragt«, wie hast du das
alles so schnell erledigt— sie meinte wohl, wie hast du dich so schnell von deiner Frau scheiden lasten können— da Hab« ich sie beschwichtigt: es ist alles in Ordnung. Sie war zu schwach, um mehr zu fragen. Später lebte sie im Glauben, ich sei geschieden." „Wie haben Sie sich denn das gedacht? Sie hatten also zwei Frauen?" sagt der Vorsitzende.„Wußten Sie nicht, was darauf steht?"„Ja" antwortet der Dollinvalide.„Ich wußte wohl, fünf Jahre Zuchthaus als Höchststrafe, sechs Monate Gefängnis als Min- deststrafe. Strafrechtlich ist das ein Verbrechen, was ich getan habe. Mein Gewissen aber sagt mir. daß ich kein verbrechen begangen habe." „Schön", meint der Vorsitzende,„aber trotzdem.. Ueber„trotz- dem" gab der Sachverständige Dr. Leppmann Aufklärung. Es war doch kein Zufall, daß gerade dieser Mann sich zur Doppelehe ent- schlössen hatte. Vor dem Kriege und während des Krieges litt er an Verwirrungszu ständen und mutzt« mehrfach in Irre», anstalten untergebracht werden. Auch Selbstmordversuche beging er. Jeder seelisch« Konflikt schleudert« ihn aus dem Gleise. So fand er auch diesmal keinen Ausweg au» der schwierigen Situation; er dachte einfach nicht an die Folgen der Nottrauung. Der Staatsanwalt beantragte trotzdem die Mindeststrafe m Höhe von sechs Monaten. Das Gericht verurteilte den Vollinvaliden zu sech» Mo» noten Gefängnis unter Zubilligung einer Bewährung«- f r i st. In der Urteilsbegründung heitzt es unter anderem: Die Tat ist nicht aus landläufigen Motiven begangen, ein Notstind liegt aber nicht vor. Denn selbst wenn die Nottrauung zur Rettung der Krankenschwester erforderlich gewesen wäre, so handelt es sich in diesem Fall« nicht um eine nähere Verwandte, sondern um«ine Konkubine, die nach reichsgerichtlicher Entscheidung nicht als nähere Verwandte zu betrachten ist. Die Tat des Angeklagten fei aber zur Rettung der Schwester gar nicht notwendig gewesen.
Brüssel , 16. Januar. Der sozialistische„Peuple " veröffentlicht einen Leitartikel Emil Vanderoeldes unter der Ueberschrift:.Die Schrecken von Brest - Lilowsk". Vandervelde prangert die Zustände in Polen , wie sie sich besonders bei den letzten Wahlen in einem namenlosen Terror der ganzen Welt ossenbart haben, an. Er schreibt, daß es sich bei diesen Vorgängen nicht allein um eine Frage der Unter. drückung der Minderheiten handle— dies« Frage werde ja durch men anderen Staat vor dem Völkerbundsrat zur Sprache ge- bracht—, sondern in gleicher Weise um eine Frage des Rechts der Mehrheiten. Nach seiner Rückkehr aus China Hab« er, Van- derveld«, von den Vorgängen in Polen gehört; wohl weise die Ge- schichte der Diktaturen der letzten Zeit manche blutige und schreckliche Seite auf, aber keine, so wag« er zu sagen, sei so schändlich wie die Wahlvorgänge in polen . Es sei einer Regierung, die es noch wage, sich als Vertreter«Ines freien Volkes in Genf vor dem Völkerbundsrat zu gebärden, überlassen, gegen alle Menschenrechte und gegen olle Einrichtungen der Demokratie in einer Weise vorzugehen, wie es Europa seit zehn Jahren nicht erlebt Hab«. Man könne nur ein Wort dafür ver- wenden, und dieses sei: tumperelk Bei den letzten Wahlen seien Exzesse von Brutalität und Sadismus von den ausführen- den Organen Pilfudfkis begangen worden, nur um«inen Wahlerfolg zu erzielen. , Nach einer eingehenden Schilderung dieser Gewaltmaßnahm�i | schreibt Vandervelde zum Schluß, es sei nötig, ohne jede Verzöge- f rund und ohne Einschränkung die volle Wahrheit zu erforschen. Besonders diejenigen Staaten, die die Befreiung Polens vom Zoch ausländischer Mächte mit stiller Sympathie begrüßt haben, dürfen nicht Stillschweige« bewahren zugunsten einer unmenschlichen brutalen Diktatur. Im letzten Satz hebt Vandervelde hervor, daß er mit diesem Artikel im Namen der Sozialistischen Internationale habe sprechen wollen.
