Beilage
Donnerstag, 5. Februar 1931
Der Abend
Shalausaale des Vorwärts.
Aussprache: Partei und Arbeiterbildung
Aebermann:
Die Diskussion als Bildungsmittel Jeder Sozialist ein Funktionär! Wenn wir diese letzte Zielstellung zugrundelegen, dann müssen wir an die Arbeiterbildung zwe: Forderungen stellen: fie muß sich an die Masse wenden, eine Vielheit zu erfassen suchen, und sie muß im Inhalt so ver fdiedenartig und mannigfaltig sein, wie es Menschentypen gibt. Den einigen, wenigen Genossen mit angeborener Führeranlage braucht unsere Sorge nicht zu gelten, die gehen schon instinktsicher ihren Weg. Es ist wie in der Schule; der Lehrer mag es noch so dumm anfangen, es fizen Kinder in seiner Klasse, bei denen er es nicht verhindern kann, daß sie etwas lernen. Unser Bemühen muß den vielen gelten, die Hilfe, Anleitung und Ers munterung nötig haben, denen wir zeigen müssen, wie man sich ein Wissen erwirbt, wie man sich ein können aneignet. Und da der Mensch am erfolgreichsten auf dem Gebiete arbeitet, dem seine Neigung gilt und zu dem er besondere Anlagen und Fähigkeiten mitbringt, so müssen unsere Bildungseinrichtungen reichhaltig genug fein, die imannigfachen Veranlagungsrichtungen zu erfassen. Damit ist sicher leicht eine Organisationsform der Arbeiterbildungsarbeit zu verbinden, die den verschiedenen Gruppen der tätigen Genoffen in Staat, Kommune, Bartei usw. stets willige und befähigte Mit arbeiter zuzuführen vermag.
In der großen Großstadt mag man einen Teil der Aufgaben an Sondereinrichtungen( Bolkshochschule u. ä.) abgeben; denn es wird unter diesen sicherlich solche geben, auf die wir unsere Genoffen mit gutem Gewissen hinweisen dürfen. Die Arbeiter. bildung in der„ kleinen" Großstadt ist hier schon mehr auf sich selbst gestellt. Ganz anders jedoch liegt es in den Mittelund Kleinstädten. Hier ist die Arbeiterschaft ganz auf fich allein angewiesen. Denn der andere dort ansässige Kulturträger, der sich meistens„ Verein für Kunst und Wissenschaft" nennt, ist so eindeutig, daß der Fall ohne weitere Erörterung als erledigt betraditet werden kann.
Unter den vielen Möglichkeiten, Arbeiterbildung zu treiben, foll um der eingangs gegebenen Zielfegung willen auf die Dis tuffion besonders hingewiesen werden. Diese Art stand am Anfang unserer Bewegung, stand da als das primitivste, einfachste, natürlichste Bilpungsmittel. Doch hat dieses Mittel auch heute überall dort seine Bedeutung, wo es sich darum handelt, lebendige
und attive, willige und wendige Funktionäre unserer Bewegung
zu schaffen. Funktionäre als Massenerscheinung, als Aufgabe für jedermann. Schon an gewählten Vertretern in Barlamenten jeg licher Art, in Ausschüssen, Kommissionen haben wir einen erheblichen Badarf, menn wir nicht auf den unfruchtbaren Weg geraten wollen, von einigen Leuten alles besorgen zu lassen. Jeder Partei= genosse ein Funktionär! Das aber ist Aufgabe für die Arbeiterbildung, menn wir an die Werbemöglichkeiten in den Be trieben und in Vereinen denken. Sachfenntnis ist sicher erste Borausfeßung; die Genossinnen und. Genossen müssen die Dinge fennen, für die sie eintreten wollen, mit denen sie für den Gedanken des Gozialismus werben. Doch fann das nicht genügen. Zur Sachfenninis muß die geistige Beweglichkeit, die fämpferische Gesdid lichkeit fommen, sich mit dem Baudernden oder auch mit dem Gegner auseinandersetzen zu fönnen.
