Andreas tlagy:
3)as geUoMene Paradies
Aus dm Srsählungm des Itlilos JSokHfch
Samutra ist ein unbedeutender, kleiner Ort in Hinterindien und auch da ganz hinten, wo einem der Teufel gute Nacht fagt. Zu jener Zeit, als ich mich dort aujhialt, reichte Englands Hand noch nicht bis dahin: weder Englands rechte, mit der«s zu geben pflegt, noch feine linke, mit der es alles wieder zurücknimmt. Aber gerade deshalb hatte ich dieses Dorf gewählt. Je v«r- steckt«, erbärmlicher dieses Nest war, um so geeigneter war es für meinen damaligen Beruf. Ich will mich nicht besser machen, als ich bin und sage daher ehrlich: Damals befaßte ich mich mit Zauberei. Ich hatte eine Kiste voll Aspirin, Jodtinktur, Nizinus, Morphium—, das war reichlich genug, mn dort als wundertätiger Arzt aufzutreten. Wahr ist's, daß die Menschen in jener Gegend meist infolge der Pest oder des Tigers zu sterben pflegten, und wer von der Pest oder dem Tiger gebissen wird, dem hilft kein Aspirin mehr. Aber es schadet auch mcht. Schon seit Monaten war ich in Samutra; mit jodem Tag wuchs mein« Praxis: aus fernen Gegenden kamen bereit« die Kranken schorenweise, von meinem wundertätigen Ruf angelockt. Ich de- gann mich sozusagen gesund zu machen: hatte eine feine Hütte und einen Diener, einen Hindu, gefräßig, diebisch, neugierig von Natur, aber sonst eifrig und geschickt. Mich hat er gut bedient, aber davon später. Ich lebte einfach, aber reichlich, und vor allem geruhsam. Auch heute würde ich mir kein schöneres Leben wünschen. Schon am Morgen frühstückte ich Hühnchen. Hier drohte einer der Zuhörer mit dem Finger: „Gib acht, du Verbrecher! In Indien wird kein Fleisch ge- gessen. Dort glaubt man an die Seelenwcmberung!" Ader Milos Lokitsch fuhr unbekümmert fort: Ich weiß, daß die Rechtgläubigen keins essen, gerase deshalb hatte ich fo im Ueberfluß davon, denn ich galt a.ls Heide in ihren Augen. Aber wenn ihr mich hier schon unterbrochen habt, mächt« ich gleich erwähnen, daß ich an diese ganze Geschichte mit der Seelenwanderung nicht glaube. Denn wenn die Leute wirklich daran glaubten, dann könnten sie die Tiere ruhig schlachten, sie essen ja doch nur das Fleisch, die Seele ginge eben um ein Haus weiter. Eines Nachts also, als ich gerade den Schlaf der Gerechten schlief, klopfte jemand an die Tür meiner Hütte. Ich kroch ärger- lich aus den Federn und brüllte nach meinem Diener, der schlief wie ein Dachs, er möge mal nachsehen, wer draußen sei. Er führte einen häßlichen, tranhäutigen, schwarzbänigen, be- jährten Hindu herein, der mir erzähil«, er käme mit seiner Krank» heit aus der Nachbarstadt geradewegs zu mir. Mißgelaunt fragte ich ihn. was ihm fehlte. Er deutete auf seine Augen, die ihn schmerzten,'Aber da geriet ich in Wut. Ich brüllte ihn an, aber so grob, wie ein Universitätschirurg: «Hören Sie mal, Kruzitürkenkreuzhimmeldonnerwetter, zum Teufel auch! Mit Ihren Augenschmerzen halten Sie auch bis morgen srüh warten können! Was ist dos für ein Benehmen, mich aus den süßesten Träumen zu wecken? Daraus brummt« er geheimnisvoll: er sei bereit, mir alles zu «klären, aber das könne er nur unter vier Augen: ich möchte meinen Diener hinausschicken. Einen Augenblick hatte ich Verdacht. Dieser Hindu war fo, wie uns«« Zigeuner : mager, aber stark wie ein Hanfstrick. Nun, aber — das sieht man mir noch heute an— war