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Henry Poulaille: Das Opfer

Sie faß vor ihrer Nähmaschine und säumte eine Schürze für ihren Jungen. Dabei war sie ganz in Gedanfen versunken über die nötigen Anschaffungen für die Ferien des Knaben. Man unterschäßt immer die Auslagen. Er ging ins fiebente Jahr und da wächst sich ein Kind schnell aus den Kleidern. Der Schularzt hatte ihm für die Ferien einen Aufenthalt auf dem Lande verschrieben. Er war leb= haft, aber bläßlich. Sie überrechnete zum wer weiß wievielten Male, ob sie sich nicht doch noch etwas für den Jungen absparen könnte, als ein ungewöhnliches Gelaufe vor dem Hause fie aufhorchen ließ. Auf der Treppe famen unsichere, schwere Schritte die Stiegen auf­wärts., Das müssen mehrere sei, dachte sie. Im ersten Augenblid,

..Ist ja wahr, sein Bett liegt voll Wäsche..." Vor dem Plätten hatte sie die Wäsche gestopft und geflict. Sie rannte hinauf, das Bett in Ordnung zu bringen.

Der dritte Siod war voll von Menschen. Da war Frau Ragon, Frau Salat, die kleine Hedwig und alle Einwohner aus dem oberen Stodwert. Einige Dugend Frauen und Kinder standen da und hinter der Gruppe war das Gedränge aus den unteren Etagen. Frau Ragon schaffte Platz:

,, Laßt doch den Weg frei... zurück von der Treppe!" Sie gingen zurück und drängten sich an die Wand. In dem Tragstuhl der Männerhände wurde Balier wie das Allerheiligste einer Prozession vorübergetragen. Er nahm alle Straft zusammen, um sich wenigstens steif aufrechtzuhalten und verbiß jeden Schmerzenslauf.

Halloren, daß man mit dem Verlauf des Silberschates nach Amerita viel Geld verdienen konnte. Da waren mit einem Male alle Gefühle der Anhänglichkeit an das angestammte Herrscherhaus und seine silbernen Becher, da war alle Ehrfurcht vor dem Ueberlieferten vergessen. Der stistorische und ideelle Wert des Shazzes galt nichts und der materielle alles. Die Stammgäfte der kaiserlichen Gratulationscour waren entschlossen, ihre mehr­

tausendjährige Bergangenheit an Dollarmillionäre auszuliefern, einer papiermark gezahlt erhalten hätten. Nur dem Eingreifen der an sich hohen Summe wegen, die sie aber doch nur in Inflations­preußischen Staatsregierung ist es zu danken, daß es nicht zu der Auslieferung fam. Sonst müßten die Halloren heute ohne die fürstlichen Becher auf die Heimkehr der Hohenzollern warten und das mühevolle Geschäft der Fahnensammlung durch Abstoßung von Wurst und Soleiern wieder von vorn beginnen. Und bazu hat die Geschichte denn doch keine Zeit, den Leuten zuliebe alles noch einmal zu machen.

eine Gefunde nur, glaubte sie, es wären Betrunkene, die nach Hause famen. Aber es war erst vier Uhr und war nicht Sonnabend oder Sonntag. Sie schüttelte den Kopf und fonnte nicht einen schweren Seufzer unterdrücken. Eigentlich ohne Ursache. Die schweren Schritte auf der Treppe famen höher hinauf. Mensch wie Tier spüren aus dem Atem Tod und Leben. Sie wollte sich gegen den Schreckens­gedanken auflehnen, als im gleichen Atem ihre Angst zum Schrei auch vorsahen, fonnten sie nicht verhindern, daß er dabei entfeßlich anthropologische Forschungsexpedition führen, die in diesem Winter

des Blutes.

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wurde: Das ist mein Mann! Man bringt ihn nach Hause!" Sie wollte es nicht glauben und bäumte sich gegen die Gewißheit Die Stöße der Füße auf den Treppenstufen wurden fester. Sie wollte öffnen und hinunter rennen, aber sie blieb, gebannt von der Angst, dem Unglück die Tür zu öffnen.

