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Nach zwölf Jahren verurteilt. Wer Lohnsteuer zurück erhält.

Ein Lebensmittelfartenschieber vor Gericht.

Ein Prozeß, der vor zwölf Jahren spielen follte, fand in der ersten Instanz vor dem Schöffengericht Berlin- Mitte feinen vorläufigen Abschluß.

Im Jahre 1918 machte sich geradezu eine Völkerwande­rung von Hannover nach Berlin bemerkbar. Es verging kaum ein Tag, an dem nicht in irgendeine Berliner Brottommission Hannoveraner mit polizeilichen Abmeldungen aus der Lebensmittel­versorgung Hannover und Berliner polizeilichen Anmeldungen um Lebensmittelkarten nachsuchten. Die Bescheinigungen schienen in bester Ordnung, die Brottommiffionen hatten alle Hände voll zu tun, die Brotkartenempfänger gingen im Vorgefühl der sie erwar tenden angenehmen Sättigung ihrer Wege. Aber eines Tages wurde eine junge Dame verhaftet; die von ihr vorgelegten Bescheini gungen waren gefälscht. Sie hatte als Witwe mit fünf Kindern Lebensmittelfarten erhalten wollen. Die Polizei fam hinter den Fälscher, den Kaufmann R. Bierzehn Tage später wurde er aus der Haft entlassen. Die Brottommissionen hatten wieder alle Hände voll zu tun. Die Sache wurde so schlimm, daß der Polizei­präsident von Berlin an den Herrn Staatssekretär des Kriegs­ernährungsamtes dieserhalb berichtete und beim Oberkommando in den Marken den Erlaß einer neuen Verordnung beantragte. R. wurde steckbrieflich verfolgt, in den Zeitungen wurde vor ihm öffentlich gewarnt die Polizeipräsidenten und Brotkommissionen wurden angewiesen, polizeiliche Anmeldungen von Personen aus Hannover sofort anzuhalten und auf die Echtheit auf das genaueste zu untersuchen. Mit dem hannoverschen Stempel hatte es nämlich einen Hafen: die Schwänze der Löwen zeigten eine falsche Richtung. R. fonnte schließlich verhaftet werden. Von April 1918 bis 6. De zember 1918 faß er fest, dann wurde er aus der Untersuchungshaft entlassen und war seitdem verschwunden. Die Anffage­schrift, im März 1919 verfertigt, fonnte ihm nicht zugestellt werden. Wo mar R. geblieben. Er hatte aufgehört zu eriftieren. Er war nicht mehr R., sondern N.; nicht mehr der wegen Urkundenfälschung und Nötigung vorbestrafte Mensch, sondern er war ein ehrbarer Kaufmann. Bis er eines Tages auf Anraten seines Anwalts das Inkognito zu lüften beschloß; er stellte sich den Behörden, um nach zwölf Jahren die gerichtliche Sühne entgegenzunehmen! Das Urteil gegen den einstmaligen Lebensmittelfartenschieber lautete auf acht Monate Gefängnis; die Strafe ist durch die Untersuchungshaft verbüßt.

Abschied von Franz Rothenfelder.

In der kleinen schlichten Halle des Gemeindefriedhofes von Eichwalde stand der Garg mit den sterblichen Resten des Genossen Franz Rothenfelder. Die Nacht über hatte der Januarstur.n getoft und Bäume gebrochen, Aeste gefnickt. Um die dritte Nach­mittagsstunde, da die Trauerfeier für den toten Dichter beginnt, hellt fich der Himmel und eine zaghafte Sonne wagt sich hervor.

Die Kapelle ist dicht gefüllt, draußen stehen die Freunde vom Proletarischen Sprechchor, um ihrem Sänger leztes Lebe wohl zu sagen. Arbeiterfänger leiten die Feier ein, dann nimmt Ge. noffe Pfarrer Franke das Wort und umreißt noch einmal eindringlich und ergreifend Leben und Ringen des toten Franz Rothenfelder Mit Leidenschaftlichkeit stellte sich unser Freund an die Seite der Armen und Unterdrückten. Er bekannte sich zum Sozialismus, und gleichwohl glaubte er an einen Gott über uns. Sein Ringen und Kämpfen war schwer, aber wir wissen, daß er jetzt Ruhe hat und daß er nach dem Psalmworte, das die Suchenden tröstet, den Frieden fand." Im Namen aller, die dem Menschen und Dichter Franz Rothenfelder nahe standen, spricht Genosse Henning Duderstadt letzte Worte des Abschieds. Genosse Albert Florath dankt in schlichten Worten dem toten Dichter für alles, was er dem Proletarischen Sprechchor und damit der Arbeiterbewegung gegeben hat. Mit größter Wirkung trägt dann zum Abschluß der Abschiedsfeier der Proletarische Sprechchor ein Werk Rothenfelders vor, dem Konrad Ferinand Meyers Gedicht von den Heeren der Toten zugrunde gelegt ist.

