Nr. 112.
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Vorwärts
13. Jahrg.
Infertions- Gebühr beträgt für die fünfgespaltene Petitzeile oder deren Raum 40 Pf., für Vereins- und Bersammlungs- Anzeigen 20 fg. Juferate für die nächste Nummer müssen bis 4 Uhr nachmittags in der Expedition abgegeben werden. Die Expedition ist an Wochentagen bis 7 Uhr abends, an Sonnund Festtagen bis 9 1hr vormittags geöffnet.
fernspreder: Amt 1, Nr. 1508 Telegramm- Adresse: " Sozialdemokrat Berlin".
Redaktion: SW. 19, Beuth- Straße 2.
Donnerstag, den 14. Mai 1896. Expedition: SW. 19, Benth- Straße 3:
nußt, da die Arbeitgeber nur ungern wollene Decken liefern aus und jugendliche Arbeiter aus Belgien in Furcht, daß sie ihnen gestohlen werden.
in einem niedrigen Raume drei erwachsene Mädchen und zwei In einer Ziegelei hat der Gewerbe- Inspektor festgestellt, daß Burschen von 17 und 18 Jahren in den Bettstellen schliefen. In einem anderen Raume schliefen vier Wanderarbeiter mit der Frau des einen zusammen auf dem Heuboden.
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deutschen Ziegeleien ungebührlich überdiese Verordnung, die ziemlich energisch klang und die doch anstrengt und verwahrlost" würden. Aber auch allen Landräthen Mittelschlesiens Veranlassung gab, die Lage der Ziegler zu beobachten und wenn irgend möglich, für der anerkannten Mißstände allseitig zu
Ein offizielles Geländnik. Hundert und aberhundert mal ist in unseren Partei blättern die Binsenwahrheit ausgesprochen worden, daß die energische Durchführung des bischens Arbeiterschutz vor allem an den aufsichtsführenden Behörden nicht die Stütze hat, die sie haben sollte. Für die Richtigkeit dieser In den Bezirken anderer Gewerbe- Jrspektoren sind die Ziegeleien Abhilfe Anficht liefert eine fürzlich erschienene Verfügung des bereits nicht zahlreich, aber auch dort sind mehrfach Uebertretungen der sorgen, hat nichts anderes zu wege gebracht, als' aß in mehrfach bekannt gewordenen Nimptscher Landrathes, des Herrn über die Arbeits- und Wohnungsverhältnisse der Ziegelei- Arbeiter diesem Jahre von neuem offiziell konstatirt werden mußte, Geheimrath v. Goldfus*), einen neuen, einen offiziellen Beweis. erlassenen Bestimmungen festgestellt. Sie bestanden zum theil in daß alles beim alten geblieben ist. Woran liegt das? Sie betrifft zwar nur die Ziegelei- Industrie des Nimptscher Beschäftigung von Kindern unter 18 Jahren, die vielfach von ihren Eltern zur besseren Aufsicht mit auf die Ziegeleien geKreises; ihr Juhalt ist aber zweifelsohne bezeichnend nommen und dort zu leichteren Arbeiten meist ohne Wissen Industriearbeiter an; die Ziegler find zu einem bedeutenden Die Ziegelei- Arbeiter gehören der untersten Klasse der für die ganze Art und Weise, wie die unteren Behörden, des Arbeitgebers- verwandt wurden, theils in Beschäftigung Induſtriearbeiter an; die Ziegler sind zu einem bedeutenden auf die es bei der Durchführung der Sozialgesetzgebung vor von Frauen mit Arbeiten, zu denen sie nach der Bekannt- Theile nebenbei oder gar vorwiegend Landarbeiter oder Kleinbauern. Sie stehen den tiefstehenden polnischen allem autommt, nicht nur in der Ziegel- Industrie und machung vom 27. April 1893 nicht verwendet werden durften nicht nur im Kreise Nimptsch , sondern auch in den übrigen oft nur zur Hülfe ihrer gleichfalls in der Ziegelei beschäftigten und russischen landwirthschaftlichen Arbeitern von allen Industriezweigen, und auf dem Lande überhaupt, zumal in Männer theils in Uebertretungen der über die Arbeitsdauer Industrie- Arbeitern am nächsten, und ihre OppositionsOstelbien, verfahren. Sie lautet: für jugendliche Personen und über die in den Fabrikräumen an- fähigkeit ist einstweilen noch gleich Null. Aus eigener zubringenden Aushänge"( III. 3 der Bekanntmachung vom Kraft können sich demnach die Ziegelei- Arbeiter nicht helfen; Nimptsch , den 22. April 1896. 