Dieser Leitartikel Vanderoeldes bildet die Einführung in«ine Broschüre der Enquelekommission der Internationale, die ihre Nach- sorfchungen über die Lage der politischen Gefangenen in einer Veröffentlichung niedergelegt hat, deren Verbreitung in pol- nischer, französischer, englischer und deutscher Sprache bevorsteht. Oaö anvere Brest . Warschan. 16. Januar. Im Haushaktsausschuß des Sejm hat der Innenminister, Ge- neral Sklakowski, die Entsendung einer ilntersuchungskommission angekündigt, um d.« Tätigkeit der Polizei In dem ostpolnischeN L u z k zu prüfen. Man wunderte sich über diese Ankündigung des Ministers, zumal von Luzk ungleich weniger die Red« gewesen ist als von Brest Die Aufklärung gibt ein kommunistischer Antrag. der zwar„aus formellen Gründen" zurückgewiesen wurde, von dem aber die Oppositionspresse sagt, wenn auch nur der zehnte Teil seines Inhalts wahr sei, dann müsse Ungeheuerliches an den Häftlingen in Luzk verbrochen worden sein! pilsudski vermißt seinen Eäbel. Warschau . 16. Januar.(Ost-Cxpreß.) Von Madeira , wo sich Pilsudski von der Marterung seiner Opfer und der Knechtung seines Volkes erholt, ist der polnischen Botschaft In Pari» die Nachricht zugegangen, daß dem Marschall Pilsudski während der Durchreise durch Frankreich sein Säbel abhanden gekommen ist. Die Botschaft wurde beauftragt, nach dem Säbel suchen zu lassen. Aus ihre Anfrage bei den sronzösischen(Eisen- bahnb« Hörden erhiell sie die Antwort, daß Pilsudski in einem pol- Nischen E senbahnwagen durch Frankreich gereist ist und datz dieser Wagen sich jetzt in Bordeaux befindet. Da der Wagen plom- biert ist und polnisches Staatseigentum darstellt, so hält sich die französische Cisenbahnbehörd« nicht für berechtigt, den Wagen öffnen und dort nach dein verschwundenen Säbel suchen zu lassen.
in der Wirtschastspartei, betonte er, feien bereits bei der Wahl des Reichstagspräsidenten aufgetreten Seiner Meinung nach sollten Differenzen in der Führung innerhalb der Partei aus- getragen werden. Die Gegenseite aber habe der Linkspresse Material gegen ihn in die Hände geliefert, das gewaltig aufgebauscht worden sei. Nur das Bestreben, die Beschlüsse der Parteiinstanzen abzu- warten, habe ihn bisher daran verhindert, die Sache der Staatsanwaltschaft zu übergeben. Nachdem aber das Ehrengericht einmütig Herrn Eolosser ausgeschlossen habe, sei der Weg zur gerichtlichen Austragung frei.
Krakeel der Spießer. Orewih vroht mit dem Staatsanwalt. Zena , 16. Januar. In einer öffentlichen Versammlung der Wirtschaftspartei sprach gestern abend der Abg. Drewitz über den in der Wirtschaftspartei herrschenden Konflikt. Die Meinungsoerschiedenheiteu
Oer Ausstand in Durma. Roch nicht erloschen. London . 16. Januar. Aufftändische in Burma überfielen zwei Dörfer und brannten sie nieder, weil die Einwohner der Regierung treu ge- blieben waren. Viele Dorfbewohner wurden getötet, oer- wundet oder weggeschleppt. Englische Militärpolizei hat die Ver» s o l g u n g der Aufständischen aufgenommen. � Der Führer der Burma-Rebellen. der sich zum König von Burma machen wollt«, ist nach englischen Meldungen verhaftet worden. Kampfiag in Bombay. Bomba?. 16. Januar Im Hinblick auf den Versuch der Kongreßpartei, heute als Protest gegen die in Poona erfolgten Hinrichtungen alle Be- triebe und den Verkehr stillzulegen, ist die ganze Polizei, lnsgesomt 5000 Mann, in Alarmbereitschäft. Der Polizei ist autzer- � dem Militär zugeteilt worden. ! Von 80 Baumwollspinnereien arbeiten nur 12, da 100 000 Ar- j beiter streiken.
Siädichen im Ounkew. Protest gegen hosse Strompreise in Zossen . Daß bei einem elektrischen Strompreis von 60P f. pro Kilo- w a t t den Ladeninhabern, von denen man energssch Abbau der Preise sondert, die Galle übergeht und sie den Streik und Boykott propagieren, kann nicht wundernehmen. Das Zossener Elektrizitätswerk ist in der Lage, den genannten Preis ihren Abnehmern vorschreiben zu können— ob noch aus lange Zeit—, dos ist die Frage, um die es sich bei der gegenwärtigen Zossener„Bewe- gung" handelt. Die Ladenbesitzer haben beschlossen, von der elektrischen Beleuchtung den denkbar geringsten Verbrauch zu machen und daher die„Reklamebeleuchtung" eingestellt. Wo früher das Abendlicht die Käufer anlockte, brennt jetzt«ine Flamme, und die Hauptstraßen sehen aus, als ob man immer vor feindlichen Fliegern sich schützen müsse. Die Ladenbesitzer haben sich auch an das private Publikum gewandt und es aufgefordert—„noch mehr als bislzer" mit Licht zu sparen. Waffensuche in einem Ledigenheim. Am heutigen Freitagmorgen fand in dem Ledigenheim „B o l k s h o t e l A.- G." in der D a n ck e l m a n n st r a ß e 47 in Charlottenburg eine unerwartete Waffensuche aus Veranlassung der Abteilung I A durch Kriminalpolizei und Schupobeamte statt. Da, Ledigenheim beherbergt Unverheiratete aller Altersklassen und aller Parteien. Ende vorigen Jahres waren mehrmals Un- ruhen in dem Heim vorgekommen, und bei dieser Gelegenheit äußerten namentlich die jüngeren Elemente dem Hausverwalter gegemibe- wiederholt, sie würden eines Tages„die Bude mit Hand- granaten ausräuchern". Da auch später ähnliche Aeußerungen fielen, wurde die Polizei benachrichtigt, die heute morgen unvermutet die Durchsuchung vornahm. Eine Anzahl Personen wurde ins Polizeipräsidium gebracht.