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Arbeitslosigkeit und Jugend. Canaris, der Unauffindbare. D

Berufsbildungsturse als Ausweg.

Es gehört zu der Tragit unserer Krisenzeit, daß ein Teil der schulentlassenen Jugend feinen Arbeitsplay findet und daß ein großer Teil jener Schulentwachsenen, die zunächst in den Arbeitsprozeß ein­gereiht werden tonnten, wieder aufs Pflaster fliegt, sobald er bie Lehre beendet hat. Die Gefahren dieses Vorganges liegen auf der Hand. lebt schon dauernde Arbeitslosigkeit auf den Erwachsenen einen Drud aus, der ihm gesellschaftsfeindlichen Einflüsterungen und seelischer Verwahrlosung zugänglich macht, um wieviel mehr muß sie den Halbwüchsigen ungünstig beeinflussen! Nicht von un­gefähr ziehen gerade die radifalen, gewalttätigen Parteien ihre Hauptreserven aus den Reihen dieser Jugendlichen. Darüber hin aus unterminiert Arbeitslosigkeit gerade Arbeitskraft und Können des jungen Menschen.

In Erkenntnis dieser Tatsachen und in dem Bewußtsein, daß die Erhaltung der Arbeitskraft und des staatspolitisch denkenden Menschen zu den wichtigsten Aufgaben des Staates gehört, beantragte feinerzeit unter Führung des Handelsministeriums die preußische Regierung die Einführung des neunten Schuljahres. Dieses neunte Schuljahr sollte sozusagen ein Staubecken für jene Arbeitskraft sein, die im Augenblid im Wirtschaftsleben nicht be schäftigt werden fann, sollte zur geistigen und vor allem beruflichen Weiterbildung des jungen schulentlassenen Menschen angesetzt werden. Bei einer erheblichen Entlastung des Arbeitsmarktes sollte eine bessere Schulung der Arbeiterreserven erreicht und zugleid die Jugend vor einer Verwahrlosung durch Arbeitslosigkeit bewahr bleiben.

Das neunte Schuljahr findet den Widerstand anderer Länder: die Gefahren des jezigen Zustandes und die Verantwortung des Staates bleiben bestehen. Wie in dieser Situation verfahren? Das preußische Handelsministerium beabsichtigt, um menig­stens einen Teil der jugendlichen Erwerbslosen aus ihrer tragischen Lage zu befreien, Kurse zur beruflichen Bildung für jugendliche Erwerbslose einzurichten. Der Gedanke ist nicht neu. Einzelne Kommunen, darunter Berlin , haben bereits der­artige Umschulungs- und Erwerbslosenturfe eingerichtet. Auch von privater Seite wurden, verschiedentlich mit Unterstützung der Rom­munen, Bersuche zu einer geistigen Weiterbildung jugendlicher Er­werbsloser gemacht. Die Erfolge waren nicht übel. Fast überall fonnte man beobachten, daß unter den jugendlichen Menschen ohne Arbeit ein Bedürfnis nach derartigen Arbeits- und Bildungsmöglich feiten besteht. Es ist also zu begrüßen, wenn das preußische Handels­ministerium diesen Gedanken aufgreift, um ihm durch staatliche Untermauerung eine breitere Basis zu geben.

Es ist min die Frage, wie derartige von der Staatsregierung organisierte Kurse aufgezogen werden sollen. Nach den Erfahrungen des Handelsministeriums, die sich naturgemäß hauptsächlich auf die Berichte der ihr unterstellten Handels- und Berufsschulen stüßen, kommt vor allem die Fortbildung im Beruf in Betracht. Das leuchtet ein, und es ist erfreulich, daß auch die geistige Fortbildung und die Festigung der staatspolitischen Gesinnung nicht außer Ansah gelassen werden soll. Unter den Schulentlaffenen wird sich zweifelsohne eine nicht geringe Anzahl finden, die, spät entwidelt oder besonders prattisch neranlagt, in diesen Kursen an der Hand der praktischen Arbeit mit Leichtigkeit nachhalen, was sie in der Schule versäumten. Es ließe sich denken, daß diese Kurse zu einer Erweiterung des Gesichtsfeldes und 34 einer Hebung des gemeinniveaus der Bildung führen, ein Stel, as ja auch bei der Schaffung des neunten, Schuljahres eine Rolle jpielte. Um besten ist es moht, wenn inan innerhalb der Kurse der Initiative des einzelnen einen möglichst großen Spielraum fäßt. Die Berbindung zwischen Kursleiter und Lehrer auf der einen und Kursteilnehmer auf der anderen Seite wird dadurch lebendig und es wird sich am besten auf diesem Bege ergeben, welche Normen Später einmal zu schaffen find.