27. April 1893) erlassenen Bestimmungen, theils in der Un- die unter ihnen allenthalben herrschende Schnapspest ver Die auf meine Verfügung vom 1. Juli 1895 I 4460 be- zulänglichkeit der den Arbeitern gewährten Lagerstätten. treffend die Wohnungs- und Arbeitsverhältnisse der Ziegelei- Ich setze voraus, daß seitens der Ortspolizeibehörden auf schlimmert ihre Lage. Der sozialdemokratischen und GewerkArbeiter erstatteten Berichte sprechen sich fast ausnahmslos dahin die von den Gewerbe- Inspektoren im Einzelfalle gemachten Mit- schaftsorganisation sind die Ziegeleien fast gar nicht zuaus, daß die vorgenommenen Revisionen und gemachten Ertheilungen sofort die erforderlichen Anordnungen zur Be- gänglich, da sie fast sämmtlich Anhängsel jener Rittergüter fahrungen zu besonderen Ausstellungen teine Veranlassung geseitigung der aufgedeckten Mißstände getroffen sind. sind, auf denen man bekanntlich Sozialdemokraten un geben hätten, und daß insbesondere die Bekanntmachung des Mit Rücksicht darauf, daß die große Zahl der Ziegeleien gestraft mit Kuüppeln bearbeiten und mit Hunden fortHerrn Reichskanzlers vom 27. April 1893( Amtsblatt S. 307)**) seitens der Gewerbe- Inspektoren nicht fortgesezt kontrollirt werden hetzen darf. sowie die Bestimmungen in§§ 115-119 der Gewerbe- Ordnung tann, ersuche ich die Ortspolizeibehörden des Kreises ergebenst, im allgemeinen berücksichtigt wärden. den Ziegeleien auch weiterhin die besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden und durch häufige unvermuthete Revisionen bald nach Wiederbeginn des Betriebes in diesem Frühjahr die Befolgung der bestehenden Bestimmungen herbeizuführen. Gs empfiehlt sich, den Biegeleibefizern den Aushaug der gesetzlichen Bestimmungen in den Ziegeleien auszugeben.
Demgegenüber baben die Gewerbe Inspektoren über eine Reihe von thatsächlich erheblichen Uebelständen in den Wohnungsund Arbeitsverhältnissen der Ziegelei- Arbeiter berichtet. So hat ein Gewerbe- Inspektor, welcher 65 Biegeleien besichtigt hat, bei 9 derfelben eine ungefeßmäßige Beschäftigung von Kindern festgestellt, bei 34 sind die Vorschriften der vorerwähnten Bekannt machung gänzlich oder theilweise unbeachtet gelassen worden, bei dreien sind Verstöße gegen die Bestimmungen der GewerbeOrdnung§§ 115-119 vorgekommen, bei 18 sind die Schlaf räume, bei 11 die für die Frauen bestimmten Aborte unzureichend gewesen, bei 49 sind verschiedene andere Verstöße gegen die Gewerbe- Ordnung( bezüglich der Arbeitsbücher, der Arbeitsordnungen und der Sonntagsruhe) zu seiner Kenntniß gelangt.
An
fämmtliche Ortspolizeibehörden des Kreises. I. 2528.
Der königliche Landrath von Goldfus Geheimer Regierungsrath.
Von den Besitzern der Ziegeleien kann man bei der Herrschaft der kapitalistischen Moral nicht erwarten, daß sie zur Verbesserung der Lebensverhältnisse ihrer Arbeiter auch nur das geringste beitragen; die Furcht, durch Befolgung der Vorschriften der Gewerbe- Ordnung das Mille Ziegel auch nur um wenige Pfennige zu vertheuern und den eigenen Profit auch nur um ebenso viele Pfennige zu fürzen, hat in den meisten schon längst alle Furcht vor Strafen für Gesetzesübertretungen ertödtet.
Bleiben die Behörden. Daß die entfernt wohnenden Landräthe, Gewerbe- Inspektoren und Regierungspräsidenten nichts ausrichten können, eben weil sie von den Betrieben entfernt wohnen und den Unternehmern nicht täglich auf die Finger sehen können, ist eine dem Praktiker seit langem bekannte Thatsache. Sie können nur Vorschriften über Borschriften erlassen, um deren Befolgung können sie sich wenig oder gar nicht fümmern.