auch ich nich: von Papp«. Wenn er was Hinterlistiges vorhatte, konnte er mit mir etwas erleben. Ich schickte also meinen Diener hinaus und schloß auch die Tür hinter ihm, damit er nicht horchen konnte. Nun erzählt« mein Patient, daß er absichtlich nachts geksm» wen fei, um von niemand gesehen zu werden, denn wenn es heraus- käme, daß er meiner Hilf« bedurfte, wäre feine' Ehre gleich dahin. Er sei nämlich ein Fakir, und zwar der berühmteste der ganzen Gegend. Er beherrschte auch tm sächlich die geheimen magischen Künste, aber der Zauber der Fakire sei unwirksam seiner eigenen Person gegenüber, so wie auch die Schlange immun ist gegen ihren eigenen Biß. Als er sah. daß ich zweifelnd zu lächeln begann, wurde er glühend im Gesicht. Es ist bekannt, daß dunkelhäutige Menschen ihr Erröten grün auszrdrücken pflegen Er flüsterte heiser: »Ich weiß wohl, Herr, daß deine Wissenschast groß ist, aber es gibt Ding«, in die ihr niemals eindringen werdet. Sieh her!" Aus einem Rucksack nahm er einen Hammer und einen großen Haken heraus. Er wählt« in der Luft des Zimmers mit großer Aufmerksamkeit einen eingebildeten Punkt, setzte die Spitze des Nagels sorgfältig daran und schlug ihn mit großer Kraft in die Lust. Der Haken stand fest im Nicht-, er hing noch seinen Ruck- sack daran und fordert« mich auf, ihn herauszuziehen, wenn ich könne. Aber ich konnte nicht. Dann blies er darauf und der Nagel fiel klingend aus die Erde. Ich hatte schon früher viel von der geheimen Kunst der Fakire gehört, aber erst jetzt glaubte ich daran. Ich wollt« ihm zeigen, daß auch wir Europäer etwas von Gauk- iersi verstanden, nur der Name ist ein anderer: Medizin. Ich nahm aisd mein Hörrohr heraus und sah hindurch, seine Augen be- trachtend. Man konnte dem Kerl ansehen, daß ihm die geheimnis- volle Maschine mindestens so imponierte wie mir der Nagel. Ich sah gleich, daß er an einer einfachen Augenentzündung litt. Ich hatte eine Azetylenlampe und leuchtete ihm mit ihrem brutalen Licht in die Augen. Er wandte tränenoen Auges den Kopf ab. Traurig ächzte er: »Das ist es, Herr! Im Dunkeln habe ich nichts zu befürchten, ab« meine Augen können kein Licht vertragen!" »Na schön, wir werden schon etwas machen." Ich tauchte ein Stück Watte in Alkohol und wusch damit seine Augen. Es mußte furchtbar schmerzhaft sein, aber was machte das einem Fakir, der auf einem Lager voll spitzer Nägel so süß schlum- mern konnte, wie der Prinz von Wales in seinem Daunenbett. Er zuckt« nicht einmal. Dann holte ich ineine schwarzen Brillen hervor, ohne die kein Europäer sich in die Tropen wagen oarf, und setzte ihm eine auf. Er sagte entzückt: „Wunderbar! Wunderbar! Nicht nur, daß der Schmerz auf- hört, das Licht tut mir vielmehr so wohl, als streichelte mich die schönste Bajarder« mit ihrem Händchen!" Mt einem Seufzer oes Dedauerns gab«r mir die Brille zurück. „Das war schön, das war herrlich! Hab Dank für diese Glück- seligkeit!" Ich tat gekränkt und knurrte ihn an: .Himmelnochmal! Ist das der Dank?! Du weist die Medizin zurück? Od« vielleicht brauchst du sie nicht?" Jetzt wurde er ganz gerührt vor Freude: »Ach. Herr— ich bin nicht reich genug, um dich deiner Hilfe gemäß zu entlohnen!" Ich erklärte ihm, was Solidarität unter Kollegen sei: wir wären Kollegen und könnten daher einander kein Honorar absordern. Mit zitternden Händen setzt« er die Brille wieder auf und sagte s«erlich:
