:
Und jah
fah die Sterne
,, hr spielt Kaze und Maus mit mir. Ich bange um die Mutter, und Ihr zwingt mich zu spißfindigen Disputationen."
"
,, Wißt Ihr, daß Galilei widerrufen mußte?" fuhr Einhorn unbeirrt fort. Wißt Ihr, warum er widerrufen mußte? Weil die Wahrheit, die er fand, die auch ihr fandet, eine Wahrheit des Teufels ist, welche das Reich Christi zerstört! Den Glauben zerstört, die Einfalt, die Harmonie, das Glüd der Menschheit! Habt Ihr darüber einmal nachgedacht, Johannes Kepler ?"
Gegen Ende des Jahres 1620 erfuhr Johannes Kepler , dermalen| Kepler stand, seine scharfen Augen suchten Keplers furzsichtig Mathematicus und Astronomicus, wie auch Kalendermacher in Linz , blinzelnde- ,,, daß es nicht wahr sein darf!" daß seine siebenzigjährige Mutter zu Leonberg im Württembergischen der Hererei angeflagt und gefänglich eingebracht worden sei. Es lagen gegen das Kätterle von Leonberg , wie Katharina Keplerin, des Schenken Heinrich Keplers Wittib, allgemein genannt wurde, an dreißig schwere Beschuldigungen vor: sie sollte etlichen Frauen, denen sie als Behmutter gedient hatte, die Kinder im Mutterleib perflucht und dem Teufel verschrieben haben, so daß sie bald darauf starben; auch sollte sie mehrere Erwachsene durch Herentränke pergiftet, durch Wettermachen schmer an ihrem Gut geschädigt, durch Restelknüpfen unfruchtbar, durch den bösen Blick lahm gemacht haben. Das Kätterle war nicht geständig; allein da keiner ihrer Söhne mehr zu Leonberg wohnte und auch sonst kein Anverwandter sich ihrer annehmen mochte, des weiteren Herr Martinus Einhorn, der das Verfahren gegen sie leitete, ein recht scharfer Richter war und die peinliche Befragung und Tortur ernstlich angedroht hatte, so stand es schlecht um die Angeklagte.
Johannes Kepler ließ sofort Stellung und Familie im Stich und begab sich auf die ob des harten Winters und der kriegerischen Zeitläufte recht beschwerliche Reise ins Württembergische. Er mußte, daß der Kampf um seine Mutter, den er nun begann, schwer werden würde und wenig Aussicht auf einen Sieg bot. Katharina Keplerin war allzeit ein bösartiges, zänkisches, gern verbotene Dinge treibendes Weib gewesen; ihre eigenen Sachen und ihr eigenes Haus hatte sie verwahrlosen lassen und dafür sich in anderer Häuser und Angelegenheiten gedrängt; liebe Worte für ihren Mann und ihre Kinder hatte sie nie gefunden, dafür aber um so mehr böse für ihre Nachbarn; so daß schließlich ihr Mann vor ihr floh und in den Kriegsmirren als Landsknecht umfam; wie denn überhaupt jeder, der es irgend vermochte, sie gerne mied. Ihr Sohn wußte, wie die But des Volkes sich gegen sie tehren mußte, nun fie angeklagt war, mie diejenigen, welche sie fannten, ihr jegliche Untat zutrauen mußten, und mie demnach von den Leonbergern und von ihrem Burgemeister Martinus Einhorn nichts für sie zu erwarten war. Deshalb begab Kepler sich zuförderst nach Stuttgart und wurde bei ben herzoglichen Räten vorstellig; erreichte aber durch viele und langwährige Petitionen nur, daß der Prozeßactus an die Tübinger theologische Fakultät eingesandt und von ihr, als der obersten geist lichen Behörde, das Urteil gefällt merden sollte; hingegen blieb die Untersuchung in den Händen Martinus Einhorns, und damit auch das Recht zur peinlichen Befragung mit allen Instrumenten der Folterkammer.