Es ist wahr, einige Stellen der Verfügung lesen sich wie Säge aus dem Leitartikel eines Parteiblattes, oder, wenn sie nur besser stilisirt wären, wie Zitate aus Engels' Die Wohnungsverhältniffe der Biegelei- Arbeiter sind vielfach Lage". Und doch, wenn auch alle 35 Regierungspräsidenten sehr schlecht gewesen. Ein Bett oder gesondertes Lager ist felten Breußens, nicht blos alle Landräthe Schlesiens, ähnliche vorgefunden, meistens haben die Arbeiter auf einer Schütte Stroh oder noch energischere Verordnungen erließen, in den zu auf dem Boden oder auf dem Ziegelofen, nur ausnahmsweise ständen der Ziegeleien wird im wesentlichen alles beim in gesonderten Schlafräumen geschlafen. Zum Zudecken sind Die Haupfarbeit bei der Durchführung der Vorschriften meistens die eigenen Mäntel und Decken von den Arbeitern be- alten bleiben. Die Lage der Ziegler wird nämlich nicht etwa durch der Gewerbeordnung und sonstiger Verfügungen bleibt Herr von Goldfus hatte nach den Ergebnissen von die abgedruckte Verfügung zum ersten Male offiziell be also, wie bei den meisten anderen Betrieben, auch in den E. Richter's Bukunftsstaat" feinen Amtsvorstehern offiziell den rührt. Nach einer Verordnung des Potsdamer Regierungs- Biegeleien den Ortsbehörden überlassen. Die Ortspolizei. maffenhaften Ankauf und die Vertheilung dieses elenden Mach- präsidenten, des Grafen Hue de Grais vom Jahre 1891 behörden sind aber häufig ganz ungeeignet, den Vorschriften weites dringend empfohlen. Ferner hatte er 1893 den Amts- folgten die am 27. April 1893 vom Reichskanzler erlassenen ihrer höheren Behörden Nachdruck zu verleihen: entweder vorständen seines Kreises aufgegeben, die Aufführung von Gerh. Bestimmungen. Daß diese nichts halfen, wurde im vorigen wollen sie das nicht oder sie können es nicht; gewöhnlich verständlich ohne den betreffenden Bescheid seiner Fassung nach Jahre in einer Verfügung des Breslauer Regierungs - fehlt ihnen sowohl der Wille wie auch das Vermögen, präsidenten, des Herrn v. Heydebrand und der Lasa, zu Wandel zu schaffen. als auf höherer Weisung beruhend kenntlich zu machen".(!) **) Abgedruckt in der Reichs- Gewerbe- Ordnung, Anhang gegeben. Hatte doch damals sogar eine auswärtige, die S. 315-318 der Vorwärts- Ausgabe. belgische Regierung darüber Klage geführt, daß Kinder bückte, gab es ihr einen Stich quer durch's Kreuz. Um so ( Nachdruck verboten.) höher hob sie die Drischel und um so weiter holte sie aus, Was sollte der Bauer von ihr denken, wenn sie schon in der ersten Stunde müd' wurde! Und sie hielt aus.
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Tene.
Roman von Nicolaus Krauß. Der Bauer spuckte in die Hand, faßte die Drischel und holte aus.
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Gegen sieben Uhr steckte der Vülwat- Bauer seinen Wolltopf zur Scheune herein, verzog sein breites Gesicht zu einem gutmüthigen Lachen und fragte:
Ho- ho- ho! Na, Flauger, sitzt der Teufel no allerweil auf Dein' Hohnabäuman?"
Wer sind die ländlichen Ortspolizeibehörden? Die Amtsvorsteher. Was aber sind die Amtsvorsteher, wenigstens Dreschen her is... Aber g'halten hast Di ganz tüchii, Moidl. Wirst es schon noch g'wöhna... Jezt läßt d' Dir von der Bäuerin d' Blasen aufstechen und an Fad'n durchziehn und Dir d' Händ tüchti mit Inslat einreib'n... Wenn f' fragen sollt, wo i bin, sagst D': Wurf'n thut da Bauer.. Morgen werd'n ma schon weiter schaun..."
Am anderen Morgen waren Lene die Arme bis zu den Schultern hinauf geschwollen, und die Hände sahen aus wie Schmalzkücheln. An ein Dreschen war nicht zu denken. Der Bauer kratzte sich mit der Pfeifenspite hinter dem rechten Ohr.