Fünf Jahre hintereinander habe ich mit Eltern über Fragen
Stadtrat Mar Peters:
moderner Erziehungs- und Schularbeit Diskussionsabende veranstaltet. 30 bis 40 Bäter und Mütter fanden sich Woche für Woche hindurch ein paar Abendstunden zusammen. So wie für Woche hindurch ein paar Abendstunden zusammen. So wie den Teilnehmern die Probleme aufstießen, so wie sie ihnen im eigenen Tun als Aufgabe erschienen waren, so wurden sie zum Gegenstand gründlicher Aussprachen gemacht. Einleitende Referate waren nicht die Regel, sondern die Abende begannen mit der Fragestellung, zu der meistens eine furze Jülustration des Leiters oder eines Teilnehmers trat. Keiner Frage, auch nicht der unbequemen, sind wir aus dem Wege gegangen. Manche Antwort st kaum mehr als ein neues Fragezeichen gewesen. Wir haben uns aber auch nicht mit weisen Philosophien geholfen, sondern uns immer bemüht, auf dem Boden der Wirklichkeit zu bleiben. Aber niemand ist bei dieser Arbeit müde geworden. Es war die immerhin nicht alltägliche Erscheinung festzustellen, daß die Besucherzahl mit Fortgang der Arbeit regelmäßig stieg. Der Enderfolg? Nicht etwa so, daß nun Feftredner für Pädagogik ihr Unwesen getrieben hätten, aber so, daß Funktionäre einer modernen Erziehung in großer Zahl vorhanden waren, Leute, die wußten, was sie wollten, die bei Fragen und Einreden anderer auch der Gegner ihren Mann stehen konnten. Als sich nach dreijähriger Pause vor kurzem einmal wieder ein Stres pädagogisch Intereffierter zusammenfand, waren diejenigen, die durch jene Schulung gegangen waren, die 2nreger, die Wortführer, die gleich auf das Wesentliche vorstießen und Nebensächliches und Allgemeinheiten abwehrten. Sie waren deut ich die Aftiven.
Solche Art wird auch sicherlich heute noch in der allgemeinen Arbeiterbildung gute Dienste leiften fönnen. Man sammle die in einer besonderen Richtung Interessierten und gebe ihnen Gelegenheit zu lernen, aftiv, selbständig, lebendig und wortgemandt aufzutreten. Immer wieder fann man bemerken, daß Leute mit Wissen und Erfahrung davon keinen öffentlichen Gebrauch zu machen verstehen, zum Schaden der Gesamtbewegung, die oft genug Schwäger ertragen muß. die nichts fönnen und doch reden. Schüch ternheit hält jene Menschen zurüd. Das Rednertalent der Prominenten" jagt ihnen Furcht ein. Also erste Aufgabe dieser Arbeiterbildung: Mut machen,
einen ganzen Abend lang auf Nebenwegen herumirren. Es ist fein Unglüd, wenn die Hauptpunkte nicht Stück für Stüd ihre Erledigung finden, wenn fein wohlformuliertes Ergebnis herausgekommen ist. Wichtiger ist: sprechen mögen, beweglich werden, zupacken lernen, sich und seine persönliche Erfahrung ruhig neben die des andern sezen.
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Wenn wir so wie Kinder fast spielerisch uns auf dem geistigen Kampffelde ohne Aengste tummeln gelernt haben, dann gehen wir almählich zu immer präziseren Formen der Distuffion über, stellen ein Referat und nicht ein Beispiel wie früher an den An fang, bezeichnen das Wesentliche von vornherein oder arbeiten es formuliert am Schluß heraus. Aber die Kontrolle steht immer dar über. Bersagt die Diskussion, hat nur noch ein einzelner und nicht mehr die Bielheit etwas beizutragen, jo find wir auf einen Abweg geraten wohlverstanden bei dieser besonderen Aufgabe. Dann heißt es, sich umstellen, wieder einfacher werden, Gesichtspunkte natürlicher fassen, menschlicher sprechen und alles, was nach Gelehrsamkeit riecht, abtun.
Nicht so sehr, was man dabei lernt, sondern wie man es lernt, ist der Ertrag der Arbeit. Freude an der Beschäftigung mit geistigen Dingen wächst, geistige Waffen für den Kampf una unser Ziel werden geschmiedet oder besser noch, geschärft.