„Du host mir diesen unermeßlichen Schatz gegeben, darum will auch ich dir etwas schenken. Sei überzeugt, daß mein Geschenk sast ebenso wertvoll ist! Hier!" Er zog ein winziges Leinensäckchen hervor, in dem sich ein weißes Pulver befand. Aber nur wenig, ein« Messerspitze voll etwa, so viel, wi« engagementslose Schauspieler im Cafehaus von kohlensaurem Notron einzunehmen pflegen, wenn sie sich einreden wollen, sie hätten diniert. Der Fakir bemerkte meine geringschätzige Miene und brummte daher mit tiefer Stimme:
»Wisse, in diesem Puloer steckt der größte Schatz des Lebens. Ein großer Bramin« hat es vor vielen tausend Iahren erfunden. Wer es sckjiuckt, durchlebt auf einmal alle jene Wonnen, die uns Gehör, Geruch. Geschmack. Talsinn in einem langen Menschenleben geben können. Er sieht die schönsten Gegenden, riecht die duftend- sten Blüten, schmeckt die erlesensten Speisen und umarmt das schönste Weib. Von Ge>»eration zu Generation wird immer nur eine Por- tion von diesem Puloer hergestellt, und der glückliche Sterbliche, dee es erhallen soll, durch das Los festgestellt. Jetzt habe ich es erhalten und ich schenk« es dir. Ich mache dich jedoch Saraus aufmerksam, daß es nur einmal und im ganzen verwendet werden kann: oev- suche nicht, es in klsiner« Portionen zu teilen, denn wer die Wonnen des Lebens zerstückelt, der vernichtet sie. Und kost« nicht nur davon, denn wer vom Kelch der Freuden nippt, der wiro ihr ewiger Sklave und nur der ihn bis auf den Grund leert, wird für immer befreit davon."(Schluß folgt.)
9ioUümfeii des
Von SRoberi föudsiinski
Der Schikies war Vagabund von Beruf, wie ein anderer Studienrat, Bankdirektor, Künstler oder König von Gottes Gnaden ist. Es hatte in seinein Dasein nicht an Kräften gefehlt, die ihn von seiner wahren Bestimmung ablenken wollten, aber er widerstand ihnen siegreich. Bis es ihnen doch endlich gelang, in seinem 4Y. Jahre, und zwar so erfolgreich, daß sie ihn gleich auslöschten, wie der Radiergummi einen Bleistiftstrich. Richtig erkannt hotte er seine Laufbahn auf der Obcrsekunda. ob bei den griechischen Verben oder in der Religionsstunde, das weiß man nicht. Gesund und kräftig war er. wenn man den Dreck der Jahrzehnte abrechnet, sogar von großer Schönheit und Würde, was ihm bei seinen Pennbrüdern den Namen„Graf Schick" eingetragen hatte. Als einmal ein bis in den Februar hinein milder Winter plötzlich furchtbaren Ernst machte, mußte Schikies notgedrungen Winterquartier beziehen. Er betrat das Pflaster der großen Stadt spät abends und geriet bald vor ein Geböube mit hellerleuchtetem Portal. Aus vielen Autos stiegen vermummte Menschen und ver- schwanden in den Lichtfluten, er mit ihnen, fast unfreiwillig. Sah sich in einem Trubel merkwürdiger Gestalten, die olle noch unechter aussahen, als sonst die Menschen zu tun pslegen. Und neugierige, zum Teil bewundernde Blicke hefteten sich auf ihn. „Donnerwetter!" hörte er da,„schönes Kostüm! Komm du armer Kerl, sollst auch einmal was Gutes haben." Die Frau des Maharadschas von Singapurs war es, sie faßte ihn an einem herunterhängenden Flick und zog ihn in eine Sektlaube. Donner- wetter, war das ein Trank! So was gab seine Flasche nicht her. „Sagen Sie mal, lieber Mann", sprach ihn die Maharadschafrau an, „wir kennen uns