„ Höllschinda u Fix- Laudon! Eiza mouß a Taglöhner
Alsdann! Fang' ma an, in Gottesnama!" Beim dritten Schlag fiel die Lene ein. Und nun ging's weiter in gleichmäßigem Zwieschlag: Tapp- Tapp, Tapp Der Angesprochene hielt im Dreschen inne, ging hin Tapp, Tapp- Tapp, Tapp- Tapp Lene hatte das Gefühl, als wären ihre Kräfte mit und schlug dem Spötter den Thorflügel vor der Nase zu. einem Male gewachsen, als tehrte die Drischel von selbst Den draußen Stehenden hörte Lene noch im Abtrollen wieder zu ihr zurück. Erst allmälig merkte sie, daß das tollern: von der Holztenne herrührte; beim Lehrer war die Tenne Flauger, Flauger! Paß auf, daß er Dich net her! D' Steuer mouß i zahlen!..." aus geschlagenem Lehm gewesen, und jeder Schlag hatte amal berwischt. Ho- ho- ho! Der Teufel, ja, dös ist a matt geflungen, wie wenn man mit der Hand an eine gar a b'sonderer Kund!. Mauer schlägt. Immer früher kam Lene mit ihrem Tapp, bis der Bauer, nachdem man das ,, Stroh" einmal hinauf gedroschen" hatte, sagte:
Der Flauger hing seine Drischel übers Loth und schneuzte sich in sein blaues Fürtuch".
3 ist Essenszeit, Moidl. Wenn dir d' Bänerin was schafft, gilt's, als hätt' ich's gesagt... Ein für Alle
mal
Du bist viel zu schusserig Moidl. Dös is toan Tatt, und Du wirst 3' früh müd." Das Hinabdreschen" war viel schwieriger. Vor dem Aber mit dem Essen hatte es nicht so große Eile. Loth" fiel die gewölbte Tenne zu einer Rinne ab. In Zuerst mußte das Vieh versorgt werden. Die Bäuerin diese Rinne mußte man beim Dreschen treffen, sonst bogen zeigte der Lene, wie man den Kleeheuabfall für die Kühe sich die Halme über und man erhielt Wirrstroh, das nur brüht und die gedämpften Futterkartoffeln zerdrückt; der zum Einstreuen zu gebrauchen war. Lene hatte wenig Glück Bauer half ihr das Futter in den Kuhstall tragen. Und mit'm Loth; entweder schlug sie einen Fuß hoch an die erst, als auch die Ochsen abgefüttert waren, und die beiden Holzwand und der Flegel prallte auf die Aehren zurück, Schweine ihr Spülicht bekommen hatten, setzte man sich oder der Flegel kam nicht gerade in die Rinne zu liegen, zur Milchsuppe nieder. und das Stroh wurde noch mehr durcheinandergewirrt.
" Das kannst net," meinte der Bauer. So werd ich's machen. Aber paß' auf, wie ich hin hau!..."
Nach einer halben Stunde spürte Lene ein leises Rieseln, Zerren und Krappeln in den Armbeugen und ein zeitweises Zwicken. Dann fühlte sie, wie ihr die Muskeln des Ober armes mählich dicker wurden, und als sie sich einmal
Nach dem Frühstück begann das Dreschen von neuem. Gegen Mittag hatte Lene Blasen an beiden Händen und am Nachmittag ließ sie plöglich, nachdem sie einigemal mit ihrem Flegel an den des Bauers gestoßen war, ihre Drischel fallen und brach in Thränen aus.
" Hätt' mir's denken kinna," meinte der Bauer gelassen. Hab's ja schon beim ersten Drischelschlag g'seh'n, wo Dein
Der Taglöhner fam, er hieß der Vicenzi ihr Mann" und war der beste Drescher im Dorfe. Jeden Abend zahlte ihm der Bauer den verdienten Taglohn aus. Das dauerte immer eine Viertelstunde.
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" Na, Vicenz, was meinst D' denn, das D' freight?" Was asg'macht ist, Bauer..."
„ Sua, sua!... Na, wos hab' i denn g'jagt... Vierzig u's Essen?"
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Höher, Bauer!"
" Fünf n vierzig?" " Noch höher!"
" Am End' gar fünfzig? Na, Naz, dös kann i net g'sagt hab'n. Da müßt ma ja bankrott werd'n!" Der Taglöhner sah den Bauer mit einem halben Lächeln in's Gesicht.
Na, wenn's asg'macht ist, muß i halt zahlen. Was g'sagt is, is g'sagt.. Der Bauer griff in die Tasche, holte langsam seine Tabaksblase hervor und begann aufzuzählen. Dös is a Zwanzger. Und a Sechserl macht dreißig... Nimmst a Kupferkreuzer? Alsdann. Vierzig Zwoa Bierkreuzerstückla; macht achtundvierzig... Sua da is
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