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BERLIN  

Donnerstag 5. Februar

1931

Der Abend

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Nr. 60 B 30 48. Jahrgang

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Geständnis des Mordbuben

Maurerlehrling Kollatz gesteht das Verbrechen an Schneider und Graf

München  , 5. Februar.( Eigenbericht.)

Die Münchener   Polizei teilt mit: Am 3. Februar 1931 wurde in den Abendstunden an der bayerisch. österreichischen Grenze bei Kufstein   ein Manu ohne jebe Ausweispapiere und mit geringen Barmitteln festgenommen. Er nannte sich Heinz Böhm   aus Berlin  . Die weiteren Erhebungen ergaben, daß der Fest. genommene personengleich ist mit dem von Berlin  wegen Mordes verfolgten Maurerlehrling Hans Kol Lat  . Er gestand auch zu, den Totschlag an den Reichs bannerleuten Schneider und Graf in der Nacht vom 31. Dezember auf 1. Januar begangen zu haben.

Kollak ist am 3. Januar aus Berlin   ge flohen und über Brandenburg  , Oranienburg  , Mecklen. burg. Magdeburg  , Leipzig  , München  , jeweils unterstützt von Varteigenossen, an die bayerisch  - österreichische Grenze gekommen. Der Festgenommene wurde auf Grund des erlassenen Haftbefehls dem Amtsgericht München   über­stellt.

3wei der Täter unauffindbar. Durch die Berhaftung des Maurerlehrlings Rollag steht eins der schändlichsten Berbrechen der Nazimorbtrupps vor der endgültigen Aufklärung. Immerhin hat es nahezu fünf Wochen gedauert, bis es der Polizei jest gelungen ist, einen der flüchtigen Täter festzunehmen. Von den beiden anderen Mittätern, dem 24jährigen Kaufmann Rudolf Beder und dem 24jährigen Maler Mar Hauschke, fehlt dagegen noch immer jede Spur. Es ist anzunehmen, daß sie ebenso wie der ver. haftete und geständige Kollag durch die Provinz von Ortsgruppe zu Ortsgruppe der NSDAP  . geflüchtet sind und verborgen ge­halten werden. Vielleicht ist es diesen beiden sogar schon ge­lungen, irgendwo die Grenze zu überschreiten. Es ist jedenfalls nicht anzunehmen, daß das Mördertrio gemeinsam das Weite ge­sucht hat, sondern gleich von Berlin   in verschiedenen Richtungen

verschwand.

Die Vorgänge in der Gilvesternacht. Die gemeine Mordfat ereignete sich, wie erinnerlich, in der Silvesternacht. Im Hause Hufelandstraße 31 unter­hielt Schneider ein Bigarrengeschäft. In der Wohnung, die hinter dem Laden liegt, feierte Schneider mit seinen Angehörigen den Anbruch des neuen Jahres. Im Nebenhause befindet sich ein Hakenkreuzlokal, in dem am selben Abend die Nazis eine Zu­fammenkunft hatten. Die Hakenkreuzler hatten gegen Schneider und seinen 23jährigen Sohn Willi, der Mitglied des Reichs­banners war, wiederholt Drohungen ausgesprochen. Gegen Mitter­nacht erfolgte der erste Ueberfall der Goebbels  - Horden auf das Ge­schäft. Mit Hilfe der Reichsbanners konnten die Angreifer jedoch vertrieben werden. Als um 3 Uhr Schneider und Sohn die Gäste zur Bahn brachten, benußte ein Hafenkreuzler die Abwesenheit der beiden Männer, durch die unverschlossene Tür des Ladens in die Wohnung einzubringen. Der Bursche durchschritt die Räume und schüchterte die anwesende Frau Schneider durch Drohungen ein. Als der Eindringling die Wohnung verlassen wollte, fehrte Willi Schneider   gerade zurück. Ohne weiteres schoß der Hafenkreuzstrolch den jungen Reichsbanner­mann nieder. Schwerverletzt brach Willi Schneider   zusammen, bereits wenige Augenblicke später trat der Tod ein. Nach ein zweites Opfer war zu beklagen. Der in der Nähe des Geschäfts stehende Herbert Graf wurde von einer Mörderkugel in den Ropf getroffen und ebenfalls tödlich verletzt.