Der Sarg wird hinausgetragen, Kränze und Blumenspenden der Redaktion des Vorwärts", der AfA, des Sprechchors der reli­giösen Sozialisten und aller die dem Toten nahestanden, werden am Grabe niedergelegt. Drei Hand vpll Erde! Aber das Gedächtnis an Franz Rothenfelder und das, was er schuf, werden unvergessen sein!

100 000- Mart- Spende für die Winterhilfe. Wie die Berliner Winterhilfe mitteilt, ist ihr eine Spende im Betrage von 100 000 m. von der Schultheiß - Babenhofer Brauerei A.-G. zur Verfügung gestellt worden. Außerdem wird die Brauerei in sämtlichen ihrer sechs Berliner Abteilungen von Montag, den 19. Januar, ab täglich bis auf weiteres je 100, zusammen also 600 Portionen Mittagsessen an Not= leidende kostenlos verabreichen.

Die Berliner Winterhilfe hat nach dem Eingang der ersten größeren Spenden ihre Arbeit mit der Bereitsteilung von Ernährungsgeld für die zu Unterstüßungen nunmehr aufgenommen. Weitere Spenden sind dringend erwünscht und wer­den von der Breußischen Staatsbant( Seehandlung) auf Konto Berliner Winterhilfe Nr. 140 370, den Groß- Berliner Banken und Bankgeschäften, der Berliner Stadtbank, den Berliner Sparkassen und den Groß- Berliner Zeitungen entgegengenommen.

In den Graben gestürzt und ertrunken.

Anträge müssen bald gestellt werden. Was beachtet werden muß.

Die Zahl der Cohnsteuerpflichtigen, die im Jahre 1930 wegen| besonderen Aufwendungen, beigegeben werden. Welche Unterlagen Arbeitslosigkeit, Streifs, Krankheit ufw. einen Cohnausfall müssen nun dem Antrag beigefügt werden? hatten und denen deshalb der steuerfreie Lohnbetrag wegen der aus­gefallenen Lohnzahlungen nicht angerechnet werden konnte, ift gegen­über dem Vorjahre erheblich angewachsen. Der Kreis der Personen, die Anträge auf Erstattung zu viel gezahlter Lohnsteuer stellen fönnen, ist also sehr viel größer geworden.

Wer ist erstattungsberechtigt?

Wer im Jahre 1930 einen Berdienstausfall gehabt hat, 3. B. wegen Arbeitslosigkeit, Kurzarbeit, Streit, Aussperrung, Krant: heit usw. und dadurch nicht in den Genuß der steuerfreien Beträge

gekommen ist; wer durch besondere wirtschaftliche Verhältnisse in feiner Leistungsfähigkeit wesentlich beeinträchtigt worden ist, z. B. durch unterhalt oder Erziehung der Kinder oder mittelloser Ange­höriger, durch Krankheit, Unglücksfälle oder durch besondere Auf­wendungen für seine berufliche Fortbildung; wer Lohnsteuer gezahlt wendungen für seine berufliche Fortbildung; wer Lohnsteuer gezahlt hat, obwohl der Arbeitslohn nicht höher war als der lohnsteuerfreie

Betrag.

Wenn ledige Steuerpflichtige vom 1. Geptember 1930 ab zu ihrer Lohnsteuer noch einen Ledigenzuschlag entrichten mußten, weil sie einen Antrag auf Erhöhung des steuerfreien Lohnbetrags wegen Unterfügung bedürftiger Eltern oder Unterhaltsgewährung an die geschiedene Ehefrau rechtzeitig, d. h. vor dem 1. Juli 1930, nicht gestellt hatten, wird die durch den Ledigenzuschlag erhöhte Lohn­fteuer zurückerstattet. Bedingung für die Erstattung ist jedoch, daß eine der sonstigen oben besprochenen Boraussetzungen für die Er­ftattung vorliegt.

Wo und wie sind die Aniräge zu stellen?

