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BERLIN Freitag

23. Januar

* Der Abend

1931

Erfcheint taglianter Sonntags. Sugleich Abendausgabe des Worwärts". Bezugspreis beide Ausgaben 85 Pf. pro Woche, 3,60 M. pro Monat. Redaktion und Ervedition; Berlin SW68, Lindenstr.3

Spalausgabe des Vorwärts

66

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Лr. 38 B 19 48. Jahrgang

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Der Tod im Schwarzen Meer

Zwei Dampferkatastrophen- Bisher 50 Tote festgestellt

London , 23. Januar.

Nach Meldungen aus Konstanza ereigneten sich gestern im Schwarzen Meer zwei Dampferkatastrophen. Der russische Dampfer..I a varia", der von Odessa nach Konstantinopel unterwegs war, ist während eines hef. tigen Sturmes gesunken. Die gesamte Besakung von 36 Mann und 14 Passagiere fanden den Tod in den Wellen. In der Nähe von Sinope ist ein tür­tisches Schiff gesunken. Man befürchtet, daß die gesamte Besakung ertrunken ist.

-

Nach einer weiteren Meldung sollen in der Nähe von Zunguldak ein deutscher und ein englischer Dampfer zusammengestoßen sein. Die Namen der Schiffe, die beide schwer beschädigt wurden, sind noch nicht bekannt..

Amerika hilft Demokratien

aber nicht Faschiffenstaaten.

New York , 23. Januar.( Eigenbericht.) Berichte über französische Kreditpläne für Deutschland finden hier außerordentliches Interesse. Die führenden Blätter sehen in der finanziellen An näherung zwischen Frankreich und Deutschland ein unmittelbares Ergebnis der Genfer Aussprache Briand­Curtius und eine sichtbare Entspannung der geladenen europäischen Atmosphäre, was auch in der Friedens. erklärung der Außenminister ihren Ausdruck gefunden hat. Allgemein wird hervorgehoben, daß das Aufflammen des Nationalismus in Deutsch = Iand wesentlich zur Abschnürung der internatio­nalen finanziellen Hilfsbereitschaft beigetragen Die erste Voraussetzung für eine umfangreiche finanzielle Hilfsaktion zugunsten Deutschlands sei das Vertrauen des Auslandes in die Stabilität der deutschen Demokratie, d. h. Abkehr Deutschlands von reaktionär- faschistischen Irrlehren.

Finnlands Präsident.

Helsingfors , 23. Januar.

Das Ergebnis der Urwahl zur Präsidentenwahl liegt fast voll­ständig nor. Es stehen nur noch einige unbedeutende Wahlbezirke im nördlichen Finnland aus, die aber nichts mehr ändern werden. Es erhielten:

Sozialdemokraten.

Konservative( Svinhufvud)

... rd. 252000 Stimmen( 89 Wahlmänner)

...

179000

164000

Fortschrittspart.( Stahlberg). 155000

Agrarpartei..

Schwedische Bolfspartei

Kleinbauern

( 62

( 62

( 50

75000

"

5000

( 25 ( 0

Die Sozialdemokraten haben nicht die Stimmenzahl erreicht, die man nach dem Ergebnis der Reichstagswahl erwartet hatte, während tie Stahlberg- Partei einen bedeutenden 3u wachs zu verzeichnen hat. Die von Lappo unterstützte Rechtspartei hat ihren Erfolg bei der Reichstagswahl etwas vergrößert. Die Agrarpartei und die Schwedische Volkspartei find zurückgegangen. Da man bestimmt da­mit rechnet, daß die Sozialdemokraten die Kandidatur Stahlberg unterstützen, wird die Linke über 139 Wahlmänner haben, Konfer vative und Agrarpartei mur 124. Den Ausschlag geben auch diesmal bie schwedischen Stimmen. Die Entscheidung fällt Mitte

Februar.

Sozialdemokratie aktiv!

öln, 23. Januar.( Eigenbericht.)

am

Der größte Saal der Stadt, die Messehalle, hafte vor kurzem bei einer Hoegener- Sollmann- Bersammlung nicht ausgereicht. Für eine Bersammlung, in der Reichstagspräsident Cobe kommenden Sonntag fprechen soll, wurde deshalb die sonst nur für Sportzwede verwendete große Rheinlandhalle gemietet. Die 10 000 Plätze dieser Halle und 2000 Plätze eines benachbarten Saales find schon 4 Tage vor der Bersammlung ausverkauft gewesen.

Deutschlands Forderungen

In einer Genfer Note aufgestellt

Genf , 23. Januar. ( Eigenbericht.)

Die Grundlage der heutigen Verhandlungen. der Vertreter Deutschlands und Bolens mit dem Ratspräsidenten und dem Bericht erstatter bildet eine deutsche Note an den Berichterstatter. Sie wurde heute früh überreicht und enthält die vier folgenden Forderungen: Jeffstellung der Berlehungen der Minderheitenfonvention, Miß­tilligung dieser Berlehungen durch den Rat, Bestrafung der Schuldigen und Wiedergulmachung der Schäden, Garantien für die Aenderung des Systems in der Verwaltung der Minder­heitengebiete.

Da die Berhandlungen noch schweben, läßt fich nur auf Grund deutscher und polnischer Berlautbarungen sagen, daß Polen eine Entscheidung des Rates zu vermeiden sucht. Man hofft daher zu einer Verständigung zu kommen. Auch Henderson sprach fidh optimistisch aus.