Ob Rollag die beiden Todesschüsse abgegeben hat, werden erst die näheren Ermittlungen ergeben. Bekanntlich wurde in der Mordnacht vieles durch den Führer des Ueberfallkommandos ver­säumt, mas zur schnelleren Festnahme der Täter hätte führen

Pinnen.

Das Berhör in München  .

Verkehrseinschränkung in Berlin  

22 Prozent Berkehrsrückgang bei der Straßenbahn

bis

Der Berfehr der städtischen Verkehrsgesellschaft ist gegenüber,( Schloß) und Brig  . Die Linien 58 und 154 verfehren nur zwischen dem Jahre 1929 um etwa 22 Pro3. zurüdgegangen, mäh­rend die Betriebsleistung bisher um 11 Pro3. gemin. dert war. Diese Minderung bezog sich im wesentlichen auf die Einsparung von Einseh- und Anhängewagen und auf Fortfall von Fahrten im Spätverkehr. Da aber unbedingt eine wirt­schaftlichkeit der Betriebsleistungen erreicht werden muß, so tönnen weitere Anpassungen an den tatsächlichen Verkehrsumfang, namentlich in den verkehrsschwachen Stunden, nur durch Um­gruppierung von Linien in denjenigen Straßenzügen erfolgen, in denen eine Berminderung der Linienzahl ohne Schädigung der bestehenden Verkehrsbeziehungen vorgenommen werden kann, be­fonders wenn die U- Bahn ausreichenden Ersatz für die Straßen­

bahn bietet.

Im einzelnen beziehen sich diese Maßnahmen auf folgende Linien: Die Linien 38 und 88 werden zu einer neuen Linie 88 Stegliz, Stadtpart- Schönholz vereinigt. Die Linie 88 wird auf dem östlichen Teil( Spittelmarit- Köpenid) eingezogen. Linien 8, 53, 90, 176: Die Linie 176 wird im Often pom Moltenmarkt über Spandauer Straße, Königstraße, Aleranderplan, Landsberger Straße und Allee, Röderstraße, Herzbergstraße, Siegfriedstraße, Frankfurter Allee   bis Lichtenberg  , Rosenfelder Straße geführt. Die Linie 8 wird an Stelle der Linie 176 von Möllendorfstraße über Scheffel­straße, Eldenaer Straße, Liebigstraße, Weidenweg, Baltenplay, Thaerstraße, Frankfurter Allee   bis Rönigsberger Straße verfehren. Auf der Linie 90 wird eine Wagenfolge von 6 Minuten eingerichtet. Die Linie 53 wird eingezogen. Die Linien 32 und 61 werden zu einer neuen Linie 61 Reinidendorf, Teichstraße- Steglitz  . Stadtpart vereinigt; die Linie 32 wird zwischen Briß und Hedwigs­firche, die Linie 61 zwischen Weißensee   und Hedwigskirche   eingezogen. 3um Ersatz der Linie 32 wird die Linie 148 über Prinzenstraße, Dresdener Straße, Neue Roßstraße, Roßstraße, Breite Straße, Schloßplatz, Königstraße, Spandauer Straße, umgeleitet; in Neu­fölin wird sie vom Schulenburgpart nach Kaiser- Friedrich- Straße Ede Teupiger Straße zurückgezogen. Linien 54 und 79: Die Linie 54 wird vom Schönhauser Tor durch die Schönhauser Allee   und Schivelbeiner Straße bis Nordkapstraße geführt; die Linie 79 wird eingezogen.

Linie 56 wird von Pantow, Lindenpromenade zurückgezogen und ab Schönhauser Allee  , Ede Danziger Straße durch die Bappel­allee, Krügerstraße, Langhansstraße, Berliner Allee bis Weißenfee ( Schloß) geführt; die Linie 63 verkehrt nur zwischen Weißensee  

Die politischen Tausend"

GEFÄNGNIS

TAUSEND

5

HITLER

GOEBBELS

Kriminalfommissar Herz von der Politischen   Polizei des Ber finer Polizeipräsidiums traf heute früh in München   ein, um das Berhör des verhafteten Hafenkreuzlers vorzunehmen. Kollaz ist vorläufig im Amtsgerichtsgefängnis untergebracht. Leider war bis zum Schluß des Blattes über das Ergebnis der eingehenden Hitler: Berflucht noch mal, lieber Goebbels  , wenn nun Bernehmung Räheres noch nicht zu erfahren. auf politische Goldmacherei auch Gefängnis ftünde?"