Auf der ersten Etage verhielten die Schritte und stiegen dann höher zur zweiten Etage. Sie hörte Türen schlagen und Gerenne in den Fluren. Der ungewohnte Lärm beunruhigte die Einwohner. Der erste, der sich über das Geländer der Treppe bog, schrie auf: ..Das ist Balier, der Zimmermann vom dritten Stod!"

Andere stürzten herbei und dret Nachbarinnen rannden vorous, Frau Balier zu benachrichtigen.

Die Frau hatte darauf gemartet, daß die Gewißheit ihre Angst zerreißen fäme.

Mein Mann?-Mein Mann?- Mas?" fragte fte wie geistes­

abmesend.

3a", sagte eine ,,, Berfekt! glaube am Arm

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sie

Endlich hatten fie ihn in seiner Wohnung. Sie feßten ihn auf dem Bettrand ab, schlugen die Decken zurück, und so sehr sie sich aufschrie.

und verschränkten die Arme, die nun befreit waren von der Die drei Arbeiter sahen einander in hilfloser Berlegenheit an Schmerzensbürde. Sie schienen noch über nötige Maßnahmen für ihren verlegten Kameraden nachzudenken. Die Frauen flüsterten einander zu, wie sie irgend helfen fönnten. Frau Salat näherte fich den Männern.

Glauben Sie... es ist nicht schwer..." Sie schwiegen.

Frau Ragon mandte sich zu den Männern. ,, Mögen Sie ein eines Glas?"

Sie fahen einander an.

Afrika , die Wiege der Menschheit?

"

Der französische Major Bernard de Bontois wird eine bis ins Herz der Sahara eindringen will, um im Gebiet des Die Expedition, ber hervorragende Archäologen, Anthropologen und Tanezruft, der Wüste des Durstes", Ausgrabungen vorzunehmen. Naturforscher angehören, wird dieser Tage von 2gier aus in großen Automobilen die Reise unmittelbar nach dem Süden der Sahara antreten. Man hofft, eine Sammlung von prähistorischen Geräten heimzubringen, wie sie von den Höhlenmenschen benügt murden, die vor 15 000 bis 20 000 Jahren das Gebiet der heutigen Sahara bewohnten. Die Ausbeute dieser Sammelarbeit soll auf Der nächtjährigen Pariser Kolonialausstellung in einer prähistorischen Gonderabteilung vereinigt werden.

Size und Wassermangel hatten es bisher mur menigen Gelehrten

Ja", sagte einer und sie führte die drei in die Küche, holte gestattet, ins Herz der Wüste vorzubringen und sich des Materials Gläser und goß ein.

Mie ist das getommen?" fragte fie ohne Umschweife. ,, Man weiß es nicht genau", erwiderte Lunel .

M

War ein Arzt ba?"

Sie bringen ihn herauf. Ich

Berleft? Die Frau sprang auf, ftieß die Nachbarinnen zur Seite. Die Frauen hatten feine andere Wirkung ihrer Borte er­wartet.

Langsam stiegen drei Männer die Treppe hinauf. Sie fah, die Männer stügten mit größter Borsicht den Verletzten, der bei den ewigen Bindungen der engen Treppe ächzte und stöhnte. ,, Georg!" schrie fie.

Johanna!" bemühte er sich zu erwidern, ich bin es!" Es strengte ihn an.

,, Bleibe ruhig", sagte einer der Männer, gleich sind wir oben." Ich bin verlegt!" Klang es wie eine Entschuldigung aus seinem " Ich bin verlegt!" Klang es wie eine Entschuldigung aus seinem

Munde.

,, D mein Gott!" Sie stöhnte und schrie auf.

Die Männer, die die Bast trugen, wollten nicht einhalten Aber die Frau ging ihnen nicht aus dem Wege in ihrer Berzweif lung und Angst.

Einer der Männer, Lunel , gab ihr zu verstehen, aus dem Wege zu gehen, um so mehr, als sich eine Menge Neugieriger non allen Seiten heranjchob.

