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Der Abend™
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Spätausgabe des„ Vorwärts
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48. Jahrgang
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Paris , 19. Januar. ( Eigenbericht.)
Nach Presseberichten steht im deutsch - polnischen Konflikt eine friedliche Einigung bevor. Die Beschwerde des Deutschen Volksbundes in Ostoberschlesien sei ebenso mäßig wie zurückhaltend in Ton und Inhalt. Die Vertreter der deutschen Minderheit erklärten, daß sie nicht gesonnen seien, das Spiel der deutschen Nationalisten mitzumachen. Sie würden selbst zugeben, so behauptet der..Petit Parisien", daß die ungünstige Wendung in der Haltung der polnischen Behörden gegenüber den Minderheiten in erster Linie auf die ,, Brandreden" des Reichsministers Treviranus zurückzuführen seien. Da sich Polen bereit erklärt habe, so fügt das Blatt hinzu, sich in direkten Verhandlungen mit der deutschen Minder heit zu verständigen und alle Schäden wieder gut zumachen, könne man annehmen, daß der Völkerbund sich damit begnügen werde. Sollte trosdem eine Untersuchung als wünschenswert erscheinen, dann würde sie dem Calonder- Ausschuß anvertraut werden.
Da wir im Gegensatz zu all jenen, die unter feinen Umständen ein freundnachbarliches Berhäntinis Deutschlands und Bolens wünschen, allein den friedlichen Ausleich aller deutsch - polnischen Differen zen für notwendig halten, würden wir eine solche polnische Regierungserklärung, mie sie die Pariser Blätter melden, begrüßen. An Worten hat es aber schon bisher nicht gefehlt und immer wieder haben minderheitsfeindliche Laten diese Borte Lügen gestraft. Wie kann man z. B. die Haltung der polnischen Behör den je nach dem Kurs der deutschen Reichsregierung oder nach den fehr leichtfertigen Reden des Herrn Treviranus in seiner ersten Ministerjugend ändern? Pflichtbewußte Behörden haben die Verfassung und die Gesetze ohne Ansehen der Person, Nationalität, Klasse oder Konfession auszuführen. Die polnische Verfassung und der international verpflichtende Minderheitenschutzvertrag gewähren den Minderheitsvölfern Polens volle Gleichberechtigung im Staat und vollen Schuh ihrer Sprache und Kultur
Beginn der Ratstagung.
Unter der ausgezeichneten Leitung von Henderson England begannen heute morgen die vertraulichen Beratungen des Völkerbundsrates. In der geheimen Sizung wurde die Personalfrage zu rückgestellt, da die Besetzung von Direktorenposten den kleineren Nationen vorbehalten bleiben soll. Dem neugewählten Präsidenten des internationalen Gerichtshofs im Haag, Adatschi, wurde ein Glückwunschtelegramm geschickt. Auf Antrag Curtius wurde beschlossen, sämtliche Minderheitenfragen am Mittwoch zu behandeln. Die öffentliche Sigung begann mit der Genehmigung der Reise der Direktoren der Wirtschafts- und Finanzabteilung nach China . Die vierte allgemeine Verkehrs- und Transitkonferenz wird auf den 26. Oftober 1931 einberufen. Ihre Tagesordnung enthält alle Arbeiten der entsprechenden Unterausschüsse, u. a. auch die Kalenderreform. Die Arbeiten der Hygiene- Organisation und die Einberufung der europäischen Konferenz für Gesundheitspflege auf dem Lande zum 29. Juni 1931 murden gut geheißen. Curtius hatte über die Oktobertagung des Wirtschaftsfomitees nicht viel zu berichten, da es weder die Frage der gemeinschaftlichen Wirtschaftsverhandlungen noch die Interpretation der Meistbegünstigungsflausel zur Entscheidung gebracht hat. Der Bericht des Opium= fomitees ist eine einzige Feststellung, daß
frotz der Genfer Opiumfonvenfion weder der illegale noch der legale Rauschgiflhandel kontrollierbar sind. Man vertröstet sich auf die neue Konferenz im Mai dieses Jahres. Zur Kontrolle der privaten Waffenfabritation foll eine Spezialtommiffion von Fachleuten einberufen werden. Ueber den Ernährungszustand der Kinder haben erft achtzehn Regierungen Berichte eingesandt, die teilweise erschütternde Zahlen enthalten.
