Monaten 300 000 Zaler, vor den Toren wurde die Quadratrute mit 50 bis 500, in der Stadt mit 1000 bis 10 000 Zaler bezahlt. In den Vororten gab es die Millionenbauern, die vor furzem noch in Schöneberg ein zwar gutgehendes Bauerngrundstüd befaßen, dann aber durch den Goldrausch der Gründerzeit zu.Großein
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nehmern wurden. Ein und dasselbe Haus, ein und dasselbe Grundstück wanderte an einem Tage durch zwölf und mehr Hände, und jeder verdiente dabei 5000 bis 20 000 und auch 25 000 Taler. Rudolf Lindau hatte in seiner Gegenwart" berechnet, daß von der französischen Kriegskontribution auf jeden lebenden Deutschen ein 2 Lot schwerer goldener Teelöffel entfallen würde, in Berlin hatten jedoch Taufende nicht einmal einen warmen Löffelstiel in der Hand. Der große, unvermeidliche Krach kam durch den Berliner Börsenzusammenbruch am Schwarzen Freitag" des 9. Mai 1873, die Armen hatten schon vorher schwere Lasten getragen, jetzt trafen die Verluste an der Berliner Börse , die Millionenziffern ausmachten, auch den Mittelstand! Schwere Arbeitslosigkeit folgte, einzelne hatten sich bereichert; die Berliner Bevölkerung aber, bis in die Kreise der Arbeiterschaft hinein stolz darauf, Bewohner der Reichshauptstadt" zu sein, hatte gelitten.
Unter Wilhelm II. blieb Berlin , was es vorher war: Die Residenz der Hohenzollern . Der Kaiser und König beglückte fie mit den Ausgeburten seiner größenwahnsinnigen Phantasie, der Siegesallee , der Kaiser- Wilhelm- Gedächtniskirche , den Dentmälern feiner Eltern am Brandenburger Tor , dem Denkmal des ersten Kaisers an der Schloßfreiheit und was dergleichen Geschmacklosigkeiten mehr waren. Für die Untergrundbahn, die den Bewohnern des ins Riesenhafte wachsenden Berlins Bewegungsmöglichkeit geben sollte, hatte er nur die Bezeichnung Bazillen futsche". Der Kommunalfortschritt, dessen Vertreter im Magistrat und in der nach dem Dreiflaffenwahlrecht gewählten Stadt verordnetenversammlung die Vorherrschaft hatte, wußte sich gegen dynastische Einflüsse des Hofes nicht durchzusehen. Unvergeßlich ist dem Berliner aus der Vorkriegszeit das Bild aus dem damals noch nicht reaktionären„ Kladderadatsch", auf dem bei strömenden Regen der Oberbürgermeister mit gelüftetem Bylinder und tiefer Beugung des Rückens auf Seine Majestät am Brandenburger Tor wartet. Wirtschaftliche Notwendigkeiten fonnten unter den Hohenzollern nicht in gebührendem Maße berücksichtigt werden. Charlottenburg , Köpenid, Lichtenberg , Neukölln, Schöneberg , Spandau , Wilmersdorf und zahlreiche andere kleine Vororte waren selbständig. 1912 endlich wurde ein Zweckverband Groß- Berlin gegründet. Aber erst der Initiative der Sozialdemokratie war es zu danken, daß unter der Herrschaft der demokratischen Republit am 1. Oftober 1920 das Groß- Berlin von heute geschaffen wurde.
Schwungvolle Leitartikel, deren politischer Zwed nur allzu deutlich sichtbar der Gruß an den 18. Januar, den Tag der Ausrufung des Raiserreiches, ist, gehen allzu leicht an der historischen Wahrheit vorbei. Will Berlin zu seinem Jubiläum als Reichshauptstadt einen Glückwunsch haben, so sprechen wir ihn in dem Sinne aus, daß die Entwicklung, die es feit 1918 unfer fozialdemokratischem Einfluß zum Besten seiner Bevölkerung genommen hat, anhalten möge.
1871-1931.