Alles, was Kepler nun unternehmen mochte, mußte darauf abgestellt sein, die Tortur zu verhindern. Seine Mutter, eine empfindfame, an und für sich schwerkrante Greifin, würde unter ben Qualen der Eisernen Jungfrau und des Spanischen Stiefeis alles gestehen, was man nur wollte. So ließ Kepler durch einen Eilboten die Tübinger Profefforen, von denen einige ihm wohl wollten, um einen vorläufigen Beschluß bitten, der die Folterung verhinderte; er selbst begab sich ungefäumt nach Leonberg , wo er am Spätabend des 20. Dezembers anfam, um jogleich zu erfahren,
wwww
,, Nein", sagte Kepler ; und log nicht. Ich habe beobachtet, ver= glichen, errechnet; mit diesen meinen furzsichtigen Augen habe ich Nacht für Nacht die Positionen des Mars aufgesucht und verzeichnet; das Ergebnis war die Ellipse. Ich will nichts stürzen, ändern, will nicht einmal bessern; ich bin Forscher, nichts sonst."
,, Oh, ich glaube Euch, daß Ihr nichts wollt! Ihr seid kein Wille, Ihr seid ein Werkzeug; und ein Werkzeug nicht in Gottes Hand, Kepler! Sprecht, was hält diese Menschheit zu sammen, notdürftig genug? Daß Gott den Menschen, und also jeden von uns, geschaffen hat als Gipfel der Schöpfung! Daß seinetwegen und um fein Haupt die Sterne sich drehen, der Mond, die Sonne, um ihm zu leuchten, um ihm schön zu sein! Und daß dieser Mensch, dem die Schöpfung gehört, auch ein guter Mensch sein muß, um Gottes millen, um seinetwillen! Daß die Musik der Sphären und der Gefang der Engel sein Lohn sind! Dieser Glaube, Kepler , hindert das Böse, daß es uns nicht verschlinge, dieser Glaube allein! Nun aber kommt Ihr, Kopernikus , Galilei , Kepler , mit Euren Kreisen und Ellipsen. Nun setzt Ihr an die Stelle der Sphärenmufif ein totes, stummes Kreifen von Kugeln. Nun soll der Mensch Stäubchen sein im Au, ein Nichts, zufällig kommend, zufällig gehend, ohne Rechte, ohne Pflichten, ohne Gott.-"
-
Ich meine, daß ein Gott, der des Kopernikus Welt erschaffen fonnte, tausendmal größer sei als der Gott der Griechen!"
Bu groß, Kepler , zu groß, um ein Gott für Menschen zu sein! Sie werden sich zerfleischen, die Menschen, wenn sie nicht mehr der Sinn der Welt sind! Ihr werdet sie töten mit Eurer Wahrheit!" ,, Es ist doch aber eine Wahrheit!" jagte Kepler fest. ,, Das ist Euer Glaube, Kepler , der Glaube an Eure Wahrheit: ein Afterglaube; ein herenglaube. Denn eine Wahrheit ist dann erst eine mahre Wahrheit, wenn sie notwendig ist und den Menschen nüzlich! Alle andere Wahrheit ist ein Nichts und ein Sput des Teufels des Teufels, jawohl! Ach Kepler, was ist Katharina Keplerin, die kleine Suffuba von Leonberg , gegen Euch, ihren Sohn, den großen Infubus der Welt? Ihr, Kepler , Ihr seid der wahre Heger! Was lohnt sichs, Eure Mutter zu torquieren, da sie Euch schon gebar? Repler: im Namen der Welt, die Ihr stürzen wollt, und welche die meine iſt, im Namen diefer alten, sittlichen Welt sage ich Euch jetzt, was all meine Fragen sollten und all mein Predigen: Ich will diese Welt retten, retten vor Euch. Galilei hat wider
daß ſetne Mutter in der Frühe des nächsten Morgens, um vier Uhr. Der faschistische Homer
Wenn Kepler sich den Burgemeister Einhorn als rechten Wüterich norgestellt hatte, groß und mit düsterem Blick und derber Faust: so wurde er zunächst aufs angenehmste enttäuscht, denn Herr Martinus war zart von Gestalt und geistig von Antlitz und überhaupt Keplern eher ähnlich als gegensäglich; so daß der Professor mit seiner Waffe fämpfen fonnte, nämlich mit der des Gedankens, welche auch die Waffe Einhorns war.
Kaum hatte der Betent seine Bitte vorgebracht, so erwiderte Einhorn :„ Das liegt bei Euch, Johannes Kepler , nur bei Euch!" Und als Kepler fragte: Wie das?" lächelte der Burgemeister mit schmalen, sehr feinen, etwas spättischen Lippen und fragte:
Sagt mir zunächst, Herr Mathematicus: glaubt Ihr denn überhaupt an Heren?"