Auf Englands Antrag verlangte der Rat einen ausführlichen Be richt darüber für seine nächste Tagung. Der Bericht des Schweizers Huber, der als Nachfolger Nansens das Flüchtlingswert vetwaltet, veranlaßte Curtius, auf die Schwierigkeiten hinzuweisen, die sich für Deutschland aus dem Flüchtlingsstatut ergeben; doch werde Deutschland alles tun, um diese Echwierigkeiten zugunsten der Flüchtlinge zu überwinden.
Rächste Sigung Dienstag.
Zwei Frauen verbrannt
Brandkatastrophe in der Lutherstraße
Durch eine Brandkatastrophe, die leider zwei Todesopfer gefordert hat, wurden in der vergangenen Nacht die Bewohner des Haufes Lutherstr. 32 in Angst und Schreden versetzt. Eine im vierten Stockwert gelegene Wohnung brannte völlig aus. Die Flammen griffen dann auf die Dach stühle des Seitenflügels fonnte von den Dachstühlen nur wenig gereftet werden. und des Borderhauses über. Trotz aller Anstrengungen der Wehren,
einwandfrei ermittelt werden, und man ist bisher lediglich auf VerWie das verhängnisvolle Feuer entstanden ist, fonnte noch nicht mutungen angewiesen. Im vierten Stod werk des Hauses Lutherstr. 32 hat die 59jährige Frau Emma Rüdiger eine größere Wohnung, von der sie mehrere Zimmer vermietet hatte. Eine ihrer Untermieterinnen war eine 64jährige Näherin Margarete Richter, die ein Zimmer im rechten Seitenflügel bewohnte. Sie hatte die Angewohnheit, sich abends bei Kerzenlicht in ihrem Zimmer aufzuhalten. So war es offenbar, wie angenommen wird, auch am Sonntagabend wieder. Frau Richter hatte das brennende Licht auf einem kleinen Tisch neben ihrem Bett zu stehen und vermutlich ist fie eingeschlafen, ohne die Kerze ausgelöscht zu haben. Durch eine unglückliche Bewegung der Schlafenden tam das Dedbett der lamme zu nahe und im Augenblick war die Unglückliche in Flammen gehüllt. Auf die Hilferufe wollte die Wohnungsinhaberin, die 59jährige Frau Emma Rüdiger, in das Zimmer eindringen. Als sie die Tür öffnete, schlug ihr eine Stichflamme entgegen, die ihre Kleidung sofort in Brand setzte. Mittlerweile waren auch die übrigen Mieter und Hausbewohner der oberen Stockwerte auf das Unglüd aufmerksam geworden. Leider war es nicht mehr möglich, der alten Näherin Hilfe zu bringen. Sie tam hilflos in den Flammen um. Frau Rüdiger, die ebenfalls am ganzen Körper schwere Bandverlegungen erlitten hatte, wurde von Mietern ins Wilmersdorfer Achenbachfrankenhaus gebracht, wo auch sie heute vormittag ge= storben ist.
Das Feuer hatte in turzer Zeit eine ungeahnte Ausdehnung genommen. Aus den Fenstern der lichterloh brennenden Wohnung schlugen Flammengarben heraus und fezten den Dachstuhl in Brand. Die Feuerwehr ging sofort mit zehn Schlauchleitungen zum Lösch angriff über. Ein Gewirr von Schläuchen bedeckte die Straße. Ueber die Treppenhäuser und drei mechanische Leitern sowie von den Dächern der Nachbarhäuser wurde das Feuermeer bekämpft. Die
Methode Goebbels
W.