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Schon rein äußerlich unter dem Gesichtspunkt des Gebiets umfanges betrachtet erstand aus der ehemaligen Residenz Ber lin , deren Stadtgebietsfläche mit rund 6000 Heftar etwa der Größe des jetzigen Verwaltungsbezirks Zehlendorf entspricht, durch den aus verwaltungstechnischen Gründen erfolgten Zusammenschluß von 8 Stadtgemeinden, 59 Landgemeinden und 27 Gutsbezirken jenes riesenhafte Stadtgebilde, das heute mit einer Fläche von 88 000 Hektar den Ruhm für sich in Anspruch nehmen darf, neben Los Angeles die ausgedehnteste Stadt der Welt zu sein. Gleichen Schritt mit dem Wachstum des Stadtterritoriums hielt die Bevölkerungszahl, die von 932 000 Einwohnern im Jahre 1871 infolge des nach Beendigung des Deutsch - Französischen Krieges machtvoll einsehenden Zuges nach der Hauptstadt bereits 1890 auf 1960 000 Personen( einschließlich der Bewohner der Vorstädte) angestiegen war. Das beständig anhaltende Tempo der Entwicklung wurde jäh durch den Weltkrieg unterbrochen und erst nach Ueberwindung der Nachkriegs- und Inflationswirkungen nahm die Einwohnerschaft ihr Wachstum wieder auf. Durch die Eingemeindungen bei der Schaffung der neuen Stadtgemeinde Berlin ( Gesetz vom
W.Seemann
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Q.Wöhrle
Internehmer...
Der dickgewordene Sandow in seinem Glaskasten hüpfte wie ein Affe, um allen Anforderungen gerecht zu werden. ,, Was sollen wir nur fun? Die Hobelspäne wachsen uns ja über den Kopf! Wir können den Schwindel allein gar nicht mehr schaffen!"
Ludwig wußte Rat. Die Belegschaft vergrößern, den Betrieb auf Dauerschichten umstellen!
Wo ein Blaz frei war, stellte er neue Leute hin, die fabrizieren mußten.
Im Kontor warf er Ischa heraus, die sich immer noch nicht abgewöhnen konnte, während der Bürozeit die sauberen Nägel noch sauberer zu pugen und laute Unterhaltung mit der Tante zu führen, die das andere Personal beim Arbeiten störten.
An ihre Stelle fam ein vereidigter Bücherrevisor, der die Aufgabe hatte, gegen ein anständiges Gehalt Ordnung in die immer wilder anstürmenden Ziffernkolonnen zu bringen. Das war feine leichte Arbeit; denn Ludwigs Besitz wuchs und wuchs. Immer mehr Ware schaffte der Betrieb ,, Ludwig Eisermann, Möbelfabrit" aus dem Fabrikgebäude, und immer größere, phantastischere Summen flossen ihm zu.
Er rechnete schon gar nicht mehr. Ihm genügte der Ueberschlag: drei Häuser, die Fabrik, sechs Lieferwagen, das Auto, die Lagerschuppen und, was er im Eifer beinahe vergessen hätte, die ausgedehnten Waldungen in Polen . Berdammt, falls er Zeit hatte, mußte er doch wieder
mal hinfahren.
Notizbuch heraus und notiert, damit die aufregende tägliche Devisenjagd nicht diesen guten Gedanken verschlang! Die vierhundert Hektar waren das Anschauen wert!
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Mia, ganz zur Dame" geworden, suchte und fand in dessen Anschluß an Kreise, in denen Geld keine Rolle spielte. Ihre Einkaufswut hatte sich inzwischen eimas gelegt; dafür verlegte sie sich jetzt auf den Besuch mondäner Zirkel und Gesellschaften, in denen sie gute Figur machte, um so mehr als sie ständig von Ischa begleitet wurde.
Einer von Hunderttausenden.
Hungern und nicht rauchen dürfen...
Es tommt nicht alle Tage vor, daß ein Arbeitsloser, der nicht einmal ein Stück Brot zum Beißen hat, in einen 3igarren faben eindringt, weil er auch um den Preis einer schweren Strafe rauchen muß.