Die Anträge müssen in der Zeit vom 1. Januar 1931 bis zum 31. März 1931 gestellt werden. Anträge, die später einlaufen, werden nicht berücksichtigt. Die Anträge sind dem Finanzamt einzu reichen, in dessen Bezirk der Arbeitnehmer am 10. Oftober 1930 seinen Wohnsis gehabt hat. Die Anträge wegen Verdienstausfall müssen durch Einreichung eines vorgebrudten Formulars, das auf den Finanzämtern fostenlos erhältlich ist, gestellt werden. Den Anträgen megen besonderer wirtschaftlicher Berhältnisse muß eine eingehende Darlegung dieser Verhältnisse, sowie die Höhe der

Die Steuerkarte 1930, wenn sie sich im Besitz des Steuerpflichtigen befindet. Bescheinigungen der Arbeitgeber über die Höhe des Lohns, der einbehaltenen Lohnsteuer und eventuell über Wenn Steuermarken verwendet die Dauer der Krankheit usw. worden sind, müssen die beklebten und entwerteten Einlagebogen oder die Bescheinigung des Finanzamts über die bereits erfolgte Ab­lieferung dieser Einlagebogen dem Antrag beigefügt werden. Wenn der Verdienstausfall wegen Krankheit erfolgte, muß die Bea scheinigung der Krankenkasse, und wenn der Verdienstausfall wegen Erwerbslosigkeit erfolgte, die Bescheinigung der Erwerbslosen­fürsorge oder eines Berufsverbandes beigefügt werden.

Wieviel wird erstattet?

Niemals mehr als im Kalenderjahr 1930 an Lohnsteuer gezahlt worden ist. Bei Verdienstausfall für jede volle Woche( 6 Wochentage zu je 8 Stunden= 1 Woche) werden folgende nach dem Familien­stand abgestufte Pauschbeträge erstattet:

ledig( ohne Ledigenzuschlag) ( mit

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"

verheiratet ohne Kinder.

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1 Kind

2 Kinder

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3

2

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" P

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45678

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9

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1,80. 2,00 2,00 2 2,20

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2,60 3,55

48

M

5,00 6,95

P

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8,85 A 10,75" 12,70 14,60

18

" 7

Bei besonderen wirtschaftlichen Berhältnissen wird ein Betrag erstattet, der vom Finanzamt nach pflichtgemäßem Ermessen festgesetzt wird. Bei einem Jahreseinkommen, das die Freigrenze nicht über­fchritten hat, wird der volle abgeführte Lohnsteuerbetrag zurück­erstattet. Bei Kurzarbeitern und sogenannten unständigen 2rbeitern wird der Unterschiedsbetrag erstattet, der sich zwischen der einbehaltenen Steuer und der nach Absetzung der Freibeträge und Familienermäßigungen sich errechneten Steuer ergibt. Jahresbeträge unter 4 Mart werden nicht erstattet.

Neues Erdbeben in Merifo. nicure, Friedrich Ebert - Straße 27, einen Vortrag über die

Wieder zahlreiche Menschenopfer.

New York , 17. Januar.

.

In der mexikanischen Bundeshauptstadt sind aus dem Staate Cagaca Berichte über ein neues Erdbeben einge­gangen, das Caraca am Mittwoch heimgesucht hat. Hier­nach haben in der Stadt Zimatlan 51 Personen ihr Leben eingebüßt. Nach einer Meldung der Asso­ciated Pres" sind in dem Dorfe Quelapova, etwa 50 Kilo­meter westlich von der gleichnamigen Hauptstadt des Staates Oaxaca , 30 Kilometer südlich von Oaxaca , 30 Personen ums Leben gekommen. In dem Dorfe Huigtevec, etwa 30 Kilometer südlich von Oaxaca , soll durch Einsturz einer alten Kirche eine größere Anzahl von Personen, die sich in der Kirche be­fanden, getötet worden sein.

Freitod eines Gelehrten.

Gießen , 17. Januar. Der Professor der Forstwirtschaft an der Universität Gießen, Dr. H. W. Weber, hat seinem Leben durch Erschießen ein Ende gemacht. Was den 45jährigen Gelehrten, der auf eine glänzende wissenschaftliche Laufbahn zurückblickt und sich durch bedeutende Werke auf dem Gebiet der Forstwirtschaft einen Ruf von internationaler Bedeutung erworben hatte, zu dem Selbstmord veranlaßt hat, ist unbekannt.