doch?" In der Tat, Schikies kam es auch so vor, sie damals, als er die groß« Sache fingerte, gesehen zu haben. Wimmernd fing er an um Verzeihung zu bitten, weil ihm doch die Geschichte ein halbes Jahr eingebracht habe..Köstlich, köstlich". rief die Fürstin,„wie Sie das so natürlich sagen, so echt, Eveline, Eoeline, komm doch mal her, hier ist«in ganz herrliches Kostüm." Die Großfürstin Anastasia schaute zu ihnen herein, lachte hell, als Schikies seinen Hut zog, warf ihm da ein Geldstück hinein, das er mit einem„Aergelt's Gott!" in fein« Lumpen versenkte. Und gleich brachte die schöne Frau ihn zum Tanz, bei dem er einen Stiesel verlor, ab« im Fußlappen sah er noch echter aus.„Sagen Sie nur", fragte ihn der rotangestrichene Frauenmund,„wo haben Sie nur das ungemein echte Kostüm her und vor allem das Parfüm?" „Ach, Madamk», ich schlief zuletzt immer im Kuhstall der Frau Envrulat in Mehlauken." Da sah er auf die Brüste ganz nahe vor seinen Augen, entdeckte da inmitten ein kleine» Täschchen, schnaubte sich die Nase mit dem Aermel, die Anastasia kranipfte sich vor Lachen hinten über, das Täschchen war in seiner Hand. Da packte ihn jemand von hinten und riß ihn von seiner Tänzerin los, er fing sofort an zu jammern, zeigte das Täschchen und er habe es gefunden. Eine Lachslut erfolgt«, keiner nahm ihm das Ding ab. und die Besitzerin war schon verschwunden..Hier haben Sie was fürs ehrliche Finden", rief ihm ein«„Exzellenz" zu und warf chm ein Geldstück hin, das auf den Boden rollte. Er wollte es aufheben, kam zu Fall, rollte sich in seinen Lumpen zwischen seidenen Beinen,
jemand brüllt« ihn an und packte ihn:„Hier wird nicht gebettelt. her mit den Papieren!" Schikies zog ein schmutziges Etwas aus der Tasche, Zigarrenstummel und Speckschwarte sielen dabei zu Boden. Ungeheures Lachen und Quietschen.„Borbestrafl?" donnerte der Jemand.„Iä, Herr Wachtmeister, aber bloß dreizehnmal wegen Delikte und einmal---"„Ach da bist du ja!" rief die indische Fürstin,„ich löse ihn aus, es ist ja mein driller Mann aus erster Eh«!' Sie ergriff ihn und wirbelte mit ihm In«inem Jazz herum. Alle Sinne wollten ihm schwinden, nur der eine nicht, als die Frau ihn losließ, war ihr Armband bei ihm zurückgeblieben. Nun sab er an einem Tisch ein Menü gedeckt, er setzte sich und fing an zu schlingen vor Hunger. Einig« um ihn sahen zu und lachten wie besessen.„Sie sind erkannt, mein Herr!" Höne er«ine Stimme dicht neben seinem Ohr. Er schaut- sich erschreckt um und in die seuchtglänzenden Augen der Maharadschadame. Sie zog ihn mit sich in eine verschwiegen« Eck«, sie wühlt« in seinem prachtvollen, aber verzodderten Haar, sie tranken Wein. „Erzähl« mir van deinem Bettlerleben", bat sie Fürstin. Er legte los, als er sah, daß er damit Eindruck machte, schilderte er auch seine unfreiwilligen Aus- enthalte. Einige andere standen daneben und horchten hin.„Fabel- hast", sagte eine Kolombine,„der ist sicher ein großer Dichter." Seine Dame wurde eifersüchtig, sie zog ihn weg zu einer Rutschbahn, setzte sich in seinen Schoß. Die Mc.ntelfetzen slogen umher, beide lagen am Boden, umwiehert von Freudengeheul. Dann standen sie beim Photographen, dann hier im Dicksten, dann da im magischen Licht, dann an Schänken, Weinlauben, überall mit Hollah begrüßt. Zuletzt allein in«inem Raum.