Er ist im Jahre 1911 in Dillingen a. d. Donau als Sohn eines Tagelöhners geboren, wurde als Hütejunge früh mit Wetter, Wind und Natur vertraut und begab sich als noch ganz junger Bursche, ruhelos und unftet wie er war, auf die Walze. Ueber Luremburg, Holland , Belgien fehrte er nach Deutschland zurück ins besetzte Gebiet und ließ sich hier für die Fremdenlegion anwerben. Er hielt die vertragsmäßigen fünf Jahre durch und war nun wieder in Deutschland . Was sollte er aber hier in geordneten bürgerlichen Verhältnissen? Es trieb ihn zurück zur Fremdenlegion. Vielleicht wäre er auch noch heute dort und die Fenster im Polizeipräsidium heil geblieben, wenn er im Kampf mit den Rifftabylen nicht verwundet worden wäre. Eine Beinverlegung machte ihn dienstuntauglich, eine Abfindung in Höhe von 3000 Franken zum reichen" Mann. Das war das erste und einzigemal, daß er Geld in Händen hatte. Was tut damit ein Hütejunge, Walzbruder und Fremdenlegionär? Er frißt es an Ort und Stelle auf, sagte der Sachverständige Dr. Evers. Dann fand er den Weg nach Berlin , fonnte nichts und wurde Penner. Er handelte mit Postkarten und schlief in den Männerasylen. Kleine Strafen wegen Bettelei, Bannbruch, Sachbeschädigung unterbrachen nur auf turze Zeit sein beschauliches Dasein. Am 1. Januar mag er wohl schlechte Geschäfte gemacht haben. Etwas bedrängte ihn, irgendwelche aufgeftaute Kräfte bewirkten die Explosion. So fand er wieder Ruhe. Das Gericht verurteilte den Fensterstürmer zu zwei Wochen Gefängnis, die durch die Polizei und Untersuchungshaft bereits verbüßt waren.
Noch seltener kommt es vor, daß der ertappte Arbeitslose dem Schnellgericht, vor dem er sich wegen schweren Diebstahlversuchs zu verantworten hat, weismachen will, der Zigarrenladen sei bereits von anderen aufgebrochen gewesen: er brauchte nur einzutreten und die Rauchwaren an sich zu nehmen. Das Gericht schenkt dem arbeitslosen Otto P. Glauben und billigt ihm mildernde Umstände zu. Denn es stellt sich heraus, daß dieser kaum 25jährige, feit 4 Jahren beschäftigungslose Arbeiter eine große Leidenschaft hat, die ihn sogar zum Dieb werden läßt: er fann ohne Rauchen nicht leben, hungert schon seit vielen Monaten, muß aber rauchen, wenigstens eine Bigarette täglich, sonst geht er zugrunde. Er erzählt seine Lebensgeschichte, und man sieht es ihm an, wie ihn jede 3wischenfrage des Gerichts aus der Fassung bringt. Ich bin nicht vorbestraft, Herr Richter", erklärt er heftig, aber vielleicht können Sie mir sagen, wie man bei 12 Mart Unterstüßung und 5 Mart Wochenmiete auskommen soll. Wäre der Zigarrenladen nicht schon auf gebrochen gewesen, so hätte ich weiter Zigarrenstummel gesammelt. Aber ich hatte nicht die Kraft, vorbeizugehen und die ganze Nacht nach Abfällen herumzulungern, ich mußte endlich einmal wieder eine frische Zigarre rauchen." Der Staatsanwalt verlangt 4 Bochen Gefängnis. Der eben noch so heftige Angeklagte verliert vollends die Fassung und weint; aber er verzichtet auf jedes Einspruchsrecht. Der in hohem Grade schwachfinnige Mensch, meinte der SachUnd jetzt geschieht noch etwas Sonderbares: Der Richter, sicher verständige, gehöre in eine Anstalt. Da würde er sich wohl bei entauch ein leidenschaftlicher Raucher, gibt dem Angeklagten eine Besprechender Arbeit ebenso bewähren wie in der Fremdenlegion. währungsfrist und entläßt ihn sofort.
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30 eingeschlagene Fensterscheiben.
Ein früherer Fremdenlegionär macht sich Luft. Die dreißig eingeschlagenen Fensterscheiben des Polizeipräsidiums fanden endlich vor dem Einzelrichter Berlin- Mitte ihre Sühne". Der eigentümliche Mensch, der seinem bedrängten Herzen am Neujahrsmorgen auf so eigenartige Weise Luft gemacht hatte, war nun auf Veranlassung des Einzelrichters auf seinen Geistes: man wurde aber aus ihm ebenso wenig flug wie in jener Sigung zustand untersucht worden, und sollte Frage und Antwort stehen. vor dem Schnellrichter.