Spandau   und Bahnhof Großgörschenstraße. Linie 77 wird ein­gezogen, dafür die Wagenfolge auf Linie 177 auf 10 Minuten ver­dichtet. Linie 41 wird in zwei Linien Linie 41 Tegel- Morizplat und Linie 141 West Reinidendorf, Berliner Straße( Ede Scharnweberstraße) General- Pape- Straße  aufgeteilt. Linien 69 und 71 werden zu einer Linie 71: Friedenau  , Südwest­forso- Weißenfee, Rennbahnstraße, vereinigt; die Linie 71 wird zwischen Bichterfelde- Süd und Berlin  , Rathaus eingezogen. Die Linie 169 erhält die Nummer 69 und verfehrt zwischen Friedenau  , Südwesttorso, und Johannisthal   über Leipziger Straße  , Spittelmartt, Moltenmartf, Spandauer Straße, Alexander­

play. Die Linie 2 wird eingezogen.

Diese Maßnahmen treten am Montag, dem 9. Februar, in Kraft. Am gleichen Tage wird auf der U- Bahnstrecke Alerander play- Friedrichsfelde  , der bisher zwischen Alexanderplatz  " und Bahnhof Frankfurter Allee   bestehende 5 bis 6- Minuten- Berkehr, merttags bis Friedrichsfelde   durchgeführt, und die Omnibuslinie A 19 wird vom Alexanderplatz   durch die Alexanderstraße und Kaiser­Bilhelm- Straße nach dem Schönhauser Tor geleitet und vom Neuen Rathaus in Schöneberg   durch die Martin- Luther- Straße, Haupt straße und Werstraße nach dem Kaiserplatz in Wilmersdorf   ver­längert.

Das Urteil gegen Laufend.

3 Jahre 8 Monate Gefängnis für den Goldmacher. München  , 5. Februar.

Heute mittag fällte im Tausend- Prozeß nach mehrstündiger Be­rafung das Gericht das Urteil. Der Angeklagte Tausend wurde wegen fünf Bergehen vollendeten und versuchten Befruges zu einer Gefängnisstrafe von drei Jahren acht Monaten Ge­fängnis verurteilt. Dagegen wurde er in einem Falle von der Anklage des Bergehens eines versuchten Betruges freigesprochen. Auf die erkannte Strafe werden ein Jahr acht Monate Untersuchungshaft angerechnet. Soweit das Gericht zu einer Verurteilung gekommen ist, hat der Angeklagte die& often des Verfahrens zu tragen, im übrigen fallen fie der Staatstaffe zur Caft. Außerdem hat das Gericht beschlossen, Dr. Budeley, der als Zeuge nicht erschienen ist, zu einer Geldbuße von 500 Reichsmart zu verurteilen, sowie zu den Kosten, die durch sein Ausbleiben verursacht worden find. Das Verfahren gegen Tausend wegen versuchten Betruges im Falle Budeley wird vorläufig eingestellt. Das bei Tausend vor­gefundene Material wird beschlagnahmt.

Neuer Schrecken in Neuseeland  .

Die Stadt Napier   geräumt.

London  , 5. Februar.

Auläßlich des Erdbebens hat die Regierung von Neuseeland   an­geordnet, daß der nächste Sonntag als Trauerfag zu gelten hat. Am Freitag früh wurden weitere schwere Erdstöße verspürt. Jn Napier wurden sofort sämtliche Gebäude geräumt. Die Räumung gestaltete fich sehr schwierig, da es an geeigneten Transportmitteln fehlt und die Straßen durch das Erdbeben zum größten Teil zerstört find. Die Regierung hat einen Aufruf an die Bevölkerung erlassen, der Heilsarmee  , dem Roten Kreuz und den Pfadfinderorganisationen fämtliche verfügbaren Transportmittel, fowie Nahrungsmittel, Kleidungsstücke usw. zur Verfügung zu ftellen. In Palmerston wird fieberhaft gearbeitet, um fünftausend Menschen unterbringen zu fönnen.

Nach Augenzeugenberichten ereignete sich das Erdbeben gerade während der Schulzeit. Die Eltern eilten sofort zu den Schulen, um ihre Kinder zu suchen, in vielen Fällen vergeblich. Als die ersten Erschütterungen verspürt wurden, stiegen die An­gestellten in den Geschäften und Büros auf die Fensterbreffer, um fich durch Hinabspringen zu retten. Die Gebäude stürzten aber unter ihnen zusammen.