Der Astronom wußte nicht, ob das eine Falle war; aber er durfte selbst dann seine Meinung ruhig sagen, denn es war die Meinung fast aller Menschen seiner Zeit:„ Ja“.
,, Und warum", fragte Einhorn mit dem gleichen Lächeln, ,, warum glaubt Ihr, daß gerade Eure Mutter keine Hege sei? Ihr wißt wohl, daß die Zeugnisse, die gegen sie beigebracht wurden, so fichere find wie nur je in einem solchen Prozeß?"
-
er
peinlich befragt werden sollte. Daß bis zu dieser Stunde die Tübinger Entscheidung gefällt und eingetroffen sein tönnte, erschien Ein modernes Heldenepos unmöglich; so ging Johannes Kepler den schweren und nicht sehr aussichtsreichen Gang durch die heimatlichen Gaffen zu Martinus Endlich nach verschiedenen mißglüdten Anläufen, hat der Einhorn , um von ihm einen Aufschub zu erbitten; und hier, in der Faschismus seinen Homer gefunden! Er hat darum einen WettBurgemeisterei des Fledteins Leonberg in Württemberg , jand jenes bewerb ausschreiben und eine Kommiffion ernemen müffen, aber dentwürdige Gespräch statt, das um ein Haar das ganze, gemaltiges ist dann auch ein Homer geworden, der sich sehen laffen fann. und scheinbar unerbittlich sich drehende Rab der Geschichte angehalten Sein Wert heißt: Dte fiebenundzwanzig Gefänge und rüdwärts gesteuert hätte; und hier auch fällte Kepler jene Ent- der Revolution, wird in 27 Foliobanden erscheinen, von scheidung, die es dennoch vorwärtsschnellte und ihm den Rhythmus Giacomo Bella illustriert( einem früheren Anarchisten) und nerlich, in dem es heute treift: den Rhythmus, der unfer Jahr nur 13 5000 Lire foften. Aber man bekommt auch etwas für sein hundert schwindeln macht und tanzen oder stürzen. Geld, wenn man dem Prospett glauben fann. Bis jetzt ist erst der erste Band dem Duce" zu Füßen gelegt worden, aber da läuft einem das Wasser im Munde zusammen. Der Verfasser nennt sich bescheiden der florentinische Virgil Virgilio Florentino zeigt uns den Herrn des Bösen, der durch den Bolschewismus Rom zerstören will. Zum Glück hat der Satan nicht allein zu bestimmen. Der unbekannte Soldat im Verein mit Dante und der Jungfrau Maria wird beim lieben Gott vorstellig und dieser beschließt, Benito Mussolini mit der Mission des Retters Roms zu betrauen. Der Erzengel Gabriel erscheint also in der bündel als Symbol seiner Allmacht. Hier sind offenbar Tatsachen Redaktion des„ Popolo d'Italia" und bringt Mussolini ein Liktorenwiedergegeben, wenn auch zeitlich etwas verrückt und ein wenig verklärt. Es gab nämlich noch feinen unbekannten Soldaten", als im Frühjahr 1915 der Erzengel Gabriel im Popolo d'Italia" in Gestalt eines franzöfifchen. Abgeordneten erschien. Er brachte auch nicht gerade ein Rutenbündel, sondern ein Bündel französischer nicht gerade ein Rutenbündel, sondern ein Bündel französischer Banknoten, das dann Rom vom Bolschewismus retten half. Das find natürlich erlaubte poetische Lizenzen. Nun wird es aber in der Hölle lebendig und einer der erfahrensten Teufel erhält Auftrag. in den Leib Wilsons zu fahren, dessen Seele einstweilen in der Hölle aufgegeben wird. Der als Wilson verkappte Satan läßt die Siegesgöttin Bittoria rauben und gefesselt an Jugoslawien auss liefern. Da erwacht das Homerische in Mussolini , und er läßt die Redaktion des Avanti" anzünden. Der Satan mobilisiert weitere Jahrgänge: Giolitti, dann. Nitti. Ihnen gelingt es, die Göttin des Sieges an einen Felsen in Dalmatien zu schmieden, von wo sie Lenin abholen soll. Zum Glück tommt D'Annunzio mit seinen Adlern, um sie zu verteidigen, aber die Sache wäre trotzdem schief gegangen, wenn nicht der Himmel über eine altbewährte Transportfirma verfügte, die unter der Direktion der Jungfrau Maria feiner zeit das Haus von Nazareth nach Loreto beförderte. Dieser ertraut man den