Bett

Ja, Bruch der Wirbelsäule, fagte er..." Oft er gefallen?"

Ja, fie fielen zu zweien, Balier und Renri, ein Italiener, der war gleich tot." Lunel stockte, und ein anderer fuhr fort.

Ich habe es genau gefehen. Ich wollte ihnen noch zurufen: Borgesehen!", da war es schon geschehen. Ein gesprungenes Brett bog sich unter ihren Füßen durch und beide stürzten herab... Nenni mog feine neunzig Kilo."

Ich stand unten", sprach der dritte weiter ,,, Nenni gab nicht mehr einen Laut von sich. Er war auf der Stelle tot, aber Balier schrie sogleich um Hilfe. Man lief zum Arzt gegenüber der Bau­ftelle. Er kam sofort. Sein erstes Wort war Hospital. Balier schrie: Rein, Jungens, ihr bringt mich nach Haus! Der Arzt schüttelte den Kopf und zuckte die Achseln. Das fann ein ganzes Jahr dauern, das ist sehr kompliziert... Wir holten eine Tage und brachten ihn hierher."

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Ein Jahr?" faßte fich Frau Ragon in die Haare. Die. Aermste! Und der Junge und das andere, das noch kommi Ein Jahr, dann ist er gelähmt... für sein Leben."

...

zu bemächtigen, das, wie man weiß, dort in Ueberfluß vorhanden ist. Im Mittelpunkt dieser Durstmüste" des Tanezruft harrt der Expedition eine auf drei Tage berechnete, mühselige Arbeit, die dem Zweck dienen soll, meteorologische, magnetische, elektrische und geologische Studien zu machen. Nie zuvor hat eine wissenschaftliche Expedition in der Gegend gemeilt, die wegen ihrer finnvermirrenden Luftspiegelungen zu den berüchtigsten Gebieten Afrifas gehört. Auf rund 1200 Quadratkilometer ist die Wüste ohne Wasser und Bäume. Nach der Durchquerung des Tanezruft wird die Expedition im langsamen Tempo die Reise in Richtung auf den Niger fort­fegen. Im Massiv der Hoggarberge werden sich die Forscher vier Wochen aufhalten, da auch dort viele prähistorische Reste vorhanden fein sollen. Major Pontois gedentt vier Monate nach der Abreise wieder in Algier einzutreffen, gerade zur rechten Zeit, um der unerträglichen Sommerhitze aus dem Wege zu gehen, die das Gebiet für Menschen und Tiere unbewohnbar macht. Er hofft, daß die Expedition den bündigen Beweis dafür erbringen wird, daß Nord­ afrika und nicht Asien die Wiege der Menschheit war.

Källe und Lebensenergie

Der Arzt sagte, der Bruch der Wirbelsäule sei nicht die ge: Sie wollte noch einmal eingießen, aber die Männer dankten. Wir wollen gehen, fagte Lunel Ich tonime heute abend Ste zitterte an allen Gliedern nach vorbet. Lassen Sie sofort einen Arzt hofen, Ste wissen, er hat soll ich nur anfangen. ich. Sie rannte einige Stufen vorauf und wäre dabei vor Angst freie Wahl. Er kann einen Arzt nehmen, den er will." ( Schluß folgt.) beinahe gestürzt.

Fau Balier, laffen Sie uns erst nach oben... machen Sie das fährliche Stelle. Bor sieben, acht Monate gibt er teine Hoffnung. Nullpunkt bezeichnet, hat man bis heute selbst in den Rättelabora

Gliedern

SIM

sch weiß nicht.