Goebbels
Köpfe mussen rollen!
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3ch fordere nicht zu Zotschlag auf, aber was der einzelne hinter meinem Rücken tut, das fann ich nicht fontrollieren!"
oberen Etagen mußten deshalb wegen der großen Gefahr von den Mietern geräumt werden. Nach stundenlanger angestrengter Arbeit, wobei über ein Dugend Sauerstoffapparate zur Hilfe der vorgehenden Mannschaften in Benukung genommen werden mußten, konnte der Brand eingedämmt werden. Der Schaden ist außerordentlich hoch, da in mehreren Wohnungen durch herabdringende Wassermengen erhebliche Verwüstungen angerichtet worden sind.
=
Großfeuer bei Giemens.
E
mehr in der Herzbergstr. 128-139, wo ein Teil der SiemensEin weiteres Großfeuer beschäftigte zehn Löschzüge der FeuerBlania Berfe für Kohlefabritate 2. G. in Flammen stand. Ein einstödiges Gebäude, in dem sich die Schlosserei, Tischlerei, Klempnerei und die Installationsabteilung befindet, brannte völlig aus. Gleich während des ersten Löschangriffs erfolgten mehrere heftige Explosionen von Sauerstofflaschen. Glücklicherweise wurde niemand verletzt. Die Flammen griffen auf das Dach eines angrenzenden dreistöckiges Gebäude über. Der Brand fonnte hier jedoch auf den Dachstuhl beschränkt und eine wertvolle Modellsammlung fomie fostbare Meßapparate gerettet werden. Das Großfeuer, bas um 18.26 Uhr ausgebrochen war, wurde nahezu 6 Stunden lang unter Einsatz von zwanzig Schlauchleitungen bekämpft. Der Feuerwehrmann Brand erlitt so erhebliche Verlegungen an den Händen, daß er ins Hubertuskrankenhaus gebracht werden mußte. Durch das Feuer sind von der 1300 Mann starken Belegschaft etwa 100 Personen arbeitslos geworden. Wie die Direktion mitteilt, hofft man sämtliche Arbeiter ab Mittwoch wieder beschäftigen
zu können.
Bei einem
Konstantinopel , 19. Januar. Galata brannte ein Gebäude aus, das mehrere Großfeuer im Geschäftsviertel von Büros und ein Lager von Kinofilmen enthielt. Sieben Personen kamen in den Flammen um. Drei Per= fonen erstickten. Vier Personen sprangen aus den Fenstern und erlitten schwere Knochenbrüche; ferner wurden zehn Stenotypistinnen und Arbeiterinnen schwer verletzt.
Kaufafusbahn verstopft. Staatspolizei foll sie in Gang bringen.
Moskau über Kowno , 19. Januar. Amtlich wird gemeldet, daß der Güterverkehr von Zentralrußland nach dem Bahnhof Tiflis eingestellt wird, weil der Bahnhof Tiflis mit 5000 bis 6000 Wagen verstopft sei und dadurch jeder Güterverkehr zwischen Zentralrußland und dem Kaukasus im Augen blick unmöglich wäre. Um den normalen Güterverkehr zwischen Tiflis und anderen Städten wieder herzustellen, ist eine besondere Kommission unter Beteiligung Ser OGPU.(!) gebildet worden.
Elettrowirtschaft flappt auch nicht.
Moskau über Kowno , 19. Januar. In der letzten Zeit find in Moskau und im Mostauer Gouverne ment 2icht störungen eingetreten, meil die Elettrizitätsmerte nicht in der Lage find, Strom zu liefern. Berschiedene Städte im Mostauer Gouvernement waren am Freitag und Sonnabend ohne Licht.
Weißgardiffen verhaftet.
Die DGP. verhaftete zehn Beißgardisten, die im Bezirk Blagoweschenst die russisch- chinesische Grenze überschreiten wollten. Bei den Verhafteten wurden Waffen und Sprev stoffe gefunden.