Transport der Siegesgöttin von dem dalmatinischen Felsen in die Redaktion des Popolo d'Italia" an, wo Mussolini für ihre gute Aufbewahrung sorgt. Es folgen epische Schlachten, in denen alle romanischen Kräfte sich gegen den angelsächsischen Protestantismus wenden. Schlichlich siegt natürlich der Duce mit seinen Titanen, und Mussolini macht dann einen Ausflug in den Himmel. Wahrscheinlich stammt die im Bolte heute tursierende Erzählung von Mussolini , der sich einen Augenblick auf Gottes Thron setzt und nach einem Photographen rust, aus dieser Wochenendepisode. Zu guter Lezzt wird die Viktoria noch einmal umquartiert, tommt nady Rom und wird dort dem König vorgestellt. Schließlich tritt auch noch der Papst in Aktion, und statt des anfänglichen Triumvirats des unbekannten Soldaten, Dantes, und der Jungfrau Maria sehen wir nun den sehr bekannten und gar nicht soldatischen Muffolini, den münzenfammeinden König und den der Gefangen schaft entronnenen Bapst. Wilson, Nitti und die anderen Ausgeburten der Hölle find endgültig gemeiert, Bolschewismus und Protestantismus dito. Es ist ein schönes Wert, so reich an echter Boefie, wie der Faschismus an echter Größe. Es sollte in feinem Haushalt fehlen.
Ich glaube nicht nur, daß meine Mutter unschuldig verdächtigt und feine Here ist, sondern ich weiß es; weiß es als ihr Sohn, der den reinen Grund ihres Herzens fennt, wie auch ihre garstige Oberfläche."
Kepler schwieg; Einhorn hatte, ohne Härte, abgewintt: Laßt das jetzt. Jedenfalls aber glaubt Ihr, daß es Heren gibt, und daß nur just Eure Mutter feine ist." Der Burgemeister wurde plöglich ernst; das Lächeln schwand schnell; er stand auf und stützte die Faust fest auf den Tisch. Und ich, Johannes Kepler , ich glaube genau das umgekehrte. Ich glaube nicht, daß es sonst Heren gibt. Aber daß Eure Mutter eine Here ist: das glaube ich. Denn, damit Ihr mich versteht: man ist, was man zu sein glaubt. Zumindest müssen wir Urteiler uns an das halten, was einer von sich meint. Der rechte Glaube macht selig, heißt's in der Schrift; der unrechte mag also auch unselig machen. Eure Mutter aber glaubt selbst, daß sie den bösen Blick habe, die Kunst des Wettermachens verstünde, Buhlschaft mit dem Teufel treibe, ergo eine Here sei wenn sie mir's auch nicht eingesteht." Er sah, wie Kepler erregt einfallen wollte, und sprach schnell weiter:
-
,, Aber lassen wir zunächst einmal Eure Mutter. Sprechen wir von Euch, der ihr Sohn ist. Was ist dies hier, Herr Aftronomicus?" Er hob einen zerlesenen Band: Dies ist Euer Buch, Johannes Kepler , das Ihr herausgabet anno 1609, und das von der Bewegung der Weltförper handelt. Darin schafft Ihr Ordnung im wirren System des Kopernikus, und darin beweiset 3hr, daß Kopernitus im Grunde doch recht hat. Daß also die Erde sich bewegt samt allen anderen Blaneten um die Sonne, welche feftfteht."
,, lind Ihr seht ein", sagte Kepler hastig, wider Willen und troß der Sorge um die Mutter hineingerissen in die Giut der Erkenntnis und berauscht von einer Zustimmung, die er fast nie fand und hier zulegt zu finden gemeint hatte: 3hr seht ein, daß ich recht habe? Daß dies wahr ist?"
Jamohl. Und zugleich sehe ich ein" der Burgemeister stügte jetzt beide Fäuste auf die Tischplatte, die zwischen ihm und
"
Der Wald in Norwegen bedeckt eine Fläche von der Größe Bayerns , in Schweden und Finnland eine Fläche von über der halben Größe Deutschlands .
-
rufen aber das ist nußglos; jedermann weiß oder wird wissen, daß er gezwungen wurde. Ihr sollt auch widerrufen, Johannes Kepler , aber feiner wird missen, daß Ihr mußtet! Denn nicht Ihr werdet gefoltert, so Ihr widerruft, sondern Eure Mutter!" ,, Ber gab Euch diesen teuflischen Auftrag?" schrie Kepler , die zitternden Hände an die Schläfen gepreßt.