was

Halloren und Hallorenschatz

Von Hermann Lange

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Es tommt im Zeitalter der Weltfunkverbindungen und anderer| Dienste der Salzgewinnung. So wurden die Vorfahren der Halloren entscheidender Dinge noch vor, daß man in Europa lebendigen Menschen begegnet, die nicht nur zu besonderen Gelegenheiten, sondern täglich und im gewöhnlichen Leben einen Dreispiß auf ihren Häuptern tragen. Man hat dann für einen Augenblick das Gefühl, als ob man sich in der Straße geirrt und in Gedanken ein falsches Jahrhundert entlang gelaufen wäre. Aber es ist durchaus tein Versehen. Der Geschichte passieren niemals Versehen. Im Italien des faschistischen Regimes trägt die Polizei( abgesehen von der faschistischen Miliz) noch immer den Dreifpig, einen blauen Frad mit weißem Bandelier und ganz breite rote Streifen an den Hofen, aljo eine Uniform, die versunkenen Jahrhunderten angehört. Aber auch in Halle, der gemüt- und pietätlosesten Stadt der Erde, trifft man noch immer Männer, die, seltsam dunkelhaarig und dunkel­äugig, feidene Kniehosen mit Schleifen, Schuhe mit silbernen Schnallen, langschößige Röcke und auf dem Haupt einen Dreispitz tragen. Freilich fehlt ihnen die levendige Grazie und jene natür liche Bürde, mit der auch der lehte Guardia municipale" in Rom wie in jedem Abruzzendorf fein altes Gewand dem jüngsten Tage entgegenträgt. Und damit verraten die Dreispißträger der Saale­stadt, wie sehr sie nicht nur den Tiefen, sondern auch dem Brachsein des Halleschen Schlages aufs engste verbunden sind. Aber ich will Ihnen erzählen, wer sie sind und wie das gekommen ist.

Außer den Hallensern und den Halunten gibt es in Halle noch eine dritte Gruppe von Menschen: das sind die Halloren. Außer den Hallensern, fage ich nicht aus einer stilistischen Ungenauigkeit oder Spielerei, sondern mit vollem geschichtlichen und ethnologischen Recht, denn die Halloren sind im Grunde feine Gruppe von Hallensern. Sie sind überhaupt keine Hallenser oder aber, wenn man den Blick bis an den Anfang zurückschweifen läßt, die einzigen wahren Hallenser und alle übrigen nur im Verlauf der Geschichte Zugelaufene. Die Hallaren waren nämlich schon lange da, bevor Halle gegründet murde. Stammesgeschichtlich gefehen sind die Halloren die umpermijaht gebliebenen Reste einas alten Boltes feltischan Bluts; standesgeschichtlich sind es die Salzwirtersleute, die Legten der. ,, Salzwirterbrüderfchaft im Thale zu Halle ". Die Kennt nis der Salgslederci hat das Schicksal der Ahnen unserer Halloren und damit der Halloren felbst entscheidend beeinflußt. Es ist als ficher anzunehmen, daß ihre Borvorfahren teltischen Ursprungs schon Galz gewonnen haben, che die Germanen, die auf der Wanderung nach Beften nächstfolgende Raffe der indogermanischen Völkergruppe, unter dauernden Kämpfen mit den zurückweichenden Kelten ins mittlere Europa porbrangen. Offenbar mar es nun fo, daß hier an der Saale die Salzfiedekundigen von den Eroberern nicht verjagt ader niedergemacht, fondern als Stiapen zur Salzgewinnung für die neuen Herren zurückbehalten wurden. Das Schicksal fügle es auch noch ein zweites Mol so, nämlich während der Kämpfe, in denen die in fpäterer Zeit nachdrängenden Slawen den germanischen Stammen das gleiche Los bereiteten wie diese einstmals den Kelten. Auch Diesmal ließen die neuen Herren die Salzfieder am Leben und im