Pater Adolf Innertofler, der Bruder des im Weltkrieg gefallenen Tiroler Bergführers, trifft am Montag, dem 19. Januar, in Berlin ein, und wird am selben Abend im Vereinshaus Deutscher

Südtiroler Verhältnisse nach dem Schober- Bertrag halten. In seiner Begleitung befindet sich Ingomar Verhouz, der achtzehn Monate in italienischen Kertern gefangen gehalten wurde, weil er angeblich eine Organisation zur Befreiung Südtirols gründen wollte. Der Vortrag selbst, dem ein Lichtbildervortrag über Südtirol von Ingomar Verhouz beigefügt wird, ist jedermann zugänglich.

Weiße Woche" 1931.

Die im Jahre 1926 in einer Bersammlung gewählte Stommiffion von maßgebenden an der Frage der einheitlichen Veranstaltung der Weißen Woche" beteiligten Firmen hat in ihrer diesjährigen Sizung beschlossen, für die Veranstaltung folgende Regelung zu tung stattfinden. Als Weiße Woche" wird die erste Kalender­treffen: Bis zum 30. Juni 1931 soll nur eine derartige Beranstal woche des Monats Februar vereinbart. Ein Borverkauf soll nicht vor Freitag, dem 30. Januar, abgehalten werden. Es besteht ferner Uebereinstimmung darüber, daß auch gleichartige Veranstaltungen mit anderer Bezeichnung nicht vor Freitag, dem 30. Januar, mit einem Vorverkauf oder in ähnlicher Weise beginnen sollen. Als Nachverkaufs- oder Abbautaq der Weißen Woche" foll Montag, der 9. Februar, dienen. Soll die Veranstaltung dar­über hmaus erstreckt werden, so ist an Stelle der Bezeichnung ,, Weiße Woche eine andere Bezeichnung zu wählen.

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Elfernlehrgang( Mutterschulfursus) des Bezirksjugendcontes Neukölln. Auch in diesem Jahre veranstaltet das Bezirksjugendamt Neukölln einen Mutterschulfursus. Die Themen lauten: die Schwangerschaft, die Geburt und das Wochenbett und anschliessend in vier Borträgen Pflege, Ernährung, Krankheiten und förper Ache und geistige Entwicklung des Säuglings, das Kleinkind, das Shul find, die geiftige Entwicklung des Schulentlassenen, die Sexualitär in der Entwicklung des Kindes, Schwierigkeiten in der Erziehung und Gemeinschaft und Erziehung. Die Vorträge werden teilweise durc Lichtbilder ergänzt. Der Elternlehrgang beginnt Freitag, den 30. Januar, 20 Uhr, in der Aula der 1. Mädchen­Mittelschule, Neukölln, Donaustraße 127. Die Teilnahme am Kursus ist unentgeltlich. Eine Anmeldung ist nicht erforderlich.

Hinter den Kulissen einer Revuepleite

seinen Ralauer losgelassen und der Lacher ging in die Birsen. Also lautet der direktoriale Befehl: Nach der Vorstellung Probe fürs gesamte Personal. Die Girls sind wieder mal mit von der Partie. Und als da einmal eine fleine 68- Mart- Künstlerin schlapp

Lange, bevor es brenzlich zu werden begann, hatte| stellung: Nun hat aber im 2. Aft in der 5. Szene der Komifer.zu früh der männliche Star des Ensembles, an dessen schwindelnder Gagen forderung der Herr Direktor kaputt gegangen zu sein behauptete, einer Mugen Ratte gleich das sinkende Schiff verlassen. Jim nach folgte die Diva, an deren Stelle man sich eine ebenso preiswerte mie bestempfohlene junge Dame verfchrieb. Das war also die erste Das war also die erste

Aus dem Königsgraben in Lichterfelde - Ost wurde am Garnitur. nadymittag die Leiche eines älteren Mannes geborgen, der von der Polizei als ein 62jähriger Arbeiter Emil Hardt aus der Großbeerenstraße 8 identifiziert wurde. 5. war in einem Lichter­ felder Betrieb beschäftigt und hatte am Freitagnachmittag seine Löhnung erhalten. Gegen 19 Uhr ist er noch von Kollegen gesehen worden. Man nimmt an, daß Hardt auf dem Heimweg in der Dunkelheit in den etwa drei Meter tiefen Graben gestürzt und hilflos ertrunten ist.

Sieben Jahre Gemeinschaftsschule.