-
Der andere redte sich so hoch auf, daß er größer schien als Kepler, ob er's gleich nicht mar, und lächelte so stolz, daß es den | Gegner fast niederwarf: Niemand. Ich bin selbst Manns genug, um für meine Welt zu stehen. Ihr begreift das nicht, da ich doch nichts bin als der Burgemeister des winzigen Fledchens Leonberg ? Adh, Kepler: ich bin ehrgeizig gemejen, eine ganze, stürmische Jugend hindurch; dann habe ich erkannt die Eitelkeit dessen, mas diese Welt zu geben vermag, und erschauernd begriffen die Echtheit der inneren, oberen, göttlichen Welt ohne ihr nachzurechnen, mie Ihr! Gott gab Euch in meine Hand, damit ich seine Welt vor Euch bewahre. Ich kenne meine Aufgabe: ich habe Retter dieser Welt zu sein, nicht zu gelten! Ihr aber, Kepler : Ihr werdet in Eurem nächsten Werk selbst beweisen, daß Ihr unrecht hattet. Ihr werdet Euch selbst widerlegen, versteht Ihr? Zug um 3ug! So Ihr das aber nicht wollt: so wird Eure Mutter um vier Uhr in der Frühe torquiert. Es sind drei Stunden bis zu dieser Zeit. Geht nun und überdenket alles wohl!"
-
-
- So fand Kepler fich jählings auf der mitternächtlichen Gasse wieder; der frostharte Boden des ungepflasterten Weges flang hell unter seinen Schritten. Er ging schnell von dannen, ob er gleich nicht wußte, wohin: denn sein gepeinigtes Herz schlug viel zu hart, und sein aufgescheuchtes Hirn schmerzte viel zu sehr, als daß er einen klaren Gedanken hätte fassen können. Eindrücke, die scheinbar fern lagen, drängten sich nahe an ihn: wie er auf dieser selben Gaffe als Kind gespielt, und wie er von seiner Mutter nachher manchen ungerechten Schlag empfangen hatte in der Stube, darin es nie sauber und ordentlich ausgesehen hatte wie bei den Eltern seiner Spielgenossen; unversehens ward ihm das Bild der Mutter wieder deutlich und da fiel die fürchterliche Alternative dieser Nacht wieder zerreißend in sein Denten: diese schlechte Mutter ober seine gute Lehre! Und doch wußte er zutiefft, daß die Lieblosigkeit der Mutter ihn nicht entband von der Pflicht des Sohnes. Pflicht war hier, Pflicht mar dort, Pflicht gegen die Mutter stand wider Pflicht gegen sich selbst, Pflicht gegen das Herz wider Pflicht gegen den Gott, Pflicht zur Güte wider Pflicht zur Größe.
-
Der Gedanke ,, Größe" traf ihn so, daß ihn schwindelte; er mußte stehen bleiben und sich an eine Mauer lehnen, und seine Knie wankten. War denn er, der Mathematikprofessor Johannes Kepler , zur Größe gefchaffen? Bisher hatte er es geglaubt; hatte gelaubt, daß Größe darin läge, neue Gefeßze zu entdecken, während sie doch allein darin bestand, solche zu verantworten, wie er nun, durch Martinus Einhorn, wußte. Nicht im Geistigen also lag wahrhafte Größe, sondern im Gittlichen hatte er da nicht bisher sein Weltbild gebaut spielerisch fast und leichtfertig wie ein Kind, nur immer aus dem Willen zum Forschen, und nie aus dem Willen zum Guten? Welch furchtbare Verantwortung nun für ihn, mit solchem Weltbild seine Zeit zu stürzen, an ihm die Menschheit leiden zu lassen und vielleicht zerbrechen.-- ( Schluß folgt.)
-
Zu seinem 175. Geburistage
Als er starb, regnete es. Nur menige Freunde geleiteten die Leiche bis zu der allgemeinen Grube", in die fie gefenft wurde. Der Blog, an dem fic ruht, ist emis unauffindbar. Dieser arme Musiker, der bei feinen Tobe, 35jährig, in wenig hinterließ, daß Das Gelb nicht für eine bürgerlich bescheidene. Bestattung reichte, mar fein Unbekannter, tein Berkannter gewesen. Wolfgang Amadeus Mozart führte das Leben eines hochberühmten Zeitgenoffen: ein Leben in Not und Sorgen, das vom märchenhaften Glanz der Kinderjahre graufanı abstach.