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den britten Beherrschern der Salzquellen dienstbar, deren zwei fie bereits überlebt hatten. Als Ueberreste eines fremden Volkes im fremden Bolte lebten sie abgeschlossen und jeder Vermischung abhold auch dann noch, als die Entwicklung ihnen allmählich Freiheiten, später auch Ansehen und Wohlstand und schließlich sogar Borrechte brachte. Die Folge war Inzucht mit allen verderblichen Wirkungen. Die taum zweihundert Halloren( auch der Name spricht für den feltischen Ursprung ihrer Träger, denn die Worte Halle " und Saale " find teltischen Ursprungs) zeigen alle augenfällige Merkmale fie heißen der Degeneration. Nur selten findet man unter ihnen einmal einen Bertreter, der fast alle Frosch, Siebert und Ebert entfernt an eine schöne und imponierende Erscheinung erinnert. Neben dem Salzwirkergeschäft übten die Halloren in den späteren Jahrhunderten allerlei andere öffentliche Funktionen, dar unter den Feuerschuß, aus. Daß die Halloren nicht nur mit Feuer, fondern auch mit Wasser umzugehen wußten und deshalb tradi­tionsgemäß den Schwimmunterricht im Freibad erteilten, wissen die alten Hallenser noch aus eigener Erinnerung. Heute treten die Halloren außerhalb ihrer beruflichen Arbeit nur nody als Leichenträger in Erscheinung. Selbstverständlich tragen sie auch bei dieser Gelegenheit den Dreispitz zu ihrem historischen Kostüm. Es ist das letzte Vorrecht des sterbenden Stammes, sein Leben zu zeigen, wenn andere tot sind.

Biel Talent zeigten die Halloren pon jeher für das Be. dhenft werden. Dieser Zug an ihnen hat in seinen Folge wirtungen geradezu historische Bedeutung erlangt. Es mag sein, daß das Schicksal der Halloren als Reste eines besiegten Boltes innerhalb zmeier Herrenwöller eine besondere Anpaffungs­fähigkeit in ihnen entwickelt und die Salzwirter im allgemeinen zu bequemen Untertanen gemacht hat, die sie auch blieben, als sie längst wirtschaftliche und politische Vorrechte genossen. Der be. Den großem rühmte Silbersdag der Halloren- verdankte seine Ent Bert und der Stolz der Brüderschaft stehung einem alten Brauch Jeder neue Landesfürst mußte bet feinem Regierungsantritt( und angesichts der dauernden Kämpfe um Salle mar das früher fein allzu feltenes Best) fein Leibras, das von den Halforen um die Solquelfen geführt wurde, durch Spende einer Fahne und eines Silberbechers mieder auslösen". Der Schaz wurde auch durch zahlreiche andere fürstliche und private Schenkungen dauernd vergrößert. Wie gern die Halloren zu hofe gingen, zeigte fi inner bei den all­jährlichen Gratulationen zu Kaisers Geburtstag. 27. Januar überbrachte eine Deputation der Sallpren dem Monarchen Schlackwurst und Soleier als Geschent. Als Gegengate empfingen sie eine Sahne und ein Bierd.

Jebesmal am

Wie es um die nationale Gesinnung der Halloren aber in Birtichteit bestellt war, das murde aller Welt offerbar, als sie niemanden mehr hatten, zu dem sie zu Hofe gehen und nor dem fie ait Fahnen aufmarschieren tonnten. Eines Toges mertien die