27. April 1920) trat die deutsche Reichshauptstadt, deren Bevölke rung sich nach den vorläufigen Ermittlungen am 1. Januar 1931 auf 4 332 000 Personen bezifferte, in die Reihe der Weltstädte ein.
Zunahme der Grippe.
Anstalt Blankenburg und Reservebaracen geöffnet. Das Hauptgesundheitsamt feilf mit:
Die Zahl der Nenerkrankungen an Grippe scheint, soweit sich dies aus den täglichen Meldungen der Allgemeinen Ortskrantentaffe Berlin beurteilen läßt, eine geringe Zunahme erfahren zu haben. So haben die Neuzugänge bei dieser kaffe statt wie bisher etwa 500 in den letzten Tagen 580 bis 620 betragen. Durch den Zentralbettennachweis find am 14. Januar 157, am 15. Januar 145, am 16. Januar 146 Krankenhausbetten für Grippetrante vermittelt worden.
Sämtliche Kranke konnten dank der Inbetriebnahme von Reservefrankenhäusern und-stationen ohne Schwierigkeiten unterge bracht werden. Da mit einem Abflauen der Grippeerkrankungen für die nächsten Tage wohl nicht zu rechnen ist, sind das zur Beit
Das schöne Mädchen fiel auf, war ständig umworben und umschwärmt und genoß nun nach den langen Monaten Kontorhaft die wiedergeschenkte Freiheit in vollen Zügen. Seit er sich mit seiner Frau wieder verstand, war Ludwig auch zu scha nicht mehr so streng. Er ließ die num bald Zwanzigjährige tun und lassen, was sie wollte. Im stillen imponierte es ihm, daß sie nicht zu praktischer Arbeit zu gebrauchen war, dafür aber einen Wesenszug an sich hatte, der den Gegenwartsforderungen bestimmter bürgerlicher Kreise entsprach.
Wohl schüttelte er manchmal den Kopf über die Art ihrer Vergnügungen. Die waren ihm, der trotz aller Wandlungen innerlich doch einfach und primitiv geblieben war, völlig fremd und unverständlich. Er sah ein, daß er die Jugend von heute nicht verstand und sie auch nie verstehen
lernen würde.
Für ihn rauschte Ischa durch das volle Leben wie eine Märchenfee.
Sie repräsentierte seinen gesellschaftlichen Aufstieg, seinen Reichtum.
Manchmal fuchte er ihren Erlebnishunger zu dämmen mit der Begründung, ihre Gesundheit leide unter den allzuvielen gesellschaftlichen Verpflichtungen.
Dann beschwichtigte ihn das Mädel mit einem Kuß und rief lachend: ,, Aber, Papa, das verstehst du nicht. Ich fann mich doch nicht einfach drücken! Schau mal an, was für eine Menge Kavaliere ich habe. Was würden die sagen, wenn ich weg bliebe? Und vor allem Hans, der reelle Absichten hat und fchon zweimal sagte, er wolle mich heiraten?!"
ist
,, Liebst du ihn denn, Ischa?" fragte Ludwig.
,, Ach weißt du, Papa, was man so Liebe nennt. Was denn überhaupt Liebe?"
,, Na, erlaube mal, Ischa!"
mehr Mode. Die Hauptsache ist, daß Geld da ist, und daß Bapa, glaub mir, was du so Liebe nennst, ist heute nicht man in der Ehe ein angenehmes Leben führen kann. Dann tommt die sogenannte Liebe schon von selber!"
ach, Und ob, Papa! Sein Vater ist Großhändler in Südfrüchten. Sechs Autos hat er laufen!"
Hat denn deinna, wie hieß er doch gleich? Hans, auch etwas, Mädel?"
Ischa schmiß das heraus, als wäre es eine Selbstverständlichkeit. Ludwig horchie auf.„ Sechs Autos?" Mehr hatte er ja auch nicht. Da schien schließlich doch eine gute Partie dahinter zu stecken.
Gefängnis für eine grobe Beschimpfung.