Soll das Projekt des Handelsministeriums verwirklicht werden, iit feine finanzielle Sicherung die Borauslegung. Wenn wir recht unterrichtet sind, ist die Durchführung der Kurse zunächst in sieben Rotbezirten( in Rheinland- Westfalen und Schlesien ) beabsichtigt. Diese Einschränkung ist für den Anfang gut, eine frage für sich allerdings, welche Bezirke vor allem berücfichtigt werben follen. Die Reichsanstalt für Arbeitstesen­unterstügung und Arbeitspermittlung foll fid) in der dankenswerten Erkenntnis, daß es fich hier wahrhaft um pro­buftive Erwerbslosenunterstigung handelt, bereitertlärt haben, ge­wiffe Summen für diese 3mecke zur Verfügung zu stellen. Es wird abzuwarten fein, ob diese Unterſtügung hinreichend ist Jedenfalls märe es außerordentlich zu bedauern, wenn der Abficht des Handels­minifteriums finanzielle Schwierigkeiten die freie Bahn verlegen

würden.

Hakenkreuzftrolche verurteilt.

Zwei typische Lumpenproletarier.

Frankfurt a. M., 23. Jamiar.( Eigenbericht.) Die beiben Nazistrolche Hahn und Ernst, die am Revolu tionstage den Borsigenden der Sozialistischen Arbeiterjugend Große Frankfurts , Ernst Langendorf, zu Boden warfen und durch Fuß­tritte ins Gesicht schwer verlegten, wurden am Freitag vom Frankfurter Schöffengericht zu je drei Monaten Gefängnis verurteilt. Bewährungsfrist wurde versagt. Der Staatsanwalt hatte für beide Angeklagte fünf Monate Gefängnis beantragt.

Die Gerichtsverhandlung ergab ein typisches Bild des Nazi tums. Der 21jährige Angeklagte Hahn war seit seinem Ausscheiben aus der Untertertia der Oberrealschule in Mannheim in Für jorgeerziehung bzw. Aufsicht, lernte Schloffer und ist crwerbslos. Der Angeflagte Ernst, 20jährig, ist ebenfalls aus der Intertertia einer Oberrealschule abgegangen, lernt noch das Schlosserhandwert und ist bereits wiederholt megen Dieb­stahls und tätlicher Beleidigungen mit Gefängnis vorbestraft. Auf derartige Arbeiter" fann diese Arbeiter partei" ftols fein.

Der Strafrechtsausichuß des Reichstags begann am Freitag die Beratung des zweiten Abschnitts des Strafgesenbuchs, der die ftraf­bare Handlung umschreibt. Die Beratungen werden am Dienstag fortgelegt

REICHSMARINEAM

EL FUR MORDER

Dienpreise!

ZEUGENLADUNG

.S.JÖRNS

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Und immer, wenn die Ladung eintraf, flog der Canaris ein bißchen auf Dienstreise aus!

Die Lage der Reichsbahn.

Wenig günstig. Die Gehälter der Direktoren.

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Der Ausschuß für den Reichshaushalt beschäftigte sich in seiner| durchaus einverstanden. Er bemühe sich auch sonst darum, die Dinge Freitagsigung mit dem Haushalt des Reichsverkehrsministeriums. einheitlicher zu gestalten und zu zentralisieren. So seien durch ihn Nach einem einleitenden Bortrag des Referenten Dr. Quaaß auf dem wichtigen. Gebiete der Verkehrswerbung statt früher vier ( Dnat.) nahm Stellen nur eine Stelle geschaffen worden.

Genosse Hünlich

zu längeren Ausführungen das Wort. Er wies zunächst auf die Anomalie hin, daß der Reichsverkehrsminister zwar verant. wortlich sei für die ganze Verkehrsmirtschaft, daß er aber t a um Einfluß auf das bei weitem größte Berkehrsunternehmen Deutsch lands, die Reichsbahn, bejige.