„Wie heißt du?" fragte sie nun in einem neuen Ton, den das oerschüttet Männl.che in chm doch noch erkannt«. Fast hatte er seinen Namen vergessen, auch den zurzeit auf seinen Papieren angegebenen.„Graf Schick' sagte«. und war stolz, einmal wenigstens nicht ganz gelogen zu haben.„Das dachte ich mir", gestand sie, merkwürdig, da» Elend bricht doch durch jede Verkleidung durch. Die anderen sehen gegen dich wie ausstaffierte Lumpen aus." Aus der Nachbarschaft hört« man durch Weinlaub unterdrücktes Flüstern und Küssen, die Musikkapellen, sttömten süße Giftflu-en umher, vor den Augen des Bettlers flimmerte runde« Frauenfleljch. wollüstig durchzuckt. Er war sich schon längst im klaren über seine augenblickliche Rolle, er dacht« an sein Dasein, er biß au« Wut in den weichen Arm vor ihm. wollte dann fliehen aber die Gebissen« stöhnt« dankbar Dan» faßt« ihn Trunkenheiteschwermut, er de» hauptet«. m»r ein Bettler zu fetn, sie sagte:„Wir sind alle Lettler um ein bißchen Liebe."„Et puis le rnort", entsann er sich und wollt» weinen. Bald darauf saßen sie beide im Auto in Pelzen und Spitzen. die Frau ließ ihn nicht frieren, dann fand« sich im Bad«, zum ersten Male seit seiner Sekundancrzeit, daraus ging er unter in roten, weichen Wellen. Roch mehreren Stunden stand er nneder draußen auf der Straße und leider neben einem Wasser. Und hier spielt« sich der unnötige Schluß ab, der ganz falsch war, denn es ist nicht notwendig, das Maskenfpiel des Lebens so zu enden.
'Dr. 3Sruno SSorchardt:
Sros und Entfernung der Sonne
Schon seit einigen Monaten sind die Fernrohre der bedeutendsten Sternwarttn aus den Himmel gerichtet, um den Lauf eines der kleinsten Himmelskörper möglichst genau zu verfolgen, eines Pla- netoiden(Planetchens) von nur 30 Kilometer Durchmesser, der bei seiner Entdeckung vor 32 Jahren den Namen Eros erhielt. Er gehört zu der Gruppe der kleinen Planeten, deren erster am l. Januar 181)1 aufgefunden wurde und vcn denen wir heute bereits gegen 121» kennen. Schon bei seiner Entdeckung erwies sich Eros als ein Körper besonderer Art, denn alle bis dahin bekannten kleinen Planeten, 432 an Zahl, kreisten zwischen den Bahnen der beiden großen Pla- neten Mars und Jupiter um die Sonne, Eros aber legt den größten Teil seiner Bahn innerhalb der Marsbahn zurück und kann daher der Erde näher kommen als irgendein anderer Himmelskörper. Zwar hat er seit seiner Entdeckung einige Gefährten bekommen, wie auch einige Planetoiden ausgefunden worden sind, deren Bewegung über die Bahn des Jupiter hinaus führt, aber Eros ist doch derjenige geblieben, welcher der Erde am nächsten kommen kann und zuweilen, wie zu Anfang Febniar dieses Jahres, auch wirtlich konmck, wobei er allerdings ailch noch in der respektablen und anschaulich gar nicht vorstellbaren Entfernung von mehreren 20 Millionen Kilometer bleibt. Was hat nun aber das sür eine besondere Bedeutung, und wes- halb verfolgen die Astronomen so gespannt und aufmerksam diesen kleinen Körper und seine Bewegung? Seit Auffindung der wahren Gesetze der Planeteubewegung durch Johannes Kepler vor etwas mehr als 30» Jahren kann man die Entfernungen der Planeten von der Erde und von der Sonne sehr aenau berechnen, aber nicht etwa in einem absoluten irdischen Maß- stah, in Kilometern, sondern als Maß mußte irgendeine dieser Entfernungen genommen werden, und zwar hat man