Wegen Beleidigung des Ministerpräsidenten Dr. Braun mar der kommunistische Stadtverordnete Hutarbeiter Willi Scholz aus Ludenwalde zu 1 Monat Gefängnis verurteilt. Angeflagter und Statsanwalt hatten Berufung eingelegt. Scholz hatte in einer Versammlung vor der Reichstagswahl, in der er als Redner auftrat, in bezug auf den Ministerpräsidenten die Worte gebraucht:„ Elender Betrüger," als er auf den Artikel 48 der Notverordnung zu sprechen fam. Vor der Potsdamer Straffammer, vor der die Berufungsverhandlung stattfand, beantragte der Oberverwarf beide Berufungen, so daß es bei einem Monat Gestaatsanwalt Tezlaff drei Monate Gefängnis. Die Straffammer fängnis verblieb.
geschlossene Krankenhaus Blankenburg und weitere Reservebaraden eröffnet worden.
Für eventuell bereitzustellende weitere Bettenreserven werden noch Assistenzärzte benötigt. Um umgehende Bemerbungen, die an den Magistrat, Deputation für das Gesundheitswesen ( C. 2, An der Fischerbrüde 1a), zum Zeichen Ges. 4 zu richten sind, wird gebeten.
丸山
Die Geschäfte der Stadtschaftsbant. Verfahren gegen die deutschnationalen Direktoren. Der Berliner Magiftrat hat gegen die Direktoren des Pfandbriefamtes Wege und Le Bifeur bei dem Oberpräsidenten von Berlin- Brandenburg ein Disziplinarverfahren mit dem Ziele der Dienstentlassung beantragt. Den beschuldigten Direktoren. werden jahungswidrige Geschäfte und die Beteiligung an merkwürdigen Transaktionen der Stadtschaftsbank vorgeworfen. Wie es heißt, sollen auch noch andere Mitglieder des Aufsichtsrats diefer Bant, und zwar ausschließlich persönlichkeiten aus der Deutschnationalen Partei und der Wirtschaftspartei, an den Transaktionen beteiligt und durch die bereits seit Wochen eingeleitete Untersuchung start belastet sein.
interessiert.
Wie alt ist denn der junge Mann?" fragte er jetzt sehr Wie alt? Na, wart mal, Papa, so um dreiundzwanzig rum!" Ludwig schüttelte den Kopf, als hätte ihn eine Fliege gestochen. ,, Mädel, das ist doch noch kein Alter zum Heiraten!" ,, Das Alter tut doch nichts zur Sache, Papa! Heutzutags heiratet alles jung!"
Das war mit einer solchen Sicherheit gesprochen, daß Ludwigs Bedenken umschlugen, um so mehr, als Mia, die dem Gespräch bisher mit einer gewissen Langweile zugehört hatte, sich aufräkelte, lächelnd die oberen Goldzähne freilegte und sagte:
Laß doch das Mädel, Ludwig! Sie wird schon verstehen, ihr Glück zu machen!"
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Mißmutig warf Ludwig sein Notizbuch zur Seite. Rein unmöglich, daß er seine Absicht, die ihm gehörenden Waldungen in Polen aufzusuchen, in absehbarer Zeit auss führen fonnte.
Neue Verpflichtungen stürzten auf ihn ein.
Er war als Beisizer in das Innungsschiedsgericht bes rufen und saß dort als Arbeitgebervertreter oft in tagelangen Sizungen, um, gemeinsam mit einem Arbeitnehmervertreter und einem unparteiischen Richter, das Recht zu finden in all den hunderielei Konfliktfällen zwischen Kapital und Arbeit, die hier zur Entscheidung anhängig gemacht worden waren.
Eine schwierige Aufgabe, die ihn oft genug mit fia) selber in Widerstreit brachte.
Troß seinem Unternehmertum sah er ganz genau die sozialen Nöte der Zeit und erkannte immer tiefer, daß das früher bestehende sogenannte patriarchalische Verhältnis verurteilt war. zwischen Meister und Geselle rettungslos zum Untergang
Beinahe jeder Fall, den das Schiedsgericht zu entscheiden hatte, bewies das.
Was etwa an gutem Willen noch im Meister und Ge fellen war, wirft die Zeit glatt hinter sich.
Die reinliche Scheidung zwischen Kapital und Arbeit ist da. Die Klassen sind klar getrennt. Und jede mußte auf ihre Weise versuchen, die eigene Eristenz zu behaupten.
Er als Unternehmer muß sich mehren, um sich die Substanz seines Kapitals zu erhalten und dieses nach Möglichkeit zu vergrößern, und zwar schon im Interesse der eigenen Arbeiter. ( Fortjehung folgt.)