Ueber 7 Jahre besteht die Lebensgemeinschaftsschule in Niederschönhausen . Jetzt naht wiader die Zeit der Ein schulung und damit find viele Eltern vor die schwere Frage geftellt, wem sie die Erziehung der Kinder anvertrauen follen. Am Mon tag, dem 19. Januar, 20 Uhr, findet in der Aula des Lyzeums in Niederschönhausen , Kaiser- Wilhelm- Str. 69, ein Vortragsabend des Schulvereins ftatt. Es werden sprechen der Leiter der Gemein schaftsschule, Reftor A. Zichert, über das Thema:.7 Jahre Gemein­schaftsschule erprobte neuzeitliche Schulerziehung", fowie ein Bertreter des Elternausschusses über: Elternschaft und Gemein­schaftsschule. Anschließend Fragebeantwortung.

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Sein 70. Lebensjahr vollendet am Montag, dem 19. Januar, der Schriftsteller und Journalist Mar Bauer. Der Siebzigjährige it unter den Journalisten Berlins eine sehr bekannte Erscheinung

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Der Stab der mittleren Darstellerkräfte, denen Engage­ments schon nicht mehr wie gebratene Tauben in den Mund fliegen, hat die Pleite zwar miterlebt, aber da sie nur einen achttägigen Gagen­wenn man die acht bis zwölfstündigen unbe­ausfall bedeutete zahlten Nachtproben nicht hinzurechnet, ward die Sache nicht allzu ward die Sache nicht allzu tragisch. Als alter Theaterhase ist man derlei Ueberraschungen ge­wohnt. Das war die zweite Garnitur. Aber jetzt kommen die einzigen wirklich Leidtragenden, die süßen fleinen Mädels, die Girls, die Stüßen der Renue, zwar nicht im fünstlerischen, aber im datorativen Sinne. Es gibt fein anstrengenderes Engagement als das eines Repue- Girls. Sie werden gedrillt wie Galeerensträs­linge, man holt das Zegte an Kraft aus ihnen heraus, indem man fie, meist untätig, tage- und nächtelang auf der Bühne herumstehen läßt: in dünnen Fähnchen, dreiviertel nadt am talten, zugigen Bühnen raum. Sie tommen mährend der Proben und der Vorstellung über. haupt nicht von der Bühne. Sie müssen sich g- mal umfostümieren, fig, fig, bei offenen Türen und erhitztem Körper. Mit eingefrorenem Lächeln stehen sie dann draußen im Rampenlicht, hüpfen zwischen dem Geschehen hin und her, oder postieren sich dekorativ an der ihnen zugewiesenen Ede. Schwups heift es dann plöglich in Reih und Glied gestellt und erattest mit Kopf, Armen und Beinen tänzerisch egerziert. Aber wie alle Qual einmal ein Ende hat, so auch die Bor­

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wütend und es hätte nicht viel gefehlt, er hätte die Missetäterin" machte und wie ein Stück Holz umfiel, da ward der Gestrenge aber an die frische Luft befördert Wozu hat man denn schließlich acht­tägige Kündigung in den Kontrakt gesetzt? Na schließlich, blieb sie aber doch, was sie weniger seinem guten Herzen als einer in Ver­gessenheit geratenen Bagatelle zu verdanken hatte. Gott , wenn man es so nimmt, ist die Angelegenheit nicht mal ganz so bagatellmäßig zu betrachten. Das fleine Mädel hatte nämlich ein bißchen wenig Mart in den Knochen( nicht bloß in der Tasche). Sie wird Hunger gehabt haben und Schlaf und wenig Blut und menig Widerstands­fraft. Vielleicht hätte ihr eine bloße Tasse Kaffee wieder auf die mageren Beinchen geholfen, aber solches gabs hier nicht. Lediglich wenn die nächtlichen Proben sich so der fünften, sechsten, sogar achten Morgenstunde näherten, genehmigte der Herr Direktor ein Auto. Eines schönen Tages hieß es, morgen ist Schluß der Vorstellung Ja, aber der Kontratt lautete doch bis Monatrende und man schrieb erst den 21.? Kommentar überflüssig, man legte dem Personel einen Bogen zur Unterschrift vor, daß sie sich damit einveritan en erklären und auf weitere Ansprüche verzichten. Und wer das in brav tat, der bekam ein funkelnagelneues Engagement Aussicht geftelt! Na, sowas zieht doch immer und so ein fleines Mädel, das noch den nötigen Optimismus befißt, sagt dazu prompt Ja. Noch dazu handelte es sich, bis auf ganz wenige Ausnahmen, um unorganisiertes Personal, das feinen gewerkschaftlichen Schut im Rüden hatte.

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