Es gibt eine Kältetemperatur, in der alles Leben unbedingt erlöschen muß, weil die Moleküle ihr Bewegungen einstellen. Diese Temperatur von 273,2 Grad Rälte, die man als den absoluten torien noch nicht erreichen fönnen. Immerhin ist man ihr aber schon sehr nahe gelemmen. Als vor etwa fünf Jahren der Berjach gelang, das Gas Helium zum Erstarren zu bringen, war dazu eine Temperatur nötig, die nur um 0,8 Grab höher war als der abso­lute Nullpunkt. Soll Helium verflüssigt werden, so bedarf es hierzu einer Kälte von 268,5 Grad, und innerhalb dieser fast unvorstellbar niederen Temperatur fann sich nun schon tierisches Leben auf furze Zeit erhalten. Bei dem Versuch, Bärtierchen wie auch fleine Faden­würmer und Rädertierchen während ihres Ruhestadiums, also im eingetrodneten Zustande, der Temperatur von 268.5 Grad Kälte auszusehen, zeigte sich, daß sie, als man sie nach mehreren Stunden langsam wieder erwärmte, nod) ganz lebensfähig waren; dieselbe Beobachtung machte man auch an den Eiern dieser Tiere. Nach Professor Pütter war es sogar möglich, die Tiere, auch wenn sie nicht eingetrocknet waren, nach einem 24stündigen Aufenthalt in einer Kälte von 253 Grad Celsius wieder ins Leben zurückzurufen. Hierzu mag bemerkt werden, daß in einem Raum, in dem diese Rälte herrscht, ein Eiszapfen wie ein heißes Stück Eisen wirti, das man in faltes Wasser wirft, und Kupfer und Blei hart wie Stahl werden. Auch Bakterien lassen sich bei 200 bis 250 Kälte­graden noch am Leben erhalten, ja selbst unsere Schimmelpilze besitzen eine solche Kältewiderstandskraft, daß sie 200 Grad unter Was höhere Pflanzen an Kälte Mull ohne Schaden vertragen. aushalten, zeigt uns die Flora der ostsibirischen Taiga, wo die Lärchen und Birken, allerdings im Zustand einer richtigen Winter­ftarre", einer Kälte von 30 bis 50 Grad Celsius widerstehen können. Sogar Blütenpflanzen fönnen piel Kälte vertragen, so z. B. der Eis- hahnenfuß( Ranunculus glacialis), der als höchstwachsende aller unserer Blütengewächse in Höhen bis zu 4000 Meter vorkommt; denn, wenn während seiner Blütezeit scharfer Frost einfällt, so werden seine weißrofa Blüten eishart, sobald aber die Luft milder ist, tauen sie wieder auf und blühen weiter..

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Beim Menschen seht die Lebenstätigkeit aus, sobald seine Rörpertemperatur auf 23 Grad Wärme sinkt. Dies ist die niederste Temperatur, die bisher am Menschen beobachtet murde, und gleich­bedeutend mit dem Tod des Erfrierens. Auf furze Zeit kann aller­dings auch der Mensch große Kälte ertragen. So stellten erst kürz= lich zwei amerikanische Gelehrte Jackson und Highfield. fehr bedeutsamen Bersuch an. Sie zogen nur leichte Leinenanzüge an, begaben sich dann in eine Kältekammer, in der 30 Grad Kälte herrschten, und wollten nun beobachten, wie lange ein leicht­befleideter Mensch es in dieser Kälte aushalten fönne. Schon nach 18 Minuten verloren beide das Bewußtsein, erholten sich jedoch, als man sie ganz allmählich wieder erwärmte, bald wieder. Meffungen ergaben, daß die Temperatur im Munde der beiden Forscher troh der Kälte immer noch 28 Grad betrug. Aber schen nach der 7. Minute des Aufenthalts in der Kältekammer war feiner der beiden mehr imstande gewesen zu sprechen.

Ein zweites deutsches Biber- Schuhgebiet. Der Biber, der nur noch in Kanada in größeren Siedlungen frei nortommt, ift in Europa zumeist nur noch ein Schauftüd der Zoologischen Gärten. Aber bei uns besigen mir an der Elbe zwischen Magdeburg und Dresden ein Schuhgebiet, in dem sich der Biber in Freiheit erhält und permehrt. Seit 1913 ist eine 32prozentige Bermehrung zu ver­zeichnen, so daß die Gesamtzahl der Tiere auf 263 gestiegen ist. Nun will man, wie der Deutsche Belztierzüchter" meldet, jegt noch ein zweites Bibervorkommen in der Mark Brandenburg schaffen Die bazu notwendigen Tiere sollen durch die Biberzucht im Berliner Zoologischen Garten gewonnen werden.

Verantwortlich für Politik: Dr. Curt Gener; Wirtschaft: G. Klingelhöfer; Feuilleton : K. S. Düscher: Lotales Gewerkschaftsbewegung: 3. Steiner: und Sonstiges: Frik Karftäbt; Anzeigen: Th. Glode: fämtlich in Berlin . Berlag: Borwärts- Berlag G. m. b. S., Berlin . Drud: Vorwärts- Buchdruckerei und Berlagsanstalt Baul Ginger u. Co.. Beriin S. 68, Lindenstraße 3. Sieras 2 Beilagex.