Das schöpferische Genie des Musifers, der eines Musikers Sohn gewesen, offenbarte sich schon im vierjährigen Knaben. Mit jedhs, fieben Jahren war er eine europäische Berühmtheit. Sein Bater nahm ihn und die ältere Schwester mit auf Reisen, in die deutschen Länder, nach Paris , nach London . Hier war es, daß Christian Bach, der königliche Hofkapellmeister, Sohn des großen Bach, das Talent des Pleinen Mozart den abenteuerlichsten Brüfungen unterwarf. Könige und Prinzessinen wetteiferten, den Wunderknaben zu feiern und zu verwöhnen, als foftbare Rarität wurde er von einem Fürstenhof zum anderen gereicht.
-
Wirken nicht untreu geworden. Die großen Herren liebten es, die Die Huld der Fürsten ist dem Mann in seinem erfolgreichen Höhen ihrer Welt mit den Gaben seines Genies zu schmücken, und fie sparten nicht mit Beweisen ihrer allerhöchsten Anerkennung. Der Künstler mochte dabei verhungern, das war ihre letzte Gorge. Das fließende Bond der Tantiemen war damals noch nicht erfunden. Der erste, der die gute Idee hatte, der schöpferische Autor müsse billigerweise am Ertrag seiner Arbeit dauernd teilhaben, war der Figaro" Dichter Beaumarchais . Aber Mozart hat von seinem Figaro" feine Brozente bezogen. Doch der Figaro"-Erfolg hat ihm immerhin einen Vertrag über 100 Dutaten eingetragen, um deren Preis das übliche Honorar damals er nun den Auftrag zur Komposition der Oper„ Don Giovanni " übernahm. Es ging dem Musiker schlecht in jenen Zeiten, das gehörte zum Beruf. Mozart steckte nicht nur immer in Schulden das gibt es aud) bei Schwerverdienern, sondern es war, nach den glücklicheren Jahren der Wunderkindheit, ein Dasein ewig in Elend und materieller Gedrücktheit, durch das er sich schlug. Noch vier Jahre vor seinem Tode mußte er eine subalterne, miserabel botierte Stellung- achthundert Gulden Gehalt annehmen, in die sein Kaiser, bekanntlich ein sehr hochherziger" Monarch, Joseph II ., ihn gnädig berief. und noch auf dem letzten Lebensjahr lastete der Druck schwerster Sorgen. Er war, das nahe Ende ahnend, mitten in der Partitur seines Requiem", das ihn ein wohlgefinnter Musikmäzen heimschreiben lich: um sich dann selbst als Autor feiern zu lassen ließ, als aus Prag der Auftrag fam, für die Krönung des neuen Königs von Böhmen die fällige Festoper zu liefern. Metastasios altbewährte ,, Clemenza di Tito ", unzählige Male für ähnliche Zwecke komponiert, denn Milde ist bekanntlich von je des Herrschers höchste Tugend, wurde als Tert zugrunde gelegt. Nach knapp drei Wochen, September 1791, erflang das Wert, das Mozart daraus gemacht hat. Und im selben Monat dirigierte er in Wien die Uraufführung seiner Bauberflöte". So amerikanisch war das Tempo feines Wirkens. Seine Preise waren es nicht; noch vor wenigen Monaten hatte er sich bei den ,, Gnädigen Herren des Hochlöblichen Hochweisen Wiener Magistrats" um den Bosten eines Kapellmeister- Bolontärs beworben; die städtische Behörde hatte nicht das Herz, nein zu sagen.. K. P.
-
-
-
-
Journalisten- Versicherung in Rumänien . In Rumänien ist am 1. Januar das Gefeh über die Altersversicherung der Journalisten in Kraft getreten. Danach beträgt im Falle der Arbeitsunfähigkeit die Rente nach 10jähriger Beitragszahlung 40 Proz. des legten Ge haltes. Die Pensionsgrundlage erhöht sich nach 10jähriger Dienstzeit um je 3 Broz. für das Jahr. Nach einer Berufstätigkeit von 30 Jahren hat der Versicherte Anspruch auf 100 Broz. feines Monatsgehaltes, bzw. den Monatsdurchschnittsbetrag seiner Einahmen während der letzten 5 Jahre.