Infolge des Kabinettssturzes in Frankreich wird Briand nur durch ganz schwerwiegende Ereignisse sich abhalten laffen fönnen, morgen mit dem Mittagszug Genf zu verlassen. Die französische Delegation betont ausdrücklich, daß

die französische Regierungsfrise rein innerpolitischer Natur sei. An der Außenpolitik Frankreichs werde auch in Zukunft nichts

geändert.

In den Beratungen über die Abrüstungsfrage stellt sich heraus, daß der Plan einer Berschiebung der Präsidentenbestimmung mehr Boden gewonnen hat. Es dürfte also dazu kommen, daß man eine Kommission einsetzt, die bis zur allgemeinen Ab­rüftungskonferenz mit den einzelnen Regierungen verhandeln und das Material den anderen zugänglich machen wird. Das Präsidium wird die Abrüstungskonferenz selbst wählen. Als Ort der Abrüstungskonferenz dürfte nach Aussage Fendersons nur Genf in Frage kommen. da die Schwierigkeiten für eine leber führung aller Sekretariatsstellen nach Wien zu groß wären.

Briand reist nicht ab.

V. Sch. Genf , 23. Januar. ( Eigenbericht.) Der Sturz der Regierung Steeg hat in Genf nur wenig überrascht, am wenigsten Briand selber, der mit einem un­

WELT

Unternehmer

D

ARBEITSLOSICKE

Unfer letzter Ruf, meine Herren, bleibt: nur feine fürzere Arbeitszeit!"

günstigen Ausgang der Abstimmung gerechnet hatte. Die zunächst geäußerten Befürchtungen, daß der Verlauf der Genfer Beratungen durch das Pariser Ergebnis wesentlich beeinflußt werden könnten, scheint sich nicht zu bewahrheiten. Es dürfte die Gefahr einer schnellen Abreise Briands und eines überſtürzten Endes der Völker­bundstagung, worunter die Lösung des oberschlesischen Koniliftes leiden könnte, nicht vorhanden sein Briand hat die Absicht ge= äußert, jedenfalls noch bis Sonnabendabend hierzubleiben, zumal die Beratungen über die Bildung eines neuen Kabinetts crst Anfang nächster Woche beginnen dürften.

Daran, daß Briand in der neuen Regierungsfombination auch Außenminister bleiben wird, herricht hier nicht der mindeste Zweifel.

Eine Beeinflussung seiner Stellungnahme zu den heutigen nod schwebenden Entscheidungen ist durch den französischen Regierungs­sturz nicht zu erwarten.

Der Prozeß um die Kriegsfabotage.

Washington , 23. Januar.

Der Vertreter der amerikanischen Regierung bei der deutsch­amerikanischen gemischten Kommission reichte den Antrag auf Wiederaufnahme des Kingsland- Prozesses ein, bei dem es sich um die Zerstörung einer Munitionsfabrik in Kings­land( Staat New York ) während des Krieges handelt, die nach der von der Kommission in ihrer ersten Entscheidung zurückgewie­senen Ansicht des Anklagevertreters auf einen deutschen Sabotageaft zurückzuführen sei. In einem Kommuniqué, das der Regierungsanwalt Bonynge ausgegeben hat, wird der Wiederaufnahmeantrag damit begründet, daß der Schieds­richter der Kommission bei der Entscheidung mitgestimmt und die Kommission belastende Aussagen eines gewissen Herrmann, der 1916 im Auftrage des deutschen Generalstabs Bleistifte mit 3ündmaterial zur Inbrandsegung der Munitionsfabrik in Kingsland geliefert habe, als unglaubwürdig zurückgewiesen habe, ohne ihn direkt zu verhören. Ferner wird gerügt, daß die Kommission die Weigerung der deutschen Regierung, den Bericht des deutschen Gesandten in Chile über die ersten Vernehmungen Herrmanns vorzulegen, nicht als belastend für Deutschland gewertet habe.

Der Bertreter der deutschen Regierung veröffentlicht eine Erwiderung.

in der er ausführt, daßBonnnge lediglich seine bereits vor der Entscheidung der Kommission in aller Ausführlichkeit dargelegten Argumente wiederhole. Die Tatsache, daß Bonynge sowie die An­wälte der Privatkläger mit dem von zwei amerikanischen und einem deutschen Mitglied der Kommission 3 ugunsten Deutsch­ lands gefällten Schiedsspruch nicht einverstanben feien, stelle feinen ausreichenden Grund für die Wiederaufnahme des Prozesses dar.

Liebestragödie in Lankwitz . Zusammengebunden in den Tod.

Ein Polizeibeamter, der gestern in später Abendstunde den Cant­witzer Gemeindepark durchschritt, hörte auf einer Bank verdächtiges Röcheln. Beim nähertreten fand er einen Mann mit einer Frau zusammengebunden, beide mit Kopfschülfen, bewußtlos auf. Die beiden wurden fofort nach dem Cantwizzer Srankenhaus gebracht, wo der Arzt bei dem Mann nur noch den Tod feffffellen fonnte. Das Mädchen ist ebenfalls lebensgefährlich verlegt. Nach einem bei dem Mann vorgefundenen Zettel handelt cs sich um den 33 Jahre alten Kaufmann Walter Merten aus der Kaiser- Wilhelm- Str. 93 in Cantwith. Das Mädchen, wahrscheinlich feine Braut, ist die 25 Jahre alte Johanna I. aus der Trebbiner Straße. Die Leiche des Mannes wurde beschlagnahmt und nach dem Schauhans gebracht. Der Grund zu der Tat ift bisher noch nicht geklärt.