Die Lage der Reichsbahn sei wenig günstig. Das günstigste Borkriegsjahr sei 1923 gewesen. Damals hätten die verschiebenen deutschen Bahnen an ihre Länder im ganzen eine Milliarde abliefern fönnen. Heute sei die Reichsbahn vorbelastet mit der Reparationsabgabe von 660 Millionen, mit der Beförde­rungssteuer, die jedes Jahr schwanke und in diesem Jahre mit 320 Millionen eingefeßt sei, mit einer Dividendengarantie für das Reich von 35 Millionen und mit zusäßlichen Bensionslasten für Uebernahme von Beamten usw. von 275 Millionen. Das heißt also

bei einem verffeinerten Betriebe schon 300 Millionen mehr als bis eher im günstigsten Friedensjahr. Dazu komme der Rüdgang des Berfehrs, so daß es ihm bei dieser Sachlage faum möglich fel, er­hebliche Tariffenfungen, zu erzwingen.

Der vorliegende Haushalt fei auch um deswillen für die Sozial­demokratie von fo bedeutendem Jntereffe, weil sich in ihm große Sammen für die Arbeitsbeschaffung finden.. im Zusammenhang mit den gezahlten Gehältern und Löhnen fragte Genosse Hünlich, ob nun nicht endlich die Frage, welche bätter die Direttoren und hohen Angestellten der Reichs bahn beziehen, fargestellt werden, tanate. Boneinigen Geiten merde gefagt, der Generalbirefior beziehe 07000 art, ambere or tlären, Dies fei mur bas Grundgehalt, dazu tämen no große Summen wie 24 000 art Wohnungsentschädigung usw. Die Go Bialdemokratie habe bereits einen Antrag gestellt, der flare Auss funft verlangt; biefer fet auch angenommen, aber eine ntmort bis heute noch nicht erteilt morben. Er münsche ferner zu wiffen, mie groß die Entschädigungssummen für die Mitglieder des Bermal­tungsrats feien, und ob auch bei allen hohen Beantern und An­geftelten der Reichsbahn die Abzüge wie bei allen anderen Beamten fategorien vorgenommen werden.

Rachdem noch Redner anderer Fraktionen sich geäußert hatten,

nahm der

Reichsverkehrsminister v. Guérard

das Wort, um auszuführen, daß er in seinem Reffort als erster und bisher einziger Minister eine besondere Haushaltsgruppe ge fchaffen habe. Diese Haushaltsgruppe unterstehe ihm persönlich und sei unabhängig von allen anderen Abteilungen des Ressorts. Durch sie sollten möglichst Grsparungen erzielt und mit den bewilligten Mitteln der größte Nußen und die größte Wirtschaftlichkeit erreicht werden. Der Reichsspartonmmissar sei mit dieser neuen Organisation

Briand der ruhende Pol. Auf der Ministerpräsidentensuche in Paris .

Paris , 23. Januar. ( Eigenbericht.) Der Präsident der Republit, Doumergue , bat am Freitag zahlreiche Persönlichkeiten empfangen, um sich über die durch die Regierungstrise geschaffene parlamentarische Lage und die Möglichkeiten ihrer Lösung unterrichten zu lassen. Der traditionelle Empfang der ersten Bersönlichkeiten des franzöfifchen Parlaments im Elysee wird nicht vor Sonnabend beendet werden. Trogdem war diese langatmige Seremonie wohl felten so überflüssig wie biesmal; denn in den 40 Tagen der Regierungszeit Steegs hat fich an ber parteipolitischen Konstellation nicht ein Haar geändert. Nach wie vor stehen sich in der Stammer 3mei gleich starte Gruppen gegenüber, von denen jeweils die am Ruder stehende Gruppe durch die systematische Opposition der Kommunisten automatisch zu unter. liegen droht. Das Experiment Steegs hat jedenfalls den Beweis erbracht, daß

eine Linksregierung in der Kammer genau jo gut möglich ist wie eine Rechtsregierung

unter Tardieu. Dazu kommt, daß die am Donnerstag erfolgte Riederlage Steegs feineswegs eine politisme Be­deutung hatte., Sie war ein Unfall, Derschulbet burch die eigenmächtige und höchst unforrette Preistreibereipolitit des Band­wirtschaftsministers Boret. Schon früher hatte Boret dem Minister

Der Minister verbreitet sich dann in febr detaillierten Aus­führungen über ben weiteren Ausbau der Reichsmaffer­traßen und erklärt zum Schluß auf die Frage des Abg. Hünlich, er habe dem Vorsitzenden des Aufsichtsrats der Reichsbahn, Herrn Don Siemens, jegt mitgeteilt,

daß er aus politischen Gründen sich an die Vertraulichkeit nicht länger gebunden halten fönne, unter der ihm genaue Mit­teilungen über die Gehälter, sonstigen Bezüge usw. der hohen Beamten der Reichsbahn gemacht wurden.