Es ist bequemer, Vorträge zu veranstalten, für den Redner sowohl wie für die Zuhörer. Womit allerdings die Notwendigkeit von Referaten. als Mittel der Anregung und der Aufklärung, der Berichterstattung und der umfassenden Darstellung nicht bestritten werden soll. Aber wenn man hört, wie Menschen, die Fortbildung treiben wollen, immer nur nach Referaten verlangen, wenn man zur Antwort bekommt, worüber Sie sprechen, das überlassen wir Ihnen", wenn der ganze Fortbildungslehrgang aus einer reichen Folge von Vorträgen besteht, dann wird hier Unbildung an gebahnt, und nicht Bildung.
Es ist immer gut, sich ab und an zum Einfachen und Natürlichen zurückzufinden. Das eröffnet Kraftquellen und schützt vor Ver stiegenheiten. Auch ist diese primitive Form der Fortbildung überall möglich, in der Kleinstadt wie in der Metropole; denn sie ist beweglich genug, sich auf alle möglichen Notwendigkeiten einzu Minderwertigteitsstellen. Aber was wichtiger ist, sie wendet sich an die Vielheit, gefühle aus rotten. Es darf nicht ankommen auf die elegante an die Massen, an jedermann, und ist gewillt, aus jedem Formung des Wortes. Es schadet nichts, menn mir anfangs auch Parteigenoffen einen fähigen Werber zu machen für unsere Zizle. Arthur Goldstein :
Die Kardinalfrage
Der Gegensatz der Auffassungen über das Wesen der Arbeiterbildung ergibt sich naturgemäß aus dem vorhandenen und sich ständig vertiefenden Gegensatz bestimmter Grundanschauungen über Wesen und Bedeutung des Sozialismus und der Arbeiterbewegung schlechthin. Es ist darum fein Zufall, daß in dem Aufsatz von V. Hartig( ,, Abend" vom 22. Januar 1931) der Zusammen arbeit von Arbeiterbildungsschule und geeigneten öffentlichen Inftitutionen" so eifrig das Wort geredet wird. Die Forderung nach der Arbeitsteilung zwischen sozialistischer und öffentlicher( foll wohl richtiger heißen: bürgerlicher) Bildungsarbeit wird allerdings
Bleibt bei der Funktionärschule!
Genosse Deder möchte offenbar aus der Arbeiterbildungsschule| cine Art Bildungsbazar machen, der eine möglichst starte Anziehungskraft auf die große Maffe der Arbeiterschaft ausübt. Er verrät mit seinen Anregungen eine völlige Berkennung des Zweck's dieser Bildungsstätte der Berliner Arbeiterschaft. Seine Anregun gen sind auch feineswegs neu.
Die vierzigjährige Geschichte der Berliner Arbeiterbildungsschule meist zahlreiche, in gewissen Zeitabständen immer wiederkehrende grundsätzliche Auseinandersehungnen über die eigentlichen Ziele der Anstalt auf. Bor mehr als zwei Jahrzehnten warf der damalige Anthroposoph Rudolf Steiner auch die Frage nach der Er faffung des ganzen Menschen auf. Lange Zeit beschäftigte die gesamte Hörerschaft der Meinungskampf, die die beiden inzwischen verstorbenen Lehrer Rudolf Steiner und Mar Grunwald, der Vertreter der streng marristischen Richtung. temperamentvoll führten. Trotz der persönlichen Hochschätzung, der sich Steiner allgemein erfreute, und troß seiner ungewöhnlichen Rednergabe wurden feine Ansichten von der übergroßen Mehrheit der Schüler abgelehnt, und ohne Haß zog er sich von der Schule zurück, um seinen Weg zur Beltberühmtheit anzutreten. Auch der ehemalige Theologe Maurenbrecher, der nach Auflösung der Nationaljozialen Bartei zur Sozialdemokratie gekommen war( und der nach dem Weltkrieg als Alldeutscher gestorben ist), entfesselte grundsätzliche Auseinandersetzungen über die Aufgabe der Schule. Er murde aber schon von den Schülern selbst widerlegt. Bei allen Diskussionen über das Programm der Schule setzte sich immer wieder und das scheint mir das geistige Fundament dieser Schule zu sein die nach einigem Suchen der ersten Jahre festgelegte Zielsetzung dieser Bildungsanstalt durch, wie sie mit feltener Treffsicherheit Kultusminister Grimme an ihrem vierzigjährigen Gedenktage formulierte: Die Arbeiterbildungsschule wollte und will nicht Lücken, die die Volksschulbildung beim Arbeiter gelassen hat, ausfüllen( ein lückenloses Bissen gibt es überhaupt nicht), sondern sie will einen neuen Menschen, den sozialistischen, an Geist, Willen und Haltung, heranbilden. Sie will eine Schule für Funktionäre der sozialistischen Arbeiterbewe gung sein. Damit, mit dieser Zielfezung der Schule, ist zugleich Der Kreis der Schüler umrissen; sie will und soll nicht Massenanstalt fein.
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Marg und Engels gegründeten wissenschaftlichen Sozialismus aus. In dieser wissenschaftlichen Forschungsmethode des historischen Mas terialismus liegt der fundamentale Unterschied diefer Einrichtung pon allen anderen Bildungsstätten des Bürgertums. Die moderne Arbeiterbewegung, je mehr sie sich als Kulturbemegung verzweigt hat, hat immer weitere Bildungsaufgaben im Laufe der Zeit erhalten. Die Gewerkschafts- und Genossenschaftsbewegung, die Frauen, Jugend- und Kinderfreundebewegung, die Arbeitersport imd Naturfreundebewegung und die verschiedenen anderen Kulturgruppen haben jede für sich besondere Bildungsorgane geschaffen, die ihre spezifischen Aufgaben selbst erfüllen fönnen und wollen. Diese Differenzierung der proletarischen Bildungsarbeit ist ein 3eigen geistigen Fortschritts. Der Versuch einer Zentralisierung könnte gar zu leicht zu einem geifttötenden Mechanismus führen.
Die Bielgestaltigkeit der modernen Arbeiterbewegung verlangt eine vernünftige Abgrenzung der Aufgaben, um nicht Kraft und Mittel unnötig zu vergenden. Das Nebeneinanderarbeiten der verschiedenen Zweige der Bewegung ist historisch bedingt und daruin nicht zu vermeiden. Bermieden werden muß aber eine Ueber Schneidung der Aufgaben. Das tann geschehen, wenn jeder Zweig sich auf die ihm zukommende Aufgabe beschränkt.
Dazu kommt, daß dank dem Einfluß der Partei in Kommune und Staat manche Bildungsaufgabe, die früher von den Arbeiter= organisationen erfüllt werden mußte, heute an die öffentlichen Organe des Staates und der Kommunen abgetreten werden konnte. Für die Arbeit auf dem Gebiete der Kunst, der Musit, des Büchereimejens insbesondere, brauchen heute feine Mittel der Arbeiter bewegung mehr ausgegeben werden. Und wir sollten unsere Macht ausnutzen, um die öffentlichen Organe zur Ausgestaltung ihrer Bildungsarbeit in unserem Sinne anzuspornen.
In diesem großen, weitverzweigten Gebiete der Arbeiterbildung fann die Arbeiterbildungsschule nur die zentrale Aufgabe haben, den politischen Führer heranzubilden. Eine Erweiterung des aufgebenfreises der Arbeiterbildungsschule nach den persönlichen Bedürfnissen der einzelnen Menschen fönnte nur ihren Charakter als Funktionärschule vermischen. Je intensiver sie sich auf das Wesentliche der Arbeiterbewegung fonzentriert, um fo erfolgreicher wird fie ihre besondere Aufgabe für die Partei erfüllen. Zahlreiche Ge21s Wiffensgebiete, die von dieser Bildungsstätte vornehmlich noffen, die heute im politischen Leben, der Arbeiterbewegung, der zu behandeln sind, tommen die in Frage, die die Grundlagen des Kommunne oder des Staates auf exponiertem Boften stehen, verpolitischen Kampfes bilden: Nationalöfonomie, Gesellschaftsmiffentanten ihr geistiges Rüstzeug der Arbeiterbildungsschule. Möge fie schaft, Geschichte, wozu selbstverständlich Geschichte der Arbeiter- auch weiterhin ihrem Charakter als Funktionärschule der bewegung gehört. Sie sind zu behandeln vom Standpunkt des von Bartet treu bleiben.
beinahe zwingend in dem Augenblid, wo man das Werden einer besonderen proletarisch so zralistischen 23 eft anschauung verneint. Positive oder negative Haltung in dieser Rardinalfrage beeinflußt entscheibend die Einstellung zu allen Fragen sozialistischer Bildungsarbeit. Denn je nachdem, ob ich das Wesen des Sozialismus historisch- materialistisch oder bürgerlich- ideologisch betrachte, werde to auch zu entgegengesetzten Bildungsidealen gelangen müssen.
Es ist ja wohl als befannt vorauszusehen, daß materialistische Dialettit in der Wirksamkeit des Klassenlampjes den eigentlichen Hebel der Menschheitsgeschichte erblidt. Das bedeutet zunächst einmal, daß es dem Sozialismus nicht so sehr auf die leßte Aus deutung des Weltprozesses, das heißt auf die Ergründung der absoluten Wahrheit antommt als pielmehr auf die Verände rung der Welt, das heißt der ökonomischen und gesellschaftlichen Verhältnisse. Aus solcher Betrachtung der Dinge, die bereits ein wesentliches Element sozialistischer Weltanschauung enthält, resultiert unmittelbar die Aufstellung ganz fonfreter Bildungsziele. Denn wenn ich nicht auf die Interpretation des Seienden, sondern auf Die Gestaltung des Werdenden den Hauptatzent lege, so werde ich im Hinblick auf die Ziele der Arbeiterbildung erklären müssen: Wir wollen den Lernenden auf keinen Fall Bildungssala!", also fein Durcheinander bürgerlicher und sozialistischer Denkformen servieren. Unsere Aufgabe in der Arbeiterbildungsschule besteht vielmehr darin, auf die Aktivierung des politischen Dentens und Wollens, das heißt auf die Entfaltung proletarischen Klassenbewußt feins, hinzuarbeiten.
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In organischer Berbindung mit dem Klassentampfgedanken stent des weiteren für die materialistische Dialettit im Vordergrund die Erkenntnis eines einheitlichen Weltbildes, die Erkenntnis nämlich, daß Dekonomie und Ideologie nicht voneinander zu trennen find. Der Beweis, daß noch jede aufsteigende Klasse eine eigene Ideologie", das heißt Weltanschauung aus fich heraus gebildet hat, ist historisch mühelos zu führen. Oder will man behaupten, daß die Philosophie eines Diderot, d'Alembert oder Helvetius in Frank reich, die Dichtung eines Schiller, Goethe oder Lessing in Deutsch land landes sind in beiden Fällen Kristallisationspunkte bürgerlichen Klassenbewußtseins mit der Weltanschauung des damals verwesenden Feudalismus auf eine Gleichung zu bringen wären! Oder ist gar im Ernst daran zu denken, daß die modernen Proletarier als Klaffe, denen die Beseitigung des bürgerlichen Privateigentums als historische Aufgabe zufällt, eine solche Umwälzung bestehender Grundverhältnisse fertig bringen sollten ohne eine grundlegende Aenderung des gesellschaftlichen Bewußtseins! Ganz abgesehen von derartigen Perspektiven gibt es ein viel näherliegendes Moment, das auf die Herausarbeitung einer besonderen proletarischen Weltanschauung unmittelbar einwirkt. Das ist der Arbeitsprozeß in der großkapitalistischen Wirtschaft, der durch seine charakteristischen Arbeitsmethoden im Gegensatz zur vorkapitalistisch- individuellen Eigenproduktion die Entwidlung zu kollektivistischem Denken erzwingt. Dieser Entwicklung zum Koffeftivismus fönnen sich die Proletarier als Gesamtheit nie und nimmer entziehen, eine Erscheinung, die in steigendem Grade auch auf die sogenannten„ Stehfragenproletarier" zutrifft. Der Zwang zum Kollektivismus bildet indes nur die eine Seite des tapitafistischen Arbeitsprozesses. Ein mindestens ebenso wichtiger Fattor ist in der Technif der heutigen Produktionsweise zu erbliden. Die nahezu abfolute Borherrschaft der Maschine in der fapitalistischen Wirtschaft mußte nachdrücklich die proletarische Denkweise beein fluffen. Denn die Maschine, als Symbol mechanistischer Kausalität, hat in stärkstem Maße zur Erschütterung metaphysischen Dentens beigetragen, hat einer bestimmten materialistischen Betrachtungs
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