sich aus nahe- l-.egenden Gründen dafür entschieden, die Entfernung Erde— Jannc als dieses Maß zu wählen, welches man als astronomische Einheit bezeichnet. Daher mußte den Astronomen daran liegen, diese Einheit. allo die Entfernung der Sonn«, so genau wie möglich in irdischem Maß zu bestimmen. Dazu würde genügen, die Entfernung nur irgendeines Himmelskörpers genau zu messen: denn da die Eick- fsrnungen in astroiwmrschen Einheiten bekannt sind, kann aus einer dieser Entfernungen die astronomische Einheit leicht berechnet werden. Di« Methode, die Entfernung eines Gegenstandes zu messen, der nicht unmittelbar zugänglich ist, oesteht darin, von den Enden einer genau abgemessenen Streck« die Blickrichtungen festzustellen,
in welcher der Gegenstand erscheint, und es liegt auf der Hand, daß dies um so genauer geschchen kann, je naher der Gegenstand sich befindet. Sehen wir z. B. von den Enden der Friedrichstraße nach dem Mond«, so werden wir wegen seiner großen Entfernung keinen Unterschied der Blickrichtungen feststellen können, wandern wir die Friedrichstraße entlang, so wandert der Mond eben mit. Die gc- wählte Strecke Ist viel zu klein, um aus diese Weile die Entfernung des Mondes zu messen. Für die Sonne gibt es wegen ihrer sehr viel größeren Entfernung überhaupt keine Strecke aus der Erde, die groß genug wäre, einen Unterschied in den Blickrichtungen festzustellen. Man hat daher die Entfernung näherer Körper, der großen Planeten Venu» und Mars , von denen der erster« bi» auf 4ss, der letztere vis auf SL Millionen Kilometer uns zuweilen nahe kommt, für die Be- stiinmung der Sonnener.tfernung benutzt und festgestellt, daß sie rund 150 Millionen Kilometer beträgt. Dies Resultat ist bis auf 11 km, also bis auf 30 000 Kilometer, genau, was bei der ungeheuren Eni- scrnung von 150 Millionen Kilometer schon sehr gut ist: aber be! der Wichtigkeit der Sonnenentfernung als astronomischer Einheit und Längenmaßstab für die Entfernungen der Himmelskörper oersuchen die Astronomen natürlich, die Genauigkeit der Messungen noch weiter zu treiben. Da nun der Eros uns fast halt so nahe kommt als die Benus, seine Entfernung also sehr viel genauer gen, essen werden kann, taucht« gleich bei seiner Entdeckung der Plan aus, solche Messungen zur Vc- stimnumg der Sonnenentsernung zu benutzen. So erklärt sich also das große Interesse, das die Astronomen an der dicsinaligen Annäherung des Eros an die Erde nehmen und daß Tauseiche van Leobachtungen der Erosstellungen von den Stern- warten aller Länder täglich angestellt werden, aus denen seine wechselnde Entfernung von der Erde hervorgeht. Ganz so einfach, wie hier die Ding« nur grundsätzlich dargestellt sind, liegen sie allerdings nickst. Es sind noch«ine große Anzahl sehr verwickelter Umstände zu beachten, auf dl« hier natürlich nicht ein- gegangen werden kann und die bewirken, daß die Berechnung der Beobachtungen einige Jahre in Anspruch nehmen wird. Vcramwori'.ich kilr Politi!:?r. Glitt iScfu«; iSicfföaft: 6, SUinRcIIiBfct; ScaJtrtfllttft-jiJäWcaun«: A. Sftefnct: ZculDelon: jt ü. DSicket! Eofalcs uns SonftiRti- iiri« ZiatstSdt: Änztiuen: TI>. Kl»«»: fiiaitlich in Bsrlln. Derlaa: Borwärls-Berlaa II ra. b.£., Berlin . Druck: Borwzrk-Buckidrucki:-! und Lcrlagsanstal: Paul Slnuer u. Co.. BerUu EL.«S, Srndcnfttasc K Hierz» 2 BeUase». l