Es würde nach Zusammentritt des Reichstags das Gremium zu­sammenberufen, das im Benehmen zwischen Reichsregierung und Reichsbahn eingesetzt sei, und nach Beschluß dieses Gremiums dann der Deffentiiteit auf die wiederholt an ihn gestellten Fragen genaue Austunft geben. Die Diäten der Mitglieder des Verwaltungsrats feien auf 10 000 Mart festgesetzt.

Zum Schluß der allgemeinen Aussprache über den Haushalt nahm noch Genoffe Scheffel das Wort und brachte zahlreiche und schwere misst än be in ben Arbeitsverhältnissen der Reichsbahnmartstätten zur Sprache.

präsidenten Clemenceau durch eine ebenso unvorsichtige Preis­politit am Beinmartt den gleichen Streich gespielt. Auch damals weigerte er sich, freiwillig zu demissionieren. Clemenceau aber handelte meniger edelmütig an seinem unbotmäßigen Minister, als es am Donnerstag Steeg getan hat. Er ließ ihn vor der Kammer glatt fallen.

Wieder hat jetzt in den bürgerlichen Parteien das Geduldspiel begonnen, ob es nicht doch möglich sein sollte, die Große Roa lition zwischen rechts und links zu verwirklichen, da die ge­heiligte Tradition in Frankreich das einzig wirkliche demokratische writtel der Kammerauflösung zu verbieten scheint. Im Lager der rabifalen Partei ist man sich zwar der Gefahren der Bildung einer mehr oder minder nationalen Union auch unter Poincaré bewußt, denn in der am Freitag stattgefundenen Frattionsfigung der Partei tam die Anficht deutlich zum Ausdrud, daß die Niederlage Steegs nicht auch eine Niederlage der Linken bebeutet. Die Tardieu- Leute scheinen auch von dem Experiment Steegs, das ihnen immerhin den Beweis hätte bringen müssen, daß ihre Almacht in der Rammer nicht grenzenlos ist, nicht viel gelernt zu haben. Während Tardieu selbst in großer diplomatischer Borsicht eine leichte Grippe im Bett austuriert, proflamieren feine getreuen Beutnants, por allem der einstige Finanzminister Renaud, in zahllosen Zeitungsinterviews, daß Tardieu und nur Tardieu dle Rettung bringen tönne.

Das Haus Rothschild hat dem Banco de Brasil einen Krebit Wilhelm Stärd:" Liebe- unmodern." Berkoppelung des bürgerlichen Fortschritts mit der antisosialiſtiſcher

non 6 500 000 Bfund Sterling eröffnet, für ben bie brasilianische Regierung die Garantie übernimmt

In der nordbulgarischen Ortschaft Gigen versuchten fommu nistische Bauern nor dem Haufe des Bürgermeisters zu demon strieren. Als sich ihnen Gendarmen entgegenstellten, fam es zu ciner heftigen Schießerei Der Bürgermeister unb ein Rom. munist wurden getötet; ein Gendarm murde schwer verwundet. Sambliche Demonstranten murden verhaftet,

Kleines Theater.

Der Operettenlibrettist Wilhelm Störd versucht diesmal dhne Mufit für das Thema von der Angestellten, die sich ben Chef fürs Leben tapert, Intereffe zu meden. Außer ber lebe ist aber auch das ganze Stüd unmodern, und die drei Atte wären shredlich lang, menn nicht Diga Tschechowa den pifanten Retz ihrer Ber I fönlichkeit einsetzte,

dgr

Die politischen Auguren endlich glauben voraussagen zu tönnen, daß der Präsident der Republir versuchen wird, Laval oder Barthou , die beide im Dezember mit ihren Bemühungen ge­fcheitert waren, mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Allein die Tatsache, daß man trog aller Mißerfolge boch immer wieder bie alten Versuche wiederholen muß, zeigt, wie unnatürlich die Reattion fein müßte. Gripähnt fel schließlich noch, daß diesmal selbst die wütendsten Reaffionäre nicht die Forderung zu er. heben wagen, Briand aus seinem Amt als Ceifer der franzö fifchen Außenpolifif zu entfernen. Die Erfolge, die Briand gerade dieser Tage in der Europatommiffion in Genf davongetragen hat, haben seine innenpolitische Stellung so sehr gestärkt, daß ihn